Nach Galizien – dem „Ende der Welt“

„Wir schreiben das Jahr 136. Schmutzig braune Geröllmassen werden mit dem Fluss Sil talwärts gespült, verändern die Landschaft nachhaltig. Ein See entsteht im Talboden, denn das Wasser hat nicht mehr die Kraft, alles Gestein weiter zu

Kathedrale Santa Maria la Regla in Leon
Kathedrale Santa Maria la Regla in Leon
imposantes Eingangsportal der Kathedrale in Astorga
imposantes Eingangsportal der Kathedrale in Astorga
römisches Bergwerk Las Medulas
römisches Bergwerk Las Medulas
Erläuterung zur römischen Bergwerktechnik
Erläuterung zur römischen Bergwerktechnik
Gaudis Palacio Episcopal in Astorga
Gaudis Palacio Episcopal in Astorga
Sonnenuntergang am Cabo Fisterra
Sonnenuntergang am Cabo Fisterra
der Himmel brennt am Cabo Fisterra
der Himmel brennt am Cabo Fisterra
alter Dorfplatz mit Horreo in Carnota
alter Dorfplatz mit Horreo in Carnota
Sonnenuntergang an der galizischen Küste
Sonnenuntergang an der galizischen Küste
die Kapelle des Heiligen St.Jacob in der Kathedrale von Santiago de Compostela
die Kapelle des Heiligen St.Jacob in der Kathedrale von Santiago de Compostela

Las Medulas

„Wir schreiben das Jahr 136. Schmutzig braune Geröllmassen werden mit dem Fluss Sil talwärts gespült, verändern die Landschaft nachhaltig. Ein See entsteht im Talboden, denn das Wasser hat nicht mehr die Kraft, alles Gestein weiter zu transportieren. Hell klingendes Schlagen von Metall auf Fels hallt durch die Berge, Stimmengewirr erfüllt die Wälder. Römische Soldaten bewachen das riesige Bergwerk, das sich nach der letzten Biegung zeigt, tausende Sklaven aus allen Herren Länder und auch viele einheimische asturische Siedler arbeiten unter meist unmenschlichen Bedingungen in engen Stollen und treiben diese tief in das Konglomeratgestein hinein.

Es ist Gold, das hier lockt! Erste Funde im Fluss lassen die römischen Herrscher anfangen, die Berge, aus denen er kommt, abzutragen. Und das machen sie mit einer unglaublich intelligenten, aber auch aufwändigen Methode. Von weit her, von den umliegenden Bergen, wurden Kanäle gegraben, die Wasser heranführen. Dieses wird nun in künstlich angelegten Becken oberhalb der abzutragenden Berge gesammelt. Einstweilen graben die Sklaven und Arbeiter von oben schmale Schächte in den Berg, verzweigen diese vielfach und versehen sie mit Engstellen, um den Wasserdruck zu erhöhen. Dann wird der Berg geflutet. Mit einer unheimliches Wucht schießt das angestaute Wasser nun durch die Schächte und bringt den Berg regelrecht zum platzen. Nun wird in mühseliger Feinarbeit das gesamte Material gesiebt und abtransportiert.“

Innerhalb von rund 250 Jahren gelang es den Römern mit Hilfe ihrer Sklaven und Arbeiter, vermutlich rund 1500 Tonnen Gold zu fördern, dann versiegte die Mine und das Gelände wurde aufgegeben. Heute hat sich die Natur die aufgelassene Mine größtenteils zurückgeholt und es entstand eine skurrile Landschaft, die vor allem durch ihr abendliches Farbenspiel begeistert. Fast goldgelbe und rötliche Bergfragmente ragen in bizarrer Weise aus dem dunkelgrünen Blattwerk der Kastanienbäume, leuchtend blaue Seen spiegeln die über den Horizont wandernde Sonne. Lange wandern wir durch diese von Mensch und Natur gemeinsam geschaffene Landschaft, die seit nun fast 2000 Jahren nahezu unverändert der Geschichte trotzt…

 

Das „Ende der Welt“

Schon die Römer kamen gerne hier herauf gepilgert auf den kargen Felsen, und sie nannten den Platz finis terrae, Ende der Welt. Sie kamen hierher, um jeden Abend die Sonne „sterben zu sehen“, staunten darüber, wie sie im Meer versank und doch am nächsten Tag wieder hell leuchtend auf der anderen Seite aufzutauchen.

Es wirkt wirklich ein bisschen wie das Ende der Welt, wenn man hier oben sitzt und sich bewusst macht, dass erst viele tausend Meilen weiter westlich wieder Land in Sicht kommen wird – Amerika. Doch das wussten die Römer damals noch nicht, für sie war hier Schluss…

Heute kommen mehrheitlich die Pilger des Camino de Santiago hierher. Sozusagen als Abschluss ihres langen Marsches quer durch Nordspanien nach Santiago de Compostela hängen sie noch gerne diesen Abstecher ran, um auf dem Kap den legendären Sonnenuntergang zu genießen und ihren Gedanken nachzuhängen. Machen wir auch, und wir haben „Manni“ auch extra eine Muschel an den Reservereifen gehängt, als Zeichen dafür, dass er auch den ganzen Camino geschafft hat…

 

Der Jakobsweg – Kultur wird zum Kult

Wenn die heutigen Pilger nach rund 800 staubigen und zermürbenden Kilometern endlich die Spitzen der Kathedrale von Santiago de Compostela erblicken, dann können sie mit Recht stolz sein auf ihre Leistung. Sie sind den Spuren Unzähliger gefolgt und haben so ihren Anteil zur kulturhistorisch doch recht fragwürdigen, religiösen Geschichte beigetragen.

Nun mag ein jeder seine eigenen Gründe und Bedürfnisse haben, diesen „Gang des Sündenablasses“ auf sich zu nehmen; das Ziel, die Gebeine, die hier als die des Heiligen in der üppig ausstaffierten Kathedrale besucht und verehrt werden, sind wahrscheinlich nicht einmal die Seinigen. Sind sie doch, nach seiner Hinrichtung in Jerusalem, von Engeln gesteuert, in einem Marmorsarg hierher verbracht und dann jahrhundertelang in Vergessenheit geraten. Ein alter Einsiedler hatte dann irgendwann die plötzliche Eingebung, auf einem alten römischen Friedhof zu graben, und, welch Überraschung, man fand tatsächlich einen Sarg.

Als der Heilige dann auch noch auf einem weißen Pferd mit dem Schwert in der Hand die Mauren besiegte, war seinem Aufstieg zum Schutzheiligen nichts mehr im Wege. Und trotzdem verschlampte man irgendwann wieder mal die heiligen Gebeine. Erst im 19. Jh. fand man bei Grabungen in der Krypta alte Knochen, die vom Forensiker Papst Leo XIII. umgehend als diejenigen von Jakob erkannt wurden…

Nun, all das ist den meisten derjenigen, die sich heute auf den mühsamen Weg machen, egal, denn es scheint inzwischen eher das gemeinsame Erleben unterwegs wichtig denn der Sündenablass. Und so wurde das ganze Spektakel inzwischen zu einem riesigen Geschäft und natürlich zum Kult – den Jakobsweg „gemacht zu haben“…

So, und jetzt verlassen wir Spanien erst mal und schauen uns bei den Portugiesen ein wenig um…

Noch viel mehr Infos findet Ihr wie immer unter „reiseberichte“ und dann „ tagebuch“

Viele Grüße an Euch alle

Conny & Tommy

Kathedrale Santa Maria la Regla in Leon

Kathedrale Santa Maria la Regla in Leon