Von den Gletschern des Kaukasus in die heißen Ebenen Armeniens

Es könnte kaum abwechslungsreicher sein! Eben beeindruckten uns noch die glitzernden Eisflanken der zentralkaukasischen Fünftausender, dann tauchen wir ein in die regenreichen Wälder des kleinen Kaukasus; anschließend faszinieren uns dutzende Vulkankegel im armenischen Hochland, bevor wir durch die heißen Steppen im Süden des Landes uns dem Iran nähern.

Herrliche Blumenwiesen vor den Eisgiganten des Großen Kaukasus
Herrliche Blumenwiesen vor den Eisgiganten des Großen Kaukasus
Wehrtürme prägen das Dorfbild Ushgulis
Wehrtürme prägen das Dorfbild Ushgulis
Ein Lilienfeld am Rande der Gletscher
Ein Lilienfeld am Rande der Gletscher
Uralte Kirchen und Klöster in Ushguli
Uralte Kirchen und Klöster in Ushguli
Wehrtürme waren die Schutzräume der Familien
Wehrtürme waren die Schutzräume der Familien
Jahrhunderte alte Chatschkare auf dem Friedhof von Noratus
Jahrhunderte alte Chatschkare auf dem Friedhof von Noratus
Mystische Stimmung zwischen den uralten Kreuzsteinen
Mystische Stimmung zwischen den uralten Kreuzsteinen
Spannenden Pisten durch ursprüngliche Vulkanlandschaft
Spannenden Pisten durch ursprüngliche Vulkanlandschaft
Idyllisch zwischen Vulkanriesen gelegen: Lake Akna
Idyllisch zwischen Vulkanriesen gelegen: Lake Akna
Sonnenuntergangsstimmung am Lake Akna
Sonnenuntergangsstimmung am Lake Akna
Kratersee in der Caldera des Azhdahak
Kratersee in der Caldera des Azhdahak
Wiedersehen mit Shahen nach zehn Jahren
Wiedersehen mit Shahen nach zehn Jahren
Grandiose Plätze am Steilabbruch des Debed Canyon
Grandiose Plätze am Steilabbruch des Debed Canyon
Uraltes Kloster Hayravank am Sevan See
Uraltes Kloster Hayravank am Sevan See
Verborgener Schatz in der Unterwelt der Devil´s Bridge
Verborgener Schatz in der Unterwelt der Devil´s Bridge
Spannendes Schwimmen in unterirdischen Höhlengängen
Spannendes Schwimmen in unterirdischen Höhlengängen
Surreale Wunderwelten lassen uns staunen
Surreale Wunderwelten lassen uns staunen
Immer gute Stimmung bei den Kindern in Armenien
Immer gute Stimmung bei den Kindern in Armenien

Es könnte kaum abwechslungsreicher sein! Eben beeindruckten uns noch die glitzernden Eisflanken der zentralkaukasischen Fünftausender, dann tauchen wir ein in die regenreichen Wälder des kleinen Kaukasus; anschließend faszinieren uns dutzende Vulkankegel im armenischen Hochland, bevor wir durch die heißen Steppen im Süden des Landes uns dem Iran nähern.

 

Ushguli – ein Bergdorf im Wandel der Zeit

Im Schatten steiler Gletscherflanken der Fünftausender, die die Grenze zu Russland bilden, versteckt sich das ob seiner uralten Wehrtürme bekannt gewordene Ushguli, eine Dorfgemeinschaft aus vier kleinen Ortsteilen. Hier, im letzten Winkel Ober-Swanetiens, trotzen rund 200 Menschen ganzjährig den Widrigkeiten der Natur, was vor allem in den extrem harten Wintermonaten ein oft lebensbedrohendes Unterfangen ist.

Die Abgeschiedenheit bewirkte, dass sich in Ushguli ein selbstständiger sozio-ökonomischer Kulturraum entwickelt hat. Inoffizielle, lokale Rechtssysteme regeln noch bis in die heutige Zeit viele Belange des Alltags, auch wenn die traditionellen Blutfehden inzwischen der Vergangenheit angehören. Während der Sowjetzeit versuchte der Staat, diese gewachsenen Systeme zu brechen, was jedoch nur bedingt gelang. Insbesondere in der postsowjetischen Zeit flammten die alten Regeln wieder auf und es kam verstärkt zu Blutfehden, Brautraub, Überfällen durch Räuberbanden, willkürlicher Landverteilung und Landnahme unter Berufung auf traditionelles Recht.

Als wir vor zehn Jahren den Bildern und Berichten folgten, waren seit diesen wilden Zeiten gerade Mal ein paar Jahre vergangen. Die Anfahrt von Mestia war mühsam, fünf Sunden über abenteuerliche Pisten, die in den langen Wintern unter meterhohem Schnee verschwanden. Als die ersten Wehrtürme von Ushguli vor den verschneiten Flanken der Bergriesen auftauchten, schien es wie ein Märchenland in unberührter Natur. Wir waren die einzigen Fremden im Dorf, die dort über Nacht blieben, nur ein paar wenige Tagesausflügler wagten damals die anstrengende Fahrt. Kein Restaurant, kein Cafe, keine Werbetafeln beeinträchtigten das Gesamtensemble.

Nun, zehn Jahre später, ist Ushguli zum Tourismusmagneten für jeden Veranstalter geworden, für jeden Reisenden ist es ein „must see“. Dutzende Allradtaxis karren die Ausflügler von Mestia über eine inzwischen weitgehend betonierte Straße hier herauf, viele Camper verteilen sich im Ortsbereich. Die einstmals einsame Gletscherwanderung entlang des Enguri wurde zum Gänsemarsch, laute Musik dröhnt aus jedem zum Café umgebauten Steinhaus. Hundertschaften von Besuchern verursachen tonnenweise Müll, Fäkalien und Abwasser, die bei fehlender Kanalisation und Entsorgung die fragile Natur extrem belasten.

Ushguli steht auf der Kippe. Gelingt es kurzfristig nicht, die Veränderung in umweltverträglichere Bahnen zu kanalisieren, dann droht der Untergang der noch vor kurzem archaischen Insel des zentralen Kaukasus …

 

Der historische Friedhof von Noratus

Inmitten der staubigen Siedlung Noratus, oberhalb des westlichen Ufers des Sevan-Sees gelegen, findet man ein mittelalterliches Gräberfeld. Mit seinen rund 900 Chatschkaren genannten, fein bearbeiteten Kreuzsteinen, ist er der umfangreichste seiner Art weltweit.

Wandert man durch die unregelmäßigen Reihen der mystischen Steine, so erfasst einen sogleich eine andächtige Stimmung und man fühlt sich um Jahrhunderte zurückversetzt in die Zeit der mongolischen Einfälle. Lange sitzen wir inmitten dieser stummen Zeugen der Vergangenheit und lassen uns Einfangen von der leidvollen Geschichte Armeniens …

 

Die Vulkane der Gegham-Berge

Zwischen dem Sevan-See im Osten und der Tiefebene um Jerewan im Westen erstreckt sich ein nur sehr schwer zugängliches Vulkanfeld, das sich bis auf über 3.500 Meter hinauf ausdehnt und mit dem 3.597 Meter hohen Azhdahak seine größte Erhebung erreicht. Es waren eher kleine Vulkane, die diese faszinierende Landschaft schufen, deren letzte Ausbrüche rund 3.000 Jahre zurückliegen. Bis zu dreißig klar erkennbare Vulkankegel in klassischer Form prägen heute das Panorama, das sich in seiner Gänze demjenigen öffnet, der den Azhdahak erklimmt. Von seinem Kraterrand eröffnen sich immer wieder neue Blickwinkel und man wähnt sich in einer Urlandschaft, wie sie die Natur heutzutage nur noch selten bereithält.

Der Azhdahak wartet dazu noch mit einer attraktiven Besonderheit auf: Seine Caldera ist mit einem See gefüllt, der alljährlich vom Schneeschmelzwasser gespeist wird und einem das Vergnügen eines erfrischenden Bades in fast 3.600 Metern Höhe gönnt. Grandiose Farbenspiele setzen die Umgebung immer wieder in mitreißendes Licht, der Weitblick umfasst nahezu das gesamte Staatsgebiet von Armenien. Ararat und Aragats grüßen vom Horizont …

Während der Sommermonate beleben Halbnomaden mit ihren Tieren die Hochweiden, ihre Jurten sind weithin sichtbar, Fahrspuren führen zu ihren Plätzen, Fahrspuren, die wir nutzen, um dieses abgeschiedene Gebiet zu erkunden. Längst erkaltete Lavazungen erschweren immer wieder das Durchkommen, schroffe Hangabbrüche müssen gemeistert, temporäre, kleine Seen und Sumpfgebiete weiträumig umfahren werden. Die Durchquerung der Gegham-Berge ist zweifellos eine spannende Herausforderung an Offroad-Fahrkünste und eine der lohnenswertesten Ausflüge in Armenien.

 

Herzliches Wiedersehen nach zehn Jahren!

„Ich bin Angela Merkel von Vaghatin!“ So stellte sich seinerzeit Shahen bei uns vor, um zu erklären, dass er der Bürgermeister dieses gottverlassenen Nests sei. Seit der damaligen, herzlichen Aufnahme in seinem Haus riss unser Kontakt nie ab und es verstand sich von selbst, dass wir nun ihm und seiner Familie einen weiteren Besuch abstatten.

Verändert hat sich praktisch nichts in Vaghatin in den vergangenen zehn Jahren. „Wir bekommen kein Geld vom Staat, wir können hier nichts investieren, alles ist marode.“ Shahen klagt sein Leid, seine Hilflosigkeit nervt ihn selbst am meisten. Gut, sie bauen seit einiger Zeit an einer neuen, größeren Schule, doch das dauert. Die Dorfstraßen sind grauenhaft schlecht, die Häuser bröckeln, die Rohre rosten.

„Unsere Winter hier sind lang und eisig kalt, fünfundzwanzig Grad minus ist keine Seltenheit.“ Uns schaudert ob der fehlenden Isolationen, der einfach verglasten Fenster, der mangelhaften Heizmöglichkeiten. „Aber so ist es eben, wir helfen uns irgendwie selbst, und wir überleben …“

Die Menschen sind meist Selbstversorger, ein jeder pflegt seinen Obst- und Gemüsegarten, Jobs gibt es hier nicht. Shahens jahrzehntealter Lada muss immer wieder zum Fahren überredet werden, sein fast schon antiker Laster aus sowjetischen Beständen mutiert so langsam zur Industrieruine. Doch trotz aller Widrigkeiten strahlen sie eine gewisse Zufriedenheit aus, sie nehmen das Leben, wie es ist. „Wir haben zu essen, wir haben unsere Familien – es geht uns soweit doch ganz gut …“

Doch der Schein trügt ein wenig. Vor allem bei den obligatorischen Trinksprüchen, die zu jedem geselligen Beisammensein gehören und jedes Mal mit einem kräftigen Schluck Wodka hinuntergespült werden, kommt melancholische Stimmung auf. Eine jede Familie hat Kriegsopfer des nie endenden Konflikts mit dem Nachbarn Aserbaidschan zu beklagen, Jobs gibt es nur sehr wenige, die Zukunft ist alles andere als rosig. „Zu sowjetischen Zeiten waren die Menschen glücklicher“. Diese Aussage macht nachdenklich …

 

Ein Wunder der Natur …

Unweit des Klosters von Tatev, ganz unten in der Schlucht des Vorotan, versteckt sich ein brilliantes Wunderwerk der Natur. Jahrtausendelang polierten Wind und Wasser versteinerte Lava und durchbohrten sie schließlich.

Warme Quellen, schon den Menschen in der Antike bekannt, mischen sich hier mit dem kalten Wasser des Vorotan. Dadurch entstanden geheimnisvolle Grotten unterhalb der aus Travertin geformten Brücke. Während vieler Jahrtausende sammelten sich nun riesige Kalksteinmassen, die schließlich die Brücke bauten. So entstanden, zusammen mit den Stalaktiten, die von den Rändern der natürlichen Brücke wuchsen, wunderschöne Formen in verschiedensten Färbungen wie in einer Tropfsteinhöhle.

Überall sprudelt und tropft es, warmes, mineralhaltiges Wasser füllt kleine Becken, die zum Baden einladen. Spannend ist es auch, die gesamte Brücke zu durchschwimmen und am anderen Ende im Flussbett des Vorotan wieder ans Tageslicht zu gelangen.

Ein Seil baumelt lose über eine fast senkrechte Felswand, anschließend eine wackelige Leiter. Dann kriecht man durch einen wassergefüllten Durchschlupf und erst jetzt öffnet sich das surreale Wunderwerk. Der spannende Abstieg selektiert die Besuchermassen, wir können stundenlang nahezu alleine genießen, was Menschenhand nie zu formen gelingt …

 

Noch viel mehr Infos und Bilder findet Ihr wie immer im Tagebuch ab 9. Juli 2022 - click hier

 

Liebe Grüße an Euch alle,

Conny & Tommy

Gegham Gebirge Traumwelt Vulkane am Lake Akna