Der Pamir – grandiose Hochebene zwischen eisigen Riesen

Vier Wochen lang bewegen wir uns meist auf über viertausend Meter Höhe, wandern viel und staunen über die eisgepanzerten Bergriesen um uns. Es ist eine karge Region, die den hier lebenden Menschen alles abverlangt. Doch die grandiose Natur entschädigt für kalte Sturmböen und schlechte Versorgungsmöglichkeiten.

herrlicher Platz am sprudelnden klaren Fluss
herrlicher Platz am sprudelnden klaren Fluss
Bergpiste Pamir Highway
Bergpiste Pamir Highway
immer entlang der afghanischen Grenze
immer entlang der afghanischen Grenze
Ausblicke nach Afghanistan im teilweise engen Flusstal
Ausblicke nach Afghanistan im teilweise engen Flusstal
entlang des Panj-Flusses
entlang des Panj-Flusses
Übernachtungsplatz mit Blick nach Afghanistan
Übernachtungsplatz mit Blick nach Afghanistan
toller Übernachtungsplatz direkt am Panj
toller Übernachtungsplatz direkt am Panj
im Wakhan Tal an der Grenze zu Afghanistan
im Wakhan Tal an der Grenze zu Afghanistan
der Wakhan Korridor bei Langar
der Wakhan Korridor bei Langar
salziger Bergsee unterhalb des Khargush Passes
salziger Bergsee unterhalb des Khargush Passes
Farbenspiele der Natur am Lake Bulunkul
Farbenspiele der Natur am Lake Bulunkul
wir genießen die Stimmung am Lake Bulunkul
wir genießen die Stimmung am Lake Bulunkul
surreale Welt am Lake Yaschikul
surreale Welt am Lake Yaschikul
was für tolle Farbenspiele!
was für tolle Farbenspiele!
heißes Wasser aus dem inneren der Erde...
heißes Wasser aus dem inneren der Erde...
wir fühlen uns einfach gut!
wir fühlen uns einfach gut!
einsame Fahrt in das Zorkul Nature Reserve
einsame Fahrt in das Zorkul Nature Reserve
immer wieder erschweren Furten das Fortkommen
immer wieder erschweren Furten das Fortkommen
der Hindukusch in Afghanistan vor unserer Tür
der Hindukusch in Afghanistan vor unserer Tür
Übernachtungsplatz im Zorkul Nature Reserve am Pamir River
Übernachtungsplatz im Zorkul Nature Reserve am Pamir River

Vier Wochen lang bewegen wir uns meist auf über viertausend Meter Höhe, wandern viel und staunen über die eisgepanzerten Bergriesen um uns. Es ist eine karge Region, die den hier lebenden Menschen alles abverlangt. Doch die grandiose Natur entschädigt für kalte Sturmböen und schlechte Versorgungsmöglichkeiten.

 

Der Pamir Highway

Was für eine Straße! Einst von den sowjetischen Besatzern als militärische Versorgungsachse geschaffen, speditieren auf ihr nun schwere Lastzüge chinesischen Ramsch von Kaschgar nach Dushanbe und lockt sie heute tausende von Touristen in der kurzen Sommersaison.  Schwer bepackte Radfahrer quälen sich irgendwo zwischen Enthusiasmus und Masochismus über die Viertausenderpässe, eingestaubte Motoradfahrer reiten ihre Bikes wie Cowboys durch die Schlaglöcher, aufgemotzte Geländewagen, mit „Pamir-Expedition“ Aufklebern bestückt, knallen wie blöde über Wellblechpisten, meist junge Teilnehmer einer „Mongolia-Rallye“ rütteln ihre vor der Verschrottung geretteten Kleinwagen in den Semesterferien über die steinigen Bergpisten und selbst Traveller zollen ihren zu ambitionierten Reiseplänen meist Tribut. Denn bis auf die Radfahrer haben sie eines gemein – alle haben sie keine Zeit! Und so versäumen sie meist die grandiosen Landschaften neben diesem „Highway“, der diesen Namen eigentlich wirklich nicht verdient hat, bewusst aufzunehmen. Schade drum…

 

Das Wakhan Valley

Schon immer zogen die Karawanen mit ihren wertvollen Waren durch das Wakhan Valley, ein schmaler Korridor, flankiert von den Siebentausendern des Hindukusch. Auch Marco Polo nahm diesen Weg auf seiner historischen Reise nach China, in seinen Aufzeichnungen finden wir die Bezeichnung Vocam für das Tal, das die unwirtlichen Höhen des Pamir umgeht.

Im 19. Jh. schufen die Indien und Pakistan beherrschenden Engländer und das zaristische Russland einen politischen Korridor als Puffer, der fortan als Wurmfortsatz von Afghanistan die Landkarten zierte, um nicht direkt in einen geopolitischen Interessenskonflikt zu geraten. 1979 versuchte dann die Sowjetunion mit ihrer militärischen Intervention in Afghanistan, diesen Fakt aufzuheben, was in einem Fiasko für die kommunistischen Machthaber endete und letztlich mit dazu beitrug, dass die Sowjetunion ins Reich der Geschichte einging.

Heute nun ist es im unabhängigen Tadjikistan als auch im dort friedlichen Afghanistan wieder möglich, das Wakhan Valley zu bereisen. Wir beschränkten uns auf die tadjikische Seite, denn sie ist mit einer durchgehend befahrbaren Straße erschlossen und eröffnet auch die wesentlich interessanteren Blicke auf die Eisriesen des Hindukusch.

Von der Hochebene um Langar, wo der Pamir River in den Wakhan River fließt und damit zum Panj River wird, bis hinunter nach Khorog, schmiegen sich viele kleine Dörfer an die steilen Hänge der bedrohlich aufragenden Berge. Verbunden von einer im Winter meist unpassierbaren Straße sind sie weit abgeschieden vom zentralen Tadjikistan. In den kurzen Sommern sorgen überraschend hohe Temperaturen und Unmengen von Wasser für partiell grüne Wiesen und ertragreiche Felder. Auch eine bescheidene Viehwirtschaft hilft den Menschen hier zu überleben, doch das Leben bleibt karg und hart.

Für uns Reisende ist das Tal wie einst ein Weg durch die unwirtlichen Gebirge des Pamir und Hindukusch. Wir staunen über grandiose Eisriesen, die unnahbar hoch über uns in der grellen Sonne glitzern, bewundern reißende Flüsse, die ihre Wassermassen ununterbrochen zu Tale donnern lassen, quälen uns über grottenschlechte Straßen, die mühsam die Ansiedlungen verbinden und blicken immer wieder hinüber ins so unnahbar erscheinende Afghanistan. Sechs Tage lassen wir uns Zeit, dieses wundervolle Tal zu bereisen, viel länger hat wahrscheinlich auch Marco Polo seinerzeit nicht gebraucht…

 

Bulunkul und Yaschilkul – zwei traumhaft schön gelegene Seen

Selten gelingt es Künstlern, die von der Natur geschaffenen Kombinationen aus Farben und Bildern zu übertreffen. Ein solches Beispiel perfekter Gestaltung finden wir im zentralen Pamir. Die beiden Seen fügen sich dermaßen stimmig in die Landschaft ein, dass der Betrachter sich in einem Atelier wähnt. Die Symphonie der Farben macht sprachlos, die Stille ehrfürchtig. Kaum jemand findet den Weg hierher, obwohl nur eine knappe Stunde vom Pamir Highway entfernt. Gut, dass es so ist…

 

Durch das Zorkul Nature Reserve

Abgelegener geht kaum. Ein See wie ein Spiegel, darin gedoppelt der afghanische Hindukusch, Eisriesen fern jeglicher Erreichbarkeit. Wenige Halbnomaden trotzen mit ihren wenigen Yaks und Schafen dem immerwährenden Sturm und der Einsamkeit der über viertausend Meter hohen Hochflächen. Herden scheuer Marco-Polo-Schafe ziehen über die kargen Berge, meist erinnert lediglich ihr imposantes Gehörn, am Pistenrand drapiert, an ihr Dasein. Auf afghanischer Seite ein paar Kamele, ab und zu ein Reiter. Mehr nicht.

Im Winter unpassierbar, wenn die Schneestürme heulen und die grottenschlechte Piste unter Schneeverwehungen verschwindet. Und die Winter sind lang und hart hier oben. Doch in der kurzen Sommerzeit begeistert die Natur mit wunderbaren Landschaften. Tiefblaue Seen vor weiß glitzernden Gletschern, grüner Flaum winziger Pflanzen verdrängt für kurze Zeit das eintönige Braun auf den trockenen Bergflanken. Hunderte scheuer Murmeltiere huschen über die Steine, verschwinden blitzartig in ihren Wohnhöhlen, wenn sie Gefahr vermuten.

Für den modernen Reisenden eine Herausforderung. Furten eiskalter Gebirgsbäche unterbrechen die steinige Piste oft, Schlamm und Morast stoppt den Vortrieb vermeintlich technischer Überlegenheit rascher als man vermutet. Weggerissene und unterspülte Abschnitte können zur Umkehr zwingen, die Höhenlage fordert Motoren und Energie heraus. Doch die Anstrengung lohnt, das Zorkul Nature Reserve ist einmalig schön…

 

Leben auf über viertausend Meter Höhe

Die Winter sind lang und eisig kalt, nur drei Monate Sommerwärme macht das Leben für die Menschen hier erträglich. Die Luft ist dünn, für unsereins sehr gewöhnungsbedürftig.

Über zwei Wochen bewegen wir uns in diesen Höhen. Anfangs schlafen wir noch unruhig, wir meinen, nicht genug Luft zum Atmen zu bekommen. Doch rasch sind wir akklimatisiert, Laufen ohne Leistungsverlust viele hundert Höhenmeter die Berge rauf und runter, essen wie die Scheunendrescher und schlafen wie die Murmeltiere. „Manni“ dagegen hat immer zu kämpfen. Geringerer Sauerstoffgehalt und kalte Nächte lassen ihn nur widerwillig seinen täglichen Dienst antreten, der Dieselkonsum ist deutlich höher als in tieferen Regionen. Immerhin muss er ein knappes Dutzend Pässe bis auf über 4.600 Meter Höhe meistern, mit schwarzen Rußwolken protestiert er dann öfter mal gegen die ihm aufgelastete Schinderei.

Als wir nach so langer Verweildauer diese unwirtlichen Höhen wieder verlassen, sind wir doch froh. Es ist vor allem der fast ununterbrochen stürmisch wehende, kalte Wind, der uns so langsam auslaugt. Und da die Dieselheizung im Laster in diesen Höhen zum Verrußen neigt, verzichten wir auf ihren Einsatz. Dank der perfekten Isolation überstehen wir zwar die Nächte um den Gefrierpunkt ohne Probleme, nie fällt die Innentemperatur unter zwölf Grad. Aber klar, das ist keine Wohlfühlwohntemperatur. Und so freuen wir uns dann doch wieder mal auf „normale“ Lebensbedingungen…

 

Fazit Tadjikistan

Diese kleine Land, eingezwängt zwischen Afghanistan und China, hat uns unglaublich gut gefallen. Klar, 97% der Fläche sind Berge, wer uns kennt weiß, das ist genau unser Ding. So waren wir letztlich sechs Wochen im Land, sind sehr langsam von einem Tal ins nächste getingelt, konnten uns bei der Vielzahl toller Übernachtungsplätze oft nur schwer entscheiden, nach nur wenigen gefahrenen Kilometern weiter zu fahren oder zu bleiben.

Das mit dem Fahren ist auch so eine Sache. Die Straßen und Pisten sind überwiegend in einem erbärmlichen Zustand, so dass zügiges Fortkommen unweigerlich Materialschäden am Fahrzeug bedeutet. Schon allein diesem Problem war es geschuldet, dass wir pro Tag meist kaum mehr als fünfzig Kilometer weit gekommen sind. Da blieb viel Zeit zum Staunen und Genießen…

Für individuelles Reisen und freies Campen ist Tadjikistan perfekt. Niemals wird man belästigt, kein Betteln nervt, die Kinder sind wohlerzogen und zurückhaltend. Fast scheu blicken einen die Erwachsenen an, winkt man ihnen zu, wird fast enthusiastisch zurück gewinkt, strahlende Gesichter und ehrliches Lachen ist einem gewiss. Überall darf man sein Zelt aufstellen oder seinen Camper parken, die Menschen freuen sich, wenn man sich in ihrer Nähe wohl fühlt. Und nie kommt einer und verlangt Geld dafür.

Wir sind gespannt, wie lange dies noch so bleiben wird. Inzwischen gilt es als schick, den Pamir Highway „gemacht“ zu haben, sei es mit dem Fahrrad oder Motorrad, sei es als aufgemotzte Pamir-Expedition oder als geführte Touristengruppe. In allen Dörfern schießen „Homestays“ aus dem Boden, traditionelle Jurten buhlen um die Touristen, die sich jedoch meist kaum zwei Wochen Zeit nehmen, um durch dieses wundervolle Land zu rasen und nichts als eine Staubfahne zurück zu lassen.

Tadjikistan ist arm. Industrie und Bodenschätze sind nicht der Rede wert, die Infrastruktur vernachlässigt. Die Arbeitslosigkeit ist exorbitant hoch, Löhne und Gehälter lächerlich niedrig. Zwei Drittel aller Tadjiken leben und arbeiten im Ausland, ihre monatlichen Überweisungen machen den größten Posten im Staatshaushalt aus. Doch natürlich gibt es auch extrem reiche Menschen hier, allen voran der Familienclan des Präsidenten, der das Land systematisch aussaugt. Doch Wiederrede gibt es kaum, Tadjikistan ist eine strenge Diktatur, wer opportuniert läuft Gefahr, über Nacht auf nimmer wiedersehen verschwunden zu sein…

Das Land ist zweigeteilt. Das tadjikische Kernland um Duschanbe und der Anteil am Fergana-Tal ist extrem fruchtbar, hier wächst und gedeiht so ziemlich alles, was die Scholle hergibt. Dazu die Fann-Mountains, ein Gebirge mit alpinem Charakter, erste Infrastrukturen für Wanderer und Kletterer werden gerade ausgebaut. Und dann die autonome Bergregion des Pamir. Erst in einem harten Bürgerkrieg nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion gelang es, das Land zu vereinen. Die Menschen in dieser Region führen ein entbehrungsreiches Leben, kalt und windig ist es hier in den meist über 4.000 Meter hohen Bergtälern.

Tadjikistan ist eines unserer Lieblingsreiseländer geworden, schaffte es mühelos in die Top Ten. Wünschen wir den Menschen hier, dass es ihnen gelingt, vom Touristenansturm mehr zu profitieren, damit sie ihre Lebensbedingungen verbessern können.

 

Noch viel mehr Infos und Bilder findet Ihr wie immer im Tagebuch ab 24.Juli - click hier

 

 

Liebe Grüße an Euch alle

Conny & Tommy

Traumkulisse am Lake Kuli Kukjigit
Traumkulisse am Lake Kuli Kukjigit
der Vollmond geht am Hindukusch unter
der Vollmond geht am Hindukusch unter
Blick zum Quellgebirge des Pamir River
Blick zum Quellgebirge des Pamir River
phantastische Felsformationen
phantastische Felsformationen
Landschaften, die an Namibia erinnern...
Landschaften, die an Namibia erinnern...
steile Passabfahrten eröffnen Weitblicke
steile Passabfahrten eröffnen Weitblicke
überraschend grünes Tal um Murgab
überraschend grünes Tal um Murgab
Akbaytal-Pass, mit 4655 Metern der höchste Straßenpass in Tadjikistan
Akbaytal-Pass, mit 4655 Metern der höchste Straßenpass im Land
Blick über den Lake Karakul zum Peak Lenin
Blick über den Lake Karakul zum Peak Lenin
der ganze Lake Karakul mit seiner Inselwelt liegt uns zu Füßen
der ganze Lake Karakul mit seiner Inselwelt liegt uns zu Füßen
am Lake Yashikul