Tagebuch unserer Lebensreise

Am 29. März 2012, pünktlich zu Conny`s 40tem Geburtstag, sind wir in unseren „Manni“ um- und eingezogen. Er wird in den kommenden Jahren unser Zuhause sein, von dem aus wir die Welt erobern möchten.

Doch drehen wir das Rad ein wenig zurück, um erzählen zu können, wie es dazu kam.

Mai 2009, Namibia, Sonnenuntergang an der Spitzkoppe. Wir spüren, dass es genau solche Momente sind, die uns zeigen, dass dies unser Leben ist. Und wir endscheiden, dass wir unser Leben ändern wollen, sobald wir wieder zuhause sind.

Zuhause angekommen will uns der Alltag nicht mehr so richtig hinein lassen. Es fällt uns unheimlich schwer, wieder den normalen Lebensrhythmus zu finden – wollen wir ihn auch unbedingt finden? Es scheint so, als ob wir uns innerlich bereits entschieden haben, unsere Lebensveränderung nun aktiv voranzutreiben. Aufgrund einiger glücklicher Umstände, die einfach zusammen das Gewünschte ergeben, erhalten unsere Träume Struktur, und als wir dann noch zufällig auf das für uns perfekte Fahrzeug stoßen, geht alles sehr schnell.

Nach zwei Probereisen mit unserem „Manni“, einem 10 Tonnen Allrad-LKW mit einem Wohnkoffer von Actionmobil, die uns in die Pyrenäen und nach Marokko führen, entscheidet es sich, dass wir bereits am 01. Mai 2012 unsere Lebensreise beginnen werden. Nun wird es ein bisschen hektisch, denn es bleibt nur wenig Zeit alles aufzulösen und unser Zuhause von 120 qm auf 12 qm zu reduzieren. Unsere Jobs werden gekündigt, die Wohnung aufgegeben, die Autos und der überflüssige Hausrat verkauft. Alles, was wir noch besitzen, ist unser „Manni“ und die Dinge, die darin Platz finden.

Fünf Wochen waren wir nun unterwegs, um uns von unseren Familien und Freunden zu verabschieden. Fünf Wochen, in denen wir uns an das Leben auf Achse gewöhnen konnten. Es fiel uns leicht, denn wir waren sehr gut darauf vorbereitet. Alles hat inzwischen seinen Platz gefunden und wir finden auch so langsam alles wieder. Und so näherten wir uns unaufhaltsam unserem selbstgewählten Abfahrtsdatum, dem 01. Mai 2012.

 

 

 

01.Mai 2012 - es ist soweit

Punkt 9:00 Uhr starten wir unseren „Manni“, sein Tacho zeigt km 31.505. Wir stehen vor dem Haus unserer Freunde Steffi und Andy in Wielenbach bei Weilheim in Oberbayern, sie waren die letzten, bei denen wir einen wunderschönen Abend verbringen durften. Aber jetzt ist genug mit Verabschieden, jetzt geht es nun wirklich endlich los.

Bei herrlichen Frühlingswetter nähern wir uns Garmisch-Partenkirchen, schon von Weitem grüßen uns die immer noch dick verschneiten Gipfel und Flanken der Werdenfelser Berge, allen voran natürlich die erhabene Zugspitze. Dieser grandiose Anblick macht uns wieder einmal bewusst, wie schön unsere Heimat ist, doch trotzdem zieht es uns hinaus in die Welt.

Über Mittenwald erreichen wir unser Nachbarland Österreich und kurz hinter Seefeld schiebt „Manni“ seine zehn Tonnen Lebendgewicht den extrem steilen Zirler Berg vorsichtig ins Inntal hinunter.  Die Innsbrucker Sonnenterasse zwischen Axams und Mutters geleitet uns bis gegen Mittag in das Wipptal. Ein Abstecher nach Navis bringt uns leider nicht den erhofften schönen Platz zum verweilen, doch den finden wir kurz darauf am Talschluss des Obernberger Tales in 1440 Metern Höhe zu Fuße des Kleinen Tribulauns direkt am Ufer eines sanft dahingleitenden Gebirgsbaches.

Den Nachmittag nutzen wir noch zu einem netten Spaziergang hinauf zu den Oberberger Seen, bevor wir zur Feier unseres Starttages eine Flasche edlen Champagner köpfen. Es ist ein rundum gelungener Auftakt!

Weilheim – Obernberg/Österreich – 170 km – km 31.675

 

 

 

02.Mai 2012 - Noch ist es wie Urlaub

Der Champagner ist verdaut, wir sind ausgeschlafen und voller Tatendrang. Der Brenner ist schnell erreicht, jetzt geht es hinunter auf die Alpensüdseite. Vorbei an Sterzing und Brixen, hinein ins Pustertal, und schon bald sind wir in Bruneck, wo wir unsere Vorräte mit südtiroler Leckereien ergänzen.

Weit sind wir heute nicht gekommen, als wir entscheiden, in Welsberg zum Pragser Wildsee abzubiegen. Der Wohnmobilparkplatz ist leer, hier bleiben wir. Ein schöner Spaziergang um den idyllisch von schroffen Bergen eingerahmten Bergsee lässt uns entspannen, Sonne und kaum spürbare leichte Regenschauer wechseln sich dabei ab.

Zurück bei „Manni“ werfen wir unseren Grill an und genießen das langsam im Abendlicht entschwindende Bergpanorama der nördlichen Ausläufer der Dolomiten.

Obernberg – Pragser Wildsee/Italien – 115 km – km 31790

 

 

 

03.Mai 2012 - Wieder in Österreich

Wir starten früh, die aufgehende  Sonne hatte uns sanft geweckt. Wieder hinunter ins Pustertal, und über Toblach nach Tirol und weiter nach Lienz. Schon wieder was einkaufen, haben Supermärkte auf uns eine besondere Anziehungskraft?

Über den nicht allzu hohen Gailbergsattel kurven wir hinüber ins Obergailtal, wo wir beim Dorf Reisach direkt an der sprudelnden Gail einen schönen Platz inmitten grüner Wiesen und knallgelber Löwenzähne entdecken. Fast schon zu kitschig.

Aber wir sind nicht faul, hier kommen zum ersten Mal unsere Fahrräder zum Einsatz und wir radeln trotz teilweise recht starkem Gegenwind fast das gesamte Obergailtal rauf und runter, insgesamt doch rund 35 km. Zur Belohnung gibt’s dann ein leckeres Spargelessen.

Pragser Wildsee – Reisach/Österreich – 115 km – km 31905

 

 

 

04.Mai 2012 - Drei Länder in drei Stunden

Das Untergailtal ist ebenso schön wie das Obergailtal, alles wirkt hier extrem entspannt und ruhig. Über Hermagor und Arnoldstein biegen wir zu einem kurzen Abstecher nach Italien ab. Das Schild „gesperrt für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen“ sehen wir einfach nicht – und schon sind wir in Tarvisio. Eng geht’s hier zu in dieser kleinen Stadt, eingezwängt zwischen hoch aufragenden Bergen. Nach der Stadtdurchfahrt wissen wir auch, warum diese eigentlich für LKW gesperrt ist…

Wir kommen trotzdem durch, wir sind ja auch ein Wohnmobil, entdecken den romantischen Lago del Predil für eine nette Pause und stehen kurz darauf auf dem Passo del Predil, der Grenze zu Slowenien. Ein wildes Szenario steil aufragender Berge begleitet uns hier herauf. Nun geht es rund 1000 Höhenmeter hinunter in Richtung Bovec. Unsere eigentlichen Pläne, im Triglav-Nationalpark ein wenig zu wandern, scheitern am zu schlechten Wetter, tief hängen die Wolken in den höchsten Bergen Sloweniens. So entscheiden wir uns, weiter über Kobarid nach Tolmin zu fahren. Dort relaxen wir am Ufer der Soca, direkt hinter dem Friedhof des Ortes. Ein ausgiebiger Spaziergang bei wolkenverhangenem Himmel bringt uns den Ort noch ein wenig näher, ehe uns am Abend intensiver Regen in unseren „Manni“ verbannt.

Reisach/Östereich – Tolmin/Slowenien – 140 km – km 32035

 

 

 

05.Mai 2012 - Wälder ohne Ende

In der Nacht schüttete es ziemlich heftig, der Morgen präsentiert sich neblig und wolkenverhangen. Wir sind ja auch in der niederschlagsreichsten Region Sloweniens. Und in der waldreichsten. Slowenien hat die drittdichteste Bewaldung Europas, gemessen an der Fläche. Und so präsentiert sich uns die Landschaft auch bei der Weiterfahrt, Wald ohne Ende.

Kurvenreich schlängeln wir uns entlang der Idrijca nach Idrija und von dort weiter über Cerknica in Richtung kroatischer Grenze. Der Grenzübergang ist mehr als verschlafen, die Jungs nutzen die einmalige Chance, unsere gut dreißig Flaschen Rotwein zu entdecken jedoch nicht, da sie vor lauter Lethargie nicht einmal aufstehen. Dafür bekommen wir schöne Stempel in unsere Pässe, die ersten auf unserer Reise.

In Gerovo biegen wir ab in Richtung Risnjak Nationalpark, ein schmales Sträßchen bringt uns hinauf zum Gasthaus von Lividraga, das hier auf einer wunderschönen Lichtung in fast 1000 Meter Höhe liegt. Ganz alleine verbringen wir hier den Nachmittag und den Abend.

Tolmin/Slowenien – Lividraga/Kroatien – 155 km – km 32190

 

 

 

06.Mai 2012 - Regenwetter

In der Nacht und auch noch am Morgen gießt es in Strömen. Unsere Wanderpläne für den Risnjak Nationalpark können wir also vergessen. So starten wir im Lauf des Vormittags raus aus den Wäldern hinunter an die Küste, die wir über Gor. Jelenje bei Kraljevica erreichen. Doch auch hier sieht es nicht viel besser aus, ein unangenehm frischer Wind bläst uns entgegen, alles andere als gemütlich, auch wenn es nicht mehr regnet.

Die Küstenstraße bringt uns nach Senj, dem alten Piratennest gegenüber der Insel Krk. Wir probieren einen kleinen Rundgang durch den Ort, hinauf zur Festung, doch einsetzender Regen treibt uns wieder zurück in unseren „Manni“. Also verlassen wir die Küste wieder über den Vratnik-Pass in Richtung Otocac. Unser Ziel ist das kleine Dorf Kuterevo am Ostrand des Velebit-Gebirges. Dort gibt es eine Kooperative, die sich um die Aufzucht kleiner Braunbären kümmert, die von ihren Müttern getrennt wurden.

Der Empfang dort ist überwältigend, wir dürfen vor den Bärengehegen parken und übernachten und sind sofort im Team aufgenommen. Viele junge Leute verschiedenster Nationalitäten arbeiten hier unentgeltlich nur gegen ein geringes Taschengeld bei der Unterstützung der Kooperative. Die jungen Bären sind zu drollig und wir haben einen riesen Spaß bei deren Beobachtung. Leider setzt am Abend auch hier wieder Regen ein und wir sitzen uns mit den Leuten noch gemütlich zusammen und nutzen auch deren Internetanschluss zu ersten Kontakten nach Hause.

Lividraga – Kuterevo – 150 km – km 32340

 

 

 

07.Mai 2012 - Noch mehr Regen

Die hartnäckigen Schauer der vorhergegangenen Tage mutieren heute zu anhaltendem Dauerregen, der jegliche Outdooraktivität schon im Ansatz ersticken lässt. So schlafen wir viel, lesen noch mehr und machen uns immer wieder über - unsere Vorräte her. Doch oh Wunder, gegen Abend blitzen erste kleine blaue Himmelsfetzen durch das den ganzen Tag lang undurchdringliche Grau, die Vögel singen und auch die Grillen zirpen wieder.

Der Ruhetag war gut, wir haben gespürt, dass es völlig egal ist, wenn das Wetter mal nicht mitspielt, wir verpassen ja nichts…

Mal sehen, ob uns morgen früh endlich mal wieder die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen weckt.

Kuterevo – 0 km – km 32340

 

 

 

08.Mai 2012 – Die Welt sieht gleich ganz anders aus…

… wenn die Sonne wieder lacht! Strahlend blauer Himmel empfängt uns heute Morgen zum Frühstück und wir freuen uns darauf, wieder ein Stückchen weiter zu reisen.

Nachdem wir uns von unseren netten und interessanten Gastgebern verabschiedet hatten, geht es erst mal ein Stückchen zurück nach Otocac, natürlich wieder zum Einkaufen. Die anschließende Strecke nach Gospic führt uns durch ein fruchtbares Hochtal, viele neu gebaute Häuser zeugen vom Aufschwung, der auch so langsam hier ankommt.

Wir fahren weiter hinein ins Velebit-Gebirge, das das Inland hier von der Küste abriegelt. Schon kurz hinter Gospic, am Ortsrand von Brusane, lockt uns ein wirklich schöner Rastplatz in gebührendem Abstand zur wenig befahrenen Straße zu einem Stop. Wir parken unter lichtdurchfluteten Bäumen direkt an einem munter sprudelnden Bach und entscheiden spontan, den Nachmittag und auch die Nacht hier zu verbringen. Ein ausgiebiger Spaziergang hinein ins Velebit und ein lecker bestückter Grill runden unseren heutigen Tag gekonnt ab.

Kuterevo – Brusane – 80 km – km 32420

 

 

 

09.Mai 2012 - Unser Kletterabenteuer beginnt

Schon vor dem Frühstück starten wir, das wollen wir in Karlobag nachholen, direkt unten am Meer. Dort im kleinen Dorfhafen herrscht eine verschlafene Morgenstimmung, das Meer spiegelt sich fast unnatürlich blau, also genau richtig für unser Frühstück.

Unser heutiges Ziel ist Starigrad, Ausgangsort für den Nationalpark von Paklenica. Dort in der karstigen Schlucht um den Anica Kuk befindet sich eines der renommiertesten Sportklettergebiete Europas mit durchaus alpinem Charakter. Hier wollen wir drei Tage zum Klettern gehen.

Wir kaufen uns ein entsprechendes Ticket für den Eintritt und suchen uns für den ersten Nachmittag eine leichtere Route aus, um uns an den hier sehr eigenwilligen, scharfkantigen Fels zu gewöhnen und um zu sehen, wie wir so drauf sind. Und wir stellen fest, wir sind bereit für größere Aufgaben…

Die Leute in Ort vermieten in ihren Gärten Campingstellplätze zu natürlich günstigeren Konditionen als die offiziellen Campingplätze am Meer dies tun und so mieten wir uns in einem netten Garten mit Olivenbäumen ein. Von dort aus können wir den Nationalpark bequem mit dem Rad erreichen.

Brusane – Starigrad – 85 km – km 32505

 

 

 

10.Mai 2012 - Wir durchsteigen die Nordwand des Anica Kuk

Früh sind wir auf den Beinen, wir haben vor, auf der Route „Mosoraski“ die Nordwand des höchsten Gipfels in der Schlucht von Paklenica zu durchsteigen, immerhin 350 Meter hoch. Erst mit dem Rad, dann zu Fuß geht es bis zu Einstieg dieser perfekt abgesicherten Route. Neun Seillängen in anhaltendem Schwierigkeitsgrad 5c bringen uns Stunde um Stunde höher hinauf in dieser riesigen Wand, die sich immer senkrechter vor uns aufbaut. Unser Adrenalinspiegel bleibt konstant hoch ob der oft äußerst kniffligen Schlüsselstellen, wir sind erkennbar an unserem Limit.

Nach vielen Stunden kräftezehrender Kletterei begrüßt uns die wärmende Sonne am Gpfelaufbau. Wir sind durch! Schnell ist der Gipfel nun erreicht und die Anspannung des nicht endenden Durchstiegs legt sich so langsam, bevor wir uns an den zum Teil mühseligen Abstieg zurück in die Schlucht machen.

Bei „Manni“ angekommen sind wir sichtlich erledigt, doch beim abendlichen Verarbeiten des Erlebten sind wir stolz auf unseren Erfolg. Eine unvergessliche Tour!

Starigrad/Paklenica – 0 km – km 32505

 

 

 

11.Mai 2012 - Noch eine tolle Kletterroute…

... zum Abschluss unserer drei Tage in Paklenica. Unsere Wunden des Vortags sind geleckt und so entschließen wir uns, die Route „Centralni Kamin“, eine 300 Meter lange Route im Schwierigkeitsgrad 5a anzugehen. Der Einstieg ist schnell gefunden, die ersten beiden Seillängen sind ohne große Anforderungen routiniert geklettert. Doch dann wird es nochmal so richtig knifflig. Erst ein steiles Band an einer senkrechten Wand und dann als Dreingabe ein senkrechter, am Ausstieg überhängender Kamin fordern uns alles ab, was wir an Kraft und Moral noch in uns haben.

Der anschließende Rest ist Genussklettern an feinsten Wasserrillen und so erreichen wir schon bald den Ausstiegsgrat.  Auch heute ist der Abstieg etwas mühsam, doch wir sind froh, auch diese Wand noch geschafft zu haben, so dass uns dies nicht weiter stört.

Unter angekommen in unserem Olivengarten lassen wir die drei wirklich tollen Kletterrouten in unseren Köpfen nochmal Revue passieren und zählen dabei die unendlich vielen kleinen Blessuren, die wir uns an den scharfkantigen Felsen zugezogen haben. Doch diese werden verheilen, bleiben wird das große Kletterabenteuer Paklenica…

Starigrad/Paklenica – 0 km – km 32505

 

 

 

12.Mai 2012 - Badefreuden bei Primosten

Heute reisen wir wieder ein wenig weiter in Richtung Süden. Vorbei an Zadar und Biograd, an Vodice und Sibenik entdecken wir kurz vor dem pittoresken Örtchen Primosten einen noch geschlossenen, winzigen Campingplatz direkt am hier kristallklaren und sauberen Meer. Der Besitzer der Anlage winkt uns herein und bietet uns an kostenlos hier den Nachmittag und die Nacht zu verbringen, da die gesamten Anlagen noch nicht in Betrieb sind. Gerne nehmen wir dieses Angebot an, noch dazu, da wir den Platz für uns völlig alleine haben.

Nackt liegen wir faul in der Nachmittagssonne, schwimmen im erstaunlich angenehm temperierten Meer und erholen uns so schnell von den vorhergegangenen Kletterstrapazen. Später, am Abend, versinkt eine knallrote Sonne im violett anmutenden, spiegelglatten Meer, während ein einsames Fischerboot den blauen Spiegel zart durchschneidet. Auf unserem Grill brutzeln drei fangfrische Doraden und der eiskalte Sekt perlt in den funkelnden Kristallgläsern.

Wir sind angekommen…

Starigrad – vor Primosten – 155 km – km 32660

 

 

 

13.Mai 2012 - Sturm über der Küste

So schnell kann der Wettergott sein eigenes Paradies zerstören. Schon in der Nacht kommt starker Wind auf, der sich schnell zu einem ausgewachsenen Sturm mausert. Also nix ist es mit einem weiteren Badetag.

Wir packen deshalb nach dem Frühstück  zusammen, statten Primosten noch einen kurzen Besuch ab und machen uns wieder auf den Weg. Das mittelalterliche Städtchen Trogir lädt uns zu einem Bummel ein und wir unterbrechen unsere Fahrt, um über blankgeschliffenes Kopfsteinpflaster durch schmale Gässchen zu schlendern, den wunderschönen Campanile zu bewundern und die freundliche Stimmung der kleinen Piazzi zu genießen.

Split umfahren wir großräumig, auf Großstadt haben wir keinen Bock; ach ja, Einkaufen waren wir dort natürlich mal wieder. Ein paar Kilometer weiter quartieren wir uns auf einem netten Autokamp am Strand von Omis ein, leider ist der Sturm nun noch zusätzlich mit Regenschauern garniert, so dass wir uns schnell in unseren „Manni“ zurückziehen.

vor Primosten – Omis – 90 km – km 32750

 

 

 

14.Mai 2012 - Die Bora bestimmt unseren Rhythmus

Es regnet und stürmt, drei Tage soll sie anhalten, die Bora, wie der tückische Fallwind hier genannt wird. Wir lassen uns deshalb viel Zeit mit der Weiterreise, starten erst gegen Mittag.

Im Yachthafen eines kleinen Nestes vor Makarska bekommen wir einen kostenlosen Internetzugang, genau das Richtige für einen Regentag. Jetzt wir fleißig, geschrieben, geskypt und gemailt. Der aktuelle Newsletter kommt auf die Homepage, das Tagebuch wird bestückt und die ersten Fotos werden bearbeitet. Büroarbeit eben…

Morgen scheint wieder die Sonne…

Omis – Makarska – 45 km – km 32795

 

 

 

15.Mai 2012 - Endlich mal wieder eine Bergtour…

… auch wenn sich die Sonne noch nicht so richtig zeigen will. Das Biokovogebirge, das sich hier auf über 1700 Meter direkt vom Meer weg aufsteilt, lockt uns mit einer Rundtour auf den Sv. Ilija. Der ist zwar „nur“ 1640 Meter hoch, aber wenn der Startort lediglich auf 250 Meter liegt, dann ist das auch eine richtig große Tour. Und das wird es dann auch!

Schon während des Aufstiegs begeistern uns die Tiefblicke hinunter zu den Dörfern an der Küste oder auch weit hinaus zu den unzähligen Inseln. Als wir den Gipfelgrat erreichen, ziehen leider dichte Wolkenfetzen von der Küste herauf, so dass die sonst wohl sensationelle Rundumsicht doch etwas getrübt bleibt. Trotzdem, vor allem in Richtung Osten reicht unser Blick weit hinein in die Herzegowina, auch die Inseln im Meer lassen sich immer wieder sehen.

Am Gipfel steht eine kleine Kapelle, in deren Windschatten wir eine Weile dieses Panorama genießen können, bevor es auf der anderen Seite des Berges langsam wieder hinunter geht. Je tiefer wir dabei kommen, umso klarer wird die Sicht, so dass wir doch noch von einem wirklich tollen Bergerlebnis sprechen dürfen.

Makarska Umgebung – 25 km – km 32820

 

 

16.Mai 2012 - Bosnien & Herzegowina

Nur ein Katzensprung ist es hinüber ins Nachbarland, das hier unten im Süden jedoch überwiegend von Kroaten besiedelt ist. Die Laune der Politik zieht auch hier die Grenzen.

Wir überwinden hinter Makarska das Biokovogebirge und erreichen Vrgorac, den letzten kroatischen Ort vor der neuen Grenze. Die Abwicklung ist eher von Interesse am „Manni“ denn an den eigentlichen Aufgaben orientiert, und so ist der Schlagbaum schnell und freundlich passiert. Über Ljubuski und Citluk erreichen wir Kusevo, wo wir den massiven Steinturm der dortigen Kirche Sv. Ilija etwas abseits des Ortes entdecken. Eine Oase der Ruhe erwartet uns, der Pfarrer heißt uns herzlich willkommen und wir entscheiden, auch über Nacht hier zu bleiben.

Während eines ausgiebigen Nachmittagspaziergangs stellen wir fest, dass wir uns inmitten eines großen Weinanbaugebietes befinden. Mal sehen, ob wir morgen mal eine Vinaija aufsuchen, um unsere Vorräte etwas aufzustocken…

Makarska – Kusevo – 115 km – km 32935

 

 

17.Mai 2012 - Symbolträchtiges Mostar

Die ganze Nacht über schüttete es wie aus Kübeln, schwere Gewitter gingen über uns nieder. Der morgendliche Rundblick auf die Berge um Mostar zeigte – es hatte sogar geschneit!

Dementsprechend kalt war der Start in Mostar, das wir schnell erreichen. Die Stadt an der Neretva leckt immer noch an den Wunden, die der fürchterliche Krieg vor knapp 20 Jahren hinterlassen hatte. Ein großer Teil der Häuser weißt auch heute noch tausende von Einschusslöchern auf, viele Kriegsruinen prägen weiterhin das Stadtbild.

Besonders beeindruckend präsentiert sich das moslemische Altstadtviertel um die berühmte alte Bogenbrücke, das weltweit bekannte Wahrzeichen der Stadt. Nach seiner Zerstörung 1993 wurde die Brücke gemeinsam mit den angrenzenden Vierteln mit internationaler Hilfe wieder aufgebaut.

Sehr berührt von den immer noch sichtbaren Kriegswunden verlassen wir Mostar, schweigend sitzen wir im „Manni“, verarbeiten das soeben erlebte. Über Caplijna kommen wir nach Metkovic, sind also wieder zurück in Kroatien. Kurz darauf passieren wir die bosnische Enklave Neum, bevor wir in der Bucht von Slano, kurz vor Dubrovnik, ein traumhaft gelegenes, privates Autocamp entdecken.

Kusevo – Slano – 130 km – km 33065

 

 

18.Mai 2012 - Einfach nix tun…

.. ist auch mal nicht so schlecht. Der Tag ist sonnig, annähernd windstill, nur das Meer ist relativ frisch nach den letzten Schlechtwettertagen. Frischer Fisch, direkt beim Fischer vom Boot gekauft ergänzt heute Abend unseren Speiseplan, mehr gibt es nicht zu berichten.

Slano  -  0 km  -  km 33065

 

 

19.Mai 2012 - Champions-League Finale

Heute ist ein typischer Samstag. Conny macht große Wäsche und ich passe einstweilen auf das Meer auf. Jetzt haben wir wieder saubere Klamotten und ich einen Sonnenbrand. Ganz schön anstrengend…

Sonst ist eigentlich nichts passiert, der Tag verlief ereignislos. Dafür ist der Abend umso dramatischer, für Bayern-Fans. Selten war ein Finalgewinn ungerechter und Conny`s Kommentar – „ist doch nur ein Spiel“ – kommt bei meiner Gemütsverfassung nicht so recht an. Macht aber nichts, ich liebe sie trotzdem…

Slano  -  0 km  -  km 33065

 

 

20.Mai 2012 - Die Perle der Adria

Wir verlassen unsere kleine Bucht und machen uns auf nach Dubrovnik, der Perle der Adria, wie die mittelalterliche Stadt auch gerne genannt wird. Und das ist sie wirklich, vor allem von oben, der Umgehungsstraße aus als Einheit betrachtet. Die Kriegsschäden von 91/92 sind alle restlos beseitigt, ganz anders als in Mostar. Die Stadt lebt, und wie!

Wir schieben uns durch die blankpolierten Kopfsteinpflastergassen, die sicherlich wunderschönen Paläste und Kirchen verschwinden unter den Massen. Nicht so unsere Welt, vor allem weil die Vermarktung so weit geht, dass wirklich alles richtig viel Geld kostet. Lange tun wir uns das Geschiebe nicht an, wir flüchten aus dem Touristenirrsinn.

Ganz anders dagegen Cavtat. Das pittoreske Städtchen am südlichen Ende der großen Bucht von Dubrovnik schmiegt sich in ein fast geschlossenes, natürliches Hafenbecken, nette Lokale und Kneipen geben dem Ganzen ein wirklich beschauliches Flair. Und wenn die eislutschende und wirklich alles fotografierende Japanergruppe wieder ihren Bus gefunden hat, dann wird es auch richtig gemütlich…

„Manni“ parkt unauffällig am örtlichen Tennisclub, mal sehen, ob wir hier ungestört gleich die Nacht verbringen können.

Slano  -  Cavtat  -  85 km  - km  33150

 

 

21.Mai 2012 - Ab nach Montenegro

Die Nacht war ruhig, und nach einem vormittäglichen Einkaufsmarathon sind wir nun gerüstet für unsere Weiterreise nach Montenegro. Über Gruda sind wir schon bald an der Grenze, an der wir sehr freundlich und natürlich ein bisschen neugierig abgefertigt werden und problemlos einreisen können.

Unser heutiges Ziel ist die riesige Bucht von Kotor. Ab Herceg Novi fahren wir entlang dieses Meeresarmes, der mit seinen steil aufragenden Bergen und vielen kleinen Buchten, in denen alte Dörfer liegen, an einen norwegischen Fjord erinnert. Perast ist ein besonders pittoreskes Dorf, zwei kleine Inselchen mit Kirchlein darauf runden das gemütliche Gesamtbild ab.

Der Höhepunkt dieser Fahrt ist jedoch zweifellos die uralte Stadt Kotor. Die älteste Kirche stammt aus dem Jahr 809. Die ganze Stadt mit ihrer fünf Kilometer langen Stadtmauer, die sich zum Teil steil über den direkt hinter der Stadt aufragenden Berg windet, ist ein frühmittelalterliches Kunstwerk, heute unauffällig renoviert und mit unzähligen, geschmack- und stilvollen Lokalen, Cafes und Kneipen bestückt.

Wir parken und übernachten mitten in der neuen Stadt in einem aufgelassenen Fabrikgelände, nicht besonders schön, aber altstadtnah und kostenlos.

Cavtat  -  Kotor  - 105 km  -  km 33255

 

 

22.Mai 2012 - Kotor im Regen

Seit heute Nacht schüttet es wie aus Kübeln, ist aber nicht weiter schlimm, denn ich nehme mir heute meine obligatorische Reisedarmverstimmung, und so bin ich ob der daraus resultierenden Unpässlichkeit nicht besonders gram.

Am Nachmittag wird es etwas besser, und in einer längeren Regenpause machen wir noch einen Spaziergang durch die wirklich schöne Altstadt.

Kotor  -  0 km  -  km 33255

 

 

23.Mai 2012 - Kotor von oben

Der Darm spielt wieder mit und so erklimmen wir gleich nach dem Frühstück den fast 200 Meter hohen Burgberg der Stadt. Von hier oben ist die ganze Bucht von Kotor, heute zusätzlich mit zwei großen Kreuzfahrtschiffen bestückt, noch eindrucksvoller und erinnert dadurch noch lebendiger an den Geyrangerfjord in Norwegen.

Unsere geplante Weiterfahrt über die Berge durch den Nationalpark von Lovcen fällt buchstäblich ins Wasser, denn dort oben regnet es aus pechschwarzen Wolken. So disponieren wir schnell um und verlassen Kotor in Richtung Budva entlang der Küste. Unterwegs statten wir der kleinen Hotelinsel Sveti Stefan einen kurzen Besuch ab, bevor wir uns in der lang gezogenen Bucht südlich von Petrovac  an den einsamen Strand stellen, wo uns kurz darauf auch wieder der Regen einholt. Aufgrund der schlechten Wetterlage beschließen wir, für heute hier zu bleiben.

Kotor  -  Petrovac  -  45 km  -  km 33300

 

 

24.Mai 2012 - Albanien in Sichtweite

Es regnet nicht mehr, und so fahren wir weiter entlang der Steilküste nach Bar und schließlich nach Ulcinj. Dort ist der Einfluss Albaniens schon überall zu sehen und auch zu hören. Die Straßenschilder sind bereits zweisprachig und die Menschen sind meist albanischer Abstammung. Leider ist die so gepriesene Sandstrandküste südlich von Ulcinj alles andere als attraktiv, sie ist ziemlich vermüllt. So beschließen wir, ins Landesinnere, zum Shkoder-See abzubiegen.

Ein schmales und kurvenreiches Sträßchen bringt uns nach Vladimir, der heute dort stattfindende Straßenmarkt trägt schon eindeutig orientalische Züge. Das Sträßchen windet sich nun konsequent nach oben auf rund 500 Meter und eröffnet uns tolle Tiefblicke hinunter ins Grenzgebiet zwischen Montenegro und Albanien. Und dann sehen wir ihn, den größten See des Balkans. Hier nennt man ihn Skardarsko jezero, beide Länder teilen ihn sich auf. Während wir die riesige, glitzernde Wasserfläche bestaunen, fällt unser Blick auf eine winzige Bucht samt einer kurzen Kaimauer direkt unter uns – ein idealen Platz zum verweilen.

Wir finden den schmalen Abzweiger im nächsten Dorf und schleichen den mannibreiten Weg entlang der dicht stehenden Büsche und Bäume hinunter. Und wir treffen genau auf unsere von oben gesehene Bucht, traumhaft.

Petrovac  -  Ostros/Ckia  -  110 km  -  km 33410

 

 

25.Mai 2012 - Urlaubstag…

Die Sonne lacht fast den ganzen Tag, unsere kleine Bucht ist wirklich schön, wir genießen den Tag zum relaxen, baden und fotografieren der nahezu unberührten Natur.

Gegen Abend brodeln schwere Gewitter auf der albanischen Seeseite, helle Blitze zucken über die aufgewühlte Oberfläche, doch bei uns kommen lediglich ein paar verirrte Tropfen an. Schnell ist der Spuk wieder vorbei und wir genießen den stimmungsvollen Abend am See.

Ostros/Ckia  -  0 km  -  km 33410

 

 

26.Mai 2012 - Entlang dem Skardarsko jezero

Dichte Wolken lassen uns heute wieder ein wenig weiter fahren, Richtung Norden, immer entlang des Sees. Das Sträßchen windet sich schmal und kurvenreich durch dichte Wälder, Farne zeugen von viel Feuchtigkeit. Kleine Dörfer ducken sich in die seltenen Kessel, die das Gebirge hier freigegeben hat. Spektakuläre Ausblicke auf die von unzähligen, kleinen Insel gesäumte Steilküste lassen trotz des regnerischen Wetters erahnen, wie schön diese Gegend erst bei Sonnenschein sein muss.

Doch auch die düstere Wolkenstimmung hat ihre positiven Seiten. Wie in einem verwunschenen Märchenland präsentiert sich das nördliche Ende des Sees, das wir bei Virpazar erreichen. Über einen Damm fahren wir in Richtung Podgorica, biegen dann allerdings kurz vor der Hauptstadt Montenegros in Richtung albanischer Grenze ab.

Und plötzlich reißt die seit Tagen über uns liegende, dichte Wolkendecke auf, strahlender Sonnenschein macht sich breit. Vielleicht kommt nun endlich die so sehnsüchtig erwartete Wetterwende…

Ostros/Ckia  - vor Drume  -  85 km  -  km 33495 

 

 

27.Mai 2012 - Nix war`s mit dem Sonnenschein…

Die ganze Nacht hat es dermaßen geschüttet, dass an einen geregelten Schlaf nicht zu denken war. Und kaum wurde der Regen gegen morgen schwächer, gaben uns Millionen laut quakendender Frösche den Rest.

Dergestalt erholt und ausgeruht, dem Wettergott hilflos ausgeliefert, da an eine Weiterfahrt in die albanischen Berge bei diesen Verhältnissen nicht zu denken ist, beschließen wir, einfach hier zu bleiben und die Pelikane zu beobachten. Leider entpuppt sich dieses Vorhaben auch als Nullnummer, da sich gerade mal ein Pelikan durch das Fernglas als ein solcher zu erkennen gibt. Na toll!

Und plötzlich reißt die seit Tagen über uns liegende, dichte Wolkendecke auf, strahlender…

Aber das hatten wir ja schon…

Bei Drume  -  0 km  -  km 33495

 

 

28.Mai 2012 - Wir sind in Albanien!

Sensationelles Wetter weckt uns schon früh, ist denn endlich Sommer? Nach wenigen Minuten sind wir an der albanischen Grenze, eine Grenze, die früher jahrzehntelang unpassierbar war. Doch heute ist alles ganz anders, schnell, unkompliziert und freundlich, und schon sind wir drin, im geheimnisvollen Land der Skipetaren.

Gleich hinter der Grenze biegen wir ab in Richtung Nordosten, wir wollen das so gepriesene Tal von Vermosh besuchen. Die Strecke dorthin wird auf den ersten 30(!) Kilometern neu trassiert, verbreitert und zur Asphaltierung vorbereitet. Eine ziemlich holprige Angelegenheit, so eine Ewigkeitsbaustelle, doch die tolle Landschaft entschädigt für das etwas mühselige Vorwärtskommen.

In Tamare wechseln wir in einem Cafe ein wenig Geld, dann fahren wir weiter auf einer stellenweise sehr steinigen und ausgewaschenen Bergpiste hinauf auf über 1350 Meter Höhe, ehe es steil hinab geht ins entlegene Tal von Vermosh. Dort empfängt uns eine nagelneue Teerstraße durch ein eher belangloses Hochtal – wir sind ein wenig enttäuscht, die Beschreibungen klangen so euphorisch. Und so entscheiden wir nach einer Pause, uns noch heute wieder auf den Rückweg zu machen und finden dabei nach einigen Kilometern einen tollen Übernachtungsplatz unweit der Piste  direkt am Fluss.

Am Abend treibt uns dann ein heftiges Gewitter mit Hagelschauern in unseren „Manni“.

Bei Drume  -  nach Lepushe  -  100 km  -  km 33595

 

 

29.Mai 2012 - Erste Eindrücke

Nach einer ungestörten Nacht erreichen wir bald wieder Tamare, erstehen fangfrische Forellen bei einer Kooperative des Ortes und sind gegen Mittag in Koplik am Shkoder-See.

Bei unserem Einkaufsstopp zeigt uns das dortige Straßenbild  deutlich die Unterschiede Albaniens zu den bisher bereisten Ländern. Alles wirkt ärmlicher, unorganisierter, Straßenhändler dominieren das Bild, Müll liegt in allen Ecken. Aber es ist auch wesentlich preiswerter, irgendwie auch persönlicher, lebendiger. Es ist schon eine andere Welt…

Unser Weg führt uns heute hinein in die Bergwelt des Dukagjin, einer abgelegenen Region in den zentralen albanischen Alpen. Kurz hinter Koplik fahren wir buchstäblich in eine Gewitterwand. Heftigster Starkregen, grell leuchtende Blitze und prasselnde Hagelschauer nehmen uns jegliche Sicht auf die eigentlich tolle Landschaft um uns herum. So machen wir für heute Halt am Ortsrand von Boge zwischen Schafen, Kühen und Schweinen, bevor es morgen endgültig in die Region der noch schneebedeckten Berge hinauf geht.

Gegen Abend hört der Regen auf, die dichten Wolken verschwinden und ein herrliches Panorama lässt uns hoffen…

Nach Lepushe  -  Boge  -  100 km  -  km 33695

 

 

30.Mai 2012 - Eine wirklich harte Etappe…

… fordert uns heute alles ab. Bei Traumwetter starten wir in Boge, nach zwei Kilometern endet die schmale, aber gute Teerdecke an der Dorfkirche und jetzt geht’s so richtig zur Sache. 14 Kilometer stehen uns nun bevor bis hoch zur Passhöhe auf rund 1700 Metern, aber was für welche! Kehre um Kehre schrauben wir uns nach oben, felsiger Untergrund wechselt mit matschigen Löchern, keine Reifenbreite neben uns der Abgrund.

Wir erreichen die Passhöhe, ein traumhaftes Panorama lässt uns kurzzeitig entspannen und neue Kraft tanken für den Abstieg hinunter nach Theth. Rund 900 Meter ebensolch schwieriger Piste warten auf uns, der Adrenalinspiegel sinkt keine Sekunde, doch wir schaffen es, erreichen den Talgrund mit einigen Kratzern mehr auf „Manni`s“ Außenhaut. Conny entkrampft sich langsam, lässt die Armlehnen wieder los und ich brauche heute auch nichts mehr…

Hier wollen wir etwas bleiben. Unser Stellplatz für die nächsten Tage ist schnell gefunden, direkt am türkisfarbenen, schnell dahin sprudelnden Bach, um uns herum ein sensationelles Ambiente.

Entspannt verbringen wir den Nachmittag mit kleinen Spaziergängen, fotografieren und ersten Kontakten zu den überaus freundlichen Menschen hier im Tal. Die gestern erstandenen Forellen schmecken gigantisch und mit einem Glas Wein in der Hand genießen wir die langsam hinter den steilen Wänden untergehende Sonne.

Boge  -  Theth  -  30 km  - km  33725

 

 

31.Mai 2012 - Wer kennt den Arapit?

Eindrucksvoll schließt er das Tal von Theth nach Norden hin ab. Ein markanter Zapfen krönt die höchste Wand Albaniens, ja des gesamten Balkans. Ein Eldorado für Kletterer der gehobenen Klasse, natürlich nicht für uns. Aber wir steigen ihm auf dem Normalweg aufs Haupt, immerhin rund 1400 Höhenmeter warten auf uns.

Weit ist der Weg durch das morgendlich friedliche Tal, kein Laut ist zu vernehmen. Langsam rückt die gigantische Felsmauer näher, unser Weg findet einen Durchschlupf, steil zwar, aber problemlos. Oben am Pass öffnet sich uns ein erstes Panorama der Extraklasse, viel Schnee hat es noch auf den umliegenden Zweieinhalbtausendern. Den Gipfel bereits in Sichtweise starten wir nochmal durch, und nach fünf Stunden Gehzeit stehen wir ganz oben. Der Arapit ist zwar nur 2217 Meter hoch, dafür bietet er das umfassenste Panorama der zentralen albanischen Alpen.

Ganz alleine genießen wir diesen exponierten Platz, ein wenig später gesellt sich noch ein junger Bergsteiger aus unserer Lenggrieser Nachbarschaft zu uns – so klein ist die Welt…

Der Abstieg zieht sich, nach rund zehn Stunden sind wir wieder unten bei unserem „Manni“. Eine tolle Tour auf einen wirklich schönen Gipfel!

Theth  -  0 km  -  km 33725

 

 

01.Juni 2012 - Der erste Monat ist um…

Es ist kaum zu glauben, jetzt sind wir bereits einen ganzen Monat auf Achse! Es kommt uns viel länger vor, es liegt wohl an der Art des Reisens. Wir lassen uns unheimlich viel Zeit, es fehlt der Zeitdruck eines normalen Urlaubs, der oft ein Verweilen verhindert, da ja ein im Voraus geplantes Programm abgespult werden muss.

Auch wir waren früher oftmals Sklaven dieser Reiseprogramme. Und wir genießen es sehr, so ganz ohne dieses „Morgen da und dort sein zu müssen“ unterwegs zu sein.

Und so haben wir heute einfach mal – nichts gemacht. In Theth herumgelungert, einen netten Spazierganz ums Dorf herum hinaus zum Wasserfall, die Ruhe genießen, einen kleinen Plausch mit den Dorfbewohnern - man „kennt“ sich ja inzwischen - ein bisschen was beim Bauern um die Ecke einkaufen und zwischendurch immer mal wieder ins Gebirge schauen…

Morgen wird`s allerdings wieder heftig. Unsere Recherchen vor Ort haben ergeben, dass unser geplanter Weg hinaus aus dem Tag für uns unpassierbar ist aufgrund erheblicher Straßenschäden des vergangenen Winters. Wir müssen also dieselbe Strecke wieder zurück – na bravo!

Theth  -  0 km  -  km 33725

 

 

02.Juni 2012 - Wieder am Shkoder-See

So schlimm kommt uns die Strecke auf der Rückfahrt gar nicht mehr vor, es liegt wahrscheinlich daran, dass wir sie schon kennen und wissen, dass wir durchkommen. Aber, drei Stunden höchste Konzentration sind trotzdem angesagt, denn die Strecke ist ja nicht breiter oder leichter geworden.

Über Boge und Koplik sind wir schließlich in Shkoder gelandet. Bei den ersten Gemüseständen bleiben wir mangels Parkplätzen einfach auf der Straße stehen, stört auch keinen, man fährt halt einfach um „Manni“ herum. Ein Kurzbesuch bei der alten Mesi-Bücke etwas außerhalb ist enttäuschend, da das eigentlich schöne Bauwerk vollkommen eingemüllt ist und von einer modernen Straßenbrücke fast erdrückt wird. Schade drum…

Unsere Suche nach einem ruhigen Platz für den Nachmittag und die Nacht bringt uns auf die Südseite des Sees, genauer gesagt bis ans Ende der Straße auf der albanischen Seite vor die kleine Dorfmosche von Zogaj. Ein paar hundert Meter weiter ist bereits wieder Montenegro, in Sichtweite unser Platz von voriger Woche in Ckla. Dort lassen wir den Tag entspannt ausklingen mit Baden und einem stimmungsvollen Abendessen in der Dorfkneipe auf der Terrasse über dem See.

Theth  -  Shkoder/Zogaj  -  110 km  - km 33835

 

 

03.Juni 2012 - Auf dem Weg in den unbekannten Osten Albaniens

Kaum wagen sich die ersten Strahlen der Sonne über den Horizont, weckt uns der dorfeigene Muezzin, keine 20 Meter von uns entfernt, mit seinem melodischen Singsang. Ein morgendliches Bad im erfrischenden See weckt meine Lebensgeister, Conny verzichtet einstweilen auf ein  weiteres deja vu mit den putzigen Wasserschlangen…

Am Dorfbrunnen von Zogaj füllen wir noch unsere Wassertanks, eine Aktion, die das halbe Dorf mit gesteigertem Interesse verfolgt. Nach 30 Minuten ist unser Auftritt vorbei und wir werden wie alte Freunde verabschiedet. Den Rest des Vormittags verbringen wir in Shkoder auf einem Hotelparkplatz bei  freiem WiFi, um mit unseren Familien zuhause zu skypen und mal wieder unsere „Büroarbeit“ zu erledigen.

Wir wollen in den unbekannten Osten Albaniens. Der spannendste Weg dorthin führt von Shkoder über Vau i Dejes nach Komani. Nach einer kurvenreichen Fahrt über die Fragmente einer vormaligen Teerstraße  entlang des Stausees und einer abschließenden, dunklen Tunnelpassage stehen wir am dortigen Fähranleger. Von hier aus geht ein Ponton nach Fierze, passiert dabei über 2 1/2 Stunden fjordähnliche Landschaften. Doch die Enttäuschung ist groß, angeblich fährt der Ponton im Moment nicht, wir hören verschiedene Gründe. Wir geben allerdings die Hoffnung noch nicht auf und übernachten erst mal am Ufer des Stausees.

Morgen sehen wir weiter…

Shkoder/Zogaj  -  Komani  -  70 km  -  km 33905

 

 

04.Juni 2012 - Wir müssen umdisponieren

Leider kommt es so, wie schon prophezeit – der große Ponton für den Autoverkehr fährt zur Zeit nicht, und es ist auch nicht absehbar, wann er wieder eingesetzt wird. Na gut, dann eben nicht…

So müssen wir die gestern gefahrene Strecke nach Vau i Dejes wieder zurück, um von dort die alte Transitstrecke in Richtung Osten zu nehmen. Es ist ein nicht enden wollendes auf und ab, Kurve um Kurve schlängelt sich die stellenweise arg ramponierte Straße über Puke und Fushe Arrez durch dichte Wälder verschiedenster Vegetationen hinüber bis nach Kukes.

Kurz vor Kukes, wir sehen die Stadt schon unter uns am Ufer der hier aufgestauten Drin liegen, fällt uns ein kleiner Hügel, fast wie ein Plateau, auf dem Weg in ein etwas abseits der Straße liegendes Dorf auf. Was für ein Stellplatz für den Nachmittag und die kommende Nacht! Wie in einem riesigen Theater präsentiert sich die herrliche Landschaft um uns herum.  Im Schatten zweier großer, dominierender Berge duckt sich Kukes entlang des tiefblauen, angestauten Flusses, der Kosovo ist bereits zum Greifen nahe. Hinter uns die zentralen albanischen Alpen mit ihren noch schneebedeckten Gipfeln, um uns herum liebliche Hügel mit kleinen Dörfern inmitten satt bestellter Felder.

Wir saugen die Szenerie stundenlang in uns auf und genießen einen allerdings immer stürmischer werdenden Abend auf unserem exponierten Platz.

Komani  -  vor Kukes  -  135 km  -  km 34040

 

 

05.Juni 2012 - Und wieder mal lockt der Berg

Heftige Gewitter über dem Kosovo bringen uns eine regenreiche Nacht. Dichte Schwaden feuchten Nebels steigen morgens um uns herum aus den grünen Hügeln auf, jetzt wissen wir auch, warum hier so viele Farne um uns herum stehen…

Gemütlich machen wir uns auf nach Kukes, gehen dort ordentlich einkaufen und fahren anschließend weiter in Richtung Süden. Unser Ziel ist das Dorf Radomire am Fuß des Korabi, dem höchsten Berg in Albanien mit 2760 Metern. Entgegen unseren Informationen führt uns eine nagelneue Teerstraße bis zum Abzweiger, sie schlängelt sich extrem kurvenreich und mit enormen Steigungen durch eine wirklich tolle Landschaft.

So sind wir überraschend schnell in Radomire, einem Nest an einem steilen Berghang, nur erreichbar über eine heute ob des vor kurzem niedergegangenen Regens ziemlich schlammigen Piste. Wir parken direkt im Dorfzentrum, dem einzigen halbwegs ebenen Platz und sind sofort im Mittelpunkt des dörflichen Interesses gefangen. Einem netten Nachmittag mit den Menschen hier in Radomire folgt eine ruhige Nacht mitten im Dorf.

vor Kukes  -  Radomire  -  75 km  -  km 34115

 

 

06.Juni 2012 - (Fast) auf dem höchsten Punkt Albaniens

Um 6:30 Uhr starten wir, die letzten Wolken verzogen sich mit der aufgegangenen Sonne. Es verspricht, ein Traumtag für eine Bergtour zu werden. Das Dorf verharrt noch in morgendlicher Stille, als wir uns durch ein Gemisch aus Eselsdung, Straßendreck und Abfallresten tasten. Schnell gewinnen wir an Höhe, lediglich die fast überlaufenden, ziemlich reißenden Bäche, die uns begleiten und ab und an überquert werden müssen, fordern einiges an Balanceakten und auch mal ein barfüßiges Durchwaten der eisigen Fluten.

Herrlicher Sonnenschein begleitet uns hinauf zu den ersten Schneefeldern, die wir problemlos queren, doch fast unbemerkt verdichten sich plötzlich erste Wolkenfetzen über den Gipfeln des Massivs des Korabi. Wir kürzen den Aufstiegsweg durch die Südhänge  ab, um Zeit zu gewinnen, doch die Wolken sind schneller. Als wir am Vorgipfel ankommen, ist Schluss. Der Grat zum Hauptgipfel ist noch ganz schön vereist, unterhalb davon hält sich hartnäckig eine steile Schneeflanke. Eine ziemlich heikle Angelegenheit, die sich fast ohne jegliche Sicht schnell zu einer gefährlichen Unternehmung entwickeln kann. Also lassen wir es vernünftigerweise gut sein für heute und machen uns nach einer ausgiebigen Gipfelrast, die uns leider keine Wetterbesserung bringt, wieder an den Abstieg.

Das rasante Abfahren über die Schneefelder bringt uns rasch zurück zum Talboden, wo uns wie zum Hohn der Korabi in nun strahlendem Sonnenschein hinterher winkt. Ein wenig ärgerlich ist es schon, es was aber trotzdem eine tolle Bergtour.

Zurück in Radomire haben wir irgendwie keine Lust auf  „Mittelpunkt des Dorfgeschehens“ sein und entscheiden uns, sofort nach unserer Ankunft für heute Nacht auf den einige Kilometer vor dem Dorf liegenden Pass zu fahren. Dort erwartet uns ein sensationelles Rundumpanorama samt dem im gleißenden Nachmittagslicht zu uns herüber grüßenden Massivs des Korabi.

So geht ein toller Bergtag gebührend zu Ende…

Radomire  -  Passhöhe  -  5 km  -  km 34120

 

 

07.Juni 2012 - Abenteuerliche Fahrt entlang der Drin

Ein prächtiger Sonnenaufgang über den höchsten Bergen Albaniens lässt uns schon früh aus den kuscheligen Federn springen, das Frühstückpanorama ist nicht zu toppen.

Wir wollen heute die Bergpiste entlang der Drin in Richtung Peshkopi fahren, dazu müssen wir erst mal 15 Kilometer zurück in Richtung Kukes. Der Abzweiger ins tiefe Tal der Drin ist steil und rau, sehr enge Kehren und schmale Passagen zwingen uns zu extrem langsamem Tempo. Am Talgrund führt uns eine alte Eisenbrücke mit Holzbohlen ans andere Ufer der Drin, wo sich die schmale Piste wieder steil nach oben schraubt. Die Vegetation ist teilweise so dicht, dass wir das Gefühl haben, im Unterholz unterwegs zu sein. „Manni“ leidet natürlich schwer, unzählige Kratzer der dicht wachsenden Bäume und Büsche malträtieren seine Außenhaut. Empfindlich darf man auf einer solchen Strecke nicht sein…

Plötzlich eine Engstelle, leicht überhängender Fels auf der einen, tief ausgewaschene und abgebrochene Kante auf der anderen Seite. Zentimeter um Zentimeter schieben wir uns durch. Dann die alte Eisenbrücke im Mitteltal. Eine rechtwinklige, an der Kante abgebrochene Anfahrt, mehrmaliges rangieren ist nötig, um überhaupt auf die Brücke zu kommen. Dann wird es spannend – es fehlen viele Holzbohlen, man kann locker durch die Eisenträger tief hinunter in den reißenden Fluss blicken. Das besondere daran -  die wenigen Eisenträger sind in Fahrtrichtung angebracht! Zentimetergenaues Treffen der Träger ist nun angesagt, um nicht durchzubrechen. Aber wir schaffen es, dank Conny`s exakter Ansage. Tiefes Durchatmen nach der Passage, das Gröbste ist überstanden.

Der Rest der Etappe ist fahrtechnisch einfach, auch wenn es weiterhin sehr steinig, eng und daher langsam vorwärts geht. Die Landschaft entlang der immer wieder durch schmale Schluchten schießenden Drin ist wirklich toll, und wir haben jetzt auch die Muse, dies zu genießen.

Im beschaulichen Peshkopi gehen wir noch etwas bummeln und einkaufen, bevor wir uns  zur Grenze nach Makedonien aufmachen. Die Einreise dort ist problemlos und schnell und noch vor Debar, der ersten Stadt auf makedonischer Seite, schlagen wir uns seitlich in die Büsche und finden zwischen den vielen Felder einen ungestörten Platz für die Nacht.

Passhöhe bei Radomire  -  Debar (Makedonien)  -  110 km  -  km 34230

 

 

08.Juni 2012 - Makedonien überrascht uns

Unser Hauptgrund, überhaupt ein kleines Stück über Makedonien zu fahren ist der hier doch um rund 25 Cent billigere Diesel gegenüber Albanien. Und bei fast 700 Litern, die wir jetzt brauchen, schon eine Menge Holz. Nach dem wechseln der entsprechenden Summe also auf zur nächsten Tanke. Die anfangs etwas mürrische Tankwartin wird ob der nicht enden wollenden Menge, die „Manni“ da so verschluckt, immer zugänglicher, und nach dem Abzählen der nicht unerheblichen Menge Scheinchen verabschiedet sie mich sogar mit Handschlag und den besten Wünschen für die Weiterreise. Mir dagegen ist eher zum heulen zumute…

Die Fahrt geht nun wieder entlang der Crni Drim, wie die Drin hier nun heißt. Die Straße ist gut, kurvenreich schlängelt sie sich durch dicht bewaldetes Bergland. Bei Struga erreichen wir den Ohrid-See, kurz darauf sind wir in Ohrid.

Die kleine Stadt direkt am See überrascht uns sehr. Einerseits bietet sie als Natur- und Kulturerbe der Menschheit enorme Relikte der Vergangenheit, andererseits sprüht sie geradezu vor aktivem Leben. Eine Fußgängerzone entlang schön renovierter, alter Häuser, die nun zu unzähligen Läden, Cafes, Eisdielen und Restaurants umgebaut sind, führt direkt zum kleinen Hafen unterhalb der alten Basiliken und Kirchen. Schöne Märkte und reichhaltige Warenangebote zu überraschend günstigen Preisen lassen und unsere Vorräte großzügig aufstocken.

Etwas außerhalb von Ohrid finden wir dann einen ruhigen Platz direkt am See, wo wir den Nachmittag mit Baden und eine ungestörte Nacht verbringen.

Debar  -  Ohrid  -  95 km  -  km 34325

 

 

09.Juni 2012 - Mannipflege am See

Nach 10 Tagen auf Albaniens Pisten sieht „Manni“ aus wie Schwein. Und so gibt es heute die überfällige Pflege für unseren Großen. Innen und außen  ordentlich gewaschen und geputzt, und schon fühlen wir uns alle wieder wohl.

Sonst passiert nicht viel, wir genießen den Tag am See, gehen Eis essen und baden und sonst nix…

Ohrid  - 10 km  -  km 34335

10.Juni 2012 - Wieder zurück nach Albanien

Beschauliche Sonntagsruhe lässt uns ein weiteres Mal durch Ohrid bummeln, eigenartigerweise schaffen wir es noch zweimal, zufällig bei unserer Lieblingseisdiele vorbei zu schauen. Doch gegen Mittag starten wir in Richtung Süden, immer direkt am See entlang. Beim hübsch gelegenen Dorf Trpejca nehmen wir die schmale, aber gute Passstraße hoch hinauf auf rund 1600 Meter. Wir sind jetzt fast 1000 Meter über dem Ohrid-See, leider ist das gigantische Panorama durch dichter werdende Wolken getrübt, so dass wir schon bald die Höhe verlassen, um auf der anderen Seite an den großen Prespa-See zu kommen.

Dieser See ist so ganz anders als der von Ohrid. Flach ist er und ziemlich verschilft, eignet sich daher nicht überall zum genussvollen Baden. Vogelfreunde finden hier allerdings reiche Beute zum beobachten, Reiher, Kormorane und sogar Pelikane fühlen sich hier wohl.

Dumpfes Donnergrollen begleitet uns nun über die Grenze nach Albanien, die wir zügig und problemlos passieren dürfen. Es sind die Ausläufer eines Nachmittagsgewitter, die uns nur mit ein paar Tropfen, jedoch mit starkem Wind begleiten. Zwischen den Dörfern Liqenas und Zaroshke stellen wir uns direkt ans Ufer, während so langsam die Sonne wieder die Überhand gewinnt.

Ohrid  - Liqenas/Zaroshke (Albanien)  -  80 km  -  km 34315

 

11.Juni 2012 - Wir bleiben noch…

…denn es ist einfach schön hier. Strahlender Sonnenschein weckt uns, der See ist gar nicht so schlecht zum Baden, kein Mensch schein von uns Notiz zu nehmen. Wir machen einen ausgiebigen Spaziergang zu den angrenzenden Dörfern Zaroshke und Liqenas, allerdings ist unser Wunsch, den begehrten Seefisch Krapa bei den Fischern zu kaufen, nicht zu erfüllen, da deren Ausbeute nicht den erhofften Erfolg gebracht hat.

So genießen wir den Tag mit süßem Nichtstun und erfreuen uns an der außergewöhnlich stimmigen Umgebung.

Bucht von Zaroshke  -  0 km  -  km 34315

 

12.Juni 2012 - Ein Abstecher nach Griechenland

Der kleine Prespa-See ist ein Rückzug- und Brutgebiet des Dalmatinischen Pelikans, dem wir ja schon in Montenegro erfolglos auf der Spur waren. Diesmal sollte es jedoch klappen, da das Wetter mitspielt und die jungen Pelikane in diesen Tagen flügge werden.

So fahren wir über Bilisht zur Grenze und weiter in Richtung Florina. Eine schmale Teerstraße bringt uns dann auf den Damm zwischen großen und kleinen Prespa-See. Und dort sehen wir sie dann schon!

Dutzende, nein hunderte Pelikane tummeln sich in den beiden Seen, lassen sich hoch in die Luft treiben und bringen Schnabel für Schnabel voller Fische zu ihren Jungen.  Wir erfreuen uns an diesem seltenen Schauspiel, statten der Kircheninsel Agios Achilleios mit ihren historischen Basiliken einen Besuch ab und landen schließlich in Psarades, dem letzten Nest vor der albanischen Grenze. Dort erleben wir fast hautnah noch eine ganze Menge Pelikane, gehen abends in einer Taverne am Seeufer Fisch essen und  genießen anschließend den herrlichen Blick von unserem etwas erhöhten Standplatz gegenüber dem Dorf.

Zaroshke  -  Psarades (Griechenland)  -  90 km  -  km 34505

 

13.Juni 2012 - Noch mehr Pelikane…

Der Tag gehört der Beobachtung der Pelikane. In unserer Bucht tummeln sich jede Menge davon, manchmal gleiten sie in nur wenigen Metern Entfernung über uns hinweg. Ein tolles Erlebnis!

Wir machen eine kleine Wanderung zu einer ehemaligen Einsiedlerklause aus dem 13. Jh., die Reste liegen direkt am See in einer einsamen Bucht, herrlich zum Baden.

Der Nachmittag dient der Entspannung, gegen Abend wechseln wir dann noch den Standort, fahren über den Berg zurück zur Klosterinsel Agios Achilleios, um hier morgen bei Sonnenaufgang nochmal den Pelikanen bei ihren morgendlichen Futterausflügen zuzusehen.

Psarades  -  Agios Achilleios  -  10 km  -  km 34515

 

 

14.Juni 2012 - Zurück in Albanien

Den Sonnenaufgang haben wir verschlafen, macht auch nichts, wir hatten ja schon genug Pelikane beobachtet…

Heute geht es wieder zurück nach Albanien, auf demselben Weg wie vor zwei Tagen. Schnell passieren wir die Grenze, und über Bilisht und Korce fahren wir hinauf in das Dorf Voskopoje. Dort befinden sich einige wirklich interessante Kirchen und Klöster aus dem 17. Jh., die wir uns ansehen wollen.

Und es lohnt sich wirklich, Fantastisch erhaltene Wandmalereien verbergen sich hinter unscheinbaren Mauern, gut getarnt und versteckt. Doch der eigentliche Höhepunkt ist die perfekt renovierte Kirche in Shipcka, einem winzigen Nest hoch in den Bergen, nur erreichbar über eine holprige Bergpiste. Was für eine Pracht tut sich uns auf, als die alte Frau, die für den Schüssel verantwortlich ist, uns die kleine Kirche aufsperrt. Wir sind fast erschlagen von der Reichhaltigkeit der Ornamentik und der filigranen Architektur. Ein echtes Erlebnis, nicht nur für Kirchenhistoriker.

Der einzige halbwegs ebene Platz im Dorf ist direkt neben der Kirche und so richten wir uns dort ungestört für den Nachmittag und die kommende Nacht ein.

Agios Achilleios  -  Shipcka (Albanien)  -  95 km  -  km 34620

 

15.Juni 2012 - Noch mehr alte Kirchen und der ultimative Traumplatz

Nach Voskopoje und Shipcka wollen wir noch hinauf nach Vithkuq, einem weiteren Dorf mit einer bedeutenden, lang vergessenen Kirche und einem alten Kloster samt Beinhaus. Dazu müssen wir allerdings erst wieder zurück nach Korce, dann ein wenig nach Süden in Richtung Erseka, bevor es das schmale Sträßchen hinauf geht in das verborgene Bergdorf.

Wir finden die alte Kirche Shen Mehilli aus dem 17. Jh., herrlich liegt sie inmitten hoher Bäume und wogenden Gräsern, die die alten Gräber fast verstecken. Auch das auf einem unscheinbaren Hügel thronende Kloster Shen Petri entdecken wir, neben den besonders schönen Wandmalereien ist hier auch das düstere Beinhaus mit dutzenden Schädeln, die fein säuberlich, getrennt von den übrigen Gebeinen, aufgestapelt sind, von Interesse.

Auf dem Weg nach Vithkuq ist er uns schon aufgefallen, der so perfekt in die liebliche Landschaft eingebettete, kleine Stausee. Nach den Besichtigungen fahren wir das kurze Stück zurück und stellen uns direkt auf eine weit in den See hinein reichende Landzunge. Einen schöneren Platz gibt es selten! Glasklar lädt er uns zum Baden ein, die anschließende Abendstimmung ist kaum zu toppen…

Shipka  -  Stausee bei Vithkuq  -  70 km  -  km 34690

 

16.Juni 2012 - Wir genießen den ultimativen Traumplatz

Klar, bei einem solchen Platz muss man verweilen. Und so bleiben wir heute natürlich hier auf dieser wunderbaren Landzunge, die weit in den herrlich klaren See hinein reicht.

Am Nachmittag bekommen wir Zuwachs, zwei Allrad-LKW aus dem Raum Aachen gesellen sich zu uns und so machen wir kurzerhand ein „Allrad-LKW-Treffen“ am See.

Und es wird ein netter Abend mit der Truppe…

Stausee bei Vithkuq  -  0 km  - km 34690

 

17.Juni 2012 - Nach Süden durch eine tolle Gebirgslandschaft

Genug gefaulenzt, wir brechen schon relativ früh auf, um die anstehende Fahrt in den Süden Albaniens zu genießen. Und es wird eine ausgesprochen abwechslungsreiche Fahrt. In ständigem Auf und ab tuckern wir von Kurve zu Kurve, unser Reisetempo ist ausgesprochen langsam aufgrund der schmalen, extrem kurvenreichen und natürlich meist auch ziemlich schadhaften Straße.

Wir erreichen Erseke, immer hart an den Grenzbergen zu Griechenland entlang, Pass auf Pass geht es durch dichte Wälder über Leskovik und schließlich tief hinunter nach Carshove, wo wir auf die smaragdgrün dahinfließenden Vjose stoßen. 35 heiße Grad erwarten uns hier unten, aber auch eine fantastische Landschaft. In unzähligen Schleifen windet sich die schnell dahin brausende Vjose um kleine Dörfer, direkt dahinter bauen sich gigantische Felswände bis in 2500 Meter Höhe auf.

Ein schmaler Feldweg eröffnet uns plötzlich die Möglichkeit, direkt an die Vjose in eine geschützte Biegung hinunter zu fahren, wo wir einen tollen Platz für die Nacht entdecken. Ein Bad im frischen Fluss lassen die hohen Temperaturen erträglicher werden, während uns das grandiose Panorama begeistert.

Stausee bei Vithkuq  -  vor Permet  -  115 km  -  km 34805

 

18.Juni 2012 - Wellness-Tag in den Schwefelbecken von Benje

Nicht weit von unserem Übernachtungsplatz entfernt gibt es ein paar interessante Besonderheiten. Da ist einmal die fotogene alte türkische Bogenbrücke über die Lengarica, ein wirklich stattliches Bauwerk aus längst vergangenen Zeiten. Sie markiert den Anfang einer spannenden Schlucht, die sich über rund vier Kilometer durch die Berge gefräst hat. Wir folgen dem Bachbett ein paar hundert Meter und stehen plötzlich vor den ersten Becken schwefelhaltigen, ungefähr 30° warmen Wassers, das hier direkt aus unterirdischen Felsschlitzen an die Oberfläche sprudelt.

Conny wird gleich mal von mehreren Frauen, die sich um die Becken aufhalten, in Beschlag genommen und in die richtige Nutzung der natürlichen Recourcen eingeweiht, also so richtig mit Schwefelschlammpackungen und zeitlicher abgestimmter Badezeit. Währenddessen wird natürlich pausenlos geplappert und geratscht.

Gereinigt, gepflegt und leicht nach faulen Eiern riechend machen wir uns anschließend auf, die geheimnisvolle Schlucht zu erkunden. Den Weg müssen wir uns immer wieder im Bachbett suchen, aber tiefer als Schritthöhe wird das Wasser nicht. Bestimmt hundert Meter hoch sind die Wände, die teilweise so eng zusammenrücken, dass sie nur noch gut fünf Meter trennen.

Nach unzähligen Biegungen ist plötzlich Schluss für uns, das Wasser wird grundlos tiefer und mit Rucksack und Kamera nicht mehr weiter passierbar. Wir kehren um, und da wir jetzt die richtigen Furten noch im Gedächtnis haben, sind wir schnell wieder am Ausgangspunkt. Ein abschließendes Bad in einem der Wasserbecken erfrischt uns nur bedingt und so laufen wir zurück zu „Manni“, um an unseren gestrigen Übernachtungsplatz an der Vjose zu fahren.

Vor Permet  -  Benje  -  20 km  -  km 34825

 

19.Juni 2012 - Eine wilde Piste durch das Bergland von Permet

Kaum weckt uns die Sonne, wird es teuflisch heiß. Wir fahren die kurze Streck nach Permet, um unsere Vorräte aufzustocken und vor allem, um unsere Homepage zu aktualisieren und mit Zuhause zu skypen. Da draußen schnell 38° erreicht sind, nutzen wir dazu die relativ angenehme Temperatur im „Manni“.

Am Nachmittag machen wir uns dann doch noch auf in Richtung Corovode. Der Weg dorthin führt allerdings über eine ziemlich wilde Bergpiste. Nach einer relativ gemächlichen Talanfahrt schraubt sich die steinige und schmale Piste dann schnell um rund 700 Meter nach oben. Tief ausgewaschene Passagen hart am ungesicherten Abgrund fordern konzentriertes Fahren, eine zu tief hängende Stromleitung muss von Conny mit einem Ast auf die richtige Durchfahrtshöhe gebracht werden.

Wir erreichen die Passhöhe, von wo aus sich die Piste in steilen Kehren nach unten windet. Plötzlich ein kleiner See am Wegesrand, natürlich springen wir sofort hinein, um den Staub der anstrengenden Fahrt abzuspülen. Kurz darauf erreichen wir den Talboden, eine mehr als marode Brücke überspannt den Fluss. Lose und angefaulte Bohlen liegen auf verrosteten Eisenträgern, doch wir wagen es. Ächzend und splitternd wehrt sich das alte Gemäuer gegen „Mannis“ Gewicht, doch es hält.

Drüben angekommen entdecken wir auf der anderen Uferseite einen netten Übernachtungsplatz, also ab durch die Furt zurück. Das Risiko mit der Brücke war somit definitiv ein Blödsinn, denn bei genauerer Betrachtung der Auflieger und der Restbeplankung sowie der vorhandenen Furt war es unnötig, es einzugehen. Aber wir lernen daraus, in Zukunft eine zweifelhaft erscheinende Brücke nicht nur nach der Oberfläche, sondern vor allem nach der Bausubstanz zu beurteilen.

Vor Permet  -  Talbrücke der Piste nach Corovode  -  45 km  -  km 34870

 

 

20.Juni 2012 - Entlang des Osum nach Berat

Nur ein paar Kilometer nach unserem Übernachtungsplatz erreichen wir die Brücke über die tiefe Schucht, die der Osum hier gegraben hat. Bestimmt 100 Meter reicht der Blick hinunter zum Fluss, der sich bis Corovode durch die steilen Wände seines Canyons windet. Immer wieder reizen uns die Ausblicke zu einem Stopp, bevor wir auf vernünftiger Piste schließlich Corovode erreichen.

Ab hier geht es relativ zügig immer am nun nicht mehr so steilen Berghang auf einer guten Teerstraße zwar kurvig, aber entspannt um das mächtige Massiv des Tomorri über Polican nach Berat. Nach einer verlängerten Mittagspause und einem erfrischenden Bad im hier träge dahin fließenden Osum machen wir uns auf zur Besichtigung der zum Weltkulturerbe ernannten Altstadt.

Sehr fotogen ziehen sich die alten osmanischen Häuser mit ihren unzähligen Fenstern entlang dem Burgberg nach oben. Daher rührt auch der Name „Stadt der 1000 Fenster“. Auf dem Burgberg der zweite alte Stadtteil, vollkommen von einer Wehrmauer umgeben und mit einigen kleinen Kirchen bestückt. Ein herrlicher Blick öffnet sich von hier oben über die gesamte Stadt samt dem wuchtigen Tomorri-Massiv am Horizont. Auf der gegenüberliegenden Flussseite zeigt sich schließlich der dritte der alten Stadteile. Unterhalb der Altstadt stehen die alte Bleidachmoschee sowie die orthodoxe Kirche einträchtig nebeneinander und symbolisieren auch hier das problemlose Miteinander der verschiedenen Religionen.

Hitze, Staub und zu viel Müll lassen uns allerdings anschließend noch ein Stück weiterfahren über Ura Vaigurore und Roskovec zum Dorf Kurjan, an dessen Ortsrand sich ein wundervoll gelegener Stausee inmitten grüner Wiesen und Felder befindet und dessen Ufer uns einen herrlichen Übernachtungsplatz anbieten.

Talbrücke der Piste nach Corovode  -  Stausee bei Kurjan  -   110 km  -  km 34980

 

 

21.Juni 2012 - Die Hitze lässt uns pausieren

Nach den letzten Fahrtagen tut uns ein Badetag am warmen Stausee gut. Wir genießen die entspannten Morgenstunden, ehe uns die bleierne Hitze jeglicher Aktivität entsagen lässt. So plätschert der heiße Tag ohne wirkliche Ereignisse träge dahin, bevor die Abendstunden angenehme Temperaturen versprechen und hunderter blutrünstiger Stechmücken wieder verzweifelt versuchen, unsere Moskitonetze an den weit geöffneten Fenstern zu überwinden, um an die heißbegehrten Leckereien, nämlich uns, zu kommen. Gott sei Dank halten die Netze…

Stausee bei Kurjan  -  0 km  -  km 34980

 

 

22.Juni 2012 - Ab ans Meer

Eine schlechte Straße bringt uns nach Fier, von dort ist die vierspurige Schnellstraße nach Vlore praktisch fertig, und so sind wir viel schneller als gedacht in der südalbanischen Hafenmetropole. Hier ist schon die  Moderne spürbar, zumindest in den Hauptstraßen der Innenstadt. Gute Läden lassen uns unsere zur Neige gehenden Weinvorräte aufstocken, einladende Metzger füllen unsere Tiefkühltruhe, und so machen wir uns wieder entspannt auf den Weiterweg in Richtung Süden.

Entlang der albanischen Adria, glasklares Wasser lädt zum Badestopp ein, fahren wir an einer schier endlosen Sonnenschirmparade vorbei, ein Hotel am anderen macht einen Mittagsstopp allerdings nahezu unmöglich. Kurz vor Orikum findet sich dann doch noch ein Plätzchen, um die Hitze der Fahrt abzuspülen.

Der Llogara-Pass liegt nun vor uns, eintausend Höhenmeter gilt es auf kurzer Strecke zu überwinden. Was für ein Kontrast zu den soeben verlassenen Urlaubsorten. Die gute Straße windet sich in endlosen Kehren durch kühlenden Schatten spendende Wälder. Und dann die Passhöhe – wow, was für ein Blick öffnet sich uns hier oben! Tiefblaues Meer umspielt unzählige Buchten, blendend weiße Strände wetteifern mit türkisfarbenem Wasser. Und sofort sehen wir ihn, unseren Traumstrand. Direkt unter uns wartet es auf uns, eine sichelförmige Bucht ohne jegliche Bebauung, nur über eine holprige Piste zu erreichen. Nichts wie hin!

Meer, Strand – und wir, was für ein Plätzchen!

Stausee bei Kurjan  -  Strand vor Dhermi/Plazhi i Palases  -  110 km  -  km 35090

 

 

23.Juni 2012 - Gepflegtes Nichtstun…

…ist heute angesagt. Wir stehen strategisch günstig lange im morgendlichen Schatten und genießen den ruhigen Vormittag aus unserem Dachzelt heraus mit einem weiten Blick über unsere Traumbucht. Baden, lesen und dösen, das Bisherige Revue passieren lassen, so verrinnt Stunde um Stunde. Und als die Sonne sich schließlich hinter die hohen Felsen zurückzieht, warten schon fangfrische Forellen auf ihren letzten Einsatz…

Strand vor Dhermi/Plazhi i Palases  -  0 km  -  km 35090

 

 

24.Juni 2012 - Entlang der schönsten Küste Albaniens

„Bleibt doch noch ein bisschen“, rät uns Todor, albanischer Wohnmobilbewohner und seit März hier am Traumstrand. Doch uns zieht es weiter, entlang der tollen Küste mit ihren unzähligen, kleinen Buchten, den schmucken Dörfern und den hohen Bergen im Hintergrund.

Aber wir sind nun verwöhnt. Keine der vielen Buchten, die wir sehen und auch anfahren, kommt auch nur annähernd an unsere erste Traumbucht heran, und so fahren wir in langsamem Auf und Ab über Dhermi, Vuono/Jala, Himare, Qeparo, Borsh und Bunec bis nach Lukova Plazh. Dort ist es zumindest so, dass wir bleiben wollen für den Rest des Tages.

Wir stellen uns direkt oberhalb des Strandes auf einen Platz, von dem aus wir ein schönes Panorama genießen können. Am Abend verwöhnt uns dann noch ein wirklich farbenfroher Sonnenuntergang.

Strand vor Dhermi/Plazhi i Palases  -  Lukove Plazh  -  90 km  -  km 35180

 

 

25.Juni 2012 - Vom warmen Meer zu einer eiskalten Quelle

Salzwasser hatten wir nun genug geschmeckt in den letzten Tagen, also machen wir uns wieder auf ins Landesinnere. Kurz vor Sarande biegen wir ab nach Osten, an einer kleinen Fischzucht erstehen wir noch sieben große Forellen, die unsere Tiefkühltruhe bis zum Rand füllen, treffen einen Truck der Aachener von letzter Woche auf deren Weg nach Griechenland und sind schnell im urwaldähnlichen Biotop von Syri i Kalter. Dort treffen wir dann auch den zweiten Truck der Aachener wieder.

Syri i Kalter, auch „blue eye“ genannt, ist ein gewaltiger, senkrechter, nur 10° kalter Quellstrom, der aus über 50 Meter Tiefe an die Oberfläche schwillt. Klarstes Wasser, auch aus mehreren anderen Bächen im Zulauf, schaffen in diesem schmalen Gebirgstal eine dschungelartige Oase, in der unzählige Schmetterlinge und Libellen ihr munteres Spiel über den Wasserflächen treiben.

Auch wir genießen diesen erfrischenden Kontrast zu den Tagen am Meer im üppigen Grün und im eiskalten Nass. Wir stehen direkt am gurgelnden Bach unter riesigen Bäumen, die uns nun gegen Abend lichtdurchflutet wie ein luftiges Zeltdach schützen.

Lukove Plazh  -  Syri i Kalter  -  45 km  -  km 35225

 

 

26.Juni 2012 - Gjirokaster, unsere letzte Station in Albanien

Ganz entspannt lassen wir den Tag heute angehen, zu schön sitzen wir hier unter den riesigen Bäumen am vorbeigurgelnden Bach. Wir gewöhnen uns an das eiskalte Wasser der unterirdischen Quelle, fangen sogar an, es zu genießen.

Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg nach Gjirokaster, eine Stadt mit Weltkulturerbestatus,  mit spürbar griechischem Einfluss. Wir bummeln ein wenig durch die Altstadtgassen, entscheiden dann jedoch, morgen früh wieder zu kommen, da es jetzt am Nachmittag schlicht zu heiß ist.

Außerhalb von Gjirokaster finden wir einen idyllischen See, der wahrscheinlich von derselben Quelle wie Syri i Kalter gespeist wird, so kalt bietet er sich uns an. Aber wir sind die Temperatur ja inzwischen gewöhnt und lassen uns daher nicht von einem erfrischenden Bad abhalten. Später gesellt sich dann noch Ivo aus Würzburg mit seinem Motorrad zu uns und es wird ein schöner Abend mit Erzählungen des in Albanien erlebten.

Syri i Kalter  -  Gjirokaster  -  45 km  -  km 35270

 

 

27.Juni 2012 - Wir sind in Griechenland

Schon früh brechen wir auf nach Gjirokaster, um der schlimmsten Tageshitze zu entgehen. Wir schlendern hinauf zur Burg, verschaffen uns einen Überklick über die unter uns liegende Stadt, die sich auf verschiedene Hänge und Hügel verteilt. So richtig will sich allerdings die Begeisterung für das Gebotene nicht einstellen, und so sind wir zügig mit der Besichtigung durch.

Wir vertanken und vershoppen unser Restgeld, kapitulieren schließlich vor dem zu langsamen Internet, und am frühen Nachmittag machen wir uns auf in Richtung Grenze. Eine der besten albanischen Straßen lässt „Manni“ nahezu gleiten, und so sind wir schnell in Kakavije, der albanisch-Griechischen Grenzstation. Da absolut nichts los ist, sind wir innerhalb weniger Minuten durch.

Kurz nach der Grenze passieren wir plötzlich einen kleinen Kratersee, der vor Jahrmillionen hier entstand. Seine tiefblaue Aufforderung zum Baden lässt uns keine Wahl, wir fahren an das der Straße gegenüberliegende Ufer. „Manni“ wird vom albanischen Staub und Dreck befreit und wir von der Hitze des Tages.

Gjirokaster  -   See vor Doliana  -  55 km  -  km 35325

 

 

28.Juni 2012 - Ursprüngliches Pindos-Gebirge

Von unserem Übernachtungsplatz am See sehen wir es schon, das Pindos-Gebirge. Das ist unser heutiges Ziel. Zagoria heißt die Region dort, bekannt durch die rund vier Dutzend typischer Bergdörfer. Und natürlich die Vikos-Schlucht, der tiefste Canyon der Welt, wer hätte es gewusst…

Wir fahren über Kalpaki und biegen kurz vor Asfaka ab auf die schmale Zufahrtsstraße, die nun gleichmäßig ansteigend das Hochland erreicht. Bis nach Monodendri fahren wir hinauf, es ist der Ausgangspunkt für die Schluchtenwanderung. Vom Aussichtspunkt über dem Dorf werfen wir einen ersten Blick hinunter in die beeindruckende Tiefe.

Direkt am Ortsende parken wir vor einem kleinen Hotel, deren WiFi uns auch gleich die Gelegenheit bietet, unsere Homepage mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen und mit den Lieben zuhause zu skypen.

See vor Doliana  -  Monodendri  -  65 km  -  km 35390

 

 

29.Juni 2012 - Wandern und Baden in der Vikos-Schlucht

Schon sehr früh starten wir zu dieser langen Wanderung. Rund 500 Höhenmeter steigen wir erst mal ab, hinunter in die Tiefe der Schlucht. Unter angekommen verläuft der Pfad im leichten Auf und Ab unschwierig immer etwas oberhalb des trockenen Bachbettes. Wir laufen bis fast zum Schluchtausgang kurz vor dem Dorf Vikos, dann drehen wir um.

Unser Ziel ist der Zufluss eines Baches aus einem Seitencanyon, der dafür sorgt, dass frisches, klares, aber auch sehr kaltes Wasser sich in mehreren kleinen Becken sammelt und zu einer längeren Pause einlädt. Wir verweilen dort zum Baden und Relaxen, ehe wir uns wieder auf den jetzt natürlich beschwerlichen Rückweg machen, da am Ende wieder die 500 Höhenmeter auf uns warten, diesmal allerdings aufwärts…

Völlig verschwitzt ob des steilen Weges und der hohen Luftfeuchtigkeit kommen wir am späten Nachmittag wieder bei „Manni“ an.

Monodendri  -  0km  -  km 35390

 

 

30.Juni 2012 - Kurvenreiche Fahrt durch das Pindos-Gebirge

Der Vormittag gehört noch der Arbeit an der Homepage und einem sympathischen Austausch mit Simone und Alexander aus Mainz, die wir am gestrigen Tag beim Baden in der Vikos-Schlucht kennen gelernt hatten. Aber dann geht`s los, quer durch das Pindos-Gebirge.

Unser erstes Ziel sind die alten Steinbrücken um Kipi. Fünf filigrane Bauwerke aus dem 18. Jh. überspannen die Bäche rund um das am Hang liegende Dorf, markieren so die dort früher verlaufenden Wege.

Wir bewegen uns immer in etwa 1000 Meter Höhe entlang dicht bewaldeter Bergflanken, passieren auf schmalen Sträßchen winzige Dörfer wie Frangades, Leptokaria, Doliani, Kastanonas, Makrino, Elatochori oder Flambourari und nähern uns so langsam unserem Tagesziel, dem großen Stausee oberhalb von Metsovo.

Hier oben in 1350 Meter Höhe entspringt der Aoos, jetzt aufgestaut zu einem wirklich schönen See mit vielen Inseln und geschützten Buchten. Wir entdecken eine tolle Halbinsel, von der aus sich uns ein umfassendes Panorama über den See bietet. Wieder mal ein idealer Übernachtungsplatz…

Monodendri  -  Stausee von Metsovo  -  85 km  -  km 35475

 

 

01.Juli 2012 - Nach Meteora

Überraschend heftiger Wind lässt uns auf einen Badetag verzichten und wir entscheiden, schon heute nach Meteora aufzubrechen. Die Hochebene wird kahler, viele Schafherden prägen das Bild, als wir vorbei an Metsovo den Katara-Pass in rund 1700 Metern Höhe erreichen.

Von hier aus schlängelt sich die seit dem Autobahnbau eigentlich nicht mehr genutzte Straße über tausend Höhenmeter nach unter in die thessalische Ebene. Schon von Weitem erkennen wir im heißen Dunst schemenhaft die bizarren Felsen von Meteora, ehe wir schlussendlich Kalambaka und Kastraki erreichen.

Eine Runde über die Ringstraße um die mit den Klöstern gekrönten Felsen gibt uns erste Eindrücke dieser phantastischen Landschaft. Wir stellen uns auf einen kleinen Parkplatz inmitten der Felsnadeln und warten auf den frühen Abend, an dem wir bei bestem Licht und angenehmeren Temperaturen eine erste Wanderung machen.

Stausee von Metsovo  -  Meteora  -  100 km  -  km 35575

 

 

02.Juli 2012 - Einer der faszinierendsten Orte der Welt…

…der sich uns bei Sonnenaufgang von unserem Übernachtungsplatz aus darbietet. Wie aus einer anderen Welt kleben die Klöster förmlich auf den jetzt in den Morgenstunden noch im Schatten liegenden, senkrechten Felsen, während die ersten Sonnenstrahlen die roten Dächer der alten Gebäude bereits erreichen.

Wir machen uns auf den Weg, das bedeutendste der Klöster zu besuchen. Metamorphosis ist heute auch ein Museum und bietet einen tollen Einblick in die rund 600 Jahre alte Tradition des Klosterlebens. Anschließend treiben wir uns noch lange zwischen den Klöstern und ihren steilen Felsen herum, können nicht genug bekommen von den herrlichen Perspektiven, die sich uns bieten.

Den heißen Nachmittag verbringen wir unten in Kalambaka beim Einkaufen und Arbeiten an der Homepage. Abends genießen wir von unserem Übernachtungsplatz aus die absolute Ruhe über dem Tal.

Rund um Meteora  -  20 km  -  km 35595

 

 

03.Juli 2012 - Klettern in Meteora

Nicht nur Historisches, sondern auch Sportliches steht hier hoch im Kurs. Klettern an den steil aufragenden Felsen von Meteora ist ein Highlight für jeden Kletterer, auch wenn man sich erst an das rundgeschliffene Gestein herantasten muss.

Kurz nach Sonnenaufgang, um der Tageshitze zu entgehen, machen wir uns auf den nicht leicht zu findenden Weg zum Einstieg unseres Kletterzieles, dem Ypsiloterasfelsen. Dieser liegt genau zwischen den Klosterfelsen von Metamorphosis und Varlaam. Nach einigen Verhauern finden wir den Einstieg, nun liegen vier genussvolle Seillängen im mittelschweren Bereich vor uns, die wir nach einer kurzen Gewöhnungsphase problemlos durchsteigen.

Oben auf dem Plateau des Felsens befinden wir uns auf einer Höhe mit den umliegenden Klöstern. Ein herrlicher Rundblick belohnt uns für unsere Mühen, bevor wir uns an der Westkante bis zum Einstieg hinunter abseilen.

Den Nachmittag verbringen wir möglichst bewegungslos im Schatten, und nachdem die Touristenbusse ihre Urlauberladungen so nach und nach wieder in die Hotels gekarrt haben, kehrt auch wieder himmlische Ruhe ein.

In Meteora  -  10 km  -  km 35605

 

 

04.Juli 2012 - Wir genießen Meteora einen weiteren Tag

Es gefällt uns hier so gut, dass wir noch einen Tag bleiben. Den Vormittag nutzen wir zu einer weiteren Kletterpartie am Ypsilioterasfelsen, da er als einer der ganz wenigen für uns kletterbaren Felsen Routen im morgendlichen Schatten bietet. Es wird uns bewusst, dass es schon ein ganz besonderes Privileg ist, Meteora auch aus der Sicht des Kletterns zu erleben. Oben angekommen, bieten wir den Klosterbesuchern später beim Abseilen noch eine viel fotografierte, zusätzliche Einlage.

Der Rest des Tages wird wieder mit Homepagearbeiten und relaxen verbracht, ehe uns ein stimmungsvoller Sonnenuntergang die Einmaligkeit unseres Übernachtungsplatzes ein weiteres Mal vor Augen führt.

In Meteora  -  15 km  -  km 35620

 

 

05.Juli 2012 - Auf zum Olymp

Nach den eindrucksvollen Tagen in Meteora geht es heute ein ganzes Stück nach Osten, an den Fuß des Olymp, mit 2917 Metern Höhe der höchste Berg Griechenlands. Und dort wollen wir natürlich hinauf.

Aber zuerst müssen wir dort hinkommen. Dafür wählen wir wieder mal kleine Nebenstrecken, die zwar länger, dafür aber meist interessanter sind als die Hauptstraßen.

Wir verlassen das Tal von Meteora über das Dorf Vlahava in Richtung Deskati. Landwirtschaftlich genutzte Flächen bestimmen das Bild, Feld an Feld reiht sich auf unserer Strecke über Deskati und Elassona. In Kallithea nehmen wir die schmale Bergstraße über Olimbada und Karia, direkt am Massiv des Olymp entlang, die sich bis auf 1150 Meter schraubt. Plötzlich stehen wir am Steilabbruch oberhalb von Leptokaria. 1000 Meter unter uns lockt die tiefblaue Ägäis, der wir natürlich nicht widerstehen können. Ein erfrischendes Bad lässt uns die weite Fahrt über die endlosen Kehren vieler Pässe abschütteln und wir fahren gegen Abend über Litochoro noch hoch hinauf zum Parkplatz nach Prionia, dem Ausgangspunkt zur Besteigung des Olymp.

Gewohntes alpines Ambiente und angenehme Frische empfängt uns dort oben in 1100 Metern Höhe, wo wir uns auf dem Wanderparkplatz für die Nacht einrichten.

Meteora  -  Litochora/Prionia  -  195 km  -  km 35815

 

 

06.Juli 2012 - Auf den Sitz der Götter

Um 4:30 Uhr klingelt uns ein gnadenloser Wecker aus den kuscheligen Träumen. Der Geist versucht, das Geräusch zu ignorieren, das Fleisch stellt sich vorsichtshalber tot. Doch es hilft alles nichts, wir müssen raus.

Eine Stunde später sind wir bereits unterwegs, der Vollmond weist uns den Weg durch den dichten Wald. Schnell wird es hell, die morgendliche Frische lässt uns zügig steigen, und so sind wir bereits zwei Stunden später an der Schutzhütte. Ohne Rast gehen wir weiter, um der schnell heißer werdenden Sonne zu entgehen und erreichen nach weiteren zwei Stunden den Stefani, mit 2909 Metern der dritthöchste der Olympgipfel und direkter Nachbar des Hauptgipfels. Unser Versuch, nun direkt zum Hauptgipfel zu gelangen scheitert an der Ausgesetztheit des brüchigen Felsgrates, der zum Mytikas hinaufführt. So müssen wir wieder ganz hinunter an den Gipfelaufbau, um schlussendlich den Mytikas, mit 2917 Metern der höchste der Gipfel, zu erreichen.

Ein weiter Blick öffnet sich, rund 3000 Meter unter uns glitzert das Meer in der Ferne, viele weitere, niedrigere Gipfel des Massivs stehen rings um uns herum. Vorsichtig steigen wir den steilen Felsenpfad hinüber zum Skala, mit 2866 Metern der Vierthöchste im Bunde, um von dort aus noch einen finalen Abstecher zum Skolio, mit 2911 Meter der zweithöchste der olympischen Gipfel, zu unternehmen.

Von nun an geht es nur noch bergab, 1800 weite Höhenmeter malträtieren unsere schon leicht müden Knochen, der Abstieg zieht sich gewaltig. Kurz vor Erreichen des Parkplatzes tauchen wir noch ein in ein eiskaltes, von zwei erfrischenden Wasserfällen gespeistes Becken, um uns den Schweiß und den Staub dieser gewaltigen Bergrunde abzuspülen.

Wir verbringen noch ein paar nette Stunden mit Sarah und Stefan aus Freiburg, ehe uns Geist und Körper endgültig signalisieren, dass sie jetzt wirklich tot sind…

Prionia  -  0 km  -  km 35815

 

 

07.Juli 2012 - Weiter in Richtung Osten

Es ist Wochenende, und bergbegeisterte Griechen stürmen den Parkplatz in Prionia. Wir verlassen deshalb diese schöne Bergwelt recht zügig, fahren die 1100 Höhenmeter hinunter nach Litochoro und dann weiter nach Katerini. Ab dort benutzen wir zum ersten Mal auf unserer Reise eine Autobahn, um den Großraum Thessaloniki schnell und stressfrei zu umfahren.

Es ist unglaublich heiß und schwül heute. Gewitterwolken brauen sich zusammen, während wir uns nach unserer Mittagsrast in Agios Vassilios am Koronia-See nicht weit hinter Thessaloniki noch etwas hinlegen, um diese unangenehmen Temperaturen ein bisschen erträglicher zu gestalten. Doch es hilft wenig, halluzinative Träume lassen statt real bimmelnden Ziegenherden Rentierschlittengespanne mit Glöckchen um unseren „Manni“ ziehen. Sind wir schon gaga vor lauter Hitze?

Die Ausläufer des sich ankündigenden Gewitters erreichen uns lediglich mit ein paar wenigen Tropfen, dafür steigt die Luftfeuchtigkeit ins Unerträgliche. Wir beschließen, einfach weiter zu fahren, da es in der klimatisierten Fahrerkabine noch am ehesten erträglich ist. Und so passieren wir auch noch den Volvi-See und erreichen bei Asprovalta wieder das Meer. Erst am späteren Nachmittag, als wir uns vor dem Dorf Nea Kerdilia an den feinsandigen Strand stellen, wird es besser.

Der Abend kündigt sich mit einer angenehmen Brise an, und so gibt es noch einen angenehmen Ausklang dieses langen Tages.

Prionia  -  vor Nea Kerdilia  -  215 km  -  km 36030

 

 

08.Juli 2012 - Nach Kavala und weiter in Richtung Türkei

Den Vormittag verbringen wir noch am Strand, erholen uns von der Olymp-Tour, bevor wir uns nach Kavala aufmachen. Die sehr gute Küstenstraße lässt uns Kavala schon bald erreichen, wo wir den Nachmittag verbringen, um einige Dinge in Empfang zu nehmen, die für uns hierher gebracht wurden.

Deshalb kommen wir erst spät weg, aber wir entscheiden trotzdem, noch ein ganzes Stück zu fahren, da die Gegend nicht unbedingt zum Bleiben einlädt. Und so ist es schon dunkel, als wir über Xanthi fast schon Porto Lagos erreichen, wo wir in der Lagunenlanschaft zwischen dem Vistonida-See und der dort nur von einem schmalen Landstreifen von ihm getrennten getrennten Meeresbucht einen Platz zum Übernachten finden.

Nea Kerdilia  -  vor Porto Lagos  -  225 km  -  km 36205

 

 

09.Juli 2012 - Alexandroupoli, letzte Station in Griechenland

Inmitten der Lagunenlandschaft stehen auf zwei winzigen Inseln ein kleines Kloster und eine Kapelle, die zu den Athos-Gütern gehören und denen wir einen kurzen Besuch abstatten. Ein verwunschener Ort der Ruhe am Rande der Fernstraße empfängt uns, bevor wir uns ein verspätetes Frühstück gönnen.

Die Fahrt über Komotini nach Alexandroupoli gibt uns einen kleinen Vorgeschmack auf die Türkei. Die meisten Dörfer sind schon muslimisch geprägt durch die dort lebende, türkische Minderheit, die Mosche steht neben der Kirche, die Frauen sind verschleiert. Viel Landwirtschaft, u.a. Tabak und Seidenraupenzucht, prägt das Bild.

Alexandroupoli überrascht uns als moderne, aufgeweckte Stadt, dort lassen wir unsere erste leere Gasflasche wieder füllen, tanken randvoll vor der Fahrt in die Türkei, da dort der Diesel im Moment sehr teuer ist, und ergänzen unsere Vorratskisten mit Lebensmitteln, die dort nur sehr schwer zu bekommen sind.

Den Rest des Tages verbringen wir am Meer, um zu arbeiten und zu relaxen.

Porto Lagos  -  Alexandroupoli  -  120 km  -  km 36325

 

 

10.Juli 2012 - Auf in die Türkei

Unser ruhiger Übernachtungsplatz lag ab 1:00 Uhr morgens in der Beschallungsschneise einer Stranddisse, die uns intensiv mit Laserkanonen und Discorhythmen bis zur Morgendämmerung beschoss. Nach dem erfrischenden Bad im Meer war das allerdings auch gleich wieder vergessen.

Wir aktualisieren noch unsere Homepage und dann geht`s los in Richtung Türkei. Die Straße ist top, und so sind wir schnell an der griechisch-türkischen Grenze. Es herrscht kaum Verkehr, doch die Griechen schaffen es, dass wir fast eine Stunde brauchen, um bei ihnen durch zu sein. Man merkt, sie mögen sich einfach nicht, da eigentlich ausschließlich Türken auf der Heimreise unterwegs sind. An der türkischen Grenze ist das Ganze nach nur 20 Minuten erledigt, trotz dreier Stempelstellen und fünf Kontrollen. Für was, erschließt sich uns allerdings nicht…

Die Straße bleibt auch auf der türkischen Seite vierspurig, und so rollen wir zügig Richtung Osten. Vorbei an Ipsala und Kesan, an Malkara und Inecik kommen wir gegen Abend nach Tekirdag, wo wir uns östlich der Stadt inmitten unendlicher Ferienhaussiedlungen mit einem ziemlich vermüllten Übernachtungsplatz direkt am Meer abfinden.

Wir sind heute übrigens genau zehn Wochen und 5000 km unterwegs…

Alexandroupoli /Griechenland  -  nach Tekirdag/Türkei  -  195 km  -  km 36520

 

 

11.Juli 2012 - Istanbul

Das für längere Zeit letzte Bad im Meer macht uns wieder fit für die letzten hundert Kilometer nach Istanbul, unserem Sprungbrett nach Asien. Die Fahrt dorthin ist auf einer guten vierspurigen Straße durch einen endlosen Siedlungsbrei schnell erledigt, zumindest bis ca. 30 Kilometer vor der Innenstadt. Dann wird es langsam dichter und auch der erste Stau lässt nicht mehr lange auf sich warten. Sechs Fahrspuren, wohlbemerkt in jede Richtung, versuchen nun den nie endenden Verkehr zu bändigen, meist aber ohne Erfolg. Dabei geht es jedoch überraschend gesittet zu, keine Drängler oder aggressive Spurwechsler erinnern an den heimischen Berufsverkehr.

Die Außenbezirke dieser Riesenstadt erscheinen endlos, die perfekte Beschilderung lässt uns aber problemlos bis ins alte Zentrum vordringen. Und dann tauchen sie plötzlich auf, die Wahrzeichen dieser gigantischen Metropole: dutzende schlanke Minarette der bekanntesten Moscheen dieser Welt, die gemeinsam eine der faszinierendsten Silhouetten bilden.

Wir steuern den Leuchtturm unterhalb der blauen Moschee an, da sich hier ein bewachter Parkplatz befindet, auf dem man über Nacht stehen kann. Einen zentraleren Platz gibt es in ganz Istanbul nicht – direkt am Meer, direkt unterhalb der Hauptsehenswürdigkeiten, direkt neben einem Park, in dem abends noch lange gegrillt, geangelt und flaniert wird.

Ein erster Rundgang um die Blaue Moschee und die Hagia Sophia führt uns die Einmaligkeit dieser historischen Monumente vor Augen, die wir in den nächsten Tagen ganz in Ruhe genießen wollen.

Nach Tekirdag  -  Istanbul  -  125 km  -  km 36645

 

 

12.Juli 2012 - Historisches und gegenwärtiges Istanbul

Dass diese Riesenstadt nie schläft, konnten wir in der Nacht am eigenen Leib erfahren. Ununterbrochene, lautstarke und natürlich irgendwann auch nervige Beschallung verschiedenster Geräusche und Lärmpegel machen ein ruhiges Schlafen schlicht unmöglich, doch das können wir ja später wieder nachholen.

So sind wir schon früh auf den Beinen und bei den Ersten, die sich den teuren Eintritt ins Topkapi Serail, in den alten Sultanpalast gönnen. Drei Stunden halten wir uns in diesem umfangreichen Areal auf, das einen guten Einblick in das Jahrhunderte lang die östliche Hemisphäre beherrschende osmanische Reich bietet.

Anschließend bummeln wir noch durch die Stadt, essen frische Fischbrötchen an der Galatabrücke, statten der Süleyman-Mosche einen Besuch ab und schieben uns durch den ägyptischen und den großen Bazar.

Nach einer ausgiebigen Mittagsrast im „Manni“ sind wir wieder aufnahmebereit und genießen am Abend nochmal den Bereich um die beiden großen Moscheen, die nun hell erleuchtet ein imposantes Bild abgeben.

Istanbul  -  0km  -  km 36645

 

 

13.Juli 2012 - Durch den Bosporus und hinüber nach Asien

Dank der bewährten Hüttenohrenstöpsel war die Nacht heute erholsamer, und so sind wir wieder fit für einen weiteren Tag Istanbul. Wir laufen durch die alten Viertel hinüber zur Galatabrücke, um uns einer Rundfahrt durch den Bosporus anzuschließen. Dieser Bootstrip führt entlang des europäischen Ufers hinauf bis zur neuen Hängebrücke der Autobahn, die hier Europa und Asien verbindet, um anschließend entlang des asiatischen Ufers wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Im Rahmen dieser zwei Stunden bekommen wir einen guten Überblick über die sich an dieser berühmten Meerenge entlang schlängelnden Stadt mit ihren tollen Palästen und Türmen.

Anschließend bummeln wir durch den großen Bazar wieder hinüber auf die andere Seite der alten Stadt, besuchen noch kurz den Fischmarkt im Stadtteil Kumkapi und erreichen ziemlich verschwitzt unseren Übernachtungsplatz am Leuchtturm, wo wir, sehr zur Erheiterung der Anwesenden, durch die Wassersprengler im Park toben.

Erfrischt packen wir zusammen und nehmen die Stadtfähre, die hier annähernd im Minutentakt ablegt, um nach Asien hinüber zu tuckern. Im Stadtteil Kadiköy stellen wir uns neben dem Fährhafen direkt ans Ufer, und kommen so in den Genuss eines der aufregendsten Panoramen der Welt. Uns genau gegenüber, auf der anderen Seite des Bosporus, ragen nun die eleganten Minarette der Blauen Moschee und der Hagia Sofia in den Abendhimmel – was für ein Bild!

Der Sonnenuntergang ist sensationell…

Istanbul/Sultanahmet  -  Istanbul/Kadiköy  -  5 km  -  km 36650

 

 

14.07.2012 - An den See von Iznik

Nach einer ruhigen Nacht decken wir uns noch auf dem Fischmarkt von Kadiköy ordentlich ein, ehe wir uns dem Wochenendverkehr der Istanbuler Stadtflüchtlinge hingeben. Alle wollen raus aus der Stadt, wir auch. Und so rollen wir über die Schnellstraße entlang der Küste, wieder durch unendlichen Siedlungsbrei, immer Richtung Osten.

Bei Gebze nehmen wir die Fähre hinüber nach Yalova, eine Strecke, die von einem Dutzend Autofähren ununterbrochen bedient wird. So dauert es nicht lange, und wir sind auf der südlichen Seite der langgezogenen Bucht von Izmit unterwegs nach Süden. In Orhangazi biegen wir von der zweispurigen Schnellstraße ab an das Südufer des Sees von Iznik. Durch nicht endend wollende Olivenhaine führt uns nun die schmale Straße immer direkt am See entlang nach Osten.

Nach gut der Hälfte der Uferstrecke sehen wir einen netten Übernachtungsplatz direkt am See. Wir reinigen den Uferstreifen vom obligatorischen Müll, und schon ist es ein schöner Badeplatz am klaren Wasser…

Istanbul/Kadiköy  -  See von Iznik, Südufer  -  115 km  -  km 36765

 

 

15.07.2012 - Erholung von der Großstadt…

… ist heute angesagt. So schlafen wir richtig lange, baden und dösen ein wenig vor uns hin. Aber es ist auch großer Waschtag angesagt, so strategisch günstig direkt am See. Und das ist ganz schön anstrengend, alles von Hand zu waschen, bis hin zu den Bettlaken.

Jetzt ist alles wieder duftig rein, und wir genießen auch heute wieder einen tollen, goldgelben Sonnenuntergang über der dunklen Wasseroberfläche.

See von Iznik/Südufer  -  0 km  -  km 36765

 

 

16.07.2012 - Ein großer Sprung nach Süden

Gemütlich gehen wir den Tag an, es ist einfach schön hier am See. Erst am späten Vormittag brechen wir auf in Richtung Süden. Kurz vor Iznik biegen wir ab, über Yenisehir und Inegöl an den Fuss des Uludag, der mit letzten Schneeresten zu uns herunter grüßt, über einen 1400 Meter hohen Pass mit duftenden Kiefernwäldern nach Domanic und weiter nach Tavsanli. Heiß ist es heute, in der Spitze 41°C, daher entschließen wir uns, einfach weiter zu fahren, da dies am angenehmsten ist.

Weiter geht es nach Kütahya, wo wir auf die Fernstraße nach Afyon treffen. Felder über Felder bestimmen hier das Bild bis zum Horizont, wir sind in der westanatolischen Hochebene angekommen. Die Luft flimmert vor uns, es ist so heiß, dass der Teer der Fernstraße von den Trucks flüssig gefahren wird und „Manni“ nun über und über mit winzigen Teerflecken verschmutzt ist. Das wird ein schöner Spaß, ihn wieder sauber zu bekommen…

Am späten Nachmittag erreichen wir Afyon, das wir auf einem sechsspurigen Stadtring umfahren, um dann über Suhut in Richtung des Egridir-Sees zu fahren. Es wird gebirgiger, wir sind auf ca. 1200 Metern Höhe. Gleich hinter dem Dorf Uzunpinar schlagen wir uns in die Büsche, unser bisher längster Fahrtag geht hier zu Ende.

See von Iznik/Südufer  -  Suhut/Uzunpinar  -  355 km  -  km 37120

 

 

17.07.2012 - An den See von Egirdir

Die Büsche von gestern Abend entpuppen sich im Morgengrauen als Obstplantagen, und kurz darauf tuckern auch schon die Bauern mit ihren Traktoren an, um ihren Tagwerk nachzugehen. Sie grüßen uns durchs Fenster, also nichts war`s mit entspannt ausschlafen…

Egal, raus aus den Federn und frühstücken. Plötzlich klopft es an unserer Tür, und wir werden mit mehreren Kilo frisch geernteten Aprikosen und Sauerkirschen beschenkt. Wir revanchieren uns mit einer Einladung zum Tee unter Kirschbäumen, es ist wieder mal so ein gelungener Moment…

Die Familie arbeitet weiter und wir starten in Richtung Egirdir-See. Nur ein Pass und einige wenige Dörfer sind zu passieren, und schon sehen wir die glitzernde Wasserfläche vor uns, ein glasklarer See, in etwa so groß wie der Bodensee. Langsam fahren wir am Westufer südwärts, immer Ausschau haltend nach dem ultimativen Standplatz.

Und dann sehen wir ihn: eine Lagune, die in einer schmalen Landzunge ausläuft, breitet sich unter uns aus, schattenspendende Bäume ziehen sich einer Allee gleich am Strand entlang, Kühe weiden im saftigen Gras und Störche staksen im seichten Nass. Das Wasser schimmert türkisfarben zu uns herauf, der helle Kiesstrand leuchtet in der Sonne. Klar, das ist es!

Wir finden die Zufahrt, durch eine seichte Furt erreichen wir die baumbestandene Landzunge. Was für ein Plätzchen!

Uzunpinar  -  Boyali/Egirdir-See  -  55km  -km 37175

 

 

18.Juli 2012 - Urlaub am See

Ein traumhaft schöner Sommertag am See, das Wasser ist erfrischend und klar, schattenspendende Bäume und ein leichtes Lüftchen lassen selbst die Mittagszeit angenehm vorüber gehen.

Abends gibt`s frische Forellen und eine Flasche gekühlten Wein – was will man mehr…

Boyali/Egirdir-See  -  0km  -  km 37175

 

19.Juli 2012 - Weiter nach Egirdir und zum Kovada Gölü

Den Vormittag verbringen wir noch an diesem wirklich schönen Fleckchen, doch dann geht`s weiter nach Egirdir, einem sympathischen Städtchen in reizvoller Lage. Heute ist es besonders reizvoll, da der Wochenmarkt in der Stadt halt macht und auf einem solchen Markt das Einkaufen natürlich besonders lebhaft ist.

Vollbepackt machen wir uns auf den Rückweg zu „Manni“, um den Nachmittag mit den fälligen Aktualisierungsarbeiten an unserer Homepage zu verbringen. Gegen Abend fahren wir dann noch das kurze Stück in Richtung Süden zum kleinen Kovada-See, der zwar nicht zum Baden einlädt, jedoch schön inmitten dichter Eichenwälder zwischen den Bergen liegt.

Ein ruhiger Übernachtungsplatz direkt am Ufer ist schnell gefunden, und der Tag klingt gemütlich aus.

Boyali  -  Kovada-See  -  75 km  -  km 37250

 

 

20.Juli 2012 - Eine schöne Schlucht und ein prima Badesee

Heute geht es nochmal ein kleines Stückchen weiter nach Süden, zum Yazili-Kanyon, einer schönen Schlucht mit unzähligen Badegumpen. Die Fahrt dorthin ist kurvenreich und langsam durch eine tolle Bergkulisse. Leider ist die Wanderung schon nach ca. zwei Kilometern zu Ende, da der Weg hoch in einer Felswand ohne entsprechende Sicherungen nicht mehr gefahrlos zu gehen ist. So kehren wir wieder um und verbringen den Tag an einer der vielen frischen Gumpen, bei den heutigen Temperaturen um die 40°C sicher die klügere Entscheidung.

Am späteren Nachmittag suchen wir uns einen ruhigen Übernachtungsplatz am Karacaören-Stauseee bei Candir, nicht ohne uns vorher bei einer der zahlreichen Forellenzuchten acht prächtige Forellen für umgerechnet € 1.10 das Stück zu erwerben.

Kovada-See  - Karacaören-Stausee  -  40 km  -  37290

 

 

21.Juli 2012 - Über die Berge nach Beysehir

Für die Weiterfahrt entscheiden wir uns für kleine Nebensträßchen, die zum Teil nicht einmal in unserer Karte vermerkt sind. Vorher aber stocken wir unseren Forellenbestand nochmal um vier Prachtexemplare auf. Von Candir geht es dann erst mal über einen kleinen Pass hinüber nach Sütcüler, von dort mit Hilfe freundlicher Passanten über Kuzca nach Kasimilar.

Wir passieren so manche Höhe, um danach wieder tief ins nächste Tal abzutauchen. Endlich erreichen wir die Piste hinüber nach Beysehir. Auf dieser müssen wir das Edegöl-Gebirge queren, das sich hier wie ein unbezwingbar scheinender Riegel durch die Landschaft schiebt. Auf fast 1800 Meter Höhe schraubt sich die gut befahrbare Piste, auch die Abfahrt auf der östlichen Seite ist kein Problem. Es zieht sich allerdings, denn es geht weit hinunter und hinaus in die Hochebene nach Beysehir am gleichnamigen See, wo wir erst nach der dritten“ Dorfbesichtigung“ an der Landzunge von Akburun ein gemütliches Plätzchen finden, das wir mit einigen Anglern die halbe Nacht teilen.

Karacaören-Stausee  -  Akburun/Beysehir-See  -  190 km  -  km 37480

 

 

22.Juli 2012 - Wir liegen danieder…

Irgendetwas ist uns wohl nicht bekommen, denn in der Nacht geht es schon los mit Bauchschmerzen und dem nicht enden wollenden Drang, die Toilette aufzusuchen. So sind wir denn auch fix und alle am Morgen und bleiben eigentlich den ganzen Tag im „Manni“ liegen, nur unterbrochen vom blitzartigen Rundlauf zur Toilette und ab in den See. Der Rest des Tages dösen wir so vor uns hin und leiden ein bisschen…

Gegen Abend behält der geschwächte Körper erstes trockenes Weißbrot, es geht also steil bergauf! Mal sehen, ob wir morgen weiter fahren…

Akburun/Beysehir-See  -  0 km  -  km 37480

 

 

23.Juli 2012 - Weiter nach Osten

Wir sind wieder fit, einigermaßen zumindest. Und so brechen wir schon bald auf, denn wir wollen heute ein ganzes Stück in Richtung Osten fahren.

Bald schon sind wir in Konya, der Stadt der tanzenden Derwische und ehemalige Hauptstadt der Seldschuken, heute eine Millionenstadt inmitten in einer staubigen Ebene. Doch die Stadt macht einen sympathischen Eindruck, der Verkehr fließt ruhig und gesittet, Straßenbahnen erinnern ein bisschen an zuhause, alles wirkt aufgeräumt und sauber.

Dann wird es langweilig. Die vierspurige Schnellstraße zieht schnurgerade nach Osten, endlose Sonnenblumenfelder wechseln mit Weizenfeldern, Weizenfelder mit Sonnenblumenfeldern. So geht es bretteben dahin, einzig Tankstellen unterbrechen die eintönige Fahrt. An einer solchen machen wir Mittagsrast, dort gibt es einen Ein-Mann-LKW-Service mit Grube, und so wird „Manni“ ordentlich abgeschmiert, das Fahrerhaus gewaschen, wir bekommen einstweilen einen Tee, und das alles für nur € 4,50. Da braucht man sich die Hände wirklich nicht selbst schmutzig machen…

Kurz hinter Karapinar gibt es dann doch noch ein Tageshighlight. Zwei beeindruckende Vulkankrater, Meke Gölü und Aci Göl, schaffen ein fast schon urzeitliches Ambiente in der trostlos kahlen Landschaft. Der eine beeindruckt durch seinen Kraterberg in der Mitte, umflossen von einer übelriechenden Schwefelbrühe, der andere ist aufgefüllt von einem stark salzhaltigen See, der in seiner Konsistenz an das Tote Meer erinnert und aus kalten unterirdischen Quellen gespeist wird.

Am späten Nachmittag sind wir in Eregli, von dort sehen wir schon unser kommendes bergsteigerisches Ziel, den Aydos Dagi, mit 3430 Metern einer der ganz großen im Taurusgebirge. Ein paar Kilometer weiter ist der kleine Stausee von Ivriz, an dessen Ufer wir einen ruhigen Übernachtungsplatz entdecken.

Akburun/Beysehir-See  -  Ivriz-Gölü/Eregli  -  310 km  -  km 37790

 

 

24.Juli 2012 - Abenteuerliche Bergpisten zum Aydos-Dagi

Den Vormittag päppeln wir uns noch ein wenig auf, so ganz fit sind wir nun doch noch nicht. Also den Tag noch ein wenig gemächlicher angehen lassen mit baden, lesen und Bilder bearbeiten. Am Nachmittag werden wir dann noch vom Fischer, der ganz in unserer Nähe seine Bleibe aufgeschlagen hat, zum Tee eingeladen.

Dann geht es aber endgültig los, zum Aydos-Dagi. Eine schmale Teerstraße führt uns durch kleinste Dörfer, schraubt sich immer höher. In einem dieser Dörfer fragen wir nach Brot und werden daraufhin reichlich beschenkt mit Obst und natürlich auch mit Brot. Jeglicher Versuch, etwas zu bezahlen, wird freundlich, aber bestimmt, zurückgewiesen.

Ganz gerührt ob dieser herzlichen Begegnung fahren wir weiter, nun auf einer teilweise abenteuerlich in den Hang gefrästen Piste, auf der anderen Bergseite hinunter ins Tal. Dort erreichen wir schließlich unseren Ausgangsort, Cakillar.

Wir wollen uns nach dem Weg zum Berg erkundigen, und werden in bestem Deutsch von in Deutschland arbeitenden Vater und Sohn genauestens informiert. Sie überraschen uns auch mit der Nachricht, dass man auf einer passablen Piste praktisch fast bis unter den Gipfel fahren kann, Allrad natürlich vorausgesetzt. Also machen wir uns auf den Weg nach oben. Die Piste ist wirklich ordentlich, das Panorama überwältigend. Bis auf ca. 2350 Meter Höhe hoppeln wir hoch, als wir auf einem aussichtsreichen, kleinen Plateau stehen bleiben, um dort zu übernachten.

Wir genießen das letzte Tageslicht mit einem tollen Rundumblick über die gesamte Region. Von hier wollen wir morgen früh zu Fuß starten; weiter zu fahren verbietet uns unser alpinistischer Ehrgeiz. Wir wollen den Aydos Dagi ja schließlich nicht „erfahren“…

Ivriz-Gölü  -  Hochlager am Aydos Dagi  -  35 km  -  km 37825

 

 

25.Juli 2012 - Auf den Aydos Dagi

Um sechs Uhr in der Früh geht`s los, begleitet von einem tollen Sonnenaufgang über den schroffen Wänden der unter uns aufragenden Spitzen. Der Weg ist einfach, es ist  eine leichte Wanderung bis auf den Gipfel, und so sind wir bereits kurz vor neun Uhr oben auf 3430 Meter.

Weit reicht unser Blick über die wüstenartigen Höhenzüge des Bolkar-Gebirges, wie diese Taurus-Region hier genannt wird. Nach einer ausgiebigen Gipfelrast machen wir uns wieder an den Abstieg und erreichen „Manni“, unser Hochlager, nach zwei Stunden Fußmarsch.

Da unser Platz so außergewöhnlich exponiert inmitten der zerklüfteten Bergwelt liegt, entscheiden wir, den Nachmittag einfach noch hier oben zu verbringen und erst morgen wieder ins Tal hinunter zu fahren.

Hochlager am Aydos Dagi  -  0 km  -  km 37825

 

 

26.Juli 2012 - Auf zur nächsten Bergtour

Die Abfahrt hinunter ins Tal ist ganz entspannt, da wir die Pistenverhältnisse ja schon kennen. Unter angekommen, entscheiden wir, direkt über die Berge hinaus nach Ulukisla zu fahren. Die schmale Teerstraße endet schließlich auf dem Dorfplatz eines Nestes hoch oben auf fast 2000 Metern, doch die Piste, die jetzt weiter führt, ist gut zu befahren, und nach ein paar Flurbereinigungsarbeiten passt „Manni“ auch ganz locker durch die Botanik.

Ein tolles Panorama begleitet uns schließlich hinunter nach Ulukisla, wo wir auf die Fernstraße treffen, die uns erst mal enormen LKW-Verkehr beschert. Es geht nun stetig bergab, bis wir kurz vor Pozanti nach Norden abbiegen, um über Kamisli und Camardi nach Demirkazik hinauf zu fahren, dem Ausgangspunkt unserer nächsten Bergtour.

Wir sind nun in den Aladaglar-Bergen, in den nordöstlichen Ausläufern des Taurus-Gebirges. Hier befinden sich die höchsten Gipfel dieser Region, und auf den höchsten, den Demirkazik, wollen wir hinauf. Das Basecamp für diesen 3756 Meter hohen Berg ist auf genau 2000 Metern, und bis dahin können wir auf einer guten Bergpiste auch noch fahren. Und so richten wir uns am Nachmittag neben zwei Dutzend Zelten zahlreicher Trekkingtouristen hier oben ein.

Hochlager am Aydos Dagi  -  Basecamp Demirkazik  -  160 km  -  km 37985

 

 

27.Juli 2012 - Eine erste Wanderung in den Aladaglar-Bergen

Wir schlafen lange aus und unternehmen dann eine erste Wanderung, um die Region ein wenig kennen zu lernen. Mächtige Felswände umschließen einsame Hochtäler, zwischen denen gewaltige Flüsse tiefe Schluchten gegraben haben. Eine wilde und ursprüngliche Gegend, die ein wenig an die Dolomiten erinnert.

Und wir hatten den richtigen Riecher, heute noch keine ganz große Tour zu machen, denn am frühen Nachmittag schlägt das Wetter um und es beginnt zu regnen. So bereiten wir uns gemütlich auf die morgige Besteigung des Demirkazik vor.

Basecamp Demirkazik  -  0 km  -  km 37985

 

 

28.Juli 2012 - Ganz oben auf 3756 Metern!

Um fünf Uhr morgens, noch vor Sonnenaufgang, geht es los. Der Pfad führt uns durch eine erste Schlucht hinauf in einen imposanten Kessel, der von steilen Wänden umringt ist. Am anderen Ende des Kessels erwartet uns wieder eine enge Schlucht, die stetig bergauf führt, bis sie sich weitet und in ein langes Hochtal mündet, das links und rechts von den hohen Flanken der mächtigen Bergriesen begrenzt wird. Kurz bevor das Hochtal an einem Pass steil abfällt, wenden wir uns nach links und stehen vor der Mutter aller Schuttrinnen. Mindestens 300 Meter hoch und in einer unglaublichen Steilheit durchzieht eine gigantische Rinne mit losem Gestein das felsige Gemäuer, und genau hier müssen wir durch und hoch. Eine ziemlich mühselige Angelegenheit, die uns ganz schön Kraft kostet. Gott sei Dank ist uns der Himmel gnädig und schützt uns mit einer relativ dichten Wolkendecke vor der zentralanatolischen Sommersonne.

Am Ende der endlos erscheinenden Rinne stehen wir auf einem Sockel, von dem aus wir nun den Weg ganz nach oben sehen. In vielen Kehren erreichen wir schließlich den Fels unterhalb des Gipfels, und in drei leichten Seillängen klettern wir schnell bis ganz nach oben. Ein Gutes Dutzend Gipfel in ähnlicher Höhe empfangen uns hier oben, doch wir stehen auf dem höchsten der Aladaglar-Berge!

Erste Regentropfen lassen uns schneller als erwünscht wieder zusammenpacken und gemeinsam mit zwei türkischen Bergsteigern, die den Gipfel von der anderen Seite bezwangen, machen wir uns wieder an den langen Abstieg. Wir haben Glück, das drohende Gewitter zieht knapp an uns vorbei und so erreichen wir müde, aber trocken am Nachmittag wieder unser Basecamp.

Basecamp Demirkazik  -  0km  -  km 37985

 

 

29.Juli 2012 - Traumlandschaft Kappadokien

Nach einer ruhigen Nacht sind wir wieder fit für Neues. Und so machen wir uns auf nach Kappadokien, dieser phantastisch gestalteten Märchenlandschaft aus Tuffgestein, die vor Millionen von Jahren durch unzählige Vulkanausbrüche geschaffen wurde.

Unsere Fahrt führt uns erst mal wieder hinunter ins Dorf Demirkazik. Doch schon bald verlassen wir die Hauptstraße wieder, um auf einer schmalen Nebenstrecke direkt nach Norden zu fahren. Wir passieren eine Handvoll abgelegener, einfacher Bauerndörfer, wo man uns schon sehr erstaunt hinterher blickt. In Yesilhisar  füllen wir noch schnell unsere Vorräte auf, bevor wir zum kleinen Stausee von Akkoy hochfahren, wo wir die Mittagszeit verbringen.

Die Weiterfahrt entlang dem grünen Tal ist schon geprägt von ersten Tuffsteinhöhlenwohnungen und –kirchen. Über Güzelöz und Taksimpasa, vorbei am Stausee von Damsa, erreichen wir kurz hinter Mustafapasa das Tal von Pancarlik, wo wir einen ersten Eindruck dessen bekommen, was uns in den nächsten Tagen hier erwarten wird. Über Ürgüp erreichen wir schließlich Ortahisar mit der sogenannten Roten Schlucht, wo wir direkt oberhalb des Tales einen phantastischen Übernachtungsplatz mit traumhafter Aussicht entdecken.

Basecamp Demirkazik  -  Ortahisar  -  150 km  -  km 38135

 

 

30.Juli 2012 - Verwunschene Täler

Noch vor Sonnenaufgang weckt uns leises Fauchen und Rauschen, was ist das? Ein erster Blick aus dem Fenster lässt uns sofort hellwach sein – gut hundert Heißluftballons steigen vor uns auf in den Morgenhimmel, der langsam von der aufgehenden Sonne in helles Licht getaucht wird. Was für ein Bild!

Wir frühstücken inmitten der rötlichen Gesteinsschichten der Kizilcukur, der Roten Schlucht. Den Vormittag über wandern wir durch diese Schlucht und das anschließende Rosental, immer im stetigen auf und ab zwischen den beeindruckenden Tuffsteingebilden, in die unzählige Kirchen und Wohnungen gegraben sind.

Nach einer ausgiebigen Mittagsrast streifen wir durch das Tal von Zelve, dessen Höhlenwohnungen erst Anfang der Fünfzigerjahre aufgegeben werden mussten, als sie gefährlich baufällig wurden. Danach bewundern wir noch die eleganten Feenkamine in Tal von Pasabagi, skurrile Gebilde, die die Natur hier geschaffen hat.

Gegen Abend stellen wir uns direkt auf ein beliebtes Plateau oberhalb von Göreme, von wo aus die Mehrzahl der Ballons in der Früh starten. Ein toller Sonnenuntergang beschließt schließlich einen ereignisreichen Tag.

Umgebung Göreme  -  30 km  -  km 38165

 

 

31.Juli 2012 - Noch ein Tag im Märchenland

Direkt um uns herum werden noch bei Dunkelheit unzählige Heißluftballons startklar gemacht. Die Flammen der Brenner beleuchten die bunten Hüllen, nach und nach steigen die Kolosse auf und treiben mit dem Wind davon. Ein Spektakel der Extraklasse – und wir mittendrin!

Leider ist der Himmel ziemlich bedeckt, kein schöner Sonnenaufgang erhellt den Horizont. Später am Vormittag regnet es sogar leicht, so dass wir diese Stunden nutzen, um unsere Website zu aktualisieren. Am Nachmittag stehen dann noch einige Ausflüge an nach Üchisar und nochmal ins Tal von Pasabagi, bevor wir wieder unsere Aussichtsplattform oberhalb von Göreme beziehen.

Am Abend fahren wir mit unseren türkischen Nachbarn in deren Haus nach Göreme, um dort gemeinsam zu essen. Dort verbringen wir ein paar nette Stunden im Kreis der gesamten Familie.

Umgebung Göreme  -  50 km  -  km 38215

 

 

01.August 2012 - Der Erciyes lockt…

..uns schon lange mit seiner mächtigen Präsenz am Horizont. Knappe 4000 Meter ist er hoch, dieser markante Vulkan, der für die Schaffung der Tufflandschaft in Kappadokien verantwortlich war.

Am späten Vormittag brechen wir also auf und fahren über Ürgüp nach Kayseri, der Millionenmetropole am Fuß des Erciyes. Die Anfahrt zur Passhöhe am Berg ist nicht leicht zu finden, da sich die Beschilderung in der Stadt als etwas wirr herausstellt. Doch nach einigen Irrfahrten sind wir auf dem richtigen Weg und erreichen am Nachmittag unseren Ausgangspunkt zur Besteigung auf rund 2200 Metern Höhe, einem ganz ordentlichen Skizentrum.

Hinter dem jetzt geschlossenen Restaurant und Snowboardverleih „Arlberg“ stellen wir uns in den Windschatten, da es gewaltig bläst und später auch ein Gewitter über uns hinweg zieht. Und es ist ganz schön frisch hier oben, nur die vielen Erdhörnchen, die um „Manni“ wuseln, lassen sich davon nicht stören.

Ach ja, heute sind wir genau ein viertel Jahr unterwegs…

Göreme  -  Skizentrum Erciyes  -  150 km  -  km 38365

 

 

02.August 2012 - Auf 3916 Metern!

Es ist schon ein gigantischer Brocken, der sich um fünf Uhr morgens im hellen Licht des Vollmonds da vor uns aufbaut. Und weit ist der Weg bis dorthin.

Am Anfang geht es noch gemütlich durchs Skigebiet entlang der Pisten, doch bald schon müssen wir einen steilen Rücken erklimmen, der sich schier endlos nach oben zieht. Es ist der südliche Kraterrand, auf den wir uns hinauf mühen und auf dessen Krone wir nun den gesamten Krater bis zum Gipfelaufbau umrunden. Eine sehr steile, mit losem Geröll gespickte Rinne fordert uns nochmal ordentlich, bevor wir schließlich nach sechs Stunden Aufstieg auf dem höchsten Punkt Zentralanatoliens stehen.

Nebelschwaden wabern um uns herum, ein starker Wind lässt uns alles anziehen, was wir dabei haben. Immer wieder geben die Wolken den Blick frei über die unendlich weit unter uns erscheinenden Hochebenen. Den langen Weg dort hinunter haben wir nun vor uns, und nach weiteren vier anstrengenden Stunden schleichen wir erschöpft in unseren „Manni“.

Skizentrum Erciyes  -  0 km  -  km 38365

 

 

03.August 2012 - Weiter in Richtung Osten

Wir schlafen lange, der Erciyes hat uns doch ganz schön geschlaucht. Erst am späten Vormittag starten wir, hinunter auf die Südseite, nach Develi. Unsere Route führt uns vorbei an Tufanbeyli, nachdem wir drei Pässe, der höchste an die 2000 Meter, überwunden haben, und von dort weiter nach Göksun. Dort decken wir uns mal wieder ordentlich mit Lebensmitteln ein, ehe wir über Afsin und Elbistan bis kurz vor Nurhak fahren. Die Strecke führt durch verschiedenste Landschaftsformen, unendlich scheinende landwirtschaftliche Flächen wechseln sich ab mit kargen Hochebenen und schluchtartigen Tälern.

In einem dieser Täler biegen wir einfach von der Straße ab und finden einen sehr ruhigen Übernachtungsplatz in einem Steinbruch etwas oberhalb am Hang, von wo aus wir noch einen tollen Blick hinaus über die vor uns liegenden Bergketten genießen.

Skizentrum Erciyes  -  vor Nurhak  -  280 km  -  km 38645

 

 

04.August 2012 - Auf den größten Grabhügel der Welt

Heute haben wir ein ganz besonderes Ziel – Nemrut Dagi, den größten Grabhügel der Welt, von Antiochos,  dem Gottkönig von Kommagene.

Über Gölbasi erreichen wir zügig erst Adiyaman und dann Katha, den Ausgangspunkt für die Besichtigungen rund um den Nemrut Dagi. Unser mittäglicher Versuch, am Atatürk-Stausee einen Badeplatz zu finden, scheitert kläglich, da die einzige Stelle am See, die von Katha aus erreichbar ist, dermaßen vermüllt ist, dass wir gerne darauf verzichten, dort zu bleiben. So entscheiden wir uns, nach einer Mittagspause am Karakus-Hügel, dem Grabhügel der Frauen von König Mithridates, gleich auf den Nemrut Dagi hochzufahren. Dazu wählen wir die alte Straße, vorbei an der fast 2000 Jahre alten Cendere-Brücke, der Burg Yeni Kale und den antiken Resten von Arsameia.

Sehr steil und stellenweise sehr schmal windet sich die Straße hinauf auf den Berg, dessen Gipfel der gigantische Grabhügel ziert. Knapp unterhalb des Gipfels stellen wir uns auf eine ebene Fläche, ein außergewöhnlicher Übernachtungsplatz mit einem einmaligen Rundumblick. Zum Sonnenuntergang wandern wir zu den weltbekannten Steinköpfen hoch und genießen die besondere Stimmung zwischen Antike und Gegenwart.

Vor Nurhak  -  Nemrut Dagi  -  235 km  -  km 38880

 

 

05.August 2012 - Zwischen Euphrat und Tigris

Es heißt wieder mal um 4:00 Uhr aufstehen, diesmal um den Sonnenaufgang auf dem Nemrut Dagi zu erleben. Gemeinsam mit einem international gemischten Völkchen nehmen wir nach dem kurzen Aufstieg im Dunklen also Platz unterhalb der steinernen Köpfe und genießen den Anbruch des Tages. Je höher die morgendliche Sonne nun steigt, umso schöner werden die antiken Relikte ins warme Licht getaucht. Und nachdem auch der letzte Japanerälfte der SHälfte der UferstreckeHhHhhhh seine Fotos geschossen hat, gehört der Götterberg uns ganz alleine…

Am späten Vormittag schiebt sich „Manni“ die gut 1000 Meter vorsichtig vom Berg herunter und wir kommen an die altertümliche Fähre, die uns hier über den Atatürk-Stausee bringt. Auf der anderen Seite erwartet uns ein unwirtliches, steiniges Plateau, das sich über Siverek fast bis nach Diyarbakir zieht. Beim dortigen Tanken gibt es als Service wieder Tee und eine Wagenwäsche.

Diyarbakir, die heimliche Hauptstadt der Kurden, ist in den letzten Jahren bevölkerungsmäßig förmlich explodiert, fast eine Million Menschen leben heute hier. Riesige Neubauviertel sind entstanden, um die stetig wachsende Menschenmenge aufzunehmen.

Eine vierspurige Schnellstraße durchschneidet nun unendliche Weizenfelder, hundert Kilometer in alle Richtungen wandert der Blick über eintönige Landschaft, nur selten von ärmlichen Dörfern besiedelt. So kommen wir schnell voran und fahren bis gegen Abend, da die Gegend nicht unbedingt zum Verweilen einlädt und die Temperatur hartnäckig über der 40°C Marke bleibt. Wir passieren Silvan und biegen schließlich bei Catakköprü ab an den Batman-Stausee, wo wir einen ruhigen Platz bei einer Fischzucht finden.

Nemrut Dagi  -  Batman-Stausee  -  290 km  -  km 39170

 

 

06.August 2012 - Durchs wilde Kurdistan

Nach dem morgendlichen Bad im See sind wir wieder fit und bereit für Neues. So starten wir im Lauf des Vormittags und fahren weiter Richtung Osten, quer durch das Kerngebiet der Kurden. Die militärische Präsenz der Jandarma ist zurückhaltend, aber doch nicht zu übersehen. Die aktuellen Anschläge und Kampfhandlungen in nicht allzu weiter Ferne verlangen einerseits dieses Auftreten, provozieren allerdings auch auf der anderen Seite.

Unbehelligt fahren wir durch tiefe Schluchten über Kozluk hinauf nach Bitlis und weiter nach Tatvan, wo wir am Ufer des riesigen, tiefblauen Van-Sees die Mittagszeit verbringen. Am Nachmittag schrauben wir uns dann über ein schmales Sträßchen hinauf auf rund 2250 Meter in den imposanten Krater des Nemrut Dagi (keine Verwechslung mit seinem gestern besuchten Namensvetter). An einem der idyllischen Kraterseen gibt es eine provisorische Campingmöglichkeit, die wir gerne wahrnehmen und quartieren uns dort direkt am Ufer ein.

Batman-Stausee -  Nemrut-Dagi/Kratersee  -  195 km  -  km 39365

 

 

07.August 2012 - Ein „Urlaubstag“ im Krater

Es ist wirklich schön hier. Und so verbringen wir den Tag mit Baden, nix tun, lesen, schlafen und essen. Lediglich die Reihenfolge dieser Tätigkeiten ändert sich mehrmals…

Nemrut-Dagi/Kratersee  -  0 km  -  km 39365

 

 

08.August 2012 - Bären im Camp!

Es soll hier angeblich Bären geben, man möchte bitte nachts aufpassen beim herum laufen. So ein Quatsch, wir lassen uns doch selbigen nicht einfach so aufbinden…

Wir hören es nochmal, diesmal von anderen Reisenden. Hmm…

Mal sehen. Wir legen Melonenschalen vor unserer Tür aus, Glauben aber nicht wirklich daran…

Nachts um 01:30 Uhr raschelt es unter unserem Fenster. Tatsächlich, Meister Petz schnappt sich gerade unsere Melonenschalen, keine drei Meter von uns entfernt – unglaublich. Und ich wollte eigentlich soeben mal kurz vor die Tür…

Auch die anderen Camper in unserer Nähe hatten dieses Erlebnis. Es waren zwei große und ein kleiner Bär, die sich die ausgelegten Frucht- und Gemüsereste holten. Ein spannendes Erlebnis mitten in der Nacht!

Den Tag verbringen wir wie den Vorherigen…

Nemrut-Dagi/Kratersee  -  0 km  -  km 39365

 

 

09.August 2012 - An den Van-See

Auch in dieser Nacht gibt es wieder Besuch von den Bären, kein Wunder, bei den Leckereien, die wir unter unser Fenster legen. Wir können sie wunderbar beobachten, leuchten sogar alles gut aus, und trotzdem lassen sie sich lange nicht stören. Ist schon was besonderes, Bären in der freien Wildbahn so nah zu erleben.

Gegen Mittag verlassen wir unseren idyllischen Platz, da wir alle Vorräte aufgebraucht haben, und fahren über den Kraterrand auf einer guten Piste hinunter nach Ahlat, wo wir einen uralten, riesigen Friedhof mit reich verzierten Stelen aus der Seldschukenzeit besichtigen. Anschließend suchen und finden wir einen schönen Strand genau zwischen Ahlat und Adilcevaz, wo mal wieder Wäsche waschen angesagt ist.

Hundert Meter hinter uns steht ein nettes Haus, von wo aus wir schon bei der Anfahrt mit Winken begrüßt werden. Natürlich dauert es nicht lange, und wir werden zum Tee mit anschließendem Abendessen im Kreis der Familie gebeten. Lange noch sitzen wir auf der erhöhten Veranda und genießen einen einmaligen Blick über den riesigen Van-See und die imposanten Bergketten Kurdistans.

Nemrut Dagi/Kratersee  -  Van-See/Nordufer  -  55 km  -  km 39420

 

 

10.August 2012 - Basecamp am Süphan

Nach einem morgendlichen Bad im Van-See wird uns von unseren gestrigen Gastgebern frischen Tee zum Strand herunter gebracht – was für eine neuerliche Geste der Gastfreundschaft!

Kurz nach dem Frühstück fahren wir die kurze Strecke nach Adilcevaz und von dort hoch zum fast kreisrunden Kratersee Aydir Gölü, der uns mit glasklarem Wasser inmitten einer tollen Landschaft verwöhnt. Hier verbringen wir einen gemütlichen Nachmittag mit Baden und Faulenzen.

Am frühen Abend nehmen wir die sandige Piste hoch in Richtung Süphan, unserem morgigen Bergziel. Immer höher schraubt sich die ganz gut zu befahrende Piste, bis hinauf zum Hochlager einiger Schafhirten. Ab hier wird es nun richtig steil und auch eng zwischen vielen herabgestürzten Felsbrocken. Das Geröll ist teilweise so lose, dass „Manni“ schlussendlich sogar nach den Differentialsperren verlangt. Doch alles geht gut, und als die Piste schließlich bei einigen leeren Schafpferchen endet, stehen wir bereits auf 2920 Metern, wo wir unser Nachtlager einrichten.

Als es schon stockdunkel ist, kommen doch noch zwei Schafhirten mit über hundert Schafen vom Berg herunter, und wir noch zu einer weiteren Einladung zum Tee.

Van-See/Nordufer  -  Basecamp Süphan  -  40 km  -  km 39460

 

 

11.August 2012 - Wir knacken die 4000er- Grenze!

Dank unseres hohen Ausgangspunktes starten wir erst gegen sechs Uhr, holen unsere Hirten von gestern Abend schnell ein und erreichen ein sonniges Plateau, wo wir von weiteren Hirten sofort zu Tee und Brotzeit eingeladen werden.

Nach einer gemeinsamen Stunde am kleinen Lagerfeuer mit Teekessel verabschieden wir uns und steigen weiter zügig auf in Richtung Gipfel. Grüne Wiesen mit pechschwarzen Felsbrocken wechseln sich ab mit gerölligen Passagen und plötzlich stehen wir am ersten Kraterrand, der nordseitig noch mit einer dicken Schneeschicht bedeckt ist. Wir umgehen dieses heikle Stück weiträumig und quälen uns anschließend über große Brocken und lose Steine den steilen Gipfelhang hinauf.

Dann stehen wir oben auf dem Süphan, auf 4058 Metern! Starker Wind bläst uns um die Ohren, doch das Panorama ist großartig. Der gesamte Van-See liegt uns zu Füßen, samt den ihn umgebenden Bergketten des kargen südostanatolischen Hochlandes.

Nach einer ausgiebigen Gipfelrast machen wir uns wieder auf den weiten Rückmarsch und erreichen „Manni“ schließlich ziemlich eingestaubt, da wir beim Abstieg unheimlich viel Sand aufwirbeln. Wir packen schnell zusammen und holpern die steinige Piste hinunter zum schon von weit oben lockenden Aygir Gölü, wo wir dann auch die Nacht verbringen.

Basecamp Süphan  -  Aygir Gölü  -  10 km  -  km 39470

 

 

12.August 2012 - Auf zum Ararat, dem König Ostanatoliens

Langsam lassen wir es heute Morgen angehen, genießen nochmal das herrlich klare und frische Wasser des kleinen Aydir Gölü, bevor wir wieder nach Adilcevaz an den Van-See runter fahren. Jetzt geht es immer weiter in Richtung Osten, wir passieren Ercis und verlassen kurz darauf die Ufer des größten Sees der Türkei. Vorbei an Muradiye und Caldiran steigt die Straße stetig an, bevor sie den Tendürek-Pass, bereits in Sichtweite der iranischen Grenze, auf 2644 Metern Höhe erreicht. Eine fast surreale Landschaft umgibt uns hier, man sieht noch deutlich die erkalteten Lavaströme, die der Tendürek Dagi bei seinem letzten Ausbruch weit in die Ebenen hinaus geschoben hat.

Und plötzlich sehen wir ihn. Mächtig taucht er unvermittelt hinter kahlen Bergrücken auf, füllt mit seiner majestätischen Größe den Horizont, alles andere wirkt auf einmal klein und unbedeutend. Weit leuchtet seine strahlend weiße Schneehaube hinaus in die ihn umgebenden Ebenen – was für ein Berg!

Die weitere Strecke hinunter nach Dogubayazit steht ganz im Schatten des Ararat. Dort angekommen, fahren wir hinauf zum etwas außerhalb der Stadt imposant auf einem Hügel gelegenen Ishak-Pascha-Palast. Direkt oberhalb der alten Anlage stellen wir uns auf den Platz, wo früher einmal ein Cafe war und genießen den wohl schönsten Blick auf den Palast und die umliegenden Reste der alten Stadt, während draußen ein mächtiger Sturm „Manni“ ganz schön zum schaukeln bringt.

Aygir Gölü  -  Dogubayazit  -  215 km  -  km 39685

 

 

13.August 2012 - Entlang der armenischen Grenze nach Norden

Irgendwann hört der Sturm auf, uns zu nerven, und so haben wir doch noch eine absolut ruhige Nacht oberhalb des Ishak-Pascha-Palastes. Diesen dürfen wir dann am Morgen besichtigen, obwohl montags die Anlage eigentlich geschlossen ist, denn die freundlichen Arbeiter, die mit Restaurierungsarbeiten beschäftigt sind, lassen uns hinein, wobei wir einerseits um den Eintrittspreis herum kommen und andererseits angenehmerweise den gesamten Palast für uns haben, da sie weitere Besucher nicht hinein lassen.

Den weiteren Vormittag verbringen wir mit Aktualisierungsarbeiten an unserer Homepage, mit einkaufen und mit der Reparatur unseres Toasters, der bei den nach wenigen Stunden schon gummiartigen Broten von existenzieller Bedeutung ist.

Mittags frischt der Sturm wieder auf, mächtig viel Staub liegt über der Hochebene von Dogubayazit, und so entscheiden wir uns, doch noch weiter zu fahren, da uns die Besteigung des Ararat einfach zu teuer ist. Wir umrunden diesen mächtigen Koloss auf seiner Westseite und fahren durch seine erkalteten Lavaströme hinunter nach Igdir, das in einem äußerst fruchtbaren Talkessel liegt. Auf der Suche nach einem angenehmen Übernachtungsplatz kommen wir noch bis nach Tuzluca, wo wir am Ortsrand in einem kleinen Wäldchen mit grünem Wiesenboden fündig werden. Und nachdem wir zwei Tüten Müll eingesammelt haben, ist es auch recht schön hier…

Dogubayazit  -  Tuzluca  -  110 km  -  km 39795

 

 

14.August 2012 - Auf dem Weg nach Ani…

… bleiben wir in Oyuklu hängen. Was ist passiert?

Wir fahren von Tuzluca nach Digor, immer nah an der armenischen Grenze entlang. In Pazarcik biegen wir ab auf eine Piste, die laut Navi und Karte direkt nach Ani führen soll. Doch in Oyuklu, einem typisch kurdischen Bauernweiler inmitten kahler Berge, verliert sich die Piste am letzten Gehöft. Was nun?

Unsere Navigationsgehilfen bekommen einen vernichtenden Blick ab, während ein alter Bauer auf uns zu kommt – und uns auf Deutsch anspricht! Nachdem er uns erklärt hat, dass es ab hier nur noch mit dem Maultier weitergeht, nehmen wir seine Einladung an, ein wenig zu bleiben. Aus dem „wenig“ wird schließlich ein ganzer Tag und eine Übernachtung mitten im Dorf auf seinem Hof.

Nach und nach lernen wir seine gesamte Familie kennen, fünf Brüder mit entsprechend vielen Kindern und Enkelkindern. Wir werden so herzlich aufgenommen, dass wir schlussendlich den ganzen Tag und auch über Nacht bleiben. So hatten wir die tolle Gelegenheit, sehr persönlich mitzubekommen, wie das Dorfleben in diesen abgeschiedenen Weilern so abläuft. Herzlichen Dank dafür!

Tuzluca  -  Oyuklu  -  95 km  -  km 39890

 

 

15.August 2012 - Ani

Die gesamte Familie Varli und damit das halbe Dorf verabschiedet uns am Morgen sehr herzlich und wir fahren die Piste zurück nach Pazarcik, dann vorbei an Kars und schließlich über Subatan nach Ocakli, an dessen Ortsrand die Ruinenstätte von Ani liegt.

Mächtige Mauern und gewaltige Tore kündigen schon vor der Ortseinfahrt den alten Befestigungswall an. Da wir sehr früh dran sind, das beste Licht zum Besichtigen und Fotografieren aber erst ab Nachmittag zu erwarten ist, relaxen wir noch etwas, lesen und bearbeiten Fotos.

Als wir dann losgehen, die alten Kirchen von Ani zu besuchen, ziehen dunkle Wolken auf und es gewittert bald darauf. Kurze Regenschauer wechseln mit sonnigen Abschnitten und geben der ganzen Szenerie eine ganz besondere Stimmung. Erst spät verlassen wir das Areal und übernachten gleich direkt vor dem Haupttor.

Oyuklu  -  Ani  -  80 km  -  km 39970

 

 

16.August 2012 - An den Cildir-See

Nachdem sich sämtliche Hunde des Dorfes ausgiebig alle Neuigkeiten zugebellt hatten, kehrt endlich Ruhe ein, bis im Morgengrauen alle Dorfkühe und schnatternde Gänse, die direkt an unserem „Manni“ vorbeigetrieben werden, unseren Schlaf sanft beenden. Nach einem gemütlichen Frühstück vor dem Haupttor von Ani füllen wir noch unsere Wassertanks auf und dann geht es weiter nach Norden.
Wir fahren zurück nach Subatan, biegen dort ab nach Basgedikler, wo die Straße zu einer Erdpiste wird, die sich kerzengerade durch unendliche Felder zieht, queren irgendwann eine Bahnlinie mitten im Gelände und erreichen bei Kücükcatma wieder die Teerstraße. Diese verlassen wir jedoch auch gleich wieder, um auf einer guten Piste nach Arpacay zu fahren. Dort decken wir uns mal wieder ordentlich mit Lebensmitteln ein, bevor wir an den Cildir Gölü hochfahren.
Dieser See liegt fast 2000 Meter hoch auf einem Plateau, umrahmt von Feldern, die bis an seine Ufer reichen, kleinen Dörfern und schönen Plätzen zum verweilen. Einen solchen finden wir kurz hinter dem Dorf Canaksu inmitten einem Wäldchen von jungen Birken und Kiefern. Herrlich frisches Wasser, aufgewühlt von starkem Wind und schattige Stellen unter den saftig grünen Bäumen tut uns gut nach all dem kargen Hochland der letzten Tage.
 Ani  -  Cildir Gölü/Canaksu  -  90 km  -  km 40060

17.August 2012 - Geburtstag am Cildir Gölü

Heute Morgen werde ich mit einem wundervollen Geburtstagsfrühstück verwöhnt, es gibt selbstgebackenen Kirschkuchen, dazu lacht die Sonne vom wolkenlosen Himmel. Einfach schön…

So ein Geburtstag ist natürlich auch immer eine Gelegenheit, über das vergangene Jahr ein wenig nachzudenken. Und wenn ich mir dabei bewusst mache, wo ich diesen Geburtstag heute verbringen darf, dann ist alleine dies das schönste Geschenk, das ich mir vorstellen kann. Es ist auch eine Gelegenheit, mich bei den beiden Menschen zu bedanken, ohne die dies alles nie möglich geworden wäre.

In erster Linie natürlich bei meiner lieben Conny, die mit liebevoller Geduld meine Schwächen erträgt und mit mir gemeinsam meinen großen Lebenstraum erfüllt. Ein Traum, der natürlich auch der ihre ist. Und dann vor allem bei meinem langjährigen Freund und (Geschäfts)partner „Lemmy“, dessen Entscheidung, mein Unternehmen zu übernehmen, erst die finanzielle Basis geschaffen hat, heute und in Zukunft so unterwegs sein zu können. Ich wünsche ihm, dass auch für ihn diese Entscheidung schlussendlich die Richtige war und er damit großen wirtschaftlichen Erfolg hat.

Leider sind wir heute aufgrund unserer abgeschiedenen Lage nicht online erreichbar, so dass mich die Glückwünsche unserer Familien und Freunde nicht erreichen können. Doch das holen wir sicher morgen oder übermorgen nach.

Den Tag verbringen wir hauptsächlich damit, „Manni“ mal wieder eine Grundreinigung innen und außen zu spendieren. Am Abend gibt es dann ein ganz besonderes Geburtstagsessen, Rindsrouladen! Dazu einen edlen Roten, was will man mehr…

Es geht uns einfach gut…

Cildir Gölü  -  0 km  -  km 40060

 

 

18.August 2012 - Regenwetter

Dicke Wolken begrüßen uns am Morgen, zum Frühstück ist warme Kleidung angesagt. Also packen wir anschließend zusammen und fahren das kurze Stück nach Cildir, wo wir uns einfach in die Dorfmitte stellen und dank einer ganz guten Internetverbindung einen Bürotag einlegen und vor allem meine Geburtstagspost beantworten.

Als schlussendlich alles wieder auf dem aktuellen Stand ist, machen wir uns auf, noch ein Stück in Richtung georgischer Grenze zu fahren. Die Landschaft verändert sich total, alles ist grün, viele Wälder säumen die Strecke durch die Berge. Kurz vor Hanak verlassen wir die Straße und fahren auf einer Fahrspur durch grüne Wiesen zu einem vor sich hin plätschernden Bach. Dort stellen wir uns hin und genießen die ungewohnte Umgebung.

Kurz darauf kommt der Bauer, dem das Areal gehört, auf seinem Traktor zu uns und heißt uns willkommen. Er würde uns auch gerne zu sich mit ins Dorf nehmen, um uns zu bewirten, doch heute sind wir einfach zu müde. So lassen wir uns vom plätschernden Bach sachte in den Schlaf wiegen.

Cildir Gölü  -  vor Hanak  -  70 km  -  km 40130

 

 

19.August 2012 - Wir sind in Georgien

Auch heute ist das Wetter einfach schlecht, die Nacht über hat es viel geregnet, tief hängen jetzt die Wolken in den Tälern. Wir verabschieden uns von den Bauern und starten in Richtung georgischer Grenze. Dorthin müssen wir einen Pass überwinden, der uns bis auf 2550 Meter hinauf bringt. Dichter Nebel verhindert dort oben und bei der anschließenden Abfahrt nach Posof jegliche Sicht, unser Thermometer zeigt gerade noch 14°C an – und das mitten im August.

Doch an der Grenze unten im Tal sieht die Welt schon wieder besser aus. Die Grenze selbst passieren wir absolut problemlos in Rekordzeit, begleitet von überaus freundlichen Beamten sowohl auf der türkischen wie auch auf der georgischen Seite. Geht doch…

Unser erstes Ziel in Georgien ist Akhaltsikhe, ein Provinzstädtchen mit großen wirtschaftlichen Problemen. Und man sieht dies auch an den verfallenen Gebäuden und den mehrheitlich arbeitslosen Menschen. Doch ein leichter Aufwärtsschwung ist spürbar. Die Burg über der Stadt ist sehr gut renoviert, erste schicke Läden und Restaurationen sind eröffnet. Hier wechseln wir erst mal Geld und geben „Manni“ für freundliche € 1,07 den Liter was zum schlucken.

Am Nachmittag fahren wir noch bis kurz vor Aspindza, etwas südöstlich von Akhaltsikhe, wo wir einen schönen Platz direkt an der Mtkwari entdecken, einem Fluss, der sich hier durch den niederen Kaukasus schlängelt.

Hanak (Türkei)  -  vor Aspindza (Georgien)  -  125 km  -  km 40255

 

 

20.August 2012 - Die Höhlenkloster von Wardzia

Nicht weit von unserem Übernachtungsplatz, ganz hinten im engen Tal der Mtkwari, versteckt sich ein historisches Highlight Georgiens, die Höhlenklöster von Wardzia. Also machen wir uns nach dem Frühstück auf, diese zu besuchen.

Vorbei an Aspindza kommen wir schnell nach Khertvisi, wo wir unterhalb der mächtigen Burg abbiegen, um weiterhin dem Lauf der Mtkwari zu folgen. Die Straße ist zwar kurvenreich, aber ziemlich neu, und so erreichen wir die Höhlenklöster schon nach kurzer Zeit.

Eine imposante, bis zu 500 Meter hohe Felswand baut sich hier im engen Tal oberhalb der Mtkwari auf, über und über durchlöchert von unzähligen Räumen, die hier vor rund 1000 Jahren in den weichen Fels gegraben wurden. 2000 Räume sind es ursprünglich gewesen, die den Mönchen und im Notfall bis zu 50.000 Menschen Zuflucht geboten haben. Nur ein Teil ist nach Erdbeben davon noch übrig geblieben, doch dies ist immer noch eindrucksvoll genug.

Gute zwei Stunden sitzen wir in dieser Wand, laufen durch die niedrigen Gänge, die die Stockwerke und Wohnungen verbinden und bewundern die uralten Fresken in der erstaunlich großen, vollständig aus dem Fels herausgearbeiteten Kirche. Anschließend stellen wir uns direkt gegenüber der hohen Wand auf die andere Flussseite und genießen die herrliche Aussicht auf die gesamte Anlage. Und weil dieser Platz so schön ist und es immer wieder mal leicht regnet, beschließen wir, den Nachmittag hier zu verbringen.

Aspindza  -  Wardzia  -  35 km  -  km 40290

 

 

21.August 2012 - Durch den Süden Georgiens

Die ganze Nacht über gingen heftige Gewitter über uns nieder, am Morgen heißt es bei nur 14°C seit langem mal wieder „Heizung an“. Doch schon bald klart es auf und wir verlassen dieses wirklich schöne Tal.

In Akhalkalaki schlendern wir über den heute stattfindenden Markt und kaufen für wirklich wenig Geld richtig viel ein, so dass unsere Vorräte wieder für ein paar Tage reichen. Danach geht es weiter über Ninotsminda hinauf auf über 2100 Meter. Zahlreiche Seen in karger Landschaft begleiten uns nun in Richtung Tiflis, der Hauptstadt Georgiens. Über Tsakla fahren wir hinunter bis kurz vor Tskaro, wo wir auf einen Staudamm stoßen. Auf der anderen Seite des Damms, dessen Krone wir überqueren, entdecken wir einen Platz auf einer Waldlichtung unter einer weit ausladenden, knorrigen Eiche. Sanfte, grüne Hügel, dicht bewachsen von Buschwerk und Bäumen, Maisfelder und abgeerntetes Ackerland, Bauern, die Strohballen mit den Traktor einholen, weißblaue Schäfchenwolken am Himmel – Farben und Stimmungen wie in Süddeutschland, wie zuhause.

Entsprechend wohl fühlen wir uns auch hier…

Wardzia  -  vor Tskaro  -  190 km  -  km 40480

 

 

22.August 2012 - Tiflis und das iranische Visum…

… beides soll uns heute ganz schön zu schaffen machen. Aber erst genießen wir unseren heimatlichen Übernachtungsplatz mit einem ausgiebigen Frühstück unter den schützenden Ästen unserer uralten Eiche. Dann geht es los, immer weiter hinunter in den heißen Kessel von Tiflis. Über Koda erreichen wir die Randbezirke der georgischen Metropole, der Verkehr fließt angenehm entspannt auf holprigen Straßen.

Doch nun wird es spannend. Da in Tiflis selten Straßennahmen angeschrieben sind und die wenigen, die man entdeckt, lediglich in georgischer Schrift, die definitiv kein Mitteleuropäer auch nur im Entferntesten entziffern kann, angebracht wurden, das Navi dank permanenter Umbenennung von Straßennamen am austicken ist, kommt man sehr schnell in regen Austausch mit der einheimischen Bevölkerung. Interessanterweise kennen die sich meist genauso gut aus wie der herumirrende Reisende, nämlich praktisch gar nicht.

Gut, schlussendlich stehen wir vor der iranischen Botschaft, deren sporadische Öffnungszeiten uns erst mal drei Stunden in der Mittagshitze ausharren lassen. Zum Vorsprechen im Auslandsrefugium der Mullahs verkleiden wir uns erst mal als iranisches Ehepaar, d.h. ordentliche Kleidung wie zu arbeitsreichen Zeiten und Conny zusätzlich mit islamischem Kopfschutz. Als wir denn endlich eingelassen werden in die erweiterte Pförtnerloge, dürfen wir unsere Anträge entgegennehmen, um sie morgen Vormittag nach Einzahlung der entsprechenden Visagebühr wieder abzugeben. Ist halt so…

Anschließend fahren wir hinter der Botschaft die Straße hoch in einen netten Park mit Ausflugslokalen und Badesee, von wo aus wir einen guten Blick über Tiflis haben. Und weil wir dort so gut stehen, bleiben wir gleich über Nacht.

Vor Tskaro  -  Tiflis/Tbilisi  -  90 km  -  km 40570

 

 

23.August 2012 - Sightseeing in Tiflis

Als gegen Mitternacht die letzten Besucher die Ausflugsmeile verlassen haben, kehrt angenehme Ruhe ein, die jedoch bereits im ersten Morgenlicht durch zahlreiche Frühjogger ein jähes Ende findet. Trotzdem ist der Übernachtungsplatz prima, denn wir haben ja sogar einen Badesee vor der Türe für die morgendliche Erfrischung. Und das praktisch mitten in der Stadt.

Um 10:00 Uhr sind wir dann auch wieder pünktlich im entsprechenden Outfit auf der iranischen Botschaft, wo heute die Entgegennahme unserer Visaanträge deutlich freundlicher abläuft als die Aushändigung gestern. Ein nettes Gesprächsverhör mit dem Konsul gibt uns allerdings auch keine klare Antwort, ob und wann wir unsere Visa bekommen. Dafür bekommen wir gesagt, dass wir morgen Nachmittag zumindest unsere Pässe wieder abholen dürfen. Na prima, also noch ein Tag in Tiflis…

Nun gut, dann machen wir eben Sightseeing. Da die Attraktivität von Tiflis nur sehr bedingt zu solch einer Aktion einlädt, wirkt das Suchen nach reizvollen Fotomotiven etwas angestrengt. Schlussendlich finden wir dann aber doch noch ein paar nette Ecken.

Ziemlich erledigt ob der langen Wege und der schwülen Hitze fahren wir am Nachmittag wieder hoch in unseren Ausflugspark mit dem Badesee, den wir anschließend gleich intensiv nutzen. Später gönnen wir uns dann ein leckeres Abendessen in einem der Lokale direkt vor unserem „Manni“.

Tiflis/Tbilisi  -  25 km  -  km 40595

 

 

24.August 2012 - Endlich wieder auf`s Land

Die Nacht war genauso kurz wie die vorhergehende, und so bleiben wir lange liegen, erst recht, als wir feststellen, dass der Himmel heute total bedeckt ist. Und so kommen wir erst spät in die Gänge, gehen trotz kühlem Wetter  schwimmen und verbringen den Vormittag unspektakulär am Laptop, um die Zeit rumzukriegen, bis wir gegen 15:00 Uhr unsere Pässe auf der iranischen Botschaft abholen dürfen.

Anschließend stürmen wir noch einen Supermarkt und verlassen Tiflis in Richtung Norden, in Richtung des Großen Kaukasus. Eine autobahnähnliche Schnellstraße bringt uns zügig hinaus, vorbei an Mtskheta, immer noch entlang der Mtkwari, der sich hier durch eine dicht bewaldete Hügellandschaft schlängelt. Wir verlassen die Fernstraße und fahren über Natakhtari, wo wir bei  dort zahlreichen Straßenhändlern viel frisches Obst und Gemüse günstig kaufen, und Zhinvali an den gleichnamigen Stausee, an dessen nordwestlichen Ende sich die Festung von Ananuri mit ihren sehenswerten Kirchen pittoresk in den Abendhimmel reckt.

Nach der Besichtigung stellen wir uns unterhalb dieser Festung an den Stausee und genießen die herrliche Ruhe, die uns nach den beiden Großstadttagen gut tut.

Tiflis  -  Ananuri  -  75 km  -  km 40670

 

 

25.August 2012 - Auf der Georgischen Heeresstraße in den großen Kaukasus

Nach einer absolut ruhigen Nacht genießen wir noch ausgiebig die Morgensonne, bevor wir weiter nach Norden aufbrechen. Die sehr gut ausgebaute Straße schlängelt sich immer entlang des Aragwi und erreicht bald darauf Passanauri und wenig später Kwemo Mleti. Unzählige Serpentinen bringen uns nun hinauf nach Gudauri, dem Wintersportzentrum Georgiens. Kurz danach machen wir eine ausgiebige Mittagsrast neben dem großen Denkmal zur Erinnerung an den georgisch-russischen Schutzvertrages von 1783 oberhalb der tiefen Schlucht des weißen Aragwi.

Ab Gudauri besteht die Straße nur noch aus Schotter und Teerfragmenten, ausgefahrenen Rinnen und Schlaglöchern. Es ist kaum zu glauben, doch es ist die einzige Verbindung von Russland in die Kaukasusländer. Die relativ starke Frequenz lässt lange Staubfahnen entstehen, in denen sich Schwerlast- und hauptsächlich russischer Transitverkehr nach oben und nach unter quälen.

Der Dshwari-Pass ist mit 2395 Metern der Scheitelpunkt dieser wichtigen Strecke, ab hier geht es langsam hinunter nach Kobi. Dort beginnt eine neue Teerstraße, doch wir biegen erst mal ab zur Schlucht von Truso. Leider ist die Piste durch die Schlucht nicht mehr passierbar, die neue, allerdings in vielen Abschnitten extrem grobe Piste, führt über den Berg hinüber in das Hochtal von Ketrisi.

Dieses von Gletschern geformte Tal ist landschaftlich wirklich beeindruckend, schon von Weitem erkennt man alte Wehrtürme aus längst vergangenen Zeiten.  Durch zwei ziemlich tiefe Furten, die das Wasser bis unter die Windschutzscheibe hochschwappen lassen, und tief ausgewaschenen Löchern erreichen wir das inzwischen verlassene und verfallene Dorf Ketrisi. Dort ist leider Schluss für uns, da das georgische Militär aufgrund der immer noch angespannten politischen Situation mit Russland die weiterführende Piste gesperrt hat, und ein junger Wachposten uns nach dem kontrollieren der Pässe freundlich aber bestimmt mit der umgehängten Waffe zum Umkehren auffordert.

Wir fahren ein kurzes Stück zurück und übernachten dann inmitten grüner Wiesen und Berge direkt am sanft dahinplätschernden Fluss.

Ananuri  -  Ketrisi  -  90 km  -  km 40760

 

 

26.August 2012 - Wir sind am Kasbek

Schafhirten und Angler grüßen uns am Morgen, sonst sind wir ganz alleine mit der grandiosen Natur. Bei der gestrigen Fahrt haben wir uns irgendwo die Halterung unserer Außentreppe dermaßen verbogen, dass wir sie nicht mehr ausfahren können. Mal sehen, wie wir das in den nächsten Tagen repariert bekommen. Nach einem sonnigen Frühstück queren wir wieder die Furten und schleichen den groben und steilen Pass im Schritttempo hoch.

Eine Stunde später rollen wir auf neuem Teer nach Stepanzminda, der letzten Ortschaft vor der russischen Grenze. Und über diesem letzten Talabschnitt, da thront er, der schönste Berg des Großen Kaukasus, der Kazbek. Stolze 5033 Meter ist er hoch, eine riesige, eisgepanzerte Pyramide. Wir wandern hinauf zur Zminda-Sameba-Kirche, einem Wallfahrtsort an exponierter Stelle, und genießen seine unglaubliche Präsenz.

Nachdenklich laufen wir zurück ins Tal – haben wir uns zu viel vorgenommen? Denn eines ist klar – da wollen wir hinauf. Doch das ist nicht so einfach. Vier Tage dauert die gesamte Tour, 3300 Höhenmeter und viele anstrengende Kilometer Anmarsch stehen uns bevor, und am Ende lauert noch eine fast 50° steile Eis- und Schneeflanke auf uns. Mal sehen…

Ketrisi  -  Stepanzminda  -  30 km  -  km 40790

 

 

27.August 2012 - Auf zur großen Bergtour

Ganz gemütlich gehen wir den Tag an, denn wir wollen ja „nur“ zur Hütte aufsteigen, einer ehemaligen Meteostation, die heute die Möglichkeit einer spartanischen Übernachtung ermöglicht. Und da  dort keinerlei Versorgung angeboten ist, müssen wir alles, was wir für vier Tage zum Essen brauchen, mit hochschleppen. Ebenso natürlich die gesamte alpine Eisausrüstung für die Besteigung.

Schwer lasten also unsere Rucksäcke auf unseren Schultern, als wir uns auf den langen Weg machen, anstrengende 1900 Höhenmeter liegen vor uns. Prächtig steht der Kazbek fast die gesamte Zeit direkt in unserem Blickfeld, aber irgendwie haben wir das Gefühl, dass wir überhaupt nicht näher kommen.

Nach vier Stunden stehen wir auf einem kleinen Pass und genießen den grandiosen Blick hinauf über den riesigen Gletscher, hoch zum mächtigen Gipfel. Ungefähr die Hälfte an Stecke und Höhenmetern haben wir nun geschafft, die Hütte ist bereits als winziger Punkt oberhalb der großen Eisflächen auszumachen.

Nach einer ausgiebigen Rast müssen wir einen wild sprudelnden und eiskalten Gletscherfluss überwinden, ein Unterfangen, das uns einige Schwierigkeiten bereitet. Doch wir nehmen auch diese Hürde und queren bald darauf das weite Gletscherfeld unterhalb der Hütte, die wir schließlich nach fast neun Stunden Marsch erreichen.

Dunkle Wolken ziehen inzwischen um die umliegenden Gipfel, hoffentlich nur eine vorübergehende Störung. Todmüde kriechen wir nach einer kleinen Brotzeit in unsere Schlafsäcke, morgen ist erst mal ein Akklimatisationstag zur Vorbereitung des Gipfelsturmes angesagt.

Stepanzminda  -  0 km  -  km 40790

 

 

28.August 2012 - Was für eine Enttäuschung!

In der Nacht kippt das Wetter. Und das, obwohl die Vorhersagen sehr gut waren. Die heute früh gegen drei Uhr gestarteten Seilschaften sind bereits im Morgengrauen wieder auf der Hütte zurück, patschnass von starken Schnee- und Graupelschauern, ausgelaugt vom heftigen Sturm.

Leider ist nach den neuesten Informationen ein überraschendes Zwischentief um den Kazbek eingezogen, das das Wetter in den nächsten Tagen bestimmen wird. Und es sieht richtig heftig aus. Extreme Höhenstürme fegen über den Gipfel, an eine Besteigung ist nicht mehr zu denken. Und so packen wir wieder zusammen und machen uns enttäuscht an den ewig langen Abstieg. Statt eines Erholungstages in 3653 Metern Höhe also das gesamte Gepäck ins Tal hinunter schleppen.

Je tiefer wir kommen, umso sonniger und wärmer wird es, nur der Kazbek versteckt sich hartnäckig hinter dunklen Wolken. Ziemlich müde und kaputt schleichen wir am Nachmittag in Stepanzminda zu „Manni“ - schade, dass es nicht geklappt hat mit diesem Traumberg…

Stepanzminda  -  0 km  -  km 40790

 

 

29.August 2012 - Manchmal kommt es anders…

…als man denkt. Eigentlich wollen wir heute die Georgische Heeresstraße wieder hinunter fahren, raus aus den Bergen, da das Wetter weitere bergsteigerische Aktivitäten nicht zulässt. Zuvor fahren wir noch die wenigen Kilometer durch die Darjal-Schlucht zur georgisch-russischen Grenze, kommt man ja auch nicht jeden Tag vorbei…

Doch beim Wasser auffüllen in Kobi, kurz bevor es hinauf geht zum Dshwari-Pass, stellen wir fest, dass unser rechter hinterer Staukasten vollkommen verzogen ist und sich nach dem Öffnen nicht mehr schließen lässt. Anscheinend hat die raue Piste nach Ketrisi doch mehr Spuren hinterlassen als gedacht. Und so gibt es eine unvorhergesehene, zweistündige Bastelaktion, bis das Malheur wieder zufriedenstellend beseitigt ist. Der Staukasten hat jetzt zwar ein paar Dellen, aber er schließt wieder – und das ist die Hauptsache.

Wir fahren noch über den Pass und stellen uns wie schon vor ein paar Tagen auf das schöne Plateau beim großen Denkmal, das an den Schutzvertrag zwischen Russland und Georgien aus dem Jahr 1783 erinnert. Hier oben auf 2280 Metern beschließen wir, den Nachmittag und auch die Nacht zu verbringen. Conny entspannt die von der Bergtour müden Knochen mit einer Yoga-Session und ich schaue einfach ins Gebirge, während ich versuche, die letzten beiden Wochen vernünftig zu Papier zu bringen…

Stepanzminda  -  Denkmal bei Gudauri  -  55 km  -  km 40845

 

 

30.August 2012 - Bürotag ist angesagt

Dichter Nebel wabert über die Bergkämme um uns herum, auch die Täler sind fest in Watte gepackt. Also bleiben wir wo wir sind, Conny bearbeitet Bilder und ich beobachte die Nebelschwaden. Gegen Mittag fahren wir die wenigen Kilometer nach Gudauri, wo wir uns freundlicherweise in die Lobby eines großen Hotels setzen dürfen, um bei blitzschnellem Internet unsere Homepage zu aktualisieren und mit den Lieben zuhause zu skypen.

Der Tag vergeht dabei wie im Flug, und am späten Nachmittag fahren wir dann noch hinunter nach Ananuri, wo wir wieder am Stausee unterhalb der Burganlage mit den schönen Kirchen übernachten.

Denkmal bei Gudauri  -  Ananuri  -  60 km  -  km 40905

 

 

31.August 2012 - Reparaturen und Faulenzen…

…bestimmen unseren heutigen Tag. Während Conny versucht, mit Yoga wieder ihre gewohnte Beweglichkeit zu erlangen, repariere ich mit vorhandenen Hilfsmitteln die Halterung unserer Außentreppe zumindest soweit, dass wir sie wie gewohnt nutzen können und nicht mehr über den Tank klettern müssen, um in unseren „Manni“ zu gelangen.

Den Nachmittag verbringen wir mit Schlafen und Lesen sowie einem Spaziergang durch das Dorf Ananuri mit dem vergeblichen Versuch, etwas Frisches einzukaufen. So zaubert Conny eben aus den noch vorhandenen Resten unserer Speisekammer ein leckeres Abendessen, während draußen ein heftiges Gewitter eine wahre Wasserwand über uns schickt.

Ananuri  -  0 km  -  km 40905

 

 

01.September 2012 - In den Westen Georgiens

Die heftigen Regenfälle hörten erst irgendwann in der Nacht auf. Am Morgen starten wir noch vor dem Frühstück, das wir nach dem Einkaufen in Natakhtari kurz vor dem Erreichen der Autobahn nachholen.

Bis hinter Gori, dem Geburtsort von Stalin, rollen wir auf der neuen Autobahn zügig in Richtung Westen, immer wieder von kurzen Regenschauern begleitet. So verzichten wir auf die Besichtigung von Gori und fahren weiter nach Khashuri, wo wir über den dort heute stattfindenden Markt schlendern.

Die weiterführende Fernstraße schlängelt sich nun kurvenreich durch dicht bewaldete Mittelgebirgslandschaft, unzählige Dörfer liegen an der Strecke, an der die unterschiedlichsten regionalen Produkte an kleinen Straßenständen angeboten werden. Unsere Aufmerksamkeit ist jedoch in höchstem Maße dem dichten Verkehr gewidmet, da man sich ständig auf einer Autoscooterrunde mit Gegenverkehr wähnt. Unfassbare Überholmanöver sind an Hirnlosigkeit nicht zu toppen, dazwischen tummeln sich immer wieder Kühe mitten auf der Fahrbahn, und es grenzt fast an ein Wunder, dass wir nur zwei Unfälle sehen. Wir sind wieder mal froh, in einem LKW zu sitzen…

Über Zestaponi erreichen wir schließlich unbeschadet Kutaisi, die zweitgrößte Stadt Georgiens, die wir allerdings nur am Rande tangieren, da wir gleich in das Dorf Gelati nordöstlich der Stadt fahren, wo sich eine interessante Klosteranlage hoch oben in den grünen Hügeln versteckt.

Auf dem Parkplatz vor der Anlage steht schon ein Unimog mit Hildesheimer Nummer, und so verbringen wir einen netten Abend mit Karin und Kurt und dem Austausch nützlicher Informationen und dem Erzählen von Erlebnissen früherer Reisen. Als wir uns schließlich in unseren „Manni“ zurückziehen, plätschert uns sanfter Regen in den verdienten Schlaf.

Ananuri  -  Gelati  -  km  -  255 km  -  km 41160

 

 

02.September 2012 - Wir sind am Schwarzen Meer

Es ist Sonntag und wir erleben die stimmungsvolle Messe in der fast 900 Jahre alten Kirche mit. Ein eindrucksvolles Erlebnis, das uns fast den ganzen Vormittag im Klosterbereich verweilen lässt.

Da es immer wieder vor sich hin nieselt, fahren wir gegen Mittag weiter. Zurück in Kutaisi, machen wir einen kurzer Abstecher nach Tskaltubo, einem zu russischen Zeiten berühmten Kurort mit vielen palastartigen Sanatorien in dichten Wäldern. Leider sind fast alle dieser herrlichen Gebäude heute verfallen und werden jetzt in ersten Anfängen renoviert.

Eine üble Schlaglochstraße bringt uns wieder zurück auf die Autoscooterrunde von gestern, die heute Gott sei Dank etwas friedlicher verläuft. So erreichen wir schnell Samtredia und fahren von dort über Lanchkhuti ans Schwarze Meer, das wir bei Grigoleti erreichen. Nach einem Schlenker zum Strand von Ureki, der jedoch vollkommen überfüllt ist, so dass wir gleich wieder flüchten, entdecken wir bei Grigoleti einen schönen Übernachtungsplatz direkt am dem Strand auf einer grünen Rasenfläche unter hohen Pinien. Heftiger Westwind schaufelt ununterbrochen dunkle Wolken über das Meer zu uns, doch wir haben Glück, es regnet nicht mehr, allerdings ist es uns zum Baden zu frisch.

Gelati  -  Grigoleti  -  135 km  -  km 41295

 

 

03.September 2012 - Endlich scheint mal wieder die Sonne

Gegen Morgen verziehen sich die dunklen Wolken, die uns in den letzten Tagen so viel Regen geschickt hatten. Auch der starke Wind hört auf zu blasen, und so genießen wir einen sonnigen Spätsommertag am Strand. Das Meer ist noch herrlich warm und wesentlich weniger salzhaltig als z.B. das Mittelmeer.

Der Jahreszeit entsprechend gibt es selbst gebackenen Zwetschgendatschi, ein ganz besonderer Genuss in diesen Breitengraden. Und so verbummeln wir den Tag am und im Wasser, bevor wir am späten Nachmittag zum Einkaufen das kurze Stück nach Poti fahren. Der Ausflug ist allerdings sehr enttäuschend, da Poti sowohl als Stadt als auch an Einkaufsmöglichkeiten nichts bietet. So finden wir nur das Nötigste, und machen uns wieder auf den Rückweg zu unserem Platz bei Grigoleti.

Zwischen Grigoleti und Poti  -  45 km  -  km 41340

 

 

04.September 2012 - Nach Swanetien, dem Land der Wehrtürme

So, das mit dem Meer reicht jetzt wieder, wir wollen endlich nach Swanetien, der abgelegenen Bergregion im Nordwesten Georgiens. Noch kurz Geld wechseln und Tanken in Poti, dann geht es durch endlos lange und wunderschöne Alleen in Richtung Senaki. In Sabazho biegen wir auf eine schmale Verbindungsstraße ab, die uns nach Khobi bringt. Von dort sind wir schnell in Zugdidi, einer sehr freundlichen, kleinen Stadt an der Grenze zu Abchasien. Hier schlendern wir durch den herrschaftlichen Park des Daidiani-Palais und genießen die Mittagszeit unter den ausladenden Bäumen im Schatten des alten Schlosses.

Entgegen unserer Informationen ist die weiterführende, schmale Straße hinauf nach Norden neu geteert und daher sehr gut zu fahren. So erreichen wir problemlos Jvari und kurven langsam entlang des fjordähnlichen Stausees weiter nach Khaishi und Jorkvali, wo die Teerstraße in eine sehr gute Betonpiste übergeht. Über Lakhani und Pari kommen wir nach Latali, wo uns die ersten der weltbekannten Wehrtürme sofort ins Auge stechen. Ein tolles Bild vor dem Hintergrund der schneebedeckten 5000er, die das Tal in Richtung Russland abschließen.

Kurz nach Latali entdecken wir oberhalb der Straße eine herrlich grüne Wiese, die wir sofort für unser Nachtlager wählen. Ein wenig später kommen noch sieben tschechische Traveller, die ihre Zelte hinter uns aufschlagen, und so verbringen wir nach dem Abendessen noch eine lustige Runde, in der der Rotwein und der Wodka emsig kreisen.

Heute sind wir genau 10.000 Kilometer auf Achse!

Grigoleti  -  Latali  -  215 km  -  km 41555

 

 

05.September 2012 - Mestia

Wir genießen noch lange die wärmende Morgensonne im Tal, das satte Grün der Weiden und Wälder steht im strahlenden Kontrast mit dem glitzernden Weiß der Gletscher weit über uns. Die Szenerie erinnert uns stark an Südtirol, wahrscheinlich fühlen wir uns deshalb so wohl. Und so starten wir erst gegen Mittag nach Mestia, das wir nach wenigen Kilometern erreichen.

Und wir sind überrascht, denn das jahrzehntelang so abgeschiedene Dorf erlebt durch den Bau der neuen Straße eine unglaubliche Entwicklung. Der ganze Ort ist eine einzige Baustelle. Neubauten an jeder Ecke, das gesamte Dorfzentrum wird umgestaltet, jeder Hof, jedes Haus wir renoviert, Hotels entstehen, ein Skizentrum ist erschlossen, Restaurants und Cafes Allerortens. Es wird uns gesagt, dass in Zuge der anstehenden Präsidentenwahlen  Mestia zum Vorzeigeort Georgiens gemacht werden soll. Wir schlendern ein wenig durch die staubigen Straßen, bewundern die vielen, top erhaltenen Wehrtürme und besuchen den interessanten alten Hof der Familie Matschubi, wo das Leben der Vergangenheit sehr plastisch zu erleben ist.

Im Lauf des Nachmittags verlassen wir diese Großbaustelle und finden ein paar Kilometer weiter unterhalb des Dorfes Cholashi, kurz vor dem Abzweig zum Weiler Zhabeshi, einen wirklich schönen Übernachtungsplatz inmitten einer weiten Lichtung oberhalb der Piste nach Ushguli. Und weit über uns leuchtet die eisgepanzerte Pyramide des 4858 Meter hohen Tetnuldi…

Latali  -  Cholashi  -  15 km  -  km 41570

 

 

06.September 2012 - Hinauf nach Ushguli

Der Himmel ist grau als wir aufwachen, doch die Wolken verziehen sich schon bald. Nach einem gemütlichen Frühstück mit Blick auf die schneebedeckten Gipfel weit über uns, wagen wir uns an die Piste nach Ushguli. Ein mäßig steiler Pass bringt uns erst mal hinüber nach Bogreshi, wo wir die Schwägerin des Taxifahrers aus Tiflis ausfindig machen, der uns seine Heimatadresse gegeben hatte. Die Überraschung ist natürlich groß, dass wir dort tatsächlich auftauchen.

Nach ein paar netten Stunden im Dorf machen wir uns auf die Weiterfahrt, immer entlang des Enguri, einem wild dahinfließenden Gebirgsbaches. Der Weg ist stellenweise ganz schön eng und ausgefahren, doch insgesamt ist sie ganz gut zu bewältigen. Nach Iprali geht es dann steiler bergauf und teilweise wird es ganz schön spannend, da sich die Piste lediglich mannibreit ohne jegliche Sicherung über der Schlucht dahin schlängelt.

Im schönsten Nachmittagslicht erreichen wir schließlich die Hochebene von Ushguli. Dutzende alter Wehrtürme prägen das abgeschiedene Dorf hier oben auf 2200 Metern Höhe. Und über allem thront der höchste Berg Georgiens, der Shkhara, 5068 Meter hoch. Ein gigantisches Bild!

Hinter dem letzten Hof stellen wir uns auf eine Wiese direkt vor die eindrucksvolle Wand des Massivs. Was für ein Panorama! Wir genießen das Spiel der Wolken mit den eisigen Gipfeln, bis die Sonne mit ihren letzten Strahlen die Umgebung noch kurz verzaubert und sich die Kälte der herannahenden Nacht bemerkbar macht.

Cholashi  -  Ushguli  -   40 km  -  km 41610

 

 

07.September 2012 - Ushguli

Der Morgen begrüßt uns mit sensationellem Wetter. Wolkenloses Blau über strahlend weißen Gletschern, dunkelgrüne Wiesenhänge und der reißende Enguri tief unter uns. Schöner geht es nicht mehr…

Nach einem Panoramafrühstück vom Feinsten wandern wir entlang des wild sprudelnden Gletscherbaches durch das weite Hochtal von Ushguri. Die Bauern des Dorfes arbeiten an den steilen Hängen, ihre Sensen funkeln im Sonnenlicht. Nach etwas über zwei Stunden erreichen wir die Gletscherzunge am Fuß des Shkhara-Massivs und sind beeindruckt von den Eismassen, die sich hier ihren Weg von den Gipfelregionen bis hinunter ins Tal suchen.

Zurück im Dorf sitzen wir noch lange vor „Manni“ und genießen diese gigantische Wand und das grüne Gletschertal direkt vor uns. Gegen Abend nimmt der Wind zu und schiebt dunkle Wolken vor die umliegenden Berge, die Temperatur sinkt ganz schön ab. Wir grüßen die heimkehrenden Bauern, die von ihrem anstrengenden Tagwerk an uns vorbei müde nach Hause reiten, bevor auch wir uns ins Warme verziehen.

Ushguli  -  0 km  -  km 41610

 

 

08.September 2012 - Zurück nach Mestia

Wie vorhergesagt verstecken heute dicke Wolken die Berge um uns herum und es ist ganz schön kalt geworden, keine 10°C  hat es mehr. Und so machen wir uns wieder auf die Rückfahrt nach Mestia, da die weiterführende Piste sehr dicht verwachsen, extrem steil und mit einer nicht sehr vertrauenswürdigen Brücke bestückt sein soll.  Also verzichten wir auf die Fortführung der Runde und begnügen uns mit der Piste, die wir ja schon von der Hinfahrt kennen. Die ist spannend genug mit „Manni“…

Nach rund drei Stunden haben wir die rund 40 Kilometer nach Mestia geschafft, füllen dort unsere Wassertanks und fahren noch das kurze Stück zu unserem schönen Übernachtungsplatz von vor vier Tagen, wo wir den Nachmittag und auch den Abend bei leichter Bewölkung und warmen Temperaturen genießen.

Ushguli  -  Latali  -  55 km  -  km 41665

 

 

09.September 2012 - Raus aus den Bergen

Immer dichter bauen sich die Wolken über den Bergen auf und so fahren wir heute endgültig wieder hinunter ins Flachland. Nach drei Stunden Fahrt durch die enge Schlucht des Enguri und einer ausgiebigen Mittagspause mit vier lustigen Gesellen aus dem dortigen Dorf erreichen wir Zugdidi, wo wir unsere Vorräte ergänzen.

Über Khobi und Senaki, Abasha und Samtredia kommen wir nach Khoni. Auf der schmalen Straße nach Tskaltubo schlagen wir uns dann kurz vor dem Dorf Maghlaki buchstäblich in die Büsche, denn der Fahrtag war lang und der plötzliche Temperaturanstieg auf bis zu 30°C bei extrem schwüler Luft macht uns ganz schön müde. Und so finden wir einen ruhigen Platz inmitten weiter Felder und Brombeerhecken, wo wir ungestört die Nacht verbringen.

Latali  -  Maghlaki  -  250 km  -  km 41915

 

 

 

 

10.September 2012 - Die Karsthöhlen bei Kutaisi

Dort, wo die flache Ebene von Kutaisi in die ersten Ausläufer des Großen Kaukasus übergeht, hat die Natur in vielen Jahrmillionen über ein Dutzend Karsthöhlen geschaffen. Und die größte von ihnen, die „Prometheus Cave“ wollen wir heute besichtigen. Nördlich von Tskaltubo fahren wir auf den Parkplatz vor das neu erbaute Visitor Center und stellen fest, dass heute Ruhetag ist…

So fahren wir zurück nach Tskaltubo, stellen uns vor ein Hotel und verbringen den Tag damit, unsere Homepage zu aktualisieren, mit zuhause zu skypen und einzukaufen. Da es ein wenig regnerisch ist, versäumen wir eh nix.

Gegen Abend geht es dann wieder auf den Parkplatz vor die Höhle, wo wir bei teilweise heftigen Regenschauern eine ruhige Nacht verbringen.

Maghlaki  -  Prometheus Cave  -  30 km  -  km 41945

 

 

11.September 2012 - Prometheus Cave

Fast zwei Kilometer ist der zugängliche Teil dieser Karsthöhle lang, insgesamt sind rund 20 Kilometer bereits erforscht. Wunderbar illuminiert mit wechselnden Farbeffekten, untermalt mit klassischer Musik, ist der Rundgang ein echter Genuss. Fünf große Säle, verbunden von schmalen und niedrigen Gängen, lassen uns staunen, was die Natur hier geschaffen hat. Hunderter verschiedenartigster Stalagtiten und Stalagmiten formten eine verwunschene Zauberwelt weit unter der Oberfläche.

Wir haben besonderes Glück, denn Kristina, unser „Guide“, spricht ganz passabel Deutsch und lässt uns in Ruhe allein hinter der Gruppe laufen, um ungestört zu fotografieren und zu genießen. Nach einer guten Stunde treten wir wieder hinaus ins gleißende Sonnenlicht, noch ganz fasziniert vom soeben gesehenen.

Es ist bereits Mittag, als wir über Tskaltubo und Sataplia nach Kutaisi kommen. Dort erreichen wir wieder die Hauptachse Georgiens, auf der wir über Zestaponi noch bis kurz vor Khashuri fahren, wo wir vor dem neuen Straßentunnel auf die alte Passstraße abbiegen. Auf der Passhöhe des Rikotispass stellen wir uns zwischen duftende Kiefern und sitzen noch lange draußen, um den friedlichen Blick über die dicht bewaldeten Berge zu genießen.

Prometheus Cave  -  Rikotispass  -  120 km  -  km 42065

 

 

12.September 2012 - Kirchentag in Mtskheta

Ein stürmischer Wind ließ unseren “Manni” ganz schön schaukeln, doch sonst war die Nacht ruhig hier oben. Das unbeständige Wetter lässt uns jedoch nicht länger verweilen und so fahren wir nach dem Frühstück hinunter nach Kashuri und dann weiter nach Gori, wo wir wieder auf die Autobahn treffen. So sind wir schon bald in Mtskheta, einem der wichtigsten, geistlichen Zentren Georgiens, kurz vor Tiflis gelegen.

Besonders sehenswert sind hier die Sweti-Zchoweli-Kirche, eine Basilika, die ihre Anfänge bereits im 4. Jh. hatte, mit großem, historischen Hintergrund für die Gläubigen, sowie die Samtawro-Kirche mit einer winzigen Kapelle, die der erste christliche Sakralbau und gleichzeitig der erste Kuppelbau in Georgien ist.

Oberhalb der Stadt, auf einem Vorsprung des Sagurani-Bergrückens, thront die kleine Dshwari-Kirche aus dem 5. Jh. und komplettiert damit die sakrale Trilogie Mtskhetas. Und dort oben, direkt an der Kreuzkirche, unter schützenden Bäumen, bleiben wir gleich stehen für den Rest des Tages und die Nacht.

Rikotispass  -  Mtskheta  -  140 km  -  km 42205

 

 

13.September 2012 - Einkaufsrallye im Supermarkt

Das bedeckte und kühle Wetter treibt uns schon früh an, die kurze Strecke nach Tiflis zu fahren, da wir einkaufen und vor allem auf der iranischen Botschaft nach unseren Visa fragen wollen. Am nördlichen Stadtrand von Tiflis hat vor ein paar Tagen eine riesige Shopping-Mail aufgemacht, integriert ist ein Hypermarche der französischen Supermarktkette Carrefour.

Als wir dort zwischen den prall gefüllten Regalen stehen, ist es um uns geschehen. Schweine- und Rinderfilet, ordentlich vom Knochen getrennt und verpackt und nicht mit dem Beil grob aus dem Tier gehackt und den Fliegen zum Fraß vorgeworfen, Weinregale voll mit allen Produkten des heimischen Anbaus, Schokoriegel und herzhafte Salami und edler Schinken und…

Nun kann man ja fragen – „braucht der Mensch auf Reisen dies alles?“ Eine klare Antwort: „Ja!!!“ So gerne wir auf den heimischen Märkten unseren täglichen Bedarf decken, Obst, Gemüse, Brot, etc., tut es  einfach mal wieder gut, Gewohntes und Hochwertiges zu genießen.

Nach knapp zwei Stunden ist der Einkaufswagen zum bersten voll und der Geldbeutel hat Schwindsucht. Aber es war schön…

Unser Vorsprechen auf der iranischen Botschaft war dagegen eine ziemlich böse Überraschung, denn man verweigerte uns das Visum. Morgen versuchen wir in einem Gespräch mit dem Konsul, die Hintergründe zu erfahren. Mal sehen, ob die jüngsten provokativen Ereignisse in den USA und unüberlegte Äußerungen deutscher Politiker hierfür ausschlaggebend waren.

Zum Übernachten fahren wir wieder in den uns schon bekannten Park oberhalb der Botschaft.

Mtskheta  -  Tiflis  -  40 km  -  km 42245

 

 

14.September 2012 - Eine eigenwillige Visaentscheidung…

…der Iraner bringt uns ganz schön aus dem Konzept. Meinem Visa-Antrag wurde stattgegeben, Conny`s Antrag dagegen wurde ohne Begründung abgelehnt. Jetzt schauen wir erst mal ein bisschen blöd aus der Wäsche…

Nachdem wir uns wieder gefangen haben und in den nächsten Tagen in Ruhe darüber nachdenken wollen, wie wir weiter verfahren werden, starten wir in Richtung Osten, in das Weingebiet Kachetien. Dank einiger Straßensperrungen aufgrund von Baustellen wird das Verlassen von Tiflis zum Hindernislauf, doch schlussendlich rollen wir auf einer mehrspurigen Stadtautobahn hinaus aufs Land.

Einige Kilometer nach Tiflis zweigt eine neue Straße direkt nach Telavi, dem Hauptort Kachetiens, nach Norden ab. Sie führt durch dicht bewaldete Berge, passiert einige ärmliche Dörfer und erreicht auf dem Gomboris-Pass mit gut 1600 Metern ihren Scheitelpunkt. Von dort geht es in vielen Serpentinen über 1000 Meter teilweise ziemlich steil hinunter ins Alazani-Tal.

Nach einer ausgiebigen Mittagsrast kurz vor Telavi und einem Abstecher in die von vielen Renovierungsarbeiten geprägte Stadt, besichtigen wir noch das alte Kloster von Ikalto, das am Berghang versteckt unter großen Zypressen liegt. Am späten Nachmittag erreichen wir dann unser Tagesziel, die imposante Alaverdi-Kirche. Die Besichtigung dieser bedeutenden Kirche verschieben wir allerdings auf morgen.

Ein kurzes Stück nördlich der Kirche und des Dorfes biegen wir zu den Flussauen des Alazani ab und finden dort einen sehr schönen und ruhigen Übernachtungsplatz. Und dann gibt es heute Abend zartrosa gebratenes Rinderfilet an Rotwein-Pfeffersauce mit einem feinen Tropfen aus der Region…

Tiflis  -  Alaverdi  -  140 km  -  km 42385

 

 

15.September 2012 - Putztag für Manni…

…ist heute erst mal angesagt. Da wir strategisch günstig an einem seichten Flüsschen stehen, bietet sich diese längst überfällige Aktion bestens an. Und so waschen wir ihn außen und putzen ihn innen, bis der ganze Pistendreck der letzten Wochen verschwunden ist und er wieder salonfähig aussieht.

Bis wir fertig sind, ist es bereits Mittag, und so gibt es zuerst eine Stärkung, bevor wir uns zur Besichtigung der Alaverdi-Kirche aufmachen. Diese ist zwar richtig groß und mit 56 Metern Turmhöhe auch optisch mächtig so mitten auf dem Land, doch sonst ist sie eher ein wenig enttäuschend.

So sind wir schnell fertig mit Alaverdi und fahren über Pshaveli nach Gremi, wo die gleichnamige Wehrkirche auf uns wartet. Dieses Weltkulturerbe steht weithin sichtbar auf einem Hügel über dem Dorf und beeindruckt durch seine geschlossene Einheit aus Kirche, Glockenturm und dreistöckigem Königspalast aus dem 15. Jh., geschützt von einer kompakten Ringmauer.

Gleich hinter der kleinen Festung, etwas unterhalb an einem munter fließenden Bach, entdecken wir einen netten Übernachtungsplatz, von dem aus wir einen tollen Blick auf die alte Anlage haben. Und weil der Bach sauber ist und wir heute sowieso Waschtag haben, gibt’s auch noch frische Wäsche.

Alaverdi  -  Gremi  -  45 km  -  km 42430

 

 

16.September 2012 - Weinland Kachetien

Nach einer ruhigen Nacht unterhalb der Kirche von Gremi brechen wir schon bald auf nach Kvareli, einem der Zentren der hiesigen Weinkeltereien. Dort besuchen wir die Winzerei Kareba, deren Besonderheit ein tiefer Tunnel ist, wo tausende Flaschen Wein bei entsprechenden Temperaturen lagern.

Wir verbringen unsere Mittagsrast in der schönen Anlage des Unternehmens und fahren dann quer durch das Alazani-Tal hinüber nach Gurjaani und weiter nach Sighnaghi. Hoch über der Ebene von Kachetien, umringt von einer alten Mauer mit ehemals 23 Türmen, thront dieses vor einigen Jahren generalrenovierte Dorf. Alles ist blitzsauber und nett, doch dadurch auch etwas zu steril, als dass echtes Ambiente aufkommen würde. So nutzen wir nach einem kleinen Rundgang das hier gut funktionierende Internet für einige Erledigungen, bevor wir das am Ortsrand liegende Nonnenkloster von Bodbe, einer der heiligsten Stätten Georgiens, besuchen. Doch auch hier will uns das Gebotene nicht so recht erreichen, da sich zu viele Menschen in der mit schönen Fresken geschmückten Kirche tummeln.

So suchen wir uns schon bald einen Übernachtungsplatz, den wir nach einer steilen Pistenabfahrt hinunter in Richtung Tsnori inmitten grüner Wiesen und Granatapfelbäumen entdecken. Kaum haben wir uns eingerichtet, treibt ein Bauer seine Herde Schafe bei uns vorbei. Nach einer kurzen Begrüßung und radebrechenden Unterhaltung zieht er weiter, kommt jedoch wenig später wieder mit Weintrauben, Walnüssen und Kakis.  Und nachdem er seine Herde nach Hause gebracht hat, kommt er nochmal zurück zu uns mit geräucherten Fischen, frischem Brot und kaltem Bier - einfach so. Und so verbringen wir noch gemeinsam einen herrlich lustigen Abend.

Gremi  -  Tsnori  -  85 km  -  km 42515

 

 

17.September 2012 - Ein Ausflug mit Stisto und Dato und dem Gas-Lada

Der ungewohnt lange und  etwas alkoholreichere Abend fordert seinen Tribut, und so bekommen wir die Augen kaum auf trotz eines wunderschönen Sonnenaufgangs über den wolkenlosen Bergen Dagestans. So vertrödeln wir den sonnigen Vormittag auf unserem schönen Aussichtsbalkon oberhalb von Tsnori, während unser Blick dabei weit hinunter in die Ebenen Kachetiens bis hinüber nach Azerbaidschan schweift.

Verabredungsgemäß holt uns Dato, unser Bauer vom Vorabend, gegen Mittag mit seinem 30 Jahre alten Lada ab. Er wohnt nur wenige hundert Meter entfernt, wo seine Frau Stisto für uns eine Kleinigkeit zu Essen vorbereitet hat, bevor wir einen spontanen Ausflug in den Naturpark Lagodekhi, rund 50 km entfernt, machen. Dieser Naturpark im Dreiländereck Russland, Azerbaidschan und Georgien ist jetzt nicht sooo aufregend, das weitaus spannendere ist die Fahrt mit dem mit Gastanks umgerüsteten Lada. Bei diesem Vehikel würde jeder deutsche TÜV-Prüfer vom Glauben abfallen. Altersschwache Bremsen, wippende Stoßdämpfer, ein großzügiges Lenkspiel und ein Sammelsurium undefinierbarer Geräusche machen die Fahrt zu einem Abenteuer der besonderen Art, denn jetzt sitzen wir plötzlich mitten im georgischen Verkehrsalltag. Und als wir feststellen, dass die Hinterreifen so glatt sind wie Formel-1-Slicks, bereuen wir es fast, bei einem unserer zahlreichen Kirchenbesuche der letzen Tage nicht doch ein paar Kerzen angezündet zu haben…

Schlussendlich ist alles gut gegangen, der Ausflug hat uns viel Spaß gemacht, und am Ende wurden wir zu Hause von Stisto noch richtig bekocht – einfach so.

Tsnori  -  5 km  -  km 42520

 

 

18.September 2012 - Änderung unseres Reiseplanes

Am Morgen kommt Dato nochmal bei unserem Übernachtungsplatz oberhalb von Tsnori vorbei, um sich ein weiteres Mal von uns zu verabschieden und uns alles Gute zu wünschen. Ein emotionaler Besuch geht so mit herzlichen Umarmungen zu Ende…

In bester Stimmung holpern wir also wieder die Piste nach Sighnaghi hoch, um unsere Mails abzurufen, ob vielleicht eine Nachricht der Münchner Iranbotschaft gekommen ist, die wir zwischenzeitlich über unseren Freund Wolfgang eingeschaltet hatten. Doch leider ist noch keine Reaktion da.

Also machen wir uns über Sagarejo auf den Weg nach Tiflis, um auf der Iranischen Botschaft meinen Pass mit dem erteilten Visum abzuholen und nochmal zu versuchen, für Conny`s Visum etwas Positives zu erreichen. Doch leider haben wir hierbei wieder kein Glück und ziehen nach einem Gespräch mit dem Konsul unverrichteter Dinge endgültig ab. Wir beschließen, zurück in die Türkei, nach Trabzon zu fahren, da man dort das Iranvisum problemlos und innerhalb eines Tages bekommen soll.

Zur Frustbewältigung stürmen wir nochmal den Carrefour-Hypermarche und füllen dort unsere Weinvorräte ordentlich auf. Zuvor lassen wir in der MAN-Niederlassung von Tiflis „Manni“ mal wieder abschmieren, was sie uns dort freundlicherweise als kostenlose Serviceleistung anbieten. Dabei stellen sie allerdings fest, dass die Gummilagerungen in den hinteren Federaugen ziemlich am Ende sind, so dass wir diese gleich fachmännisch wechseln lassen.

 Damit ist der Tag natürlich gelaufen, und wir fahren nur noch das kurze Stück nach Mtskheta zur dortigen Dshwari-Kirche hoch über dem Ort, wo wir schon vor ein paar Tagen übernachtet hatten. Wir beschließen den aufregenden Tag mit einer guten Flasche Rotwein zu einer zarten Rinderlende, die Conny für uns in gewohnt leckerer Manier zubereitet.

Tsnori  -  Mtskheta  -  150 km  -  km 42670

 

 

19.September 2012 - Ab in Richtung Türkei

Conny`s angefütterte Hundetruppe verbellte während der Nacht wirkungsvoll jeden Störenfried und dabei auch oft genug unseren Schlaf, so dass wir schon relativ früh aufstehen, um unseren schwanzwedelnden Freunden  einen guten Morgen zu wünschen.

Nach dem Frühstück finden wir unten in Mtskheta nach einigem Suchen doch noch einen Internetzugang, um unsere Mails in Sachen Iran-Visum zu checken. Es gibt jedoch auch heute nichts Neues, und so fahren wir endgültig los in Richtung Türkei.

Als Strecke nach Gori wählen wir diesmal die alte Landstraße über die Dörfer anstatt der Autobahn, die wir ja bereits zweimal benutzt haben. Über Khashuri und Borjomi geht es dann zügig nach Süden weiter. Der beginnende Herbst hat hier die Bergwälder schon ein wenig bunt gefärbt, und kurz hinter Borjomi biegen wir von der Hauptstraße ab hinunter zum Mtkwari, wo wir einen netten Platz für unsere späte Mittagsrast sehen. Dort bleiben wir schlussendlich für den Rest des Tages, um unsere Homepage zu aktualisieren, baden anschließend noch im Fluss und verbringen dann auch gleich die Nacht hier an dieser Stelle.

Mtskheta  -  nach Borjomi  -  180 km  -  km 42850

 

 

20.September 2012 - Merhaba, Türkiye

Noch vor dem Frühstück sind wir in Akhaltsikhe, hier schließt sich unser georgischer Kreis, denn dies war vor fünf Wochen unsere erste Station in diesem schönen Land. Kurz darauf stehen wir an der Grenze, und auch dieses Mal ist die Abfertigung auf beiden Seiten schnell und freundlich, bei der türkischen Polizei bekommen wir sogar einen Tee, während unsere Daten kontrolliert und unsere Pässe abgestempelt werden.

Über Posof und Hanak erreichen wir gegen Mittag Ardahan, wo wir vor einem Hotel ein schnelles Internet bekommen und so mal wieder mit der Familie zuhause skypen können. Am Nachmittag dann fahren wir über das karge Hochplateau weiter nach Göle, ab hier schlängelt sich die Straße stetig bergab durch ein herrliches Gebirgstal.

Gleich nach dem Dorf Aksar biegen wir in ein Seitental und stellen uns dort zum übernachten an den Fluss. Leider bekommen wir gegen 22:00 Uhr dann noch Besuch von zwei zwar harmlosen, jedoch leicht angetrunkenen jungen Burschen, die mit der Zeit ganz schön nerven und auch keine Anstalten machen, zu gehen. So packen wir gegen 23.00 Uhr zusammen und fahren einfach ein paar Kilometer weiter bis zum Abzweig nach Olur, wo wir an einer nicht mehr in Betrieb befindlichen Tankstelle einen vernünftigen Platz sehen. Am nächsten Morgen bemerken wir, dass wir sogar direkt gegenüber der örtlichen Jandarma gut behütet übernachtet haben, aber auch, dass uns die beiden Trottel von gestern wohl noch einen Stein hinterher geworfen haben, der uns eine nicht unerhebliche Delle in der Heckwand von „Manni“ eingebracht hat.

Nach Borjomi/Georgien  -  Dorf Yolköyü/Türkei  -  250 km  -  km 43100

 

 

21.September 2012 - Ins Kackar-Gebirge

Unser heutiger Weg zeigt uns eine der schönsten Gegenden der gesamten Türkei. Die schmale, aber sehr gute Straße führt immer direkt entlang des Oltu Cayi. Schroffe Berge und sattgrüne Wiesen, im leichten Wind wiegende Pappeln und kleine Dörfer, eine tolle Szenerie, die uns sehr an den Süden Marokkos erinnert. Wir genießen die gemächliche Fahrt und erreichen schließlich Yusufeli, ein gemütlich-wuseliges Städtchen und Ausgangspunkt für Unternehmungen im Kackar-Gebirge.

Wir decken uns für die nächsten Tage mit Lebensmittel ein, denn wir wollen, wenn das Wetter so lange mitspielt, auf den höchsten Berg dieses Gebirges, immerhin 3932 Meter hoch. Ein gerade mal „mannibreites“ Sträßchen windet sich nun über 50 Kilometer weiter durch das Tal, oft abenteuerlich über dem Abgrund oder haarscharf an den Felswänden vorbei. Irgendwann enden Teer und Beton, doch die weiterführende Piste ist größtenteils in einem sehr guten Zustand, so dass wir verhältnismäßig gut voran kommen.

Über die Dörfer Sarigöl und Barhal erreichen wir Yaylalar, den Hauptort im Tal. Wir fragen nach dem Weiterweg und werden spontan zum Tee eingeladen, während „Manni“ mangels Parkmöglichkeiten einstweilen die gesamte Dorfstraße blockiert. Stört hier aber nicht wirklich, denn kein einziges Fahrzeug kommt in der Zwischenzeit vorbei. Auf den letzten Kilometern hinauf nach Olgunlar zirkeln wir uns gerade so zwischen den Dächern zweier alter Holzhäuser durch, fast wäre hier Schluss für uns gewesen.

In Olgunlar endet die Piste. Einige hundert Meter vor dem winzigen Dorf stellen wir uns auf ein ebenes Wiesenstück direkt am Fluss und genießen den verbleibenden Nachmittag inmitten der Berge.

Yolköyü  -  Olgunlar  -  140 km  -  km 43240

 

 

22.September 2012 - Wanderung zum Basecamp

Herrliches Wetter lässt uns den heutigen Tag gemütlich angehen, da wir ja lediglich zum Basecamp hochlaufen wollen. So packen wir Zelt und Schlafsäcke, Verpflegung und Regenschutz in unsere Rucksäcke und starten schlussendlich am späten Vormittag.

Vom kleinen Ort Olgunlar, das hier auf rund 2100 Metern liegt, führt ein schöner und nur leicht ansteigender Wanderweg tief hinein in das lange Tal, das erst nach einigen Kilometern oben auf ca. 2900 Metern endet. Dort angekommen, bauen wir unser Zelt auf und verziehen uns auch gleich hinein, da ein unangenehmer Wind und aufziehende Wolken das Verbleiben draußen ziemlich ungemütlich machen.

Gegen Abend setzt starker Regen ein, der unaufhörlich auf unser kleines Zelt prasselt. Später in der Nacht gehen starke Gewitter mit unglaublich grellen Blitzen und erschreckend lauten Donnerschlägen direkt über uns nieder. Unser Schlaf ist natürlich dementsprechend unruhig. Na, das kann ja heiter werden…

Olgunlar  -  Basecamp Kackar Kavun  -  0 km  -  km 43240

 

 

23.September 2012 - Die berüchtigte Wetterküche der Kackarberge…

…macht ihrem Namen mal wieder alle Ehre. Durch die Nähe zum Schwarzen Meer auf der einen und dem inneranatolischen Hochland auf der anderen Seite ist dieses Gebirge eine extrem regenreiche Region mit bis zu 250 Regentagen pro Jahr. Mal sehen, ob wir einen der wenigen anderen Tage erwischen…

Klamm und leicht durchgefroren nach der Regennacht fehlt uns zwar anfangs ein wenig die Lust, aus den warmen Schlafsäcken zu kriechen, um die Tour anzugehen, aber als wir mit den aufgehenden Sonne den blauen Himmel über den hohen Bergen entdecken, sind wir schnell auf den Beinen. Das Frühstück holen wir etwas später in der wärmenden Sonne nach, und so steigen wir guten Mutes zügig höher. Der Steig ist gut zu finden, Steinmännchen weisen den Weg durch Geröll und vorbei an kleinen, eiskalten Teichen. So erreichen wir etwa 3400 Meter Höhe.

Doch dann schlägt der Wetterteufel zu! Innerhalb nur weniger Minuten verwandelt sich der blaue Himmel in eine graue Nebelsuppe, leichter Nieselregen wird schnell zu dichtem Graupel- und kurz darauf zu heftigen Schneeschauern. Die rapide gefallenen Temperaturen lassen den frisch gefallenen Schnee sofort liegen, die Steine und Felsen werden rutschig, die Sicht ist weg.

Enttäuscht machen wir uns wieder auf den Rückweg, denn ein Weitersteigen wäre zu riskant. Inzwischen schneit es fast bis zu unserem Zelt hinunter, das wir im Nieselregen zusammenpacken. Auf dem langen Marsch nach Olgunlar drehen wir uns immer wieder um, ob sich das Wetter nicht doch noch ändert. Doch die Wolken hängen tief und dicht und die letzte Stunde erwischt uns dann auch noch unangenehm kalter Wind mit Regenschauern. So sind wir schlussendlich froh, uns mit einer heißen Dusche im „Manni“ wieder aufwärmen zu dürfen.

Bergtour Kackar-Berge  -  Olgunlar  -  0 km  -  km 43240

 

 

24.September 2012 - Fahrt um das Kackar-Gebirge

In der kalten Nacht gefror erster Raureif auf der Wiese um „Manni“, doch die wärmende Sonne, die heute wieder vom strahlend blauen Himmel scheint, putzt diese Vorboten des anstehenden Herbstes schnell wieder weg.

Das Wetter ist also wieder super, aber wir sind zu müde, um die anstrengende Zweitagestour nochmal anzugehen. Und so trösten wir uns damit, bei herrlichsten Verhältnissen die außergewöhnlich schöne Landschaft auf der Weiterfahrt zu genießen. Die Piste und das schmale Sträßchen hinunter nach Yusufeli kennen wir ja schon, so dass die Fahrt durch das herrliche Tal ganz entspannt ist.

In Yusufeli biegen wir ab in Richtung Ispir, auch diese Strecke entlang des Flusses durch ein schmales Tal ist fantastisch schön – noch. Denn hier wird ein riesiger Staudamm gebaut, der in Kürze das halbe Tal überfluten wird. So wird die Weiterfahrt immer mehr zur Baustellenrallye, denn die Straße ist ziemlich kaputt durch die vielen LKWs, die hier unaufhörlich Baumaterial heranschaffen.

An einer der vielen Baustellenampeln kommen wir ins Gespräch mit Faruk und Semih, zwei netten Männern aus Trabzon. Beim nächsten Halt kochen wir dann Tee für alle hier Stehenden, um die Wartezeit zu verkürzen, da die Ampelintervalle doch recht lang sind. Anschließend tauschen wir noch unsere Kontaktdaten mit Faruk und Semih aus und verabreden uns für den nächsten Tag in Trabzon.

Endlich erreichen wir Ispir und fahren von dort aus noch ein Stück den Pass Richtung Norden hinauf. Kurz vorher, es wird schon langsam dunkel, stellen wir uns mangels anderer Möglichkeiten in die Nähe eines kleinen Dorfladens, um dort zu übernachten. Natürlich werden wir erst mal zum Tee eingeladen, und plötzlich packt der Krämer auch noch spontan Töpfe aus und teilt seinen Bohneneintopf mit uns. So verbringen wir den Abend im Kramerladen, dicht am wärmenden Ofen und schauen „Kobra 11“ auf türkisch…

Olgunlar  -  nach Ispir  -  155 km  -  km 43395

 

 

25.September 2012 - Trabzon

Die Passhöhe auf rund 2700 Metern ist schnell erreicht, ab hier geht es jetzt hinunter bis ans Meer – schönen Gruß an die Bremsen… Diese qualmen plötzlich auch ganz heftig, wir waren wohl doch etwas zu schnell bergab, trotz Motorbremse. So lassen wir sie erst mal abkühlen, bevor wir nun deutlich langsamer weiter nach unten rollen.

Die Gegend ist wunderschön, dichter Herbstwald zieht die steilen Hänge hinauf, schmucke Dörfer verstecken sich in den engen Seitentälern um Ikizdere. Plötzlich ändert sich die Landschaft, wir erreichen die Teeregion der Türkei. Jeder Quadratmeter ist mit den Teepflanzen kultiviert, die ersten Teefabriken tauchen auf.

Und dann sind wir wieder am Schwarzen Meer. Tiefblau präsentiert es sich, glasklar lockt es zum Hineinspringen. Doch leider führt die neue autobahnähnliche Schnellstraße so dicht am Ufer entlang, dass es praktisch keine ansprechenden Bademöglichkeiten gibt. Also starten wir durch, vorbei an Of, Sürmene und Arakli nach Trabzon, wo wir erst mal die Iranische Botschaft aufsuchen. Dort ist man sehr freundlich zu uns und erstaunt, dass Conny in Tiflis kein Visum bekommen hat, und stellt uns dieses unkompliziert bis übermorgen in Aussicht. Na also, geht doch…

Anschließend besuchen wir Faruk in seinem Büro und fahren dann hinauf ins bergige Hinterland, wo Semihs Familie ein kleines Haus inmitten einer gemütlichen Streusiedlung auf der Hochalm von Hidirnebi Yaylakent hat. Dort, bei Ziya und seiner Frau Zübeyde grillen wir frischen Fisch und genießen einen herrlich lustigen Abend bis spät in die Nacht. Faruk und Semih fahren dann noch hinunter nach Trabzon, während wir dort oben zum Übernachten bleiben.

Nach Ispir  -  Trabzon/Hochalm Hidirnebi Yaylakent   -  195 km  -  km 43590

 

 

26.September 2012 - Auf der Hochalm von Hidirnebi Yaylakent

Da wir noch einen Tag auf das Visum warten müssen, bleiben wir heute den ganzen Tag hier oben. Wir genießen die Sonne und die Ruhe, werden immer wieder mal von älteren Herren besucht, die uns in rudimentärem Deutsch freundlich willkommen heißen, erzählen, wo und wie lange sie in Deutschland gearbeitet haben, bevor sie nun hier ihre Rente genießen.

Wir schlendern durchs Dorf, die Menschen winken uns lachend zu, freuen sich, dass wir den Weg zu ihnen hier herauf, 1400 Meter oberhalb von Trabzon, gefunden haben. Am Abend besuchen wir dann nochmal Ziya und Zübeyde, bevor wir vor der kalten Nacht in unseren „Manni“ entfliehen.

Trabzon/Hochalm von Hidirnebi Yaylakent  -  0 km  -  km  43590

 

 

27.September 2012 - Conny hat endlich ihr Visum für den Iran!

Wie vereinbart, sind wir gegen 9:00 Uhr auf der Iranischen Botschaft und bekommen nach Einzahlung der fälligen Gebühren anstandslos Conny`s Pass mit dem ersehnten Visum überreicht. Mit besten Wünschen für unsere Reise in den Iran werden wir verabschiedet und freuen uns, diese bürokratische Hürde nun endlich genommen zu haben.

Jetzt heißt es erst mal shoppen, denn Conny benötigt natürlich noch das entsprechende Outfit für den Staat der Mullahs. Wir schlendern also durch die nette Fußgängerzone von Trabzon und durch den Bazar, wo sich Conny nach dem Besuch des ungefähr 1739ten Geschäftes sowohl für eine lange Bluse als auch ein schickes Kopftuch samt haarbändigendem Untertuch entscheiden kann. Und nachdem sie sich von der netten Verkäuferin in den Gebrauch der selbigen einweisen ließ, steht nun unserer Einreise in den Iran nichts mehr im Weg. Anschließend laden wir Faruk und Semih noch zum Mittagessen ein und bedanken uns für die wundervollen gemeinsamen Tage.

Nach einer herzlichen Verabschiedung machen wir uns auf den Weg in Richtung Osten, immer entlang der Küste des Schwarzen Meeres. Die autobahnähnliche Schnellstraße bringt uns zügig über Rize bis kurz vor Pazar, wo wir eine kleine und ruhige Strandbucht ganz alleine für uns entdecken. Und abends erleben wir endlich wieder einen dieser klassisch-kitschigen Sonnenuntergänge mit Sundowner, an dem die glutrote Sonne am fernen Horizont im spiegelglatten Meer versinkt.

Trabzon/Hochalm von Hidirnebi Yaylakent  -  Pazar  -  160 km  -  km 43750

 

 

28.September 2012 - Der letzte Badetag dieses Sommers?

Die ruhige Stimmung in der kleinen Bucht lässt uns nach dem Frühstück spontan entscheiden, noch einen Tag hier zu verbringen und einfach nichts zu tun. Wir baden wohl letztmalig für diesen Sommer im noch angenehm warmen Meer, relaxen und lesen und beobachten die Fischer in ihren Booten. Mehr passiert heute nicht.

Am Abend gibt es dann nochmal den kitschigen Sonnenuntergang von gestern…

Strand bei Pazar  -  0 km  -  km 43750

29.September 2012 - Wieder hinauf in die Berge

Ausgeruht starten wir in den heutigen Tag, an dem wir ein ganzes Stück in Richtung Georgien fahren wollen. Bis Hopa geht es noch entlang dem Schwarzen Meer, doch dann schraubt sich die Straße unaufhaltsam hoch durch das dichte Grün des Hinterlandes. Nach einem kleinen Passübergang erreichen wir Borcka, wo eine erste, riesige Staumauer das Tal versperrt und uns auf eine neue Straße entlang des entstandenen Stausees führt. Am anderen Ende des Sees schmiegt sich Artvin aus einem engen Kessel den steilen Berghang hinauf.

Gleich hinter Artvin sperrt schon der nächste dieser neuen gigantischen Staumauern das Tal, dahinter überflutet ein endlos erscheinender Stausee alle Täler mitsamt den ehemaligen Dörfern. Die neue Straße endet im schmalen Tal, das uns nun in Richtung Savsat und Ardahan leitet. Es wird immer enger, neben uns sprudelt der Fluss in seinem steinigen Bett, doch plötzlich weitet sich die Landschaft und wir sind in Savsat. Die Gegend erinnert stark an zuhause, die Berge und die Wälder haben durchaus Ähnlichkeit mit dem Karwendelgebirge. Kurz danach, bereits wieder auf rund 1650 Metern Höhe, stellen wir uns inmitten des weit verstreuten Dorfes Yavuzköy auf ein kleines Wiesenplateau mit einem 360° Bergrundblick. Ein wirklich toller Übernachtungsplatz!

Pazar  -  Savsat/Yavuzköy  -  205 km  -  km 43955

 

 

30.September 2012 - Unser letzter Tag in der Türkei

Zum Frühstück bekommt Conny von unserem „Nachbarn“, dem Großvater vom Hof, neben dem wir übernachtet haben, frische Blumen geschenkt. Eine tolle Willkommensgeste. Anschließend versuchen wir, die Keilriemen am „Manni“ neu zu spannen, allerdings sind die Befestigungsschrauben dermaßen angezogen, dass wir sie nicht locker bekommen und uns später in einer Werkstatt helfen lassen müssen.

Wir erreichen die Passhöhe auf rund 2.400 Meter und schlagartig ändert sich die Landschaft. Statt sattem Grün beherrscht nun das braun und gelb abgeernteter Felder und karger Hochebenen die Szenerie. Schnell ist Ardahan erreicht, wo wir unsere Homepage aktualisieren und nochmal ordentlich einkaufen.

Als wir zu „Manni“ zurück kommen, sehen wir, dass unser linker Außenspiegel nur noch am seidenen Faden herunter hängt. Hat wohl einer beim Vorbeifahren nicht genau genug gezielt. Sei`s drum, der Spiegel wird vollends abmontiert und geklebt, einstweilen tut es auch der zweite kleinere.

Auf unserem Weg in Richtung Grenze passieren wir wieder Hanak und stellen uns kurz darauf inmitten der hier oben wieder grünen Almwiesen in den Garten eines verlassenen Hotels unterhalb eines kleinen Dorfes. Bald darauf werden wir natürlich willkommen geheißen, während die Hirten mindestens 500 Rinder der Dorfgemeinschaft an uns vorbei nach Hause treiben.

Savsat/Yavuzköy  -  nach Hanak  -  95 km  km 44050

 

01.Oktober 2012 - Wir sind wieder in Georgien

Unsere letzte Nacht in der Türkei war angenehm ruhig, und so starten wir ausgeruht in den neuen Tag. Kurz nach unserem Start erreichen wir die Passhöhe auf rund 2.550 Meter und sind fasziniert von dem sensationellen Anblick, der sich uns hier oben präsentiert. Dank des diesmal herrlichen Wetters und einer entsprechend klaren Luft liegt buchstäblich ganz Georgien vor uns. Wir erkennen all die Berge, an denen wir in den letzten Wochen waren – bis Swanetien mit seinen schneebedeckten 5000ern und auch bis hinauf in die Region des Kasbek reicht die Sicht. Dahinter liegt dann bereits Russland…

In Posof verbraten wir noch unsere letzten Türkischen Lira auf dem Markt, dann geht es wieder hinunter zur uns inzwischen bestens bekannten Grenze. Dort werden wir am ersten Kontrollposten bereits namentlich begrüßt und sofort zum Zoll weiter geschickt. Auch hier begrüßt man uns mit Handschlag wie alte Bekannte, und so ist das ganze Prozedere an beiden Grenzen in weniger als einer halben Stunde erledigt.

In Akhaltsikhe füllen wir zwei unserer leeren Gasflaschen auf und starten gleich durch bis zu unserem schon wohlbekannten Übernachtungsplatz von vor einigen Wochen, direkt an der Mtkwara, kurz vor Aspindza. Dort macht Conny mal wieder große Wäsche, und ich befreie „Manni“ vom türkischen Baustellendreck. Und nachdem auch wir uns anschließend noch fein geduscht haben, ist alles wieder sauber und ordentlich…

Nach Hanak (Türkei)  -  vor Aspindza (Georgien)  -  95 km  -  km 44145

 

 

02.Oktober 2012 - Und weil es gerade so schön ist…

…bleiben wir gleich einen weiteren Tag an diesem angenehmen Platz direkt an der Mtkwara. Conny wäscht auch noch den Rest der Wäsche und bäckt einen Zwetschgendatschi, wir baden im Fluss und sitzen faul in der wärmenden Herbstsonne.

So vergeht der Tag ohne viel Aufsehen, und wir verabschieden uns endgültig  gemütlich von Georgien.

Vor Aspindza  -  0 km  -  km 44145

03.Oktober 2012 - Ab nach Armenien

Ausgeruht starten wir unsere Weiterreise nach Armenien. Über Akhaltalaki und Ninotsminda erreichen wir die georgisch-armenische Grenze auf einem kahlen Hochplateau auf rund 2.100 Metern Höhe. Die Abfertigung auf georgischer Seite ist eine Sache von Minuten, bei den Armeniern gestaltet sich die Sache allerdings etwas langwieriger. Nach  fast zwei Stunden haben wir aber auch diese bürokratische Hürde genommen und sind endlich im Land der Kirchen.

Armenien empfängt uns mit weiten, nun abgeernteten Hochflächen und einer abenteuerlich schlechten Straße, die uns bis nach Gjumri quält. Dort biegen wir ab nach Osten, und über Spitak und Vanadzor kommen wir schließlich in den gebirgigen Nordosten, wo wir uns an den herrlich bunten Herbstwäldern erfreuen.

Hier hat der Debed auf seinem Weg nach Norden eine tiefe Schlucht in das Gestein gegraben, durch die sich nun die kurvenreiche Straße schlängelt. Kurz vor Alaverdi fahren wir auf eines der steil aufragenden Plateaus, um uns in der Nähe des Klosters von Odzun einen Übernachtungsplatz zu suchen. Leider ist das Kloster zurzeit fast komplett eingerüstet, da gerade umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt werden.

Als der heute anwesende Pope nach einer netten Führung durch die Anlage von uns erfährt, dass wir einen Platz zum Übernachten suchen, bietet er spontan an, auf das Klostergelände zu fahren, um dort die Nacht zu verbringen. Dieses Angebot nehmen wir natürlich gerne an und so genießen wir die abendliche Ruhe innerhalb des alten Gemäuers.

Vor Aspindza (Georgien)  -  Odzun (Armenien) -  245 km  -  km 44395

 

 

04.Oktober 2012 - Entlang der Klosterstraße ins Grenzgebiet zu Azerbaidjan

Heute steht eine ganze Menge interessanter Kirchenkultur auf unserem Programm. So rollen wir nach einem gemütlichen Frühstück am Kloster von Odzun wieder langsam vom steilen Hochplateua hinunter nach Alaverdi, um kurz darauf auf der anderen Seite des Debed wieder ebenso steil hinauf zu kriechen nach Sanahin und etwas später dann ein Stückchen weiter auch noch nach Haghpat.

Sanahin ist wie das benachbarte Haghpat eine geheimnisvolle Klosteranlage, die beide eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen. Wir verbringen den Vormittag in den beiden Klöstern und genießen den Atem der aufregenden Geschichte, die hier über Jahrhunderte die Region prägte. Anschließend machen wir noch einen Abstecher in das Wehrkloster von Akhtala, dessen mächtige Kirche mit den einzigen Freskenmalereien armenischer Sakralbauten ausgestattet ist.

Der Weiterweg durch das enge Tal des Debed endet kurz vor der georgischen Grenze, wo wir in die Grenzregion zu Azerbaidjan abbiegen. Über Noyemberian kommen wir in das Dorf Voskepar, das direkt an der Grenze liegt. Der alte Teil des Ortes ist zerschossen und verlassen, aber im neuen Teil  finden wir einen ruhigen Übernachtungsplatz neben dem Anwesen der Familie von Tamara, die uns natürlich sofort erst zum Tee und anschließend gleich zum Abendessen einladen. So erleben wir wieder einmal einen ausgesprochen herzlichen Abend im Kreis vieler netter Menschen, an dem der Vodka emsig kreist…

Odzin  -  Voskepar  -  km 95  -  km 44500

 

 

05.Oktober 2012 - Durch die bunten Herbstwälder des Tavusch

Heftige Gewitter bescherten uns erst mal eine unruhige Nacht, doch irgendwann waren auch die auf das Dach prasselnden Regenschauer vorbei. Als wir morgens ausgeschlafen und frisch geduscht aus unserem „Manni“ kommen, ist bereits Besuch eingetroffen – Tamaras Freundin Aida aus dem russischen Sotschi samt ihrem armenischen Freund Abraham. Natürlich gibt es gleich wieder Vodka zum Frühstück, um auf den Besuch und auf uns anzustoßen. Ich kann mich mit dem Argument des Fahrens drücken, doch Conny muss ran, da hilft kein Jammern…

Nun, der Vormittag wird wieder sehr lustig, und als wir gegen Mittag endlich loskommen, sind wir reich beschenkt mit Obst, Gemüse, Wein und Ohrringen für Conny. Langsam fahren wir bergauf und bergab durch die herbstlich bunten Farben dieser dicht bewaldeten Region, immer hart an der azerbaidjanischen Grenze entlang. In Idschewan angekommen, bummeln wir über den wuseligen Markt, kaufen mit dem Beil aus dem Rind gehaktes „Filet“, Obst zu fast schon peinlich niedrigen Preisen, verzichten allerdings auf lebendes Huhn direkt aus dem Kofferraum und erfreuen uns am typisch armenischen Treiben zwischen den Ständen.

Gegen Mittag sind wir im Kloster Goshavank, einer im Detail wundervoll bearbeiteten Anlage inmitten des abgeschiedenen Dorfes Gosh in einem vom bunten Herbstlaub erfüllten Gebirgstal. Anschließend fahren wir noch hinauf zum Kloster Haghartsin, das idyllisch weit oben in den Bergen versteckt ist. Dort lernen wir Artak, den Steinmetz, der so wundervolle Plastiken schafft und mit der sowjetischen Volksarmee in den Achtzigern zwei Jahre in der DDR stationiert war und ganz passabel deutsch spricht, und Hamlet (der heißt wirklich so), den Maler und Schlüsselverwalter des Klosters, kennen. Die beiden laden uns zum Kaffee ein, und Conny wird nebenbei noch von Hamlet porträtiert.

So verbringen wir den Nachmittag hier oben und stellen uns am Abend direkt oberhalb des Klosters zum Übernachten hin, von wo aus wir einen schönen Blick über die gesamte Anlage haben.

Voskepar  -  Haghartsin  -  85 km  -  km 44585

 

 

06.Oktober 2012 - Zum Sevan-See

Die Sonne schickt ihre wärmenden Strahlen durch den herbstlichen Wald und schenkt uns einen überschwänglich bunten Morgen. Und so starten wir bestens gelaunt in den neuen Tag. Auf dem Weg hinunter ins Tal kommt uns Artak in seinem Lada entgegen, und so können wir uns nochmal von ihm verabschieden.

Über die gut ausgebaute Straße sind wir schnell in Dilijan, wo wir in Richtung Sevan-See abbiegen. Am Ortsrand sehen wir plötzlich ein neues Best Western Hotel, dessen WiFi wir natürlich erst mal nutzen, um unsere Mails abzurufen und zu beantworten. In vielen Serpentinen führt die neu geteerte Straße nun steil hinauf zum Sevan-Pass, der durch einen Tunnel entschärft wurde. Auf der anderen Seite des langen Tunnels empfängt uns dann ein komplett anderes Landschaftsbild.

Der bunte Herbstwald ist kargen Bergflanken gewichen und schon bald sehen wir den riesigen Sevan-See in der Mittagssonne vor uns aufblitzen. Wir steuern die Halbinsel vor dem Ort Sevan an, wo wir schon von Weitem die beiden Kirchen des dortigen Klosters auf einem Hügel entdecken. Von dort oben genießen wir einen tollen Blick über den wie das Meer wirkenden See, bevor wir uns direkt an den Strand in ein jetzt bereits geschlossenes, kleines Strandbad stellen.

Obwohl der See auf rund 1.900 Meter liegt, ist er noch überraschend warm, so dass wir den Nachmittag noch zum Baden nutzen können. Anschließend genießen wir die friedliche Abendstimmung am ruhigen Wasser.

Haghartsin  -  Sevan  -  45 km  -  km 44630

 

 

07.Oktober 2012 - Ein Sonntag am See

Die wärmende Herbstsonne beschert uns nochmal einen wunderschönen Tag, und wir entscheiden spontan, heute hier zu bleiben. Wir faulenzen bei milden Temperaturen, baden im klaren Wasser des Sevan-Sees und kosten das herrliche Wetter richtig aus.

Gegen Mittag bilden sich dunkle Gewitterwolken über dem See, der Wind frischt auf und die ersten Tropfen lassen auch nicht mehr lange auf sich warten. Die Temperatur fällt rapide und der zum Grillen vorbereitete Fisch wandert wieder ins Tiefkühlfach. Herbst halt…

So werfen wir die Laptops an, Conny macht Bildbearbeitung und ich bereite mich literarisch auf den Iran vor.

Sevan-See  -  0km  -  km 44630

 

 

08.Oktober 2012 - Sonnentempel und Felsenkloster

Es regnet zwar nicht mehr, doch ein kalter Wind macht es nicht unbedingt gemütlicher in unserem Strandbad, und so packen wir nach dem Frühstück zusammen. Unsere Pläne hinsichtlich einer vorgesehenen Bergtour können wir im Moment getrost vergessen, und so fahren wir, vorbei an Hrazdan und Abovyan, erst mal nach Yerevan.

Bei einem metallverarbeitenden kleinen Betrieb am Straßenrand lassen wir endlich unser verbogenes Schutzblech der Außentreppe passend hämmern, was der alte Meister routiniert erledigt und anschließend jeden Versuch der Bezahlung entschieden zurück weist. Ein moderner Supermarkt lockt uns hinter seine gläserne Fassade, doch das von uns ausgesuchte Rinderfilet wird hier ebenso mit dem Beil gequält wie beim Straßenmetzger.

Mit vollen Vorratsschränken machen wir uns auf den Weg nach Garni und Geghard, zwei wirklich eindrucksvollen Kulturstätten armenischer Geschichte östlich der Hauptstadt. In Garni ist es der frühgeschichtliche Sonnentempel, der unglaublich stimmungsvoll direkt am oberen Rand der tiefen Schlucht des Azat zu einem Besuch einlädt. Die damaligen Erbauer konnten keinen exklusiveren Platz wählen, die Natur hat eine beeindruckende Szenerie um den filigranen Tempel geschaffen.

Das Felsenkloster von Geghard schließlich, ganz hinten im Talschluss des Azat, beeindruckt mit seiner massigen Präsenz, die eine fast magische Kraft ausstrahlt. Grelle Blitze und der durch das Echo der hohen Felswände gewaltige Donner eines nahenden Gewitters verstärken diesen Eindruck noch mehr. Vor dem einsetzenden Regen flüchten wir in unseren „Manni“, der etwas später allerdings wieder aufhört, so dass wir den zum wiederholten Mal zu Grillen bereiten Fisch endlich seiner natürlichen Bestimmung zukommen lassen können.

Wir übernachten gleich auf dem Parkplatz vor dem Kloster, um morgen früh nochmal ganz in Ruhe das eindrucksvolle Gemäuer auf uns wirken zu lassen.

Sevan  -  Geghard  -  120 km  -  km 44750

 

 

09. Oktober 2012 - Wundervolles Geghard, Yerevan und „Mannis“ Höhenrekord

Früh, noch bevor die ersten Touristen das Kloster stürmen, sind wir wieder dort – und es lohnt sich wirklich. Nach der Morgenmesse hängt im gesamten Komplex ein zarter Weihrauchgeruch, der die Sinne zusätzlich betört. Lange genießen wir die Ruhe in den alten Kapellen und Kirchen, im stimmungsvollen Innenhof und außerhalb auf einem kleinen Aussichtsfelsen. Erst als die Besucherzahl stetig zunimmt, verlassen wir diesen wundervollen Platz.

Über Garni fahren wir zurück nach Yerevan, kaufen nochmal ordentlich ein und erfahren an einer Werkstatt  mit dem Stern, dass es in Yerevan doch eine MAN-Niederlassung gibt. Die ist allerdings so kompliziert in den südwestlichen Außenbezirken versteckt, dass es schon eine ganze Zeit und gefühlte hundert Nachfragestopps braucht, bis wir endlich fündig werden. Dort lassen wir „Mannis“ Keilriemen nachspannen, und für diese Arbeit wollen sie nicht mal Geld von uns. Herzlichen Dank!

Anschließend entscheiden wir uns doch, zum Basecamp des Aragats, dem mit 4.090 Metern höchsten Berg Armeniens, hochzufahren, da das Wetter ganz passabel ist und wir endlich mal wieder eine schöne Bergtour machen wollen. Über Echmiadzin und Ashtarak kommen wir nach Agarak, wo wir auf die Straße abbiegen, die nun hoch hinauf zum Ausgangspunkt der Besteigung führt. Wir passieren das Dorf Byurakan und die Festung Amberd, wo die Straße zum schmalen und löchrigen Asphaltband wird, das sich immer höher und höher durch die nun kahlen und steinigen Hänge schraubt. Frische Schneereste zeugen vom ersten Wintereinbruch - und dann sind wir oben, am kleinen Stausee Kari, oben auf genau 3.200 Metern! Kalt ist es hier, nur 6°C. zeigt unser Thermometer, als wir im Schneematsch unseren Übernachtungsplatz einrichten. Und prompt fängt es an zu graupeln. Mal sehen, ob das morgen was wird mit der Bergtour…

Geghard  -  Aragats Basecamp  -  140 km  -  km 44890

 

 

10.Oktober 2012 - Zwischen Aragats und Ararat

Der Wind rüttelt kräftig an unserem „Manni“, Nebelschwaden fliegen förmlich über den eiskalten Stausee vor uns, heftige Graupelschauer wechseln sich mit starken Regenböen ab. Die Temperatur streift den Gefrierpunkt, und so bleiben wir lange im warmen Bett vergraben, denn das Thema Bergtour können wir getrost vergessen.

Ist wohl einfach doch schon zu spät im Jahr für die ganz großen Berge. Und so fahren wir am späteren Vormittag langsam die über 2.000 Höhenmeter wieder hinunter nach Agarak und von dort direkt über die Dörfer weiter nach Echmiadzin, dem armenischen Kirchenzentrum und Standort der wichtigsten Kathedrale des Landes. Diese Kathedrale, inmitten eines schönen Parks gelegen, besticht durch ihre ausgemalten Innenwände und Decken. Leider ist sie zurzeit für Renovierungsarbeiten außen fast gänzlich eingerüstet.

Am Nachmittag geht es dann noch ein kurzes Stück weiter über Masis und Artashat zum Kloster Khor Virap. Dieses eigentlich ziemlich unscheinbare Kloster liegt direkt an der streng bewachten armenisch-türkischen Grenze, inmitten auch jetzt noch grüner Felder auf einem kleinen Hügel. Das wirklich Besondere ist jedoch seine Lage in unmittelbarer Nähe zum Großen und Kleinen Ararat, die wie zwei riesige Wächter auf der türkischen Seite unvermittelt aus der Ebene weit in den Himmel ragen und den gesamten Horizont erfüllen.

Leider überwiegen die dichten Wolken um die beiden Gipfel, doch auch so ist die gigantische Dimension der beiden Riesen nahezu greifbar. Wir genießen von einem der umliegenden Hügel das Zusammenspiel des Klosters mit den beiden Berggiganten und bleiben dann gleich auf dem ruhigen Parkplatz über Nacht stehen.

Aragats Basecamp  -  Kloster Khor Virap  -  95 km  -  km 44985

 

 

11.Oktober 2012 - In den bergigen Süden Armeniens

Was für ein Bild! Heute früh zeigen sich Großer und Kleiner Ararat nahezu ohne Wolken in ihrer ganzen Pracht. Nur kurz zwar, aber es reicht, um diesen Moment für immer festzuhalten. Erst als die Wolken sich wieder über die Gipfel stülpen, frühstücken wir, so sehr waren wir gefangen von diesem Anblick.

Der gebirgige Süden des Landes erwartet uns nun für die nächsten Tage. Und so fahren wir vorbei am Städtchen Ararat bis zur abgeriegelten Grenze zur azerbaidjanischen Enklave Naxcivan, die von Armenien militärisch kontrolliert wird. Dort biegen wir am nach Osten und schrauben uns langsam den steilen Pass empor, dessen Straße immer entlang dieser Grenze über die kahlen Berge hinunter ins Weindorf Areni führt. Leider können wir uns hier nicht mit dem sicher guten Wein der Region eindecken, da wir in ein paar Tagen in die alkoholfreie Zone Iran einreisen werden.

Gleich nach Areni geht es durch eine enge Schlucht hinauf nach Noravankh. Dieses wunderschöne Kloster liegt ganz am Ende der Stichstraße, hoch über dem Flüsschen Amaghu, in völliger Einsamkeit unter steil aufragenden, rötlichen Felswänden. Die Anlage begeistert uns mal wieder, einmal durch ihre exponierte Lage, zum Anderen durch ihre filigrane Bauweise und kunstvollen Reliefs. Den ganzen Nachmittag schlendern wir durch und um den Komplex, der immer wieder von der Sonne herrlich ins Licht gesetzt wird.

Zwischendurch reparieren wir die Halterung der Außentreppe, mal sehen, ob es hält… Natürlich bleiben wir auch gleich über Nacht hier oben, denn die Stimmung ist richtig schön und außerdem müssen unsere geklebten und eingeschraubten Teile über Nacht trocknen. Später pfeift uns dann noch ein so starker Wind mit heftigen Regenschauern um die Ohren, dass sogar „Manni“ ins schaukeln kommt.

Kloster Khor Virap  -  Areni/Noravankh  -  90 km  -  km 45075

 

 

12.Oktober 2012 - Dort, wo Armenien am Schmalsten ist

Als die morgendliche Sonne endlich die hohen Bergkämme überwunden hat, taucht sie die Kirchen von Noravankh in ein gleißend helles Licht, sie scheinen dadurch fast zu leuchten. Es ist einfach schön hier oben und zu dieser frühen Stunde auch ruhig, da die Tagesausflügler noch nicht eingetrudelt sind.

Das Wichtigste für uns ist allerdings, dass unsere Reparatur von gestern anscheinend erfolgreich war, denn die eingeklebten Teile sind alle noch da, wo sie hingehören und der Kleber scheint schon fest zu sein. Mal sehen, wie es dann später während des Fahrens sein wird…

Nun geht es erst mal wieder hinunter nach Areni und von dort weiter auf der Hauptachse durch den Süden über Eghegnadzor und Vayk hinauf auf den 2.344 Meter hohen Vorotan-Pass, der uns in die südlichste Provinz Armeniens, nach Sjunikh bringt. Ab der Passauffahrt und vor allem auf der anderen Seite ist die Landschaft rau und karg, abgeerntete Weizenfelder und  verbrannte Erde prägen das Bild. Wir kommen nach Sisian, einer tristen Kleinstadt inmitten hoher Berge, wo wir bei strömenden Regen Mittagspause machen.

Doch die Schauer sind nur von kurzer Dauer, und schon leuchten die Blätter der Bäume wieder im herbstlichen Sonnenlicht. Wir machen einen Abstecher in das tief in die Berge eingegrabene Flusstal des Vorotan und zum alten Kloster von Vorotnavankh, das weithin sichtbar hoch über dem Tal zu schweben scheint. Hier halten wir auch Ausschau nach einem Übernachtungsplatz, den wir schließlich nach einer kurzen, aber abenteuerlichen Pistenfahrt hinauf an den oberen Rand der Schlucht nahe dem Dorf Vaghatin auf einem abgeernteten Feld finden. Und kaum stehen wir dort, kommt auch schon wieder der abendliche Gewitterregen über uns…

Areni/Noravankh  -  bei Vaghatin  -  135 km  -  km  45210

 

 

13.Oktober 2012 - Beim Bürgermeister von Vaghatin

Gestern Nacht gegen 21:30 Uhr bekamen wir noch Besuch, es war der Bürgermeister von Vaghatin mit seinem Sohn auf der Heimfahrt ins Dorf. Natürlich wollten sie uns noch einladen, mitzukommen, doch wir konnten sie davon überzeugen, dass wir die Einladung zwar gerne annehmen, jedoch erst für den nächsten Tag.

So hoppeln wir also dann bei herrlichstem Sonnenschein die abenteuerliche Piste von gestern wieder hinunter ins Dorf und werden von der Familie freundlich empfangen und bewirtet. Anschließend wird „Manni“ noch interessiert begutachtet, die Damen den Koffer von innen, die Herren die Technik von außen.

Gegen Mittag kriechen wir dann die Piste wieder hinauf, wo wir alsbald auf die Hauptstraße nach Goris treffen. Doch schon bald darauf biegen wir wieder ab, diesmal zum Kloster von Tathev. Alternativ zur Straße, die sich durch den tiefen Canyon des Vorotan auf der einen Seite steil hinunter und auf der anderen Seite in ebenso vielen Serpentinen wieder hinauf windet, kann man das herrlich an der Steilkante des Canyons gelegene Kloster auch mit der längsten Seilbahn der Welt erreichen. Diese schwebt über fast sechs Kilometer über den gesamten Canyon hinüber nach Tathev. Eine sicher interessante Variante der Anreise, leider verliert das toll platzierte Kloster dadurch etwas an Wirkung, da die viertelstündlich einschwebenden Gondeln mit einem etwas nervigen Klingelton angekündigt werden.

Trotzdem, die Klosteranlage ist die Anreise wert, und wir finden einen super Aussichtsplatz oberhalb, wo wir den Nachmittag mit einem außergewöhnlich schönen Blick auf die Kirchen und den Canyon genießen und auch die Nacht verbringen.

Bei Vaghatin  -  Tathev  -  50 km  -  km 45260

 

 

14.Oktober 2012 - Das Höhlendorf Chndzoresk

Gerade als wir anfangen, so langsam wach zu werden, fällt ein Kleinbus voller Wochenendausflügler über unseren Platz her, ein großes Lagerfeuer wird entzündet und ungefähr 80 Hühnerschenkel auf langen Spießen gebraten – zum Frühstück. Also stehen wir halt auch auf und frühstücken gleich mit, denn natürlich werden uns auch welche gereicht.

Am späten Vormittag queren wir dann wieder auf der steilen Serpentinenstrecke die Schlucht des Vorotan und fahren das kurze Stück hinunter nach Goris. Dort haben wir eine gute Internetverbindung, um mit den Lieben zuhause mal wieder zu skypen, und so vergeht der Tag recht schnell. Nach einem kleinen Einkauf machen wir uns auf zum alten Höhlendorf von Chndzorek, fast schon an der Grenze zu Nagorno-Karabach. Dieses Höhlendorf erinnert stark an die Tuffsteinbehausungen in Kappadokien.

Genau gegenüber der alten Siedlung, die sich über den gesamten Abhang des Berges zieht, stellen wir uns auf den Parkplatz eines sehr schönen Picknickplatzes und haben so einen tollen Blick über das gesamte Dorf. Dort bleiben wir auch gleich für die Nacht stehen, um morgen gemütlich das Höhlendorf zu erkunden.

Tathev  -  Chndzoresk  -  55 km  -  km 45315

 

 

 

15.Oktober 2012 - Bunter Herbst im tiefen Süden

Dichter Nebel versteckt das alte Chndzoresk, als wir einen ersten Blick riskieren. Doch im Lauf des Vormittags verziehen sich die störenden Schwaden und wir unternehmen einen kleinen Rundgang durch das verlassene Dorf. Anschließend fahren wir zurück nach Goris, wo wir die gute Internetverbindung zu einem Bürotag nutzen.

Erst spät starten wir in Richtung Süden, in Richtung Kapan. Dichte Wälder säumen die holprige Straße, die uns ein weiteres Mal den Canyon des Vorotan durchqueren lässt. In allen Farben des Herbstes leuchten die Hänge der umliegenden Berge, auch wenn sich die Sonne nur spärlich unter der hartnäckigen Wolkendecke blicken lässt. Die Landschaft ist aufregend schön, die Gipfel am Horizont sind hier fast 4000 Meter hoch.

Stellenweise bildet die kurvenreiche Strecke die Grenze zu Azerbaidjan, worauf die am Straßenrand vor Minenfeldern warnenden Schilder eindringlich hindeuten. So verzichten wir lieber darauf, in dieser herrlichen Region einen Übernachtungsplatz abseits der Straße zu suchen und fahren bis kurz vor Kapan. Direkt hinter dem Dorf Artsvanik blitzt plötzlich die Wasserfläche eines kleinen Stausees zwischen den grünen Hügeln zu uns herauf, und wir entdecken einen Feldweg, der uns steil hinunter bis zu einem Wiesenplateau etwas oberhalb des Ufers bringt. Dort erleben wir sogar noch so etwas wie einen kurzen Sonnenuntergang, als sich in der dichten Wolkendecke für einen kleinen Moment eine Lücke zeigt und die Spitzen der umliegenden Berge in einem fantastisch gelben Licht präsentiert.

Chndzoresk  -  Artsvanik  -  70 km  -  km 45385

 

 

16. Oktober 2012 - Der Iran in Sichtweite

 

Die sternenklare Nacht verspricht uns einen sonnigen Tag, doch schon bald nach Sonnenaufgang verdichten sich die Wolken und verstecken all die tollen Berge um uns herum. So fahren wir nach dem Frühstück hinunter nach Kapan, aktualisieren unsere Homepage und verprassen unsere letzten Dram im Supermarkt.

Dann geht es endgültig in Richtung Iran. Die Landschaft um uns herum ist gigantisch schön, die Sonne ist inzwischen auch wieder da und bringt den Herbstwald so richtig zum leuchten. Nach Kadjaran, einer tristen Bergbaustadt, schraubt sich die Straße hoch auf einen Pass, den wir erst bei gut 2.500 Metern erreichen. Wir sind umringt von fast 4.000 Meter hohen, felsigen Bergen, die hier die Grenze zur azerbaidjanischen Enklave  Naxcivan bilden.

Nun geht es wieder rund 2.000 Höhenmeter steil hinunter nach Meghri, der letzten Stadt im südlichen  Armenien. Die ärmlichen Häuser ducken sich dicht aneinander in der engen Schlucht des gleichnamigen Flusses, hier ist wirklich das Ende der armenischen Welt, eingequetscht zwischen den Nachbarn Iran und Azerbaidjan.

Gleich nach Meghri erreichen wir den Grenzfluss zum Iran, den Aras, und in unmittelbarer Sichtweite der Grenze, etwas oberhalb des Flusses, finden wir einen annehmbaren Übernachtungsplatz. Und als uns ein vorbeikommender Offizier der armenischen Grenztruppen das o.k. für unseren Platz gibt, gönnen wir uns zum Abschluss dieser Reiseetappe ein wunderbares Rinderfilet aus unseren Tifliser Beständen und vernichten sämtliche Alkoholika, die wir noch so finden können.

Na denn, Prost!

Artsvanik  -  Meghri  -  95 km  -  km 45480

 

 

 

17.Oktober 2012 - Wir sind im Iran!

Die Sonne lacht vom nur leicht bewölkten Himmel als wir aufstehen, und bereits um 9:00 Uhr stehen wir an der armenischen Grenze. Die Ausreise ist ähnlich langwierig wie die Einreise, und so dauert es rund 1 ½ Stunden, bis wir endlich die Grenzbrücke zum Iran passieren können.

Dort werden wir sehr freundlich begrüßt, man lotst uns geduldig von einem Schalter zum nächsten, und die jeweiligen Fahrzeugkontrollen werden äußerst oberflächlich durchgeführt. Einzig die Lachnummer mit der Fahrzeugdesinfektion, wo wir wie bei einer Waschstraße durch ein Vorsprühgatter fahren müssen, während „Manni“ sparsam mit einer undefinierbaren Lösung besprüht wird, passt nicht so recht ins professionelle Bild. Und dafür will der Oberdesinfektionsinsprektor auch noch einen Euro!

Nach zwei Stunden werden wir mit besten Wünschen für unsere Reise durch den Iran verabschiedet – wir sind drin! Mangels Beschilderung und fehlerhaftem Kartenmaterial übersehen wir allerdings gleich mal die Abzweigung, die wir nehmen wollten, doch ein um Rat gefragter Bauer fährt uns mit seinem Uralt-Pickup vorsichtshalber voraus, damit wir Dödel die Abzweigung nicht wieder verpassen.

Mit den wahrscheinlich letzten Dieselreserven, da wir natürlich zu geizig waren, in Armenien nochmal zu tanken, erreichen wir nach einer wilden Berg- und Talfahrt schließlich Kharvana, wo wir für fast 250 Liter Diesel gerade mal 20 Euro löhnen. Der Liter kostet uns also rund 8 Cent!

Mit einem breiten Tankstellengrinsen machen wir uns auf die Weiterfahrt. Die Menschen lachen uns zu, winken freundlich, es ist ein toller Empfang in diesem spannenden Land. Die Straße ist teilweise extrem kurvenreich durch die kargen Berge gebaut, so dass wir nur sehr langsam voran kommen. In Varzegan machen wir die ersten Einkaufserfahrungen  - eine Wassermelone und ein großer Beutel frischer Knoblauch für nicht einmal 50 Cent! Dort und auch in den Dörfern der Umgebung sehen wir allerdings auch die Verwüstungen, die das erst vor wenigen Wochen hier die Menschen so hart getroffene Erdbeben hinterlassen hat.

Auf halber Strecke nach Ahar kommen wir an einem tiefblauen Stausee vorbei, dessen Ufer wir für unser Nachtlager ansteuern. Als kurz darauf die Sonne hinter den hohen Bergen verschwindet, wird es sofort kalt und wir verziehen uns in unseren „Manni“.

Mehgri (Armenien)  -  vor Ahar (Iran)  -  160 km  -  km 45640

 

 

18.Oktober 2012 - An den Fuß des Sabalan

Die dichte Bewölkung des frühen Morgen löst sich nur sehr zögerlich auf, und so starten wir erst relativ spät. Ahar ist schnell erreicht, wo wir uns erst mal nach einer Bäckerei umsehen. Als wir eine entdecken, stellen wir uns zu dem Dutzend Wartenden, da soeben frisches Brot aus dem Ofen geholt wird. Wir sind natürlich sofort im Mittelpunkt des Interesses, und als das erste Bort fertig ist, wird es uns nach hinten durchgereicht.

Diese Sonderbehandlung ist uns natürlich etwas unangenehm, doch wir haben keine Chance, dagegen aufzubegehren. Wir bedanken uns für diese aufmerksame Geste und man lacht und winkt uns nach, als wir wieder zu unserem „Manni“ zurückgehen. Wenig später fragen wir drei Jungs am Straßenrand nach dem richtigen Weg aus der Stadt heraus, worauf einer sofort in sein Auto springt und uns bis zur entscheidenden Kreuzung vorausfährt. Willkommen im Iran!

Die gute Hauptstraße schlängelt sich großzügig durch das weite Hochtal, die Felder sind abgeerntet, tonnenweise Äpfel werden am Straßenrand feilgeboten. Wir kommen nach Meshgin-Shahr, einem Landstädtchen am Fuße des Sabalan, mit 4.811 Metern Höhe der dritthöchste Berg im Iran. In Lahrud biegen wir auf die Straße ab, die nun bis auf eine Höhe von rund 2.700 Metern durch die Sommerweiden der Sabalan-Nomaden führt. Unzählige Schafherden werden talwärts getrieben, die Lager abgebaut, da der nahende Winter eine Bewirtschaftung in diesen Höhen nicht zulässt. Und als die Wolkendecke über dem Bergmassiv gegen Abend für kurze Zeit etwas auflockert, sehen wir den bereits verschneiten Sabalan doch noch.

Wir stellen uns auf einen kleinen Hügel inmitten der Hochflächen und verbringen den Nachmittag mit relaxen und einem kleinen Spaziergang. Am Abend fängt es dann an zu regnen, mal sehen, ob wir morgen trotzdem eine Wanderung hier oben machen können.

Vor Ahar  -  Sabalan-Hochalm  -  150 km  -  km 45790

 

 

19.Oktober 2012 - Ardebil

Ein herrlicher Morgen weckt uns zwar mit kaltem, aber sonnigem Wetter, der Sabalan steht direkt vor uns und begeistert mit seiner wuchtigen Präsenz. Also entscheiden wir, doch eine Wanderung zu machen, obwohl in der Nacht der Regen über uns in Schnee überging und die Schneefallgrenze kurz oberhalb unseres Übernachtungsplatzes  liegt. Doch die Sonne leckt ihn schnell wieder weg, und so starten wir nach dem Frühstück zu einer Runde über die Hochalmen. Leider ist der plötzlich aus dem Tal aufsteigende Nebel schneller als wir, und so sind wir schon bald von den dichten Schwaden eingehüllt und müssen die Tour mangels Sicht wieder abbrechen.

Nach einer warmen Dusche im „Manni“ rollen wir langsam hinunter ins Tal, in wärmere Gefilde und sonnigeres Wetter. Auf der sehr guten Überlandstraße, die bald darauf sogar zur Autobahn wird, erreichen wir zügig Ardebil, die wichtigste Stadt hier im Nordosten des Iran. Dort angekommen, steuern wir direkt das bedeutendste Bauwerk der Stadt an, das Mausoleum von Sheikh Safi. Dieser historische Komplex stammt in seinen wesentlichen Teilen aus dem 17. Jh. und besticht durch eine ausgesprochen feine Ornamentik in den einzelnen Bauelementen. Vor allem die Grabtürme sind sehenswert, aber auch der sog. Porzellanraum, wo eine perfekte Kopie des berühmten Ardebil-Teppichs zu bewundern ist.

Anschließend fahren wir zum südlich der Stadt gelegenen Shurabil-See, der dank eines Freizeitparkes mit vielen Fahrgeschäften ein beliebtes Ausflugsziel der ardebiler Jugend ist, die hier in so für iranische Verhältnisse nicht erwarteter, frecher Offenheit den Abend genießt. Inmitten dieser lebensfrohen Atmosphäre parken wir unseren „Manni“ und bleiben anschließend gleich für die Nacht stehen.

Sabalan/Hochalm  -  Ardebil  -  105 km  -  km 45895

 

 

20.Oktober 2012 - Ardebiler Leben

Als wir nach einer ungestörten Nacht einen ersten Blick nach draußen riskieren, schauen wir direkt auf den Sabalan, der sich bei wolkenlosem Himmel scheinbar gleich hinter der Stadtgrenze aufbaut. Um uns herum joggen emsige Frühsportler, die ersten Studenten streben zur Uni.

Wir fahren nochmal in die Stadt hinein, um ein wenig durch den herrlich bunten Basar zu schlendern, einzukaufen und eine Internetverbindung ausfindig zu machen. Die Preise für Lebensmittel sind sensationell niedrig für uns, für umgerechnet € 1,50 bekommen wir kiloweise Obst und Gemüse.

Plötzlich spricht uns ein junger Iraner in tadellosem Englisch an, ob er uns irgendwie helfen kann. Er ist Englischlehrer und ist froh, sich mal wieder in dieser Sprache unterhalten zu können. Er führt uns zu einer Wechselstube, wo wir günstiger als auf den staatlichen Banken 50 Dollar tauschen und dafür 1.760.000 Rial bekommen. Als frischgebackene Millionäre ziehen wir also wieder los und er bringt uns in das kleine Büro eines Freundes, wo wir dessen schnelle Internetverbindung so lange nutzen können, wie wir wollen. Anschließend verabschiedet er sich von uns, nicht ohne uns an einen weiteren Freund übergeben zu haben, der uns zu einem typischen Straßenrestaurant führt, wo wir uns für drei Euro satt essen.

Begeistert von den Erlebnissen in Ardebil machen wir uns auf den Weg nach Süden. Die Strecke führt hinauf in die kahlen Berge bis nach Kivi und von dort durch ein schönes, fruchtbares Tal weiter nach Khalkhal. Dort biegen wir am Stadtrand in einen Feldweg ein und stellen uns auf eine saftig grüne Wiese unter herbstlich bunte Pappeln. Nach einigen netten Gesprächsversuchen mit vorbeikommenden Bauern verbringen wir dann einen ruhigen Abend.

Ardebil  -  Khalkhal  -  120 km  -  km 46015

 

 

21.Oktober 2012 - Über die Berge nach Masuleh

Die Nacht war kalt, die Morgensonne hat Mühe, den Raureif auf den Wiesen verschwinden zu lassen. Doch es wird schnell angenehmer, auch wenn das Thermometer tagsüber nicht mehr über 16°C klettert.

Am Ortsende von Khalkhal steuern wir eine Tankstelle an, um wieder etwas Diesel nachzutanken. Sofort sind wir die Attraktion der Tanke und im Mittelpunkt freundlichen Interesses. Während Conny alle Anwesenden unter großem Gelächter fotografieren muss, lasse ich einstweilen „Mannis“ Durst befriedigen. Der Tankwart hat so viel Spaß mit uns, dass er uns auf seine Karte tanken lässt, was uns schlussendlich für gut 450 Liter Diesel umgerechnet 16 Euro (!) kostet, also gerade mal 3 ½ Cent für den Liter…

Nach einer Stunde Spaß an der Tanke machen wir uns wieder auf den Weg. An der Polizeikontrollstelle am Ortsausgang werden wir äußerst freundlich gebeten, unsere Papiere zur Registrierung zu reichen. Anschließend frägt uns der kontrollierende Polizist fast verlegen, ob er mal in unseren „Manni“ schauen dürfte, es würde ihn interessieren, wie es da drin aussieht. Diesen Wunsch erfüllen wir doch gerne, worauf er schon unten auf der Straße die Schuhe auszieht, bevor er sich schüchtern etwas umsieht und sich dafür herzlich bedankt.

Die Straße führt nun immer weiter hinein in die Berge, wir erreichen Kolur und kurz darauf ein kleines Nest. Dort halten wir an, um Brot und Obst zu kaufen. Neben dem Kramerladen ist ein unscheinbares Straßenlokal, wo wir uns gleich noch Kebab mit Reis bestellen. Kurz darauf spricht uns ein Gast auf Deutsch an, er hat lange in Wiesbaden gelebt. Nach einer Stunde angeregter Unterhaltung lässt er es sich natürlich nicht nehmen, uns einzuladen, während der alte Kramer von nebenan uns zum Nachtisch noch einen Teller frischer Weintrauben auf den Tisch stellt.

Wir sind begeistert, fast gerührt von so viel Gastfreundschaft, und machen uns bei leichtem Nieselregen auf unseren Weiterweg. Die Straße wird zur Piste, die sich bis auf über 2.350 Meter hoch hinauf in die wilden Berge schraubt. Auf der anderen Passseite verschluckt uns dichter Nebel, und so sehen wir nichts von der steilen Abfahrt, die uns innerhalb weniger Kilometer über 1.000 Höhenmeter nach unten bringt.

Unser Ziel, die Kleinstadt Masuleh, die inmitten dichter Wälder versteckt am Berghang liegt, erkennen wir erst, als wir schon am oberen Ortsrand stehen. Wir bummeln durch die schmalen Gassen und Treppen um die alten Häuser, deren flache Dächer immer die Terrasse für das darüber stehende Haus sind. Gemütliche Cafes und winzige Läden locken die Gäste, alte Frauen bieten Handarbeiten an.

Wir stellen uns direkt vor der Stadt unter großen Bäumen auf einen Parkplatz und genießen den abendlich beleuchteten Blick über das pittoreske Dorf.

Khalkhal  -  Masuleh  -  100 km  -  km 46115

 

 

22.Oktober 2012 - Wir sind am Kaspischen Meer

Es regnet. Erst leise vor sich hin, und als wir dann nochmal einen Rundgang durch Masuleh machen, so richtig. Und nachdem wir dann bei strömendem Regen wieder bei „Manni“ ankommen und auch noch Wasser aufgefüllt haben, hört es auch schon wieder auf…

Na gut, wir sind schnell wieder trocken und fahren weiter hinunter in die große Schwemmebene am Kaspischen Meer. Über Furman erreichen wir die Außenbezirke von Rasht, wo wir an einer modern aussehenden LKW-Werkstatt halten, um deren Internet kurz zu nutzen. Und dort erleben wir wieder echt iranische Gastfreundschaft.

Selbstverständlich gibt man uns auf unsere Bitte hin sofort den entsprechenden Zugangscode, stellt uns das Konferenzzimmer zur Verfügung mit der Zusage, es solange nutzen zu dürfen, bis wir alles erledigt haben. Natürlich wird uns dazu Tee gereicht. Als wir uns nach einer halben Stunde bedanken und verabschieden wollen, lädt man uns, da inzwischen Mittagszeit ist, gleich noch zum Mittagessen ein und kocht für uns. Und als wir uns mit runden Bäuchen nun endgültig verabschieden wollen, stört man sich an der wirklich schmutzigen Erscheinung „Mannis“ und verpasst ihm noch eine intensive Ganzkörperwäsche, natürlich kostenlos. Als sie uns dann noch einen Ölservice anbieten, wird es langsam peinlich und wir flüchten fast vor so viel Gastfreundschaft und Service. Und sie bedanken sich bei uns, dass sie uns helfen durften!

Bestens gelaunt machen wir uns auf die Weiterfahrt – und stehen in Rasht erst mal ausgiebig im Stau, da der Verkehr an einem zentralen Kreisverkehr durch eine Ampelanlage dermaßen aus dem Rhythmus gebracht wird, dass gar nichts mehr geht. Doch irgendwann haben wir auch dieses Hindernis überwunden und kommen nun zügig über Khomam nach Bandar Anzali,  wo wir in einer Neubausiedlung am östlichen Stadtrand fast direkt am Kaspischen Meer einen sehr ruhigen Platz entdecken. Und es ist eigentlich klar, dass ein wenig später unser Nachbar, neben dessen Haus wir stehen, an unsere Tür klopft, uns etwas zu essen vorbei bringt, uns bittet, direkt in seinem Hof zu übernachten, seinen Sohn, der englisch spricht, herzitiert und uns zu verstehen gibt, dass wir seine Gäste sind und er für unser Wohl verantwortlich ist.

Willkommen im Iran…

Masuleh  -  Bandar Anzali  -  110 km  -  km 46225

 

 

23.Oktober 2012 - Bandar Anzali

Das noch warme Wasser des Kaspischen Meeres lockt nach dem Aufstehen, doch leider kann nur ich diese Gelegenheit nutzen, für Conny wäre zum Baden ein Ganzkörperkondom Pflicht, um die hier herrschenden Sitten nicht zu verletzen. Anschließend fahren wir nach Bandar Anzali hinein, um den dortigen Fischmarkt zu besuchen. Nach gut einer Stunde auf dem originellen Markt kennt uns jeder, da Conny fast alle fotografieren muss und alle Beteiligten dabei einen riesen Spaß haben. Dabei lernen wir noch einen älteren Herrn samt seiner Frau kennen, der insgesamt 16 Jahre in Berlin Medizin studierte und danach als Arzt praktizierte.

So kommen wir erst gegen Mittag los und fahren wieder über Khomam zurück nach Rasht. Von dort aus tauchen wir in die Berge ein und erreichen kurz darauf das kleine Städtchen Rudbar, wo wir nach unserer Anfrage nach einer Internetverbindung gleich in die private Wohnung gebracht werden, um deren Netz zu nutzen.

Nach dieser freundlichen Unterstützung verlassen wir Rudbar in Richtung Zandjan. Gleich hinter Rudbar sperrt ein riesiger Staudamm das Tal ab, und am dahinter liegenden See finden wir auch schnell einen ruhigen Platz. Ein wenig später besucht uns dann noch ein junger Bursche auf seinem Moped, um uns für den nächsten Morgen zum Tee einzuladen. Und als es dunkel ist, hüpft auch Conny noch unbeobachtet in den klaren See.

Bandar Anzali  -  Stausee Sefid Rud  -  145 km  -  km  46370

 

 

24.Oktober 2012 - Treffen mit Carmelita und Wolfgang aus Otterfing

Pünktlich um 9:00 Uhr steht Hossein bei uns vor der Tür, um uns zum verabredeten Tee abzuholen. Wir bleiben fast zwei Stunden in dem bescheidenen Häuschen der Familie, sitzen auf dicken Teppichen und bekommen einen kurzen Einblick in das einfache Leben in diesem kleinen Dorf.

Doch wir müssen aufbrechen, denn wir sind heute mit Carmelita und Wolfgang, unseren lieben Freunden aus unserer Nachbarschaft, die mit einer organisierten Gruppe unterwegs sind, um die Welt einmal zu umrunden, bei Zandjan verabredet. Um dorthin zu gelangen, müssen wir erst noch einen steilen Pass mit rund 2.000 Höhenmetern überwinden, um auf die Hochflächen von Zandjan zu gelangen. Die kurvige Straße schraubt sich höher und höher und gibt dabei imposante Tiefblicke frei.

Kurz vor Zandjan erfahren wir beim Abrufen unserer Mails, das wir freundlicherweise in einer Mercedesniederlassung machen dürfen, dass unser Treffpunkt nach Soltaniyeh verlegt wurde. Das passt uns ganz gut ins Konzept, da wir das dortige Mausoleum des Öldjeitü mit der größten gemauerten Kuppel der Welt sowieso besichtigen wollen.

Als wir dort eintreffen, ist das Mausoleum schon eingekreist von den 23 Fahrzeugen der Truppe, ein für uns sehr ungewohntes Bild, so viele Reisende auf einem Haufen zu sehen. Doch die Freude, Carmelita und Wolfgang zu treffen, ist natürlich riesengroß, und nach der Besichtigung des Mausoleums, das leider innen komplett eingerüstet ist und somit eigentlich fast jeglichen Reiz vermissen lässt, gesellen wir uns zur Gruppe, die inzwischen am Ortsrand von Soltaniyeh eine nicht zu übersehende, lockere Wagenburg gebaut hat.

Wir stellen uns gemeinsam mit den Beiden etwas Abseits, um in Ruhe unser Wiedersehen zu genießen, und kommen natürlich erst sehr spät ins Bett.

Wir sind jetzt genau 15.000 Kilometer auf Achse…

Stausee Sefid Rud  -  Soltaniyeh  -  145 km  -  km 46515

 

 

25.Oktober 2012 - Ein großer Sprung nach Osten

Da wir natürlich ohne Alkohol auskommen mussten, sind wir trotz der kurzen Nacht fit, als die Gruppe ab 7:00 Uhr anfängt, aufzubrechen. Carmelita und Wolfgang starten erst eine Stunde später, und so können wir noch ein wenig quatschen, bevor auch sie sich auf den Weiterweg ihrer Weltreise machen. Es war wirklich schön, dass es mit unserem Treffen geklappt hat.

Als dann alle weg sind, spüren wir sofort, wie gut es tut, alleine unterwegs zu sein, und nicht mit einer solch großen Truppe…

Da wir noch eine Halterung eines Küchenkastens reparieren müssen, kommen wir erst spät los, doch die Fernstraße ist hervorragend, die Landschaft ausgesprochen langweilig und der Himmel inzwischen dicht bewölkt, so dass wir zügig dahin rollen und vorbei an Abhar und Takestan bereits mittags in Qazvin sind. Dort bummeln wir ein wenig durch den Bazar, gehen für drei Euro wirklich gut essen, und als wir uns zur Verdauung noch ein paar alte Gemäuer reinziehen wollten, fängt es ordentlich an zu regnen.

So lassen wir das mit dem Sightseeing und leisten uns dafür die dreispurige Autobahn in Richtung Teheran, die wir für umgerechnet knapp fünf Cent Mautgebühr benutzen dürfen. Bei Dauerregen und immer dichter werdendem Verkehr nähern wir uns der 12-Millionen-Metropole, doch in Karaj, einem Vorort von Teheran, der auch bereits eine Million Einwohner zählt, biegen wir ab in Richtung Norden, in das Alborz-Gebirge. Leider ist es inzwischen schon dunkel, so dass wir auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz nichts mehr von der tollen Landschaft sehen. Es regnet immer noch, was uns in einem langen Tunnel entlang des Stausees von Amir Kabir fast zu Verhängnis wird, da nur wenige Meter vor uns zwei Pritschenwagen auf der glitschigen Straße ins Schleudern kommen und gegen die Tunnelwand prallen. Wir haben alle Hände voll zu tun, „Manni“ zum stehen zu bringen, da die Bremsen auf dem schmierigen Asphalt nur sehr zögerlich greifen.

Nach dieser Schrecksekunde entdecken wir direkt am Tunnelausgang einen vertretbaren Platz zum Übernachten und beobachten aus der Ferne noch die Bergung der verunfallten Fahrzeuge.

Soltaniyeh  -  Stausee Amir Kabir  -  300 km  -  km 46815

 

 

26.Oktober 2012 - Im zentralen Alborz-Gebirge

Die ganze Nacht hat es geregnet, und so präsentiert sich der Himmel am Morgen wolkenverhangen und versteckt damit auch die herrlichen Berge dieses mächtigen Gebirges nördlich von Teheran. Doch Aussitzen geht nicht, dazu ist unser Standplatz nicht geeignet, zumal der Tunnel, an dessen Ausgang wir stehen, schon wieder aufgrund eines Unfalls kurzfristig gesperrt ist, als wir in die andere Richtung losfahren.

Unzählige Ausflugslokale säumen die Straße, die sich stetig immer höher hinauf schraubt. Freundlicherweise bessert sich das Wetter, es regnet nur noch leicht und auch nicht mehr andauernd, manchmal ist sogar ein bisschen blauer Himmel zu erblicken. Als die Wolkenlöcher größer werden und die richtig hohen Berge, die hier locker über 4.000 Meter hoch sind, freigeben, sehen wir, dass es fast bis auf 3.000 Meter herunter frisch geschneit hat.

Gleich hinter Gachsar, auf rund 2.700 Metern Höhe, ist der Kandovan-Pass untertunnelt und wir erreichen das Zentrum des Alborz-Gebirges. In Valiabad biegen wir auf eine schmale Bergstraße ab, die uns bis auf 3.155 Meter hoch bringt. Saukalt ist es hier oben, nur noch 6°C. hat es, und der Wind peitscht den Regen quer an unseren „Manni“. Wir verlassen diesen ungemütlichen Pass und kurbeln fast 1.000 Höhenmeter hinunter in das Tal des Flusses Nour. Dieses Tal bietet auch jetzt noch spät im Jahr mit seinen grünen Wiesen und herbstlich gefärbten Pappeln ein herrliches Bild.

Kurz vor Baladeh, dem Hauptort im Tal, fahren wir hinunter zum Nour und stellen uns inmitten im Wind wiegender Pappeln direkt ans Ufer. Wir nutzen das besser gewordene Wetter zu einem kleinen Spaziergang durch die abgeernteten Felder mit herrlichen Blicken auf die schneebedeckten 4.000er, bevor uns am Abend wieder heftiger Regen in unseren „Manni“ vertreibt.

Stausee Amir Kabir  -  vor Baladeh  -  105 km  -  km 46920

 

 

27.Oktober 2012 - Rund um den Damavand

Es muss kalt gewesen sein in der Nacht, denn „Manni“ ist komplett von einer dünnen Eisschicht überzogen. Doch die ersten Strahlen der Morgensonne tauen ihn schnell wieder auf. Ja, das Wetter ist schön heute, die schneebedeckten Gipfel winken zu uns herab und die Bäume leuchten in allen Farben des Herbstes. Leider ist der blaue Himmel nur von kurzer Dauer, denn als wir starten, haben die Wolken schon wieder die Überhand gewonnen.

Das tut der herrlichen Landschaft aber keinen Abbruch, wir passieren viele kleine Dörfer und auch Baladeh, den Hauptort hier im Tal. Als wir auf die Fernstraße nach Teheran treffen, sind wir fast 2.500 Höhenmeter abwärts gefahren seit der gestrigen Passhöhe. Dichter Verkehr begleitet uns nun in Richtung der Metropole, viele abenteuerliche Tunnel fordern unsere ganze Aufmerksamkeit.

In Gazanak erahnen wir zum ersten Mal den Damavand, denn der versteckt sich hartnäckig unter einer dichten Wolkendecke. Wir nehmen die Nebenstrecke über Reineh, nähern uns dabei dem Bergriesen bis auf eine Höhe von rund 2.500 Metern Höhe, sehen allerdings nach wie vor nichts von ihm. Schade…

In der Zwischenzeit regnet es auch noch wie aus Kübeln, so dass wir erst mal nach Polur hinunter fahren, um aus der Kälte zu kommen, da wir nun unsere schon seit einigen Wochen nicht mehr funktionierende Heizung anfangen zu vermissen. Am Abend kehren wir dort dann noch ein, das Essen ist sehr gut und das Lokal schön warm.

Für morgen früh ist sonniges Wetter angesagt, mal sehen, vielleicht erblicken wir ihn ja doch noch, den Damavand…

Vor Baladeh  -  Polur  - 160 km  -   km 47080

 

 

28.Oktober 2012 - Was für ein Berg!

Ein erster Blick um sechs Uhr morgens – und schon sind wir raus aus den warmen Federn. Ein riesiger, schneebedeckter Vulkankegel, von der soeben aufgehenden Sonne golden angestrahlt, erschlägt uns fast mit seiner unglaublichen Präsenz. Majestätisch reckt er sich in den fast wolkenlosen Himmel, überragt alle anderen Trabanten um ein vielfaches. 5.671 Meter hoch ist er, Schwefeldämpfe steigen aus seinem Inneren auch heute noch unaufhörlich auf. Leider sind wir zu spät dran dieses Jahr, große Neuschneemengen und eisige Temperaturen lassen uns auf eine Besteigung schweren Herzens verzichten.

Den ganzen Vormittag verbringen wir im Dunstkreis dieses Riesen, können uns nicht sattsehen an seiner herrlichen Erscheinung. Erst gegen Mittag machen wir uns auf den Weg in Richtung Teheran. Unterwegs telefonieren wir mit Mohsen, den wir mit seiner Familie vor vielen Wochen an der türkisch/georgischen Grenze getroffen hatten. Die Freude und auch die Überraschung ist groß, dass wir uns tatsächlich wie versprochen melden, wenn wir in Teheran sind.

Über Rudehen erreichen wir die Vorstädte dieser gigantischen Metropole, die sich auf über 600 qkm am Fuß des Alborz-Gebirges ausbreitet. Unser Gefühl sagt uns, dass wir auf dem Parkplatz der Gondel, die am nördlichen Stadtrand in die Berge führt, einen guten Stellplatz für unsere Tage in Teheran finden werden. Und so ist es dann auch. Nachdem Manager, Direktor und Securitychief grünes Licht geben, denn ein solchen Ansinnen hat hier sicher noch niemand gehabt, dürfen wir uns für die nächsten drei Tage häuslich einrichten. Ein toller Blick über die Stadt, relative U-Bahn-Nähe und vor allem saubere Luft zum Atmen machen diesen Platz so attraktiv.

Am Abend quälen wir uns dann fast 1 ½ Stunden mit den Taxi durch die Stadt zu Mohsen, Elaheh und dem kleinen Hesam, wo wir einen super netten Abend verbringen und natürlich köstlich bewirtet werden. Erst gegen Mitternacht sind wir dann schließlich wieder in unserem „Manni“. Es war ein sehr langer, aber unheimlich toller Tag.

Polur  -  Teheran  -  145 km  -  km 47225

 

 

29.Oktober 2012 - Teheran zum Ersten

Teheran bietet nun nicht unbedingt die Highlights des Iran, doch wenn wir schon mal da sind, dann wollen wir natürlich auch mal in die City. Das geht am besten mit der U-Bahn, zu deren Endstation in unserem Stadtviertel uns freundlicherweise ein Passant, den wir nach dem besten Weg fragen, gleich mit dem Auto hinfährt. Von hier aus sind wir dann binnen einer halben Stunde direkt im Zentrum, wo wir natürlich erst mal durch den riesigen Bazar schlendern. Höhepunkt ist hier der berühmte Teppichbazar, der mich natürlich an meine berufliche Vergangenheit erinnert. Allerdings hat dieser Umschlagplatz für persische Teppiche auch schon bessere Tage erlebt, das ganze Szenario wirkt etwas traurig.

Anschließend besuchen wir noch den aufwändig renovierten Golestan-Palast, wo die letzten persischen Herrscher residierten. Danach sind wir platt und halb erstickt von den Abgasen, so dass wir schleunigst wieder in die U-Bahn flüchten und uns in höher gelegene Stadtteile verziehen. Von Tajrish aus werden wir dann von einem Bus zum nächsten gereicht, da wir natürlich nichts lesen können. Aber die Menschen hier sorgen schon dafür, dass man bestens umsorgt ist.

Gegen 21:00 Uhr kommen dann noch Mohsen und Elaheh bei uns vorbei uns wir stürmen noch schnell einen iranischen Chickenburgerladen. Und schon ist es fast wieder Mitternacht…

Teheran  -  0 km  -  km 47225

 

 

30.Oktober 2012 - Teheran zum Zweiten

Unser Plan, mit der längsten Kabinenbahn der Welt auf den Hausberg von Teheran zu fahren, um in immerhin fast 4.000 Metern Höhe durch den Schnee zu stapfen und den Ausblick über der Stadt zu genießen, scheitert an den schnell aufziehenden Wolken über den Bergen. So warten wir auf Mohsen, der sich heute Urlaub genommen hat, um mit ihm die Saadabad-Paläste und Museen zu besichtigen und der uns dabei viele interessante Dinge über das Leben im heutigen Iran erzählt.

Diese Paläste liegen alle in einem herrlichen Park unter hohen Bäumen und grünen Rasenflächen, und bilden eine angenehme Insel der Ruhe inmitten der Großstadthektik. Sie wurden überwiegend während der letzten hundert Jahre erbaut und dienten dem Herrscherhaus der Pahlevi-Dynastie als Sommerresidenz. Sie bieten somit einen interessanten Einblick in die feudale Welt der gekrönten Häupter der jüngeren Vergangenheit.

Nach so viel Geschichte fahren wir anschließend mit Mohsen nach Hause zu Elaheh und Hesam, wo auch schon die Freunde Mina und Mahmud Reza, die damals auch auf der Reise dabei waren, als wir uns kennen gelernt hatten, auf uns warten. Elaheh verwöhnt uns dann mit einem typisch iranischen Gericht namens Dizi und wir verbringen gemeinsam einen wunderschönen, gemütlichen und interessanten Nachmittag im Kreis dieser lieben Freunde. Kugelrund gemästet und rundherum zufrieden bringt uns später am Abend ein Taxi wieder zurück zu unserem „Manni“. So werden uns die Tage in Teheran in wundervoller Erinnerung bleiben…

Teheran  -  0 km  -  km 47225

 

 

31.Oktober 2012 - Ein Bürotag über Teheran

Eigentlich wollten wir ja heute den für gestern geplanten Ausflug in die Berge nachholen, doch als wir so vor unserem „Manni“ stehen, werden wir von der Geschäftsleitung der Kabinenbahn erst mal zu Tee eingeladen. So lernen wir den Personalmanager, den Facilitymanager, den Financemanager, den Securitymanager, den Supportmanager, den Economymanager, den Hotelmanager und natürlich den Generalmanager näher kennen. Es war uns bisher nicht klar, dass eine Seilbahn… Na gut, so ist zumindest alles bestens organisiert und kontrolliert, und wir bekommen dann auch noch Freikarten für die Bahn geschenkt. Toll! Anschließend dürfen wir auch noch unseren Toiletteninhalt auf der Bürotoilette umweltgerecht entsorgen, bekommen den Anschluss für die Trinkwasserversorgung gezeigt und entdecken auch noch einen für uns erreichbaren Stromanschluss. Fast wie auf einem Campingplatz…

Den Rest des Tages verbringen wir dann in einem Cafe mit bester Aussicht auf die Stadt und vor allem mit Internetanschluss, so dass endlich unsere Homepage auf den neuesten Stand gebracht und unsere ganzen Mails mal wieder beantwortet werden können. Ein Abendspaziergang durch dieses beliebte Freizeitareal lockert dann unsere steif gewordenen Knochen und wir entdecken eine Bogenschießanlage, eine Bungeesprungturm, eine Kletterwand, eine Skaterbahn und unzählige Restaurants und Cafes. Jede Menge Bergwanderer und Hand-in-Hand flanierende Pärchen runden das Bild ab. Also von wegen vergnügungsfreier Iran und so…

So bleiben wir natürlich noch eine weitere Nacht auf unserem tollen Platz hier oberhalb der Stadt und werden den geplanten Bergausflug morgen nachholen, sofern nicht wieder etwas Wichtiges dazwischen kommt.

Teheran  -  0 km  -  km 47225

 

 

01.November 2012 - Wochenende in Teheran

Der Donnerstag ist hier eigentlich der Samstag, und so strömen tausende Menschen zum Berg, also fast wie bei uns zuhause. Und da das Wetter heute richtig schön ist, entscheiden wir uns, noch einen Tag hier zu bleiben, unsere Freikarten zu nutzen und doch noch auf den Tochal zu fahren.

Auf dem Weg zur Bahn haben wir plötzlich eine Halluzination – oder doch nicht? Wir lernen Ahmad kennen, einen älteren Herrn im original Garmisch-Partenkirchener Outfit, mit Bundhosen und Kniestrümpfen, Trachtenjanker und Hut samt kleinem Gamsbart. Ein herzliches „Ja, Grüß Gott!“ reißt uns in die Wirklichkeit zurück, und das Geheimnis lüftet sich schnell. Ahmad hat als junger Mann in Deutschland studiert und gearbeitet und war gerne bei uns in Oberbayern im Urlaub.

Leider ist auch heute nur die erste der drei Bahnsektionen in Betrieb, und so müssen wir uns mit einer Wanderung bis auf rund 3.050 Meter begnügen, da wir für den Gipfel natürlich viel zu spät dran sind. Macht aber nichts, ist auch so ganz schön, so weit oberhalb von Teheran zu sitzen und auf die Riesenstadt hinunter zu sehen. Auf unseren ursprünglich geplanten Besuch des Kletterturms verzichten wir dann nach unserer Rückkehr, da wir doch ganz schön geschafft sind.

Nach dem Duschen und Waschen einiger Klamotten wird uns von der Geschäftsleitung unseres „Campingplatzes“ heißer Tee an unseren „Manni“ gebracht, und wir verbringen einen äußerst netten und vor allem informativen Abend mit Ali, dem Personalmanager, mit Bahman, dem Controllmanager, und dem Securitychef des Unternehmens. Erst spät in der Nacht machen sich die drei auf den Heimweg, nachdem wir uns herzlich bedankt haben für die Möglichkeit, dass wir fünf Nächte auf dem Gelände übernachten durften.

Teheran  -  0 km  -  km 47225

 

 

 

02.November 2012 - Es geht weiter Richtung Süden

Fast die ganze Nacht war Hochbetrieb in den Freizeitanlagen und als wir gegen 6:30 Uhr schon wieder regen Verkehr um uns herum vernehmen, stellen wir fest, dass der gesamte Riesenparkplatz voll geparkt ist mit Sonntagsausflüglern, die forsch in die Berge ziehen. Nix los im Iran?

So stehen wir zeitig auf und machen uns abfahrtsbereit, füllen Wasser auf und verabschieden uns von den diensthabenden Jungs. Vielen Dank für die schöne Zeit bei Euch, aus geplanten drei wurden schlussendlich fünf Tage in Teheran. Da heute Freitag, also Sonntag ist, kommen wir ohne großen Verkehr durch den Moloch, schauen noch kurz beim Azadi-Monument, dem Wahrzeichen Teherans, vorbei und finden schlussendlich auch die Autobahn in Richtung Qom.

Diese ist für LKW eigentlich gesperrt, was wir aber geflissentlich übersehen, jedoch prompt von der Polizei herausgewunken werden. Da ich deren verzweifelte Versuche, mich über mein Fehlverhalten aufzuklären, nur mit dümmlich grinsender Miene erwidere, lässt er uns schließlich mit einer resignierenden Handbewegung weiter die Autobahn benutzen, und wir schauen, dass wir Land gewinnen.

Das tun wir an der ersten Mautstelle, wo wir mangels LKW-Tarif kostenlos durchfahren dürfen. Die Strecke nach Qom führt nun durch ein ziemlich tristes und steiniges Gebiet ohne jegliche Höhepunkte, lediglich ein großer Salzsee sorgt für etwas Abwechslung, so dass wir dank der dreispurigen Autobahn diese Gegend schnell hinter uns bringen können. Qom lassen wir buchstäblich links liegen, da die heilige Stadt des Iran besonders Freitags überfüllt ist von Gläubigen aus dem ganzen Land, und da würden wir uns fehl am Platze fühlen.

Auch die Mautstelle von Qom dürfen wir kostenfrei passieren, da sich der Kassierer schlicht freut, dass wir aus Deutschland kommen und den weiten Weg bis hierher gefahren sind. Die Landschaft wird interessanter, die ersten Berge Zentralirans tauchen neben der Autobahn auf, auch eine erste Kamelherde steht plötzlich neben uns. Entlang der unendlichen Wüste Dasht-e Kavir nähern wir uns dann so langsam Kashan. Um uns dort auf der Suche nach unserem heutigen Ziel, den Gärten von Fin, nicht zu verfahren, fragen wir an einem Obststand nach dem richtigen Weg, woraufhin wir uns dank deren Angaben erst mal verfahren…

Doch wir erreichen den gesuchten Stadtteil schlussendlich doch noch, finden einen ungestörten Übernachtungsplatz direkt an den Gärten und gönnen uns ein leckeres Abendessen unter grünen Bäumen, auf persischen Teppichen halb sitzend, halb liegend.

Teheran  -  Kashan  -  315 km  -  km 47540

 

 

03.November 2012 - Kashan

Heute ist ein bedeutender, religiöser Feiertag, und so füllt sich unser Parkplatz am Rand der Gärten von Fin schnell mit Ausflüglern. Auch wir besuchen nach dem Frühstück den herrlichen Park, der hier um die ergiebige Quelle von Kashan herum entstanden ist. Als einzige Nichtiraner genießen wir natürlich die Aufmerksamkeit der übrigen Besucher, die alle freundlich grüßen oder uns auch nur schüchtern zulächeln.

Auf dem Weg in die Innenstadt machen wir noch Halt an einem Hotel mit Internetempfang, um noch ein wenig mit zuhause zu skypen. Bis wir uns versehen, ist schon wieder Mittag und wir fahren in die Stadt, um die dortigen, imposanten Häuser alteingesessener kashaner Familien zu besichtigen, für die Kashan bekannt ist. Unterwegs spricht uns ein älterer Herr in tadellosem Englisch an und begleitet uns bis zu diesen prachtvollen Gebäuden, die sich von außen sehr unauffällig zeigen, innen jedoch den Reichtum dieser noch nicht allzu lang vergangenen Zeiten erahnen lassen.

Wir wandeln durch vier dieser alten Villen, bis wir, ziemlich müde von den ungewohnt hohen Temperaturen von 28°C, den Rückweg zu unserem Standort von gestern antreten. Natürlich gönnen wir uns später am Abend noch einmal ein schönes Abendessen, das wir, wieder gemütlich auf persischen Teppichen sitzend, direkt am Straßenrand serviert bekommen.

Kashan  -  20 km  -  km 47560

 

 

04.November 2012 - In die Berge nach Abyaneh

Links und rechts der Straße, die von den Gärten mit der Quelle in die Stadt hinunter führt, fließt in kleinen Kanälen lauwarmes Wasser talwärts. Abends sorgt dieses Quellwasser für ein angenehmes Ambiente rund um die Straßenlokale, tagsüber werden dort die Autos gewaschen. Und so gönnen wir „Manni“ heute erst mal eine Wellnesseinheit – waschen mit lauwarmem Quellwasser!

Anschließend bummeln wir noch ein wenig über den alten Bazar, der hier vollständig mit unzähligen Kuppeln überdacht ist. Es ist ein landestypischer Bazar ohne jegliches touristisches Angebot, und so können wir völlig ungestört durch die schmalen Ladengassen schlendern.

Nach einer kurzen Mittagspause machen wir uns dann wieder auf den Weg. Dazu wählen wir die alte Landstraße in Richtung Natanz, die sich in kurvigem Auf und Ab durch eine bizarre Steinlandschaft schlängelt. Kurz vor Natanz biegen wir nach Westen ab, hinein in die Berge um den Kuh-e Karkas, immerhin 3.900 Meter hoch. Dunkle Wolken verstecken allerdings die meisten dieser Berge, während wir bis auf 2.200 Meter Höhe entlang einem mit buntem Herbstlaub geschmückten, engen Tal uns langsam dem Dorf Abyaneh nähern. Kaum sind wir dort angelangt, fängt es auch schon an zu regnen. Gut, dass wir „Manni“ heute so gründlich gewaschen haben…

So verschieben wir unseren Spaziergang durch das architektonisch interessante Dorf auf morgen in der Hoffnung, dass das Wetter wieder mitspielt.

Kashan  -  Abyaneh  -  110 km  -  km 47650

 

 

05.November 2012 - Von Abyaneh nach Isfahan

Kontrastreicher könnte unser heutiger Tag kaum sein. Nach einer ungestörten Nacht am Ortsrand von Abyaneh erkunden wir bei herbstlichem Sonnenschein das fast vollständig aus Lehm erbaute Dorf, das sich perfekt in die raue Berglandschaft schmiegt. Seit über zwei Jahrtausenden ist dieser Ort bewohnt, hier sprechen die Menschen ihre eigene Sprache, werden die Lehmbauten immer wieder erneuert. So entstand eine eigenständige Architektur, die so im Iran kein zweites Mal zu finden ist. Doch nun droht in den nächsten beiden Jahrzehnten das Aus, da fast nur noch alte Menschen hier leben, deren Tage unwiderruflich gezählt sind.

Gegen Mittag fahren wir die Strecke durch die Berge wieder hinunter zur Hauptstraße nach Natanz. Wir durchqueren den unauffälligen Ort und nutzen kurz danach die dreispurige Autobahn nach Isfahan, die sich fast ohne Verkehr durch eine karge Hochebene auf über 2.200 Meter schneidet. Staubtrockene Täler wechseln sich ab mit schroffen Gebirgen, keine Menschenseele lebt in dieser unwirtlichen Gegend.

So erreichen wir entspannt Isfahan, die wohl schönste Stadt des Iran. Die Autobahn und deren städtische Verlängerung bringen uns problemlos in die City dieser Zweimillionenstadt, wo wir fast in Sichtweite der weltberühmten Sehenswürdigkeiten einen ruhigen Standplatz in einer Wohngegend finden. Ein erster Bummel über die Hauptachse der Innenstadt lässt uns fast in einer europäischen City weilen, so gleichen sich die Geschäfte und deren Angebote. Die Menschen wirken modisch-lässig, fast frech – sind wir noch im Iran?

Wir gönnen uns ein einfaches, aber schmackhaftes Abendessen in einem Dönerlokal, wo wir uns für ganze zwei Euro satt essen. Heftiger Regen treibt uns anschließend zurück in unseren „Manni“, es ist eben auch hier inzwischen Herbst…

Abyaneh  -  Isfahan  -  170 km  -  km 47820

 

 

06.November 2012 - Isfahan

Strahlender Sonnenschein weckt uns auf, ein idealer Tag, um Isfahan zu entdecken. Doch zuerst müssen wir unseren schönen Standort verlassen, denn die ruhige Wohngegend entpuppt sich als militärischer Einzugsbereich einer nahen Kaserne, und wir werden von einer Streife sehr höflich gebeten, nach dem Frühstück doch bitte eine Ecke weiter zu parken. Anschließend setzen wir uns noch ein wenig um die Ecke in die Lobby des berühmten Abbasi-Hotels, um unsere Mails abzurufen und fahren dann noch mit dem Taxi zur für Visaverlängerungen zuständigen Behörde, wo wir erfahren, dass wir erst kurz vor Ablauf des gültigen Visums verlängern können.

Zurück  bei „Manni“ führt uns unser erster Rundgang durch den Park von Hasht Behesht direkt zum bekannten Platz Meydan-e Imam. Dieser gigantische Platz von über einem halben Kilometer Länge und rund 160 Meter Breite ist vollständig von doppelstöckigen Arkaden umgeben, die unzählige kleine Läden und Handwerksbetriebe beherbergen und die Hauptsehenswürdigkeiten Isfahans, den Palast Ali Qapu, die Moschee Masdjed-e Lotfollah und die Moschee Mashdjed-e Shah  einschließen. Auch der Haupteingang zum Bazar von Isfahan befindet sich an diesem Platz. Ein großes Wasserbecken mit Fontänen, gepflegte Rasenflächen und Hecken sowie viele Bänke zum genießen der beeindruckenden Szenerie laden zum Verweilen ein.

Wir besuchen die Werkstätten der Stoffdrucker, ein Handwerk, das so nur in Isfahan ausgeübt wird, schauen den Kupferstechern und Miniaturmalern über die Schulter, bewundern die kunstvoll geknüpften Teppiche der umliegenden Regionen, bummeln mehrmals um den gesamten Platz, ohne von den Anbietern belästigt zu werden. Es herrscht eine ausgesprochen angenehm ruhige Atmosphäre, in der wir immer wieder von Passanten höflich willkommen geheißen werden. Wir lernen Navid kennen, der neben seinem Studium in einem Teppichladen aushilft und wir dürfen unser Gepäck das wir nicht benötigen, dort deponieren, die Toiletten jeder Zeit benutzen und werden natürlich bei jedem Besuch mit Tee verwöhnt – und das alles, ohne ein einziges Mal auf einen eventuellen Teppichkauf angesprochen zu werden.

Als gegen Abend die ersten Lichter den Platz in ein warmes Licht tauchen, fühlen wir uns in ein fernes Märchenland versetzt. Müde, aber schwer beeindruckt vom Erlebten machen wir uns wieder auf den Rückweg zu unserem „Manni“.

Isfahan  -  0 km  -  km 47820

 

 

 

07.November 2012 - Wir tauchen ein hinter die Kulissen

Schon früh machen wir uns heute auf den Weg, um die Kulissen aus längst vergangenen Zeiten im schönen Morgenlicht zu erleben. Unterwegs spricht uns ein lustiger Typ an, er ist Restaurator und zeigt uns seine Mannschaft bei den wichtigen Arbeiten an den historischen Artifakten, führt uns auf die Dächer des Bazars und in Gassen, in die ein Besucher normalerweise alleine nicht hinkommt. So sehen wir eine alte Mühle in den Katakomben des Bazars, wo heute noch die Gewürze von einem schweren Mühlstein gemahlen, abgepackt und an die Händler verkauft werden. Er bringt uns auch zu Akbar Keshani, einem älteren Herrn, der an einem Buch über die Nomaden des Iran schreibt und der uns ausführlich deren Lebensgewohnheiten erklärt und in ihre Welt einführt. Und das alles macht Fernando, wie er sich nennt, einfach so für uns…

Der heutige Tag gehört auch der Historie. Und so besichtigen wir die den gigantischen Platz beherrschenden Sehenswürdigkeiten, die allerdings als Gesamtes von außen gesehen allesamt eindrucksvoller wirken als von innen. So sind wir schnell wieder auf „unserem“ Platz unterwegs, tauchen wiederholt ein in die wundervolle Stimmung Isfahans.

Am späten Nachmittag, als wir zwischendurch mal kurz bei unserem „Manni“ weilen, um uns ein wenig zu erholen, spricht uns Majid auf Deutsch an, er ist mit dem Bike halbstündlich bei „Manni“ vorbeigeradelt, um uns irgendwann abzupassen, denn er hat inzwischen auf unserer Homepage mehr über uns erfahren und wollte uns unbedingt kennen lernen. Wir verabreden uns für morgen früh, da hat er zwischen seinen Studienterminen kurz Zeit, um sich mit uns zu unterhalten. Dann kommt noch Reza, der Bruder von Ali, den wir am Damavand kennen gelernt hatten, mit seiner Frau Narges und der kleinen Hasti vorbei, und sie laden uns für morgen Abend zu sich nach Hause ein.

Als es bereits dunkel ist, schlendern wir wieder zurück zu Medan-e Imam, um in einem wirklich schönen Lokal in den Arkaden für Isfahan typische Speisen zu probieren, und die verzaubernde, abendliche Stimmung in uns aufzunehmen.

Isfahan  -  0 km  -  km 47820

 

 

08.November 2012 - Unbeschwertes Genießen

Zum Frühstück radelt wie verabredet Madjid bei uns vorbei, und wir kommen nach einer interessanten Unterhaltung erst am späteren Vormittag los. Zwei junge Burschen, Ali und Reza, sprechen uns unterwegs auf Deutsch an, fragen uns höflich, ob sie uns begleiten dürfen, um ihr deutsch zu verbessern - natürlich sagen wir zu. So erfahren wir eine Menge über den iranischen Alltag, und sie über den unseren. Immer wieder winken und lachen uns die Menschen zu, freuen sich einfach über unseren Besuch, suchen das Gespräch mit uns.

Hossein, ein lieber, alter Bazari, der seit unserem ersten Gespräch vor zwei Tagen einen Narren an Conny gefressen hat, lädt uns in eine verborgene Teestube ein, die man alleine nie im Leben entdecken würde,  in der die Wasserpfeifen kreisen und auch die Mädchen und Frauen ungeniert rauchen können. Es herrscht eine entspannt-lässige Stimmung, einfach ein bisschen verrucht…

Wir streifen weiter durch die den fremden Besuchern meist verborgen bleibenden Gassen des Bazars und kaufen dabei in der alten Gewürzmühle eine Menge exotischer Gewürze zu wesentlich günstigeren Preisen ein als sie in den Läden des Bazars angeboten werden.

Ehe wir uns versehen, ist bereits wieder Nachmittag und wir legen eine Stunde Pause in unserem „Manni“ ein, ehe uns unsere Jungs wieder abholen, ein österreichisches Pärchen im Schlepptau. So gehen wir gemeinsam wieder zu „unserem“ Platz, wo uns inzwischen scheinbar die halbe Händlerwelt kennt und grüßt. Wir führen die beiden Neuankömmlinge wie alte Fremdenführerhasen durch die Gassen, treffen wieder mal auf Fernando, der die beiden gleich mal unter seine Fittische nimmt, und genießen diese unbeschwerten Stunden im Kreis lustiger und netter Menschen.

Später holen uns dann Reza und Hasti ab und wir verbringen einen wundervollen, persönlichen Abend bei ihnen zuhause, wo uns Narges mit einem traditionellem isfahaner Essen verwöhnt. Anschließend kommt noch Saaid, der Bruder von Narges, vorbei. Er ist ein professioneller Künstler mit der Tar, dem klassischen persischen Instrument, einer Gitarre ähnlich, und er begeistert uns nun mit den fremden Klängen seiner Musik.

Erst kurz vor Mitternacht fahren uns die Drei wieder zu unserem „Manni“ zurück, wo wir trotz der späten Stunde noch lange wach liegen ob der vielen Eindrücke und Erlebnisse dieses tollen Tages.

Isfahan  -  0 km  -  km 47820

 

 

09.November 2012 - Abschied von Isfahan

Als erster erscheint der alte Hossein schon so früh bei uns am „Manni“, dass er uns noch im Bett liegend erwischt, er wollte uns nicht verpassen, bevor wir abfahren. Er verabschiedet sich sehr herzlich von uns, besonders innig natürlich von Conny, am liebsten würde es sie dabehalten. Dann kommen noch unsere Jungs vorbei und wir setzen uns anschließend noch kurz ins Hotel Abbasi zum Mails beantworten, denn wir haben wahnsinnig viele Leserreaktionen bekommen nach dem umfangreichen Zeitungsartikel über uns und unsere Lebensreise im Münchner Merkur.

Wir lösen uns nur schwer von Isfahan und all seinen herzlichen Menschen. Die herrlich bunten Tage in der grünen Oase lassen die Fahrt in Richtung Süden durch die Steinwüste noch öder erscheinen als sie ohnehin ist. Wir fahren bis nach Shahreza, einem Landstädtchen im Zentrum des Granatapfelanbaus, die hier tonnenweise am Straßenrand angeboten werden. Hier wollen wir einen Freund von Mohsen aus Teheran treffen. Doch für heute ist es erst mal genug, denn uns plagt seit zwei Tagen ein heftiger werdender Schnupfen, so dass wir eigentlich erst mal etwas Ruhe brauchen.

Eigentlich – denn kaum sind wir in der Stadt ausgestiegen, um etwas einzukaufen, hält ein Auto mit einer Familie neben uns, die sich dermaßen freuen, uns zu sehen, dass wir bestimmt eine knappe Stunde einfach auf der Straße stehen und uns unterhalten. Anschließend fahren wir zu einem Ausflugspark etwas außerhalb der Stadt, wo am heutigen Freitagsonntag natürlich so einiges an Picknick geboten ist. Und prompt werden wir, kaum dass wir geparkt haben, von einer munteren Gruppe mehrere Familien willkommen geheißen und natürlich sofort zum Hühnerkebab eingeladen.

Drei lustige Stunden später verlassen sie uns in Richtung Heimat, nicht ohne uns vorher unmissverständlich klarzumachen, dass wir jetzt mitfahren müssen, da sie uns natürlich auch zu sich nach Hause einladen, wo sie uns dann die nächsten vier Tage abwechselnd durchfüttern würden. Doch leider ist dieses Zuhause heftige 120 Kilometer entfernt, so dass wir uns schweren Herzens von ihnen verabschieden.

Ein typisch iranischer Tag geht also wieder mal zu Ende, und wir nutzen die restlichen Stunden, um  die vergangenen Tage ein wenig aufzuarbeiten. Verschnupft und müde, aber sehr zufrieden mit der Welt, fallen wir schließlich ins Bett.

Isfahan  -  Shahreza  -  100 km  -  km 47920

 

 

10.November 2012 - Unerwartete Erlebnisse in Shahreza

Nach dem Aufwachen hat nun mich der Schnupfenteufel fest im Griff und so entscheiden wir, den Tag in dem unscheinbaren Städtchen zu verbringen, um uns ein wenig aufzupäppeln. So fahren wir in die Stadt hinein, um etwas einzukaufen, eventuell einen Internetkontakt zu bekommen und Ali, den Freund von Mohsen aus Teheran anzurufen, um ein Treffen zu arrangieren.

Kaum parken wir vor einer Bäckerei, hält ein Mopedfahrer neben uns, um uns via Handy über seine Schwester auf Englisch zu erklären, dass wir hier nicht fahren dürfen, da wir sonst Probleme mit der Polizei bekommen würden. Wir bedanken uns für den Hinweis und nutzen gleich mal die Gelegenheit, ihn zu bitten, bei Ali anzurufen. Dieser ist hocherfreut, dass wir in der Stadt sind, gibt dem Mopedfahrer seine Adresse, der uns sofort uneigennützig quer durch die Stadt geleitet.

Der Empfang durch seine Eltern ist überaus herzlich, und wir werden erst mal bestens bewirtet.  Ali und seine Schwester sowie eine Freundin samt Tochter treffen dann nach Feierabend so gegen 17:00 Uhr ein und wir verleben gemeinsam einen herrlich lustigen Abend mit traditionellem Essen und anschließender Hausmusik und Tanz.

Gegen 22:00 Uhr steht dann die Zivilpolizei vor der Türe, die, wie wir erfahren, von einem Spitzel in der Nachbarschaft gerufen wurde. Eine langwierige Protokollierung unzähliger unsinniger Daten beginnt, an deren Ende wir den Übernachtungsplatz „aus Sicherheitsgründen“ wechseln müssen. Freundlicherweise bietet uns ein Nachbar an, dass wir am Stadtrand in seiner ummauerten Werkstatt übernachten dürfen, was wir natürlich gerne annehmen. Und so hoffen wir, dass das Ganze für unsere tollen Gastgeber kein unangenehmes Nachspiel haben wird…

Shahreza  -  20 km  -  km 47940

 

 

11.November 2012 - Ein weiterer Tag in Shahreza

Nach unserem gemeinsamen Frühstück muss Ali mit unseren Pässen nochmal auf die Wache, und es klärt sich so Manches. Ein von Exiliranern betriebener, privater Fernsehsender, der von London aus hauptsächlich über das Leben von Iranern in Deutschland und England berichtet, ist den Behörden hier natürlich ein Dorn im Auge. Dieser Sender heißt – „Manoto“! Den Rest könnt ihr euch denken…

So, damit ist unser dubioser „Übertragungswagen“, der seit geraumer Zeit unauffällig im Wohnviertel einer unbedeutenden Kleinstadt steht, endlich legitimiert, und wir können entspannt den Tag genießen. Nach einem Bummel über den alten Bazar und dem Besuch  der einzigen Sehenswürdigkeit vor Ort, einem Schrein in einer wirklich schönen Moschee, werden wir wieder köstlich bewirtet. Der mit fünf Personen und einigen Säcken Zusatzfutter für die Schafe bepackte, 34 Jahre alte Toyota von Alis Vater schleppt sich anschließend mühsam über die Bodenwellen und Schlaglöcher hinaus in die unendliche Weite der zentraliranischen Weite. Hier, einsam zwischen schroffen Bergen und kargen Weideflächen, lebt der Onkel seit 70(!) Jahren in einer Art Einsiedelei, eingenommen von seiner Arbeit mit den Schafen und Ziegen.

Der Nachmittag hier draußen ist enorm eindrucksvoll, der Alte ist ein lustiges Unikum und allein die Vorstellung, wie er sein Leben gelebt hat, ist unglaublich. Wir sitzen um ein spontan entfachtes Lagerfeuer und trinken Tee aus einer verbeulten, rußgeschwärzten Blechkanne, die an einem Eisenhaken einfach ins Feuer gehalten wird. In der hereinbrechenden Dunkelheit holpern wir wieder zurück in die Stadt, wo wir bereits zum Abendessen erwartet werden. Doch zuvor fahre ich mit Ali noch zum Tanken, denn er hat von einem Nachbarn, einem Busfahrer, dessen Tankkarte besorgt, und so kommen wir in den Genuss seines gesamten Tageslimits von 400 Litern Diesel für 20 Euro.

Den Abend verbringen wir mit vielen, interessanten Gesprächen, und bis wir uns versehen, ist es wieder Mitternacht.

Shahreza  -  25 km  -  km 47965

 

 

12.November 2012 - Wir gehören zur Familie

Eigentlich wollten wir heute wieder ein Stückchen weiterfahren, doch sie machen es uns leicht, noch einen Tag hier zu bleiben. Ali und auch seine Schwester Parvin haben sich nochmal einen zusätzlichen Tag Urlaub genommen, um für uns da zu sein. Und so beginnen wir den Tag wieder mit einem gemeinsamen Frühstück, bevor wir uns am Schreibtisch unser Office einrichten, um unsere Mails zu beantworten und unsere Homepage zu aktualisieren. Das zieht sich dann allerdings gewaltig, denn das Internet ist heute ziemlich langsam und Conny fährt zwischendurch mit Ali und Mutter Shahin nochmal auf den Bazar in die Stadt, um noch einiges einzukaufen. So sind wir denn erst am Nachmittag damit fertig.

Auch heute wird es natürlich wieder Mitternacht, bis wir uns schlussendlich müde, aber aufgekratzt und bestens gelaunt in unseren „Manni“, der brav vor der Haustüre steht, zurückziehen.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei Vater Kamal und Mutter Shahin, bei Parvin und Ali bedanken für ihre unglaubliche Gastfreundschaft, die wir drei Tage lang genießen durften. Wir kamen unangemeldet und standen plötzlich vor der Tür, doch es spielte keine Rolle. Sie kannten uns überhaupt nicht, als wir vor ihnen standen, lediglich von einem Freund angekündigt, dass wir vielleicht vorbeischauen werden. Sie nahmen sich Urlaub für uns, verwöhnten uns täglich mit zwei köstlich zubereiteten, typischen Gerichten ihrer Heimat und schenkten uns nicht nur ihre Zeit, sondern vor allem ihr Herz. Als wir uns verabschieden, fließen Tränen bei allen, und das Versprechen, dass diese Haustüre immer für uns offen sein wird, ist keine leere Floskel. Wir gehen als Freunde, nein, als Bruder und Schwester, wie Parvin uns beteuert, und so fühlen wir uns auch.

Danke…

Shahreza  -  0 km  -  km 47965

 

 

13.November 2012 - Durch das Zagros-Gebirge nach Süden

Jetzt sollten wir aber wirklich los, denn unsere Visa laufen diese Woche ab und wir müssen nach Shiraz, um sie verlängern zu lassen, was dort hoffentlich problemlos verläuft. Und es ist ein weiter Weg bis dorthin. So verabschieden wir uns gegen 8:00 Uhr morgens mit vielen Umarmungen und den segensreichen Wünschen, dass wir auch weiterhin eine sichere Reise haben werden.

Der Himmel zeigt sich dicht bewölkt, und so manch leichter Regenschauer verbessert die Sicht auf das am Horizont aufragende Zagros-Gebirge auch nicht gerade. Dessen schneebedeckte Gipfel reichen hier über 4.400 Meter hoch in den dunklen Himmel. Über Semirom und Meymand, Pataveh und Yasuj queren und umrunden wir das Massiv des Kuh-e Dihar auf Pässen von bis zu 2.600 Metern Höhe, treffen dabei auf einen tapferen Radfahrer aus Frankreich, der jedes Jahr in einem anderen Land auf dieser Welt unterwegs ist, machen eine ausgiebige Mittagsrast am Fuß der Bergriesen und schlagen uns schließlich bei Einbruch der Dunkelheit irgendwo hinter Yasuj in die Büsche, um am Kiesbett des hier fließenden Flusses die Nacht zu verbringen.

Der Fahrtag war lang, die vorausgegangenen Nächte kurz und unser Schnupfen ist auch noch nicht wirklich verschwunden. So sind wir dann auch bald selig schlummernd abgetaucht in unseren Erlebnissen…

Shahreza  -  nach Yasuj  -  300 km  -  km 48265

 

 

14.November 2012 - Visaverlängerung in Shiraz

Heftiger Gewitterregen mit Hagelschauern weckt uns, pechschwarz hängen die Wolken tief in den Bergen. Nicht gerade ein Traumtag zum fahren, doch wir müssen heute weiter, um unsere Visa rechtzeitig vor dem anstehenden Wochenende verlängern zu lassen. So geht es auf direktem Weg, vorbei an Ardakan, hinunter nach Shiraz, der Hauptstadt der südiranischen Nomadenstämme. Doch von denen ist heute nichts mehr zu bemerken, Shiraz ist eine moderne Großstadt geworden, durch deren heftigen Verkehr wir uns mühsam quälen, bis wir kurz vor Mittag die entsprechende Behörde gefunden haben.

Die Verlängerung unserer Visa um weitere vier Wochen ist überhaupt kein Problem, nach dem Ausfüllen des entsprechenden Formulars und dem Einzahlen einer geringen Gebühr haben wir eine gute Stunde später unsere Erlaubnis, weiterhin in diesem herrlichen Land bleiben zu dürfen. Somit können wir ab sofort wieder ganz entspannt und ohne Zeitdruck reisen.

So stürzen wir uns ein weiteres Mal in den Stadtverkehr von Shiraz, um einen citynahen Übernachtungsplatz zu suchen. Den finden wir nach einigen Kreisfahrten durchs Zentrum, das wir trotz eigentlich herrschenden LKW-Verbots unbehelligt von der immer freundlich winkenden Verkehrspolizei passieren, direkt an der Stadtfestung Arg-e-Karim Khan. Es ist ein großer, gebührenpflichtiger und bewachter Parkplatz, an den wir wieder auf Olivia und Olivier aus Frankreich treffen, die wir schon in Isfahan kennen gelernt haben.

Es regnet immer wieder, und so bummeln wir lediglich noch ein wenig durch den überdachten Bazar, essen in einer kleinen Kneipe ein ganzes, herrlich knuspriges Huhn, quatschen noch mit Olivia und Olivier und ehe wir uns versehen, ist es schon wieder fast Mitternacht. Wird so langsam zu unserer Standardbettgehzeit. Und entsprechend müde sind wir dann auch…

Nach Yasuj  -  Shiraz  -  150 km  -  km 48415

 

 

15.November 2012 - Shiraz

Und wieder schüttet es in den Morgenstunden was das Zeug hält, begleitet von grell zuckenden Blitzen und lautem Donnergrollen. Doch pünktlich zum Sonnenaufgang hat der Wettergott ein Einsehen, langsam ebben die Regenfälle danach ab, so dass wir im Lauf des Vormittags unsere Sightseeingrunde starten können.

Shiraz hat einen sehenswerten Bazar zu bieten, der sich rund um die Hauptsehenswürdigkeiten erstreckt. Und so ist alles leicht zu Fuß zu erreichen. Wir besuchen historische Moscheen, einen wundervoll idyllischen Garten mit einem alten shirazer Herrenhaus, besichtigen die Stadtfestung und erholen anschließend unsere plattgelaufenen Füße bei einer ausgiebigen Mittagsrast in unserem „Manni“.

Unbestrittener Höhepunkt von Shiraz ist das Mausoleum von Shah Cheraq, eine beliebte Pilgerstätte für fromme Muslime. Besonders eindrucksvoll ist ein Besuch nach Einbruch der Dunkelheit, wenn der gesamte, riesige Komplex mit seinen Türmen und Kuppeln im hellen Scheinwerferlicht erstrahlt. Und heute am Donnerstagsamstagabend ist besonders viel los, da sich bereits viele Gläubige für das morgige Freitagsgebet eingefunden haben. So schwanken wir zwischen Faszination für die uns fremden Rituale und dem Gefühl, ein wenig zu stören, und versuchen, uns möglichst unauffällig im Hintergrund zu halten, was uns allerdings dank unserer Tollpatschigkeit im Umgang mit Schador (Conny) und fehlendem orientalischem Gesicht (Tommy) nicht so leicht fällt.

Bevor wir uns also vollends zur Lachnummer machen, verdrücken wir uns lieber und ziehen uns in unserem „Manni“ zurück, wo wir mit Olivia und Olivier noch einen lustigen Abend verbringen.

Shiraz  -  0 km  -  km 48415

 

 

16.November 2012 – Eine überraschende Einladung…

…wirft unseren Plan für heute gehörig durcheinander. Denn eigentlich wollten wir heute Morgen nach Persepolis weiterfahren. Eigentlich…

Kurz vor 10:00 Uhr werden Olivia und Olivier, die neben uns parken, von Fatima und Mohammad abgeholt, sie hatten die Beiden gestern kennen gelernt und sie zu sich nach Hause eingeladen. Und als wir da so rumstehen und uns unterhalten, lassen sie es sich partout nicht nehmen, uns auch gleich mit einzuladen. Jegliche Widerrede ist zwecklos, und so brechen wir unsere Zelte hier ab, um gemeinsam zu ihnen zu fahren.

Dort warten bereits ihr beiden Söhne, Ali und Arian, und dann wird erst mal ordentlich eingekauft und Essen vorbereitet, was in diesem Haushalt überraschenderweise Mohammad erledigt, für iranische Männer eher ungewöhnliche Tätigkeiten. In der Zwischenzeit wird pausenlos gefragt und erzählt, und so verfliegt der Nachmittag im Nu. Nach dem Essen erstaunt uns Mohammad ein weiteres Mal, als er, profimäßig mit Küchenschürze und Gummihandschuhen ausgestattet, auch noch den Abwasch erledigt.

Den Abend verbringen wir in bester Stimmung, als es wieder einmal zu später Stunde klingelt. Das kennen wir ja nun bereits, hat doch mal wieder ein Nachbar gepetzt, dass sich hier im Haus unerlaubter, ausländischer Besuch aufhält. Die Sache ist allerdings gleich erledigt, die überaus freundliche Streife will nicht einmal die Pässe sehen, und nach einem kleinen Smalltalk sind sie auch schon verschwunden. Geht doch…

Kurz vor Mitternacht gibt es dann nochmal ordentlich zu Essen, was bestens zu unserem bewegungsfaulen Freitagsonntagnachmittag passt. Und als wir dann zu unserer neuen Standardbettgehzeit in unseren „Manni“ rollen, schlafen wir eigentlich schon auf dem Weg dorthin ein.

Shiraz  -  20km  -  km 48435

 

 

17.November 2012 - Nach Persepolis

Gegen 8:00 Uhr steht Mohammad vor unseren Autos und signalisiert uns damit, dass das Frühstück auf uns wartet. Also raus aus den warmen Federn und erst mal unter die heiße Dusche, natürlich in der Wohnung dieser unglaublich netten Familie. Und für unsere beiden Franzosen wird nebenbei noch die Waschmaschine angeschmissen…

Also, man muss sich das jetzt mal vor Augen halten: Da sprechen dich wildfremde Menschen auf der Straße an, laden dich zu sich nach Hause ein, verköstigen dich zwei Tage lang von morgens bis abends, lassen dich duschen, waschen deine Wäsche, versorgen deinen LKW mit Strom, wechseln dein Geld und sind traurig, wenn du dann sagst, dass du weiterreisen wirst und auch nicht mehr zurückkommst. Einfach unglaublich! Und das ist kein Einzelfall hier im Iran…

So starten wir denn nach vielen Umarmungen und besten Wünschen in Richtung Persepolis, der berühmtesten Ausgrabungsstätte im Iran. Die Autobahn bringt uns schnell nach Marvdasht, wo wir an einer Auto- und LKW-Werkstatt um einen Internetzugang bitten, den wir natürlich prompt bekommen. Während Conny unsere Mails checkt, lasse ich „Manni“ mal wieder fachgerecht abschmieren. Müßig zu erzählen, dass meine Versuche, diese Dienstleistung bezahlen zu wollen, entschieden zurückgewiesen werden und die gesamte Mannschaft sich im Gegenzug dafür bedankt, uns behilflich sein zu dürfen. Was läuft da nur falsch bei uns zuhause…

Kaum auf dem großen Parkplatz in Persepolis angekommen, spricht uns ein junger Mann an, und erzählt uns, dass er uns vorgestern in Shiraz hat fahren sehen. Er begleitet uns zum Eingang der Ausgrabungsstätte und bezahlt dort einfach unsere Tickets mit den Worten, dass wir Gäste in seinem Land seien. Da fällt Dir dann langsam einfach nichts mehr ein…

Persepolis erleben wir im herrlichen Licht der bereits tief stehenden Nachmittagssonne, nutzen diese schnell zur Fotosession, um morgen früh dann in aller Ruhe die imposante Anlage aus der achämenidischen Zeit genießen zu können. Als wir zwei Stunden später zu unserem „Manni“ zurück kommen, wartet der junge Mann von vorhin samt seiner Familie auf uns, um sie uns vorzustellen, bevor sie wieder nach Shiraz zurückfahren.

Wir sind einfach nur begeistert, was uns hier so alles widerfährt!

Shiraz  -  Persepolis  -  80 km  -  km 48515

 

 

18.November 2012 - Persepolis

Gerade als wir unsere Augen so langsam aufbekommen, stehen Juli und Tom, zwei junge Fahrradtraveller aus Berlin, unter unserem Schlafzimmerfenster. Wir stehen natürlich sofort auf, um die beiden zu begrüßen und sie erst mal zum wärmenden Tee hereinzubitten. Die beiden haben viel zu erzählen von ihrer bisherigen Reise und ihren weiteren Plänen, und so ist es im Nu fast schon wieder Mittag, als sie sich in Richtung Shiraz verabschieden.

Uns lockt jetzt Persepolis ein weiteres Mal. Und da Conny gestern bereits die maßgeblichen Fotos machen konnte, genießen und staunen wir einfach über die 2.500 Jahre alten Reste der gigantischen Palastanlagen der Achämeniden, lassen uns durch die geschichtsträchtigen Ruinen treiben und bewundern die unglaublich fein herausgearbeiteten Reliefs der damaligen Steinmetze.

Und schon ist der Tag wieder rum, wir kochen ordentlich auf und nutzen anschließend noch die Internetverbindung des Hotels vor Ort, bevor wir wieder in eine sehr ruhige Nacht abtauchen.

Persepolis  -  0 km  -  km 48515

 

 

19.November 2012 - Die Felsengräber von Naqsh-e Rostam

Wir schlafen lange aus, denn das Wetter ist sehr trüb heute. Und als wir dann endlich mal vor die Tür gehen, sehen wir, dass gestern Nacht Olivia und Olivier noch eingetroffen sind, sie parken nur einige Meter neben uns. Sie hatten unterwegs wieder technische Probleme mit ihrem über 30 Jahre alten LKW und sind deshalb erst spät eingetrudelt.

Den Vormittag verbringen wir gemeinsam im angrenzenden Hotelgarten mit surfen und quatschen, und dem Beobachten und Fotografieren vieler verschiedener Vögel wie einem Adler, Flamingos, Schwänen, Kakadus und Papageien, die hier gehalten werden und ein ziemlichen Spektakel veranstalten. Gegen Mittag verabschieden wir uns ein weiteres Mal von den Beiden und fahren nach Marvdasht zum Einkaufen und um für „Manni“ vernünftiges Öl zu besorgen.

Anschließend locken uns die Felsengräber der achämenidischen Herrscher, die nur wenige Kilometer weiter imposant in eine senkrechte Felswand gemeißelt wurden. Es ist immer wieder höchst erstaunlich, was die Handwerker der damaligen Zeit zu leisten vermochten, wenn man sich vor Augen führt, mit welchen Hilfsmitteln sie damals auskommen mussten.

Und schon ist es wieder Nachmittag und so beschließen wir, wieder auf unseren ruhigen Parkplatz nach Persepolis rüber zu fahren, denn eine Weiterfahrt wäre jetzt Blödsinn, da es ja schon bald dunkel wird und es noch dazu leicht zu regnen beginnt. Nach dem Essen setzen wir uns noch eine Weile auf die Terrasse vor das Hotel neben unserem Parkplatz, um deren Internetkontakt zu nutzen. Da es ziemlich heftig regnet und ganz schön frisch wird, werden wir mit Tee auf Kosten des Hauses und einem Heizstrahler versorgt werden, damit wir nicht frieren. Toller Service!

Persepolis/Naqsh-e Rostam  -  35 km  -  km 48550

 

 

20.November 2012 - Eine spontane Programmänderung…

…lässt uns heute wieder in Richtung Shahreza zu unseren Freunden Parvin und Ali und deren Eltern fahren. Wie kam es dazu?

Nun, wir skypen und mailen so miteinander, und da schlagen sie vor, am Wochenende zu uns zu kommen, da sie so gerne ein paar weitere Tage mit uns verbringen wollen. Da dies allerdings doch mit einigen Kosten für sie verbunden ist, beschließen wir, nochmal zu ihnen zu fahren, was natürlich begeistert aufgenommen wird.

Also verzichten wir auf unsere eigentlich geplante Tour durch das Nomadengebiet direkt hinüber nach Kerman zu fahren. Der Dauerregen der vergangenen Nacht hat auch aufgehört, und so verabschieden wir uns zum wiederholten Mal von Olivia und Olivier und machen uns auf den Weg nach Norden.

Das Wetter ist eher scheußlich, die Temperaturen schaffen kaum mehr die 10°C, kalter Wind und immer wieder Regenschauer bieten kaum Potential für gute Sicht. Unterwegs besichtigen wir noch die Ruinen von Pasargad mit dem bekannten Sarkophag von Kyros, dem ersten achämenidischen König. Im Vergleich mit Persepolis lohnt der Besuch hier allerdings eher nicht. Und so rollen wir über die gute Autobahn gen Norden, queren ein Hochplateau auf über 2.500 Meter Höhe, umrahmt von schneebedeckten Bergen, deren Gipfel in den dichten Wolken verschwinden.

Über Surmaq erreichen wir schließlich Abadeh, wo wir bei bereits einbrechender Dunkelheit inmitten der Stadt in einer ruhigen Ecke einen vernünftigen Übernachtungsplatz finden.

Persepolis  -  Abadeh  -  240 km  -  km 48790

 

 

21.November 2012 - Zurück in Shahreza

Der Regen hat aufgehört, doch es bleibt kalt. Und so starten wir langsam in Richtung Shahreza, das nun nicht mehr weit entfernt ist. Unterwegs legen wir eine größere Pause ein, um uns stadtfein zu machen – d.h. heiß duschen und vor allem mal wieder Haare schneiden. Conny meistert dies mit meinem Resthaar in gewohnt souveräner Art und Weise, während ich bei ihr eindeutig Spuren stümperhafter Erstversuche hinterlasse. Aber da sie hier ja Kopftuch tragen muss…

So trudeln wir am späteren Nachmittag wieder bei unserer Gastfamilie ein, die uns einen überwältigend herzlichen Empfang bereitet. Sofort fühlen wir uns wie zuhause angekommen, werden bestens versorgt und verbringen gemeinsam einen lustigen Abend.

Abadeh  -  Shahreza  -  140 km  -  km 48930

 

 

22.November 2012 - Familientreffen in Borujen

Heute steht ein Ausflug nach Borujen an, zu den Großeltern von Ali und Parvin. Dort treffen wir auch auf eine Menge anderer Familienmitglieder, die die anstehenden Feiertage zu Ehren des Propheten Hussein nutzen, um alle zusammen zu kommen. Für uns ist dies natürlich eine tolle Gelegenheit, hautnah bei den Feierlichkeiten dabei zu sein, und die Bräuche rund um den Beginn des Trauermonats mit zu erleben.

Es wird ein bunter Nachmittag im Kreis dieser großen Familie, die uns herzlich in ihrer Mitte aufnimmt. Erst spät am Abend machen wir uns wieder auf den Heimweg und fallen todmüde in unsere Betten.

Shahreza  -  0 km  -  km 48930

 

 

23.November 2012 - Wandertag auf den Kuh Shotory

Ali schlägt vor, auf einen der Berge, die hier rund um Shahreza stehen, zu wandern, um das ganze Tal und die Stadt mal von oben zu sehen. Nichts lieber als das, denn ein wenig Bewegung nach den Völlereien der letzten Tage schadet uns sicher nicht.

Und so starten wir gegen 10:00 Uhr mit der ganzen Familie nebst drei Freundinnen von Parvin zum „Kamelberg“, wie der avisierte Hügel hier heißt, in der Hoffnung, dass das Wetter hält, solange wir unterwegs sein werden. Der Aufstieg ist für uns nicht gerade anstrengend, und nach einer guten Stunde stehen wir bereits auf dem Gipfel. Das reicht natürlich nicht, um die Wampe anzugreifen, im Gegenteil, jetzt gibt es erst mal ein ausgedehntes Picknick! Auch gut…

Kaum steigen wir wieder ab, fängt es auch schon leicht zu regnen an, und bis wir zurück bei den Autos sind, sind wir schon leicht nass. Macht aber nichts, eine heiße Dusche und ein anschließender Erholungsschlaf, und wir sind wieder fit für den Abend und das unweigerlich reichhaltige Essen.

Shahreza  -  0 km  -  km 48930

 

 

24.November 2012 - Ein verregneter Feiertag…

…fesselt uns ans Haus, und so vertrödeln wir den Tag mit Gesprächen, mit surfen und skypen und dem Vorbereiten unseres nächsten Newsletters. Natürlich darf dabei auch mehrmaliges Essen nicht fehlen. Und so vergehen die Stunden auf gemütliche Weise…

Shahreza  -  0 km  -  km 48930

 

 

25.November 2012 - Der Trauermonat Moharram…

…beginnt mit diesen Feiertagen, und überall im Land wird mit einer feierlichen Zeremonie diese Zeit des Gedenkens an den Propheten Hussein eingeläutet. Dabei treffen sich die in Schwarz gekleideten Gläubigen zu Umzügen, wo sie zu monotonen Trommelschlägen eine Selbstgeißelung andeuten, indem sie sich mit Ketten über die Schultern schlagen.

In Shahreza, rund um das Mausoleum des gleichnamigen Heiligen, können wir nun einer solch interessanten Zeremonie hautnah beiwohnen. Tausende Menschen aus der ganzen Umgebung sind hier heute zusammengekommen, und es herrscht eine Stimmung zwischen religiöser, historischer und feierlicher Atmosphäre. Das ganze Spektakel endet schließlich im gemeinsamen Gebet vor dem Mausoleum, vor dessen Beginn wir uns respektvoll zurückziehen.

Da wir am nächsten Tag nun endgültig weiterziehen wollen,  gehen wir mit der Tankkarte des Nachbarn nochmal auftanken zum Superpreis von 3 ½ Cent pro Liter, bevor wir der Familie der drei Mädels, die mit uns beim Wandern waren, einen Besuch abstatten, da sie uns natürlich eingeladen hatten. Es wird ein ausgesprochen lustiger Abend mit einem tollen Abendessen, und wir kommen wieder erst nach Mitternacht ins Bett.

Shahreza  -  20 km  -  km 48950

 

 

26.November 2012 - Dauerregen…

…setzt ein, als wir uns nach dem gemeinsamen Frühstück abfahrtsbereit machen. Sie lassen uns nur ungern ziehen, und wir müssen versprechen, so bald als möglich wieder zu kommen. Das werden wir sehr gerne tun, versprochen…

Reich beschenkt mit besten Wünschen und vielen Früchten des Gartens machen wir uns nun auf den Weg, viele Nachbarn winken uns zum Abschied hinterher. Wir rollen wieder gen Süden, nach Abadeh und Surmaq, wo wir erst mal eine ausgiebige Mittagsrast einlegen in der Hoffnung, dass der Regen vielleicht nachlässt, und wir auch mal was von der Landschaft zu sehen bekommen.

Als wir am Nachmittag weiter fahren, ist der Dauerregen inzwischen in sintflutartiges Gießen übergegangen, so dass wir lediglich noch das kurze Stück nach Abarkuh fahren. Dort angekommen, stellen wir uns auf den Parkplatz an der über 4.000 Jahre alten Zypresse, die hier am Stadtrand weithin sichtbar inmitten eines kleinen Parks zu einem Besuch einlädt. Doch das müssen wir erst mal auf morgen verschieben, denn jeglicher Versuch, sich außerhalb von „Manni“ zu bewegen, kommt einem intensiven Duschbad gleich. Später begleiten uns dann auch noch Blitz und Donner ins Bett, und der laut auf das Dach prasselnde Regen lässt uns nur schwer einschlafen.

Shahreza  -  Abarkuh  -  210 km  -  km 49160

 

 

27.November 2012 - Über die Berge nach Yazd

So grottenschlecht das Wetter sich gestern gezeigt hat, so traumhaft schön präsentiert es sich heute Morgen. Strahlender Sonnenschein begrüßt uns, doch wir kommen nach der unruhigen Gewitternacht nur schwer aus den gemütlichen Federn. Ein spätes Frühstück weckt dann doch noch die Lebensgeister, und wir fahren erst mal  zum Gonbad-e Ali, einem Grabbau aus dem 11. Jh. hoch über Abarkuh, und genießen den herrlichen Blick über die Wüstenebene und die dahinter aufragenden, frisch verschneiten Berge.

Es ist schon fast Mittag, als es schließlich weiter in Richtung Osten geht. Die Autobahn führt nun schnurgerade durch die brettebene Wüstenlandschaft, ab Dehshir windet sich die Straße dann hoch hinauf in die Berge. Kurz vor der Passhöhe auf über 2.600 Metern erreichen wir die Schneefallgrenze von gestern Nacht, bevor es durch die grandiose Gebirgslandschaft um den über 4.000 Meter hohen Shir-Kuh wieder stetig bergab geht, vorbei an Taft und hinaus in die weite Ebene von Yazd.

Yazd empfängt uns mit dunklen Wolken. Wir finden einen Parkplatz direkt an einem restaurierten Teil der alten Stadtmauer, der sich als zentraler Übernachtungsplatz anbietet. Und kaum stehen wir, geht ein Platzregen über uns nieder, der verhindert, dass wir einen ersten Spaziergang durch die Altstadt machen. Das verschieben wir dann wieder mal auf Morgen…

Abarkuh  -  Yazd  -  175 km  -  km 49335

 

 

28.November 2012 - Yazd

Das Knattern tausender Mopeds weckt uns schon früh, und so starten wir nach dem Frühstück zu unserer Sightseeingrunde durch die Altstadt von Yazd, die noch vollständig aus Lehm erbaut ist. Viele der Häuser sind dem Verfall preisgegeben, doch ebenso viele Mauern werden auch laufend restauriert. Und so ist diese Altstadt, in der sich so einige kleine Moscheen und Grabbauten verstecken, durchaus sehenswert. Obwohl dicht bewohnt, geht es beschaulich und ruhig in den Gassen zu, da sich das Leben in den Innenhöfen abspielt. Eng geht es her, für Autos ist kaum Platz. Und jetzt wissen wir auch, warum Yazd die wohl größte Mopeddichte des Iran hat…

Am Nachmittag werden einige wichtige Straßen der Innenstadt abgesperrt und immer mehr Menschen mit den typischen Insignien der Hosseinverehrung strömen zusammen. Wir haben Glück, denn heute findet in Yazd die Abschlussveranstaltung der Feiertage, die Ashura, mit einem sehenswerten Umzug statt, bei dem die wichtigsten Ereignisse der Geschichte um Hossein nachgestellt und -gespielt werden. Wir lassen uns von den Massen mittreiben, befinden uns am zentralen Platz, wo die Umzugsteilnehmer immer wieder zusammenkommen. Einige Menschen stehen auf den Flachdächern der umliegenden Häuser, wir suchen den Blickkontakt zu ihnen und werden durch eine abgesperrte Ladenpassage auf eines der Dächer geführt. Von hier oben haben wir jetzt natürlich einen fantastischen Blick auf das bunte Treiben unten auf den Straßen.

Mit Einbruch der Dunkelheit löst sich das ganze Spektakel langsam auf und auch wir ziehen uns bald in unseren „Manni“ zurück, da es nun schnell empfindlich kalt wird.

Yazd  -  0 km  -  km 49335

 

 

29.November 2012 - Ein langer Weg nach Osten

Heute sind wir schon vor den knatternden Mopeds wach, denn ein langer Fahrtag steht uns bevor. Wir haben beschlossen, in einem Rutsch nach Kerman durchzufahren, da es unterwegs auf dieser Strecke nun wirklich gar nichts zu sehen gibt außer öder Steinflächen mit verdorrten Büscheln und einigen Bergen im Hintergrund.

Auf unserem Weg aus der Stadt heraus machen wir noch einen kurzen Stopp beim Feuertempel der Anhänger von Zarathustra, von denen hier in der Region um Yazd der Großteil der noch im Iran verbliebenen rund 30.000 Anhänger leben. Der Besuch lohnt sich allerdings nicht wirklich…

Danach geht es auf die Autobahn, die nun scheinbar endlos und meist einfach nur geradeaus durchs Nichts führt. Wir passieren Mehriz und Anar, wo sich unendliche Granatapfelplantagen bis zum Horizont ziehen, die zu dieser Jahreszeit mangels Blättern und Früchten allerdings auch einen eher tristen Anblick bieten. Bei Rafsandjan machen wir eine späte Mittagsrast inmitten der kargen Steinwüste, bevor wir im letzten Nachmittagslicht schließlich Kerman erreichen.

Wir fahren bis ins Zentrum, übersehen dabei geflissentlich sämtliche LKW-Verbotsschilder, was jedoch keinen der vielen Verkehrspolizisten interessiert, und parken unweit des zentralen Platzes auf einem unbebauten Grundstück. Anschließend bummeln wir noch gemütlich durch den quirligen Bazar, kaufen diverse Leckereien in den unzähligen, winzigen Läden und flüchten schließlich vor der unangenehmen Kälte der Nacht in unseren „Manni“.

Yazd  -  Kerman  -  375 km  -  km 49710

 

 

30.November 2012 - Kerman

Unser ruhiger Übernachtungsplatz und der heutige Freitagsonntagmorgen lassen uns lange schlafen, und so machen wir uns erst spät auf den Weg durch das Bazarviertel. Der Bazar von Kerman ist herrlich orientalisch und vollkommen ohne touristische Angebote. Wir bummeln gemächlich durch die noch kaum belebten Gassen, besichtigen die wenigen Sehenswürdigkeiten um die große Freitagsmosche und den zentralen Platz Meydan-eGanj Ali Khan mitten im Bazar und decken uns mit frischen Lebensmitteln ein.

Gegen Mittag fahren wir zum Hotel Akhavan, um deren Internetanschluss zu nutzen und uns im Hotelhof für die Nacht einzurichten, da wir keine Lust haben, heute noch nach Mahan weiter zu reisen. Am Abend lassen wir uns dann von deren Küche noch so richtig verwöhnen.

Kerman  -  5 km  -  km 49715

 

 

01.Dezember 2012 - Mahan

Wir verabschieden uns von den netten Brüdern Amir und Ascar Akhavan und machen uns auf den Weg nach Mahan. Es ist nur eine Stunde Wegstrecke, und so sind wir noch vor der Mittagszeit dort. Zentrum dieses kleinen Städtchens am Fuß von bis zu 4.000 Metern aufragenden Bergen ist das Mausoleum von Nureddin Nematollah , einem berühmten Sufimeister aus dem 15. Jh. Die leuchtend blaue Kuppel wird flankiert von vier schlanken Minaretten,  in dem mit Zypressen und Pinien bepflanzten Innenhof ist ein kreuzförmiges Wasserbecken eingelassen. Die ganze Anlage begeistert durch ihre farbenfrohe Ausstattung und die nun schneebedeckten Gipfel im Hintergrund runden das malerische Bild gekonnt ab.

In der wärmenden Mittagssonne gesellen wir uns zu einer Familie aus Balutschistan, trinken Tee zusammen und beschenken die Kinder mit mitgebrachten Kleidungsstücken. Wir lernen Farhad kennen (like bicycle in german…), einen netten Kerl, der super Englisch und Französisch spricht, und auch seinen Nachbarn Mehrdad , der in Deutschland aufgewachsen ist, jedoch seinen Eltern Anfang der Achtziger in den Iran folgen musste.

Den Nachmittag verbringen wir im Garten Baq-e Shahzadeh, eine wundervoll friedliche und grüne Oase inmitten der kargen Berglandschaft am Rande Mahans. Als schließlich die Nacht hereinbricht, fahren wir wieder hinunter in die Stadt, wo wir uns zum Übernachten direkt ans Mausoleum stellen. Später gesellt sich dann noch Farhad zu uns, und wir verbringen gemeinsam einen sehr lustigen Abend in unserem „Manni“.

Übrigens, die Prüfung der Ausgaben im November ergab, dass wir diesen Monat nicht einmal 200 Euro verbraucht haben, trotz Tankens von rund 700 Liter Diesel und einigen Restaurantbesuchen!

Kerman  -  Mahan  -  65 km  -  km 49770

 

 

02.Dezember 2012 - 1.Advent!

Es ist kaum zu glauben, heute ist tatsächlich schon der 1.Advent. Die Sonne scheint vom stahlblauen Himmel und das Thermometer erreicht seit langen mal wieder 16°C. Plätzchen gibt`s vom iranischen Zuckerbäcker und den Kranz mit den Kerzen, den denken wir uns einfach dazu…

Unser erstes Ziel heute ist Rayen. Über eine kahle Hochebene, die sich bis auf rund 2.600 Meter erhebt, erreichen wir die kleine Stadt. Dort erwartet uns eine komplett aus Lehm erbaute Festungsanlage aus dem 19. Jh, deren Wehrtürme, Mauern und viele Gebäude teilweise rekonstruiert sind und so ein eindrucksvolles Bild der damaligen Lebensweise zeigen. Der Horizont wird von einem mit glitzerndem Schnee bedeckten Bergriesen beherrscht, der der ganzen Szenerie etwas Erhabenes gibt. Lange schlendern wir durch die alte Stadt, klettern auf Mauern und Dächer und kriechen durch niedrige Gänge und Türen, und entdecken so immer wieder neue Perspektiven.

Am frühen Nachmittag wählen wir dann eine schmale Verbindungsstraße zurück zur Autobahn nach Bam. Doch schon bald endet das Teerband vor einer steilen Abfahrt, die nun beginnende Wellblechpiste bringt uns hinunter in ein fruchtbares Flußtal, dem wir nun durch so manch winziges Bauerndorf folgen. Die Landschaft wird immer grandioser, bizarre Gebirgsformationen begleiten uns auf unserem Weg, der zwar schmal, aber durchaus vernünftig zu befahren ist. Bei dem Dorf Tahrood stoßen wir wieder auf die Hauptachse nach Bam, wo wir noch vor Einbruch der Dunkelheit eintreffen. Wir parken direkt vor der dortigen Zitadelle, um sie morgen früh zu besichtigen, doch die um unsere Sicherheit besorgte Polizei eskortiert uns wenig später auf einen Hotelparkplatz, wo wir dann eine sichere Nacht verbringen.

Mahan  -  Bam  -  215 km  -  km 49985

 

 

03.Dezember 2012 - Nachdenklich machendes Bam

Gegen 9:00 Uhr holt uns unsere heutige Eskorte am Hotel ab und geleitet uns sicher durch die Stadt bis vor die Ruinen der 2003 bei einem fürchterlichen Erdbeben komplett zerstörten Altstadt. Heute, nach neun Jahren mühevollem Rekonstruieren, werden erste Erfolge sichtbar. Doch es ist noch ein langer Weg, diese vollständig aus Lehm erbaute Weltkulturstätte wieder halbwegs naturgetreu aufzubauen. Und so stehen wir bedrückt und nachdenklich vor den Resten der einst so wunderschönen, historischen Zitadelle und gedenken der über 30.000 Opfer dieser fürchterlichen Katastrophe.

Dezent und freundlich folgen uns unsere „Begleiter“ sogar durch das Ruinenfeld, damit uns ja nichts passiert. Nach unserem Rundgang geleiten sie uns dann wieder aus der Stadt heraus, wobei sie sich peinlicherweise auch noch verfahren. Doch wir stoppen sie und weisen sie dezent und freundlich auf ihren Irrtum hin, so dass sie uns schließlich am Stadtrand dem nächsten Posten übergeben können. Dieser geleitet uns dann noch weitere 30 Kilometer hinaus in die platte Steinwüste, wo sie uns dann unserem weiteren Schicksal überlassen, denn ab hier ist es ja wieder sicher…

Wir überqueren nun das Kuh-e Jebal Barez Gebirge, der großen Wetterscheide hier im südöstlichen Iran. Auf einer eindrucksvollen Strecke durch die grandiose Felsenlandschaft dieser unwirtlichen Berge rollen wir hinunter in die weite Ebene von Jiroft, und mit jedem Höhenmeter, den wir verlieren, steigt die Temperatur an. Als wir schlussendlich in der fruchtbaren und mit unzähligen Dattelpalmen bewachsenen Senke ankommen, schwitzen wir bei ungewohnten 25°C!

In den natürlich reichhaltig bestückten Obst- und Gemüseläden decken wir uns für die nächsten Tage ordentlich ein, bevor wir uns einige Dörfer nach Jiroft buchstäblich hinter die Büsche (Palmenhaine) schlagen, wo wir zwischen den Feldern von Bauer Ebrahim einen exotischen Übernachtungsplatz entdecken.

Bam  -  nach Jiroft  -  150 km  -  km 50135

 

 

04.Dezember 2012 - Der Sommer ist zurück…

…und wir schon gespannt, wann wir die 30°C-Grenze knacken! Doch sie auch ungewohnt, diese plötzliche Wärme, und schafft uns ganz schön. Aber immer noch besser als frieren ohne Heizung…

Heute früh packen wir also erst mal die warmen Jacken und Mützen weg und schlüpfen wieder in die Sandalen und kurzärmligen Hemden (also zumindest ich, Conny muss sich ja noch bedeckt halten…), bevor wir uns von Bauer Ebrahim verabschieden und uns auf den Weg in Richtung des Persischen Golfs machen.

Plötzlich stehen wir überraschenderweise vor dem prähistorischen Ausgrabungshügel von Tepe Konar, der laut unserem Kartenmaterial eigentlich ganz woanders sein sollte. Auch gut, besichtigen wir diese erst vor einigen Jahren entdeckte, archäologische Sensation. Ist aber ehrlich gesagt wirklich nur für Archäologen interessant…

Auch auf unserem Weiterweg bewegt sich unser gesamtes Kartenmaterial zwischen ungenau und unbrauchbar, zumindest was diese Region angeht. Und so irren wir ein wenig von Dorf zu Dorf, ehe wir uns entschließen, auf direkten Weg nach Kahnuj auf die Hauptstraße zu fahren. Bezeichnend für die Sinnhaftigkeit, nach dem richtigen Weg zu fragen, war die Reaktion zweier Autofahrer an einer unbeschilderten Kreuzung irgendwo im Nichts, die spontan in die jeweils andere Richtung deuteten. Na, dann danke für die aufschlussreiche Mithilfe…

Ab Kahnuj ist die Richtung klar, die Strecke führt entlang schroffer Berge, durch Plantagen mit Bananenstauden und Orangenbäumchen, vorbei an staubigen Dörfern am Rande unendlicher Dattelpalmenhaine. In Rudan/Dehbarez machen wir dann Schluss für heute, stellen uns auf den Parkplatz einer schönen Moschee und lauschen dem eintönigen Singsang des Muezzin, bevor wir zwei große Forellen ihrer natürlichen Bestimmung zuführen. Lecker!

Nach Jiroft  -  Rudan/Dehbarez  -  235 km  -  km 50370

 

 

05.Dezember 2012 - Am Persischen Golf

Heute ist es soweit, wir werden unseren letzten Ort im Iran erreichen – Bandar Abbas am Persischen Golf! Die Fahrt dorthin ist immer wieder durch auffällig viele Polizeikontrollstellen unterbrochen, man merkt, wir nähern uns der brisantesten Engstelle im weltweiten Öltransport – der Straße von Hormuz.

Bizarr aufgestellte Platten eines ehemaligen Meerbodens markieren das letzte Gebirge vor der sandigen Küstenebene, wo in breiten Wadis zwischen Mimosen, Akazien und Palmen große Kamelherden zu den Wasserläufen ziehen. Der Einfluss der arabischen Welt wird spürbar.

Und dann sehen wir es zwischen den Bäumen und Büschen hindurch blitzen – das Arabische Meer, Teil des Indischen Ozeans. Es ist schon ein tolles Gefühl, auf den eigenen vier Rädern nun in dieser exotischen Ecke der Welt eingetroffen zu sein.

Wir rollen nach Bandar Abbas hinein, dieser wichtigen iranischen Hafenstadt und Sprungbrett nach Dubai. Heiß und schwül ist es hier, ganz ungewohnt nach den kalten Tagen im iranischen Hochland. Und so genießen wir den sommerlichen Bummel über den urtümlichen Bazar, bevor wir uns aufmachen, uns wegen der Fähre in die Arabischen Emirate schlau zu machen.

Leider fährt diese nur zweimal die Woche, und einer der Abfahrtstage ist ausgerechnet heute. Zu spät für uns, da die Zollabfertigung schon geschlossen hat. Die nächste Fähre geht erst wieder am Montag, also in fünf Tagen. So haben wir genügend Zeit, um mal ein wenig zu relaxen…

Als wir so an der Uferpromenade stehen und auf die rund hundert in der Straße von Hormuz liegenden Frachtschiffe blicken, werden wir von Ali und seiner Frau samt Baby angesprochen und zum Mitkommen aufgefordert.  Nach einigem Überlegen, ob wir diese Einladung annehmen sollen, da die beiden kein Wort Englisch sprechen, lässt Ali keine Widerrede gelten, und so fahren wir den beiden hinterher zu ihrer Wohnung irgendwo am Stadtrand von Bandar Abbas. Trotz sprachlicher Hürden wird es ein netter Abend mit bester Versorgung, und erst als sich das Hochzeitsvideo der Beiden anfängt wie Gummi zu ziehen, werden wir schlagartig todmüde und ziehen uns in unseren „Manni“ zurück, der inzwischen geduldig vor der Tür gewartet hat.

Rudan/Dehbarez  -  Bandar Abbas  -  165 km  -  km 50535

 

 

06.Dezember 2012 - Nikolaustag in Bandar Abbas

Die Nacht war ein wenig unruhig, da in der Wohnsiedlung ein ständiges Kommen und Gehen, respektive Fahren war. Verabschiedet hatten wir uns schon gestern Nacht, da Ali schon sehr früh zur Arbeit los musste, und so füllen wir unter den neugierigen Blicken der Nachbarn noch unsere Wasservorräte auf, bevor wir uns wieder in die Stadt aufmachen. Das Wetter ist ein wenig regnerisch heute, immer wieder ziehen pechschwarze Wolken von der Bergen hinunter an die Küste, deren kurze Regengüsse die drückende Schwüle etwas lindern.

Wir wechseln etwas Geld für die Personentikets der Fährpassage und um nochmal vollzutanken und einzukaufen. Ein besonderes Erlebnis ist dies auf dem Fischmarkt, wo wir frische Schollen erstehen, die wir uns heute Abend gönnen werden. Anschließend fahren wir in einen Park etwas außerhalb der City, jedoch direkt am Meer, wo wir auch gleich zum Übernachten stehen bleiben.

Und jetzt gibt es Walnüsse und Plätzchen bei Kerzenschein…

Bandar Abbas  -  55 km  -  km 50590

 

 

07.Dezember 2012 - Ein Tag an der Tanke

Bevor den Iran verlassen, wollen wir natürlich unsere Tanks noch bis zum Anschlag füllen, denn billiger werden wir Diesel nicht mehr auf unserer weiteren Reise bekommen. Doch das gestaltet sich hier in Bandar Abbas als gar nicht so einfach, da der überwiegende Teil der Dieselvorräte in den Hafen fließt und somit für die beiden Tankstellen am Rand der Stadt pro Tag lediglich ein Tanklastzug übrig bleibt. Und so warten wir denn geduldig mit rund 100 Truckern auf die nachmittägliche Lieferung. Als die endlich kommt, werden wir freundlicherweise ganz nach vorne gebeten und bekommen mit Hilfe der Tankkarten zweier hilfsbereiter Trucker zumindest rund 200 Liter zugeteilt – immerhin.

Den verbliebenen Nachmittag verbringen wir dann wieder in unserem Ausflugspark am Meer, wo sich wegen des Freitagsonntags inzwischen hunderte Menschen eingefunden haben zum promenieren, Wasserpfeife rauchen, picknicken, joggen, kicken und Radfahren. Viele dieser Wochenendbesucher haben ein Zelt aufgebaut, um über Nacht zu bleiben, und so gleicht das ganze Areal einem improvisierten Campingplatz. Am Abend gesellen wir uns dann noch zu unseren Nachbarn Samane und Hasan aus Mashhad, um in ihrem Möbelwagen hinten auf der Ladepritsche gemütlich Tee zu trinken und zu quatschen.

Bandar Abbas  -  50 km  -  km 50640

 

 

08.Dezember 2012 - Unsere Abfahrtsvorbereitungen…

…laufen langsam, aber sicher, weiter. Am Vormittag erstehen wir zumindest mal die Personentikets für die Fähre und bezahlen die Gebühr für die Zollabfertigung. Dabei werden wir von Taha, einem Mitarbeiter der Schifffahrtsgesellschaft, gleich mal für heute Abend zu ihm nach Hause eingeladen, was wir nach vergeblichen Versuchen, dies abzuwehren, dann auch annehmen.

Anschließend machen wir einen weiteren Versuch, unsere Tanks doch noch voll zu bekommen. Und wir haben Glück, eine der beiden Tankstellen hat noch Diesel, und wir können mit Hilfe eines anderen Truckers die noch fehlenden 120 Liter bunkern.

Randvoll mit billigem Sprit stellen wir uns nun an die Strandpromenade, um endlich mal wirklich zu relaxen, haben wir doch heute tatsächlich die 30°C-Marke überschritten! Doch gegen Abend müssen wir schon wieder los zu Taha und seiner Familie, wo wir sehr herzlich empfangen werden von seiner Frau Salime und den Kindern Khatereh, Raheleh und Morteza. Und wie immer genießen wir einen gemütlichen Abend bei reichhaltigem Essen im Kreise dieser netten Familie, bevor wir uns spät in unseren vor der Tür parkenden „Manni“ verziehen und eine ruhige Nacht verbringen.

Bandar Abbas  -  115 km  -  km 50755

 

 

09.Dezember 2012 - Wir nehmen langsam Abschied…

…von diesem schönen Land mit seinen wundervollen Menschen. Noch während dem  gemeinsamen Frühstück mit Tahas Familie werden wir gefragt, ob wir Fisch mögen. Und so ist auch der kommende Abend, ehe wir uns versehen, schon verplant…

Wir bummeln ein letztes Mal über den Bazar, verprassen unsere letzten Rials, was sich bei den unglaublich niedrigen Marktpreisen als gar nicht so leicht möglich herausstellt und stellen uns dann an die Strandpromenade, um die warme Sonne zu genießen. Am späten Nachmittag verabschiedet sich der Tag dann mit einem herrlichen Sonnenuntergang von uns.

Zurück bei Taha gibt’s einen lecker zubereiteten Fisch aus den Küstengewässern des Persischen Golfs und als wir gerade mit ihm fertig sind, läutet es an der Haustür. Kennen wir ja schon, ein eifriger Nachbar hat mal wieder ein verdächtiges Fahrzeug in der Wohnsiedlung gemeldet. Und so müssen zwei nette Jungs von der Polizei uns mal wieder kontrollieren, damit auch alles seine Ordnung hat.

Bald darauf verabschieden wir uns, um morgen früh ausgeschlafen die Ausreiseformalitäten abzuwickeln.

Bandar Abbas  -  20 km  -  km 50775

 

 

10.Dezember 2012 - Ein Tag im Hafen

„Wann geht denn die Fähre?“ – „ Abends um 21:00 Uhr“ – „Und wann sollen wir im Hafen sein?“ – „Na, gleich morgens ab 8:00 Uhr.“ „Äh, ist das nicht ein bisschen übertrieben?“ – „Nein, nein, das passt schon…“

Tahas Erfahrung mit der Abwicklung der Ausreise und der Verschiffung lässt uns also schon früh am Hafen von Bandar Abbas erscheinen. Und er sollte recht behalten. Die Stempel- und Unterschriftenrallye nimmt ihren unerbittlichen und vor allem unergründlichen Lauf. Das Ganze ist manchmal so undurchsichtig, dass sich sogar die Beamten bei uns für die Umstände entschuldigen …

Sie sind sehr freundlich, geduldig und hilfsbereit, und an dieser Stelle wollen wir uns gerne bei allen bedanken, die uns durch die verschiedenen Stationen geschleust haben. Nach rund drei Stunden und mehreren Kilometern Fußmarsch haben wir alle Stempel eingesammelt, die Jungs im Hafen die Papiere abgeheftet und so können wir uns endlich gemeinsam mit Danielle und Jean-Luc aus Frankreich entspannt zurücklehnen.

Doch wir nutzen den Nachmittag auch, um „Manni“ fein zu machen für die Emirates und für den Oman und mal wieder Wäsche zu waschen. Von Jean-Luc erhalten wir noch wertvolle Tipps für den Oman, dann dürfen wir unsere Autos schon mal auf die Fähre fahren. Unsere beiden sind, neben zwei Sattelaufliegern, die einzigen Fahrzeuge an Bord.

Um 19:00 Uhr geht es dann langsam los mit der Passkontrolle und dem Einchecken, und nach weiteren drei Stunden sitzen wir doch tatsächlich schon im „Manni“. Mit über 1 ½ Stunden Verspätung liegen wir bei der Abfahrt dann schlussendlich noch überraschend gut in der Zeit.

Langsam gleiten wir hinaus in die Schwärze der Nacht, wo wir bald hunderte beleuchteter Schiffe passieren, während am Horizont hinter uns mit dem Lichtermeer von Bandar Abbas der Iran allmählich verschwindet. Ein eindrucksvolles Bild…

Bandar Abbas  -  10 km  -  km 50785

 

 

11.Dezember 2012 - Über Nacht in eine andere Welt gebeamt…

…so kommt es uns zumindest vor, als die Skylines von Dubai und Sharjah im morgendlichen Dunst vor uns auftauchen. Ein fast unwirkliches Bild nach all den Wochen im Iran.

Die „Hormuz 12“ hat uns sicher durch diese haiverseuchten Gewässer hinüber auf die arabische Halbinsel gebracht, und wir sind gespannt, wie uns die ultramodernen Emirates empfangen werden. Doch schnell ist klar, es ist alles nur Fassade, denn die hiesigen Behörden stehen den iranischen Kollegen in Umständlichkeit nicht nach. Doch diese waren wenigstens freundlich, während sich die emiratischen Beamten an Hochnäsigkeit gegenseitig versuchen zu überbieten. Und jeder Stempel kostet extra, unglaublich. Und was ihnen alles für Stempel einfallen!

Nach endlosen fünf Stunden ist es soweit, wir haben alle Papiere zusammen, alle Stempel bezahlt und werden mit dem finalen Passierschein in die Glitzerwelt entlassen. Wir geben es zu, wir sind schon fasziniert, was sich uns hier für ein Bild bietet: Glasfassaden, in denen sich saftig grüner, englischer Rasen spiegelt, Wasserfontänen, in denen sich die Strahlen der warmen Wintersonne brechen, moderne Autos, die sich in geordneten Bahnen unauffällig fortbewegen, blitzblanke Straßen, die sich entlang mondäner Villen ziehen.

Wir sind unsicher, fühlen uns wie Fremdkörper, alles wirkt ein wenig zu steril und aufgeräumt, zu sauber. Oder sind wir es einfach nicht mehr gewohnt, denn eigentlich sieht es doch nur aus wie Zuhause…

Die erstbeste Straße in Richtung Osten führt uns raus aus der Stadt, hinein in die endlose Weite der Wüste, die sofort hinter der letzten Häuserreihe anfängt. Wir atmen auf. Nach einiger Zeit biegen wir in eine befahrbare Piste ab, die in einem Dünental an einer kleinen Kamelzucht endet. Der junge Besitzer der wunderschönen eleganten Tiere, ein junger, typischer Araber aus besserem Hause, heißt uns herzlich willkommen, breitet eine Decke auf dem Sand auf und erklärt uns bei arabischem Kaffee und Tee interessante Einzelheiten über seine wertvollen Tiere.

Als es dunkel wird, macht er sich auf nach Hause, nicht ohne uns einzuladen, mitzukommen, was wir allerdings diesmal dankend ablehnen und verschieben, da wir von der stundenlangen Einreisprozedur einfach zu müde sind. Und so stellen wir uns in den Windschatten der Dünen und lassen uns vom regen Flugverkehr dreier internationaler Flughäfen in den Schlaf wiegen…

Sharjah (VAE)  -  vor Al Madam  -  60 km  -  km 50845

 

 

12.Dezember 2012 - Weiter in den Oman

Heftiger Wind treibt feinen Sand über die Dünenkämme, die Luft ist so diesig, dass die Sonne es kaum durch den milchigen Dunst schafft. Wir verabschieden uns von den pakistanischen Pflegern der wertvollen Kamele und machen uns auf in Richtung Oman, denn wir haben im Moment keine Lust auf Großstadt a la Dubai & Co.

Gleich nach Al Madam durchqueren wir bereits omanisches Territorium, auf das lediglich ein freundlicher Polizeiposten hinweist. In Hatta befinden wir uns dann wieder auf emiratischem Grund. Kurz darauf sind wir auch schon an der Grenze. Sowohl die Ausreise aus den Emiraten als auch die Einreise in den Oman ist trotz kostenpflichtiger Visaerteilung innerhalb weniger Minuten erledigt. Es geht also auch anders…

Und dann grüßt uns auch schon das Blau des Indischen Ozeans durch die Häuserreihen vor uns. Heiß ist es hier unter am Meer, 35°C lassen uns ganz schön schwitzen. In Shinas machen wir Mittagsrast im Schatten des alten Forts, bevor wir weiter entlang der Küste bis nach Sohar fahren. Dort stellen wir uns auf den Parkplatz eines Hotels, um deren Internetverbindung zu nutzen, doch die ist dermaßen langsam, dass wir schlussendlich gleich über Nacht hinter dem Hotel stehen bleiben und  vom Management noch eine Einladung zum Frühstücksbuffet bekommen.

Vor Al Madam (VAE)  -  Sohar (Oman)  -  195 km  -  km 51040

 

 

13.Dezember 2012 - Wir fühlen uns sofort wohl hier…

…denn es ist bei Weitem nicht so steril und aufgeräumt wie in den Emirates. Die pakistanischen und indischen Gastarbeiter geben dem Ganzen ein persönliches Flair, und auch die Omanis wirken viel entspannter und freundlicher als die Emiratis.

Wir verlassen Sohar erst am späten Vormittag, da uns die Internetverbindung auch am Morgen ziemlich im Stich lässt. Auf der Küstenautobahn fahren wir weiter in Richtung Südosten, vorbei an Saham, Suwayq und Al-Masna´ah. Kurz darauf biegen wir in Richtung Meer ab, an die Landzunge von Ras as-Sawadi. Im dortigen Hotel Beach Resort belegen wir erst mal die Lobby, um endlich unsere Internetaufgaben zu Ende zu bringen, was hier auch super funktioniert.

Direkt an der Spitze der Landzunge ist ein Park mit tollem Sandstrand und einigen vorgelagerten, kahlen Inselchen. Auf der größten steht sogar eine kleine Burg. Wir stellen uns zwischen zwei Kokospalmen mit direktem Blick auf das Meer, das hier stark von Ebbe und Flut geprägt ist, und packen seit langem mal wieder unsere Stühle aus, denn es ist sogar abends noch sommerlich warm. Der Park ist gut besucht, es ist Donnerstagsamstag, also Wochenende, und auch hier ist picknicken sehr beliebt.

Hier wollen wir erst mal etwas bleiben, um die vergangenen Wochen Revue passieren zu lassen und im Oman anzukommen.

Sohar  -  Ras as-Sawadi  -  165 km  -  km 51205

 

 

14.Dezember 2012 - Urlaub am Strand

Heute ist es nicht ganz so heiß, die Sonne lacht vom wolkenlosen Himmel, die Palmen wiegen sich sanft im leichten Wind, der als sachte Briese über den Indischen Ozean streicht. Vor uns auf dem breiten Sandstrand, der flach ins warme Wasser übergeht, liegen kleine Ausflugsboote im morgendlichen Licht und warten auf Kundschaft, die vielleicht zu den vorgelagerten Inseln möchte. Wir sitzen im Schatten von unserem „Manni“ und frühstücken. Und entscheiden, heute mal nichts zu tun…

Am Nachmittag nutzen wir die einsetzende Ebbe, um auf die größte der Inseln hinüber zu wandern, die nun trockenen Fußes zu erreichen ist. Wir steigen hoch bis zur Burg und genießen den weiten Blick über die Landzunge und die Inseln. Inzwischen sind hunderte von Wochenendbesuchern eingetrudelt, die nun in einem endlosen Corso im Schritttempo mit dem Auto auf dem Strand hin- und herfahren, picknicken, spazieren gehen oder sich zu den Inseln schippern lassen.

Mit Einbruch der Dunkelheit sind sie fast alle schlagartig verschwunden und es kehrt wieder Ruhe ein. Wir holen uns beim pakistanischen Kebabgriller jede Menge Hühnerspieße und hauen uns nach dem anstrengenden Tag erst mal die Wampe voll.

Ras as-Sawadi  -  0 km  -  km 51205

 

 

15.Dezember 2012 - Nochmal nix…

…getan heute. In der Nacht hat es leicht geregnet und dadurch ist die Temperatur auf ein erträglicheres Maß abgesunken. So verbringen wir den Tag mit Einkaufen fahren ins nächste Dorf, Mails abrufen im benachbarten Hotel, baden im Ozean vor der Tür, Wäsche waschen am Wasserhahn vor der öffentlichen Toilette, kurzen Spaziergängen am Strand neben „Manni“ und mehrmaligem Essen fassen in der heimischen Küche und beim Hühnerkebabgrill vom Pakistani nebenan.

Von diesem straffen Programm sind wir dann rechtschaffen müde geworden und lassen uns gerne von den gleichmäßigen Wellen unter unserem Schlafzimmerfenster sanft in den Schlaf lullen.

Ras as-Sawadi  -  5 km  -  km 51210

 

 

16.Dezember 2012 - In das Al-Jabal al-Akhdar-Gebirge

Ab heute ist erst mal wieder Schluss mit der Faulenzerei. Erst noch ein morgendliches Bad im Ozean, dann ein gemütliches Frühstück unter Palmen und anschließendes Auffüllen unserer Wassertanks, und schon sind wir startklar.

Wir fahren ein kleines Stück zurück auf der Küstenautobahn, bis wir nach Al-Masna`ah in Richtung Landesinneres abbiegen. In Al-Hazm und auch in Rustaq wollen wir uns eigentlich die dortigen alten Forts ansehen, doch leider sind beide Anlagen wegen umfassender Renovierungsarbeiten langfristig geschlossen. So entscheiden wir nach der Mittagsrast, heute noch ins Wadi Bani Awf weiter zu fahren.

Dieses Wadi ist auch heute noch der einzige fahrbare Übergang durch das Al-Jabal-al-Akhar-Gebirge. Mehrere hundert Meter hohe Felswände begrenzen die schmale Schlucht, durch die das Wadi aus den Bergen austritt. Dieser Abschnitt wird im Moment neu trassiert, betoniert und befestigt, damit das Wasser die Piste nicht mehr zerstört und das Wadi unpassierbar macht. Durch diese Baumaßnahmen verliert dieser Bereich leider ein wenig von seiner spektakulären Wirkung.

Ein Stückchen weiter teilt sich die Strecke, wir fahren weiter Richtung Süden. Kurz darauf entdecken wir rechts der Piste den schmalen Eingang zu einer Schlucht. Wir wandern ein wenig hinein, doch schon bald wird der Weiterweg durch riesige Felsbrocken zu einer Kletterpartie. Da es bald dunkel werden wird, brechen wir die weitere Erkundung dieser tollen Schlucht lieber ab und verschieben das Ganze auf morgen.

Ein Stückchen weiter bietet sich eine steile Auffahrt auf ein ebenes Plateau oberhalb des Wadis an, ein idealer Übernachtungsplatz, sicher vor eventuellen Regenfällen, die das Wadi zu einem gefährlichen Platz machen würden. Und kaum stehen wir dort oben, das Lagerfeuer brennt bereits, fängt es doch tatsächlich an, etwas zu regnen. So verlegen wir das Kochen nach innen und hoffen, dass der Regen keine üblen Folgen für die Befahrbarkeit der Piste haben wird.

Ras-as-Sawadi  -  im Wadi Bani Awf  -  115 km  -  km 51325

 

 

17.Dezember 2012 - „Manni“ jubelt…

…denn heute darf er den ganzen Tag endlich mal wieder Pisten fahren! Und was für welche! Nie wirklich schwierig oder gar gefährlich, aber immer spannend und mit tollen Ausblicken garniert.

Los geht es am späten Vormittag, denn wir genießen erst mal die absolute Ruhe an unserem Platz, die nur durch ein paar freche Ziegen gestört wird, die uns unser Frühstück vom Tisch klauen wollen. Und dann werden mir noch schnell die Haare geschnitten, damit ich wieder manierlich aussehe. Ich darf mich diesmal aber nicht an Connys Haarpracht versuchen, da sie jetzt ja kein Kopftuch mehr tragen muss…

Unser Weg bleibt erst noch unten im eigentlichen Wadi, bis wir bei dem Dorf Zammah auf den Snake Canyon treffen, der sich bis hierher auf über fünf Kilometer messerscharf und extrem eng durch die wilde Berglandschaft schneidet. Am Dorfausgang wäre für uns fast Schluss gewesen, denn eine Wasserleitung ist so angebracht, dass wir mit „Manni“ aber sowas von gerade noch durch passen. Danach steigt die Piste zum Teil extrem steil bergan und führt abenteuerlich in den Fels gearbeitet am Berghang entlang, immer mit tollen Blicken hinunter auf die tief eingeschnittene Schlucht des Snake Canyons.

Wir erreichen Balaad Seyd, ein malerisch von hohen Bergen eingeschlossenes, wie in  einem  Kessel liegendes, etwas größeres Dorf. Auf einem erhöhten Platz oberhalb der Abfahrt zum Dorf verbringen wir die Mittagszeit, ehe wir die Passstrecke hinauf zum Aussichtspunkt Sharaf al-Alamayn in Angriff nehmen. 1.000 Höhenmeter auf nur zehn Kilometer, steil, aber gut zu fahren, liegen vor uns. Einige engere Passagen fordern ein wenig Augenmaß, doch nach einer Stunde Fahrt sind wir schließlich oben auf gut 2.000 Meter.

Stürmischer Wind, der die 12°C noch unangenehmer erscheinen lässt als sie sowieso nur sind, vereitelt unseren Plan, hier oben zu übernachten, und so entscheiden wir, die herrliche Bergpiste gleich wieder hinunter zu fahren, zurück bis Balaad Seyd, wo wir uns auf unseren Platz von heute Mittag stellen, um dort die Nacht zu verbringen.

Und „Manni“ fand den Tag einfach nur toll…

Im Wadi Awf  -  Balaad Seyd  -  40 km  -  km 51365

 

 

18.Dezember 2012 - Der Zufall führt mal wieder Regie…

…und so entwickelt sich der Tag ganz anders als erwartet. Da die Piste zurück durch das Wadi Bani Awf wegen Bauarbeiten vormittags gesperrt ist, entscheiden wir, über das Wadi Sahtan nach Rustaq zu fahren. Nach dem Abzweiger geht es so steil auf losem Untergrund hinauf, dass wir die Steigung erst nach dem Zuschalten sämtlicher Sperren schaffen. Oben angekommen, biegen wir falsch ab und landen vor dem winzigen Weiler Selma, der einzig vom alten Said noch bewohnt wird und der uns natürlich sofort zu sich einlädt.

Ein wenig später stoßen Ali, ein Neffe von Said und Amur aus dem Nachbardorf noch zu unserer Kaffeerunde. Ali führt uns dann durch die Palmenhaime und Obstgärten, erklärt uns die Funktionen der uralten Bewässerungssysteme und zeigt uns das alte Dorf, in dem er noch geboren wurde und das nun seit Jahren verlassen ist.

Nun bittet uns Amur zu sich nach Hause in sein Dorf, und so fahren wir schon mal vor, um dort auf ihn zu warten. Am Ortseingang werden wir von einigen Bewohnern begrüßt, schnell ist eine Matte neben der staubigen Piste ausgebreitet, und schon werden wir verköstigt mit Datteln, Obst und Tee. Wenig später kommt auch schon Amur angefahren, und nimmt uns mit zu seiner Familie. Auf mehreren Häusern verteilt leben hier seine drei Brüder mit ihren Familien sowie seine Schwester und seine Mutter. Der Empfang ist sehr herzlich, wir wandern ein wenig durch das Tal, sitzen am Lagerfeuer und natürlich bleiben wir zum Abendessen und auch gleich über Nacht.

Balaat Seyd  -  Al Hail  -  15 km  -  km 51380

 

 

19.Dezember 2012 - Weiter durch das Al-Jabal al-Akhbar-Gebirge

Den Vormittag verbringen wir noch in Al Hail, sitzen vor der kleinen Moschee beim Kaffee, klettern über kaum erkennbare Bergpfade durch die Gärten und genießen die entspannte Ruhe dieser intakten Gemeinde. Und als wir uns schließlich verabschieden, müssen wir versprechen, wieder zu kommen.

Die Verbindungspiste ins Wadi Sahtan ist traumhaft schön, im steilen Auf- und Ab sucht sie sich ihren Weg durch das aufgeschichtete Gebirge, gibt immer wieder tolle Blicke auf die in der Sonne blitzenden Gipfel und Wände frei. Die letzten Kilometer führen dann direkt durch ein schmales Seitenwadi, wo wir manchmal ganz schön zirkeln müssen, um durchzukommen. Auch einige Bäume müssen auf „Mannis“ Gardemaße zurechtgestutzt werden, damit wir unter den dichten und stacheligen Ästen hindurch passen.

Das Wadi Sahtan ist schließlich erreicht, es ist teilweise sehr breit und extrem trocken, so dass wir bei flotter Fahrweise eine lange Staubfahne hinter uns herziehen. Auf der nun guten Piste und der anschließenden Teerstraße erreichen wir zügig Rustaq, wo wir einen Supermarkt stürmen und eine späte Mittagspause machen.

Unser Tagesziel heute ist allerdings das Wadi Bani Kharus, das südlich von Awabi aus den Bergen austritt. Doch wir sind enttäuscht, denn das Wadi ist sehr breit und mit einer neuen Teerstraße versehen, die dem Ganzen doch den Reiz nimmt. Auch Übernachtungsplätze sind nicht wirklich vorhanden, und so kehren wir am Ende des Wadis um und fahren wieder hinaus nach Awabi, wo wir uns in den Hof des dortigen Forts stellen. Bewacht von mittelalterlichen Kanonen verbringen wir innerhalb des Gemäuers die Nacht.

Ein Blick auf „Mannis“ Tacho zeigt uns noch, dass wir seit unserer Abfahrt Anfang Mai exakt 20.000 Kilometer zurückgelegt haben!

Al Hait  -  Awabi  -  125 km  -  km 51505

 

 

20.Dezember 2012 - Raus aus den Bergen…

…und zurück an die Küste, das ist für heute unser Plan. Auf dem Weg dorthin statten wir der mächtigen Festung von Nakhl einen Besuch ab. Sie scheint aus dem Fels, auf dem sie sich erhebt, zu wachsen, so stimmig überragt sie den dichten Palmenhain um sie herum. In vielen Räumen sind alte Möbel und Handwerkszeug aus längst vergangenen Zeiten zu sehen und geben der Festung damit ein sehr lebendiges Erscheinungsbild.

Anschließend fahren wir durch die dichten Gärten hinter der Festung nach Al Thorwarah zu den dortigen heißen Quellen, einem sehr beliebten Picknickplatz. Und entsprechend bunt geht es dort heute auch zu, dutzende omanischer, indischer und pakistanischer Familien genießen das begonnene Wochenende. Wir machen dort auch eine kurze Mittagsrast, bevor es endgültig nach Barka, hinunter ans Meer, weiter geht.

Dort angekommen, sind wir etwas enttäuscht vom ziemlich verdreckten Strand und entscheiden, die paar Kilometer zum bereits sichtbaren Ras as-Sawadi  weiter zu fahren. Und weil es so nah aussieht, wählen wir erst die Uferstraße und dann eine teilweise noch im Bau befindliche neue Umgehungsstraße zu einer ebenfalls noch in Bau befindlichen Neubausiedlung. Die Straße endet natürlich bald vor einem Bauzaun, doch eine sandige Piste scheint um das eingezäunte Areal herumzuführen. Und der Strand davor ist ja befahrbar, machen ja alle so.

Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, es muss in der letzten Nacht heftig geregnet haben, so dass der eigentlich harte Sand viel zu weich für „Manni“ ist. Und es kommt, wie es kommen muss, wir fahren uns natürlich fest. Also erst mal ordentlich Luft aus den Reifen, und schon geht es weiter. Wir erreichen wieder festeren Untergrund, pumpen die Reifen wieder etwas auf, doch einige hundert Meter weiter wird es noch weicher und auch das Wasser steht noch zwischen den Sandhügeln. Na prima!

Also dasselbe Spiel nochmal, Luft raus und mit viel Gefühl durch den tiefen Sand. Und weil wir nicht denselben Weg zurückfahren wollen, erbitten wir die Durchfahrt des abgesperrten Bauareals, die uns schließlich wieder auf sicheres Terrain zurück bringt. So wurde aus der kurzen Abkürzung ein Nachmittag füllendes Programm…

Wir stellen uns wieder unter „unsere“ Palmen und der pakistanische Hühnerkebabgriller freut sich auch über unsere überraschende Rückkehr.

Awabi  -  Ras as-Sawadi  -  125 km  -  km 51630

 

 

21.Dezember 2012 - Der Oman wird persönlicher…

…denn die nächsten Einladungen wirbeln unseren Tagesplan gehörig durcheinander. Nachdem wir uns von unserer so sinnvollen, gestrigen  Abkürzung über den Strand erholt haben, fahren wir diesmal vernünftigerweise über die Hauptstraße zurück nach Barka. Dort gehen wir sofort auf den allmorgendlichen Fischmarkt, in dessen Mittelpunkt eine interessante Fischversteigerung steht. Rund um eine erhöhte Plattform sitzen einige ältere Herren mit einem großen Geldkoffer und einem Buch, in dem sie die Gebote eintragen, damit sie nach der Versteigerung ordnungsgemäß kassiert werden können. In die Mitte werden immer wieder verschiedene Fische geworfen, die direkt aus den am Strand liegenden Booten gebracht und dann lauthals ausgerufen und meistbietend an die Händler versteigert werden. Dort schlagen wir dann auch ordentlich zu, denn frischer wird es Fisch nirgendwo geben.

In der Zwischenzeit spricht uns Khalid an, der auch ein paar Fische ersteigert hat, und lädt uns sogleich zu sich nach Hause ein. In seinem riesigen, neu gebauten Stadthaus erwarten uns dann schon seine Frau und ein Teil seiner zwölf Kinder, um uns erst mal ordentlich zu versorgen. Anschließend bringt uns Khalid zur Farm seiner Familie etwas außerhalb von Barka. Es ist ein riesiges Areal mit den verschiedenartigsten Gewächsen und Gemüsen, u.a. alleine 20 verschiedene Mangobäume, mit einer Hühner- und Ziegenzucht, mit Bienenstöcken und Milchkühen. Nach und nach treffen auch die weiteren Familienmitglieder ein, die größtenteils in der Hauptstadt leben und haute am Freitagsonntag zum wöchentlichen begutachten der Farm kommen. Und so füllt sich der Hof mit Nobelkarossen und die Tafelrunde mit feinen Herren der omanischen Oberschicht.

Nach einem äußerst interessanten Nachmittag entführt uns Khalid noch in eine indische Tanzbar, wo unmotivierte indische Tänzerinnen mit gelangweilten Bewegungen zu schauderhaft lauter Musik versuchen, mehrheitlich desinteressierte und mit ihren Handys spielende Herren zu animieren, Trinkgelder für ihre anstrengenden Darbietungen locker zu machen. Deren verzweifelte Versuche, mit Unmengen von Bierbüchsen die Damen einstweilen schöner zu trinken, ist zwar zum Scheitern verurteilt, freut aber zumindest den Barbesitzer. Als Khalid nach der dritten Büchse Bier anfängt, die Mädels toll zu finden, treten wir lieber geschlossen den Rückzug an, denn er hat ja schon zwölf Kinder…

Ras as-Sawadi  -  Barka  -  35 km  -  km 51665

 

 

22.Dezember 2012 - Wir erreichen die “Capital Area”…

…wie die Region um die Hauptstadt hier genannt wird. Bei Khalid gibt es noch ein kleines Frühstück, doch dann geht es los in Richtung Muscat. Die Autobahn dorthin wird im Moment auf drei Spuren erweitert, so dass es eine endlose Baustellenfahrt wird. Doch es ist nicht mehr weit, und wir sind schnell in den ersten Vororten angekommen.

In Seeb entdecken wir einen Supermarkt der französischen Kette Carrefour, und den nutzen wir, um unsere Kühltruhe mal wieder ordentlich zu füllen und vernünftige Wurst und Schokolade zu bunkern, doch den sehnsüchtig gewünschten Wein suchen wir auch hier vergebens. Na gut, dann müssen eben unsere Notrationen für Weihnachten und Sylvester herhalten…

Den Besuch der größten Moschee des Oman müssen wir auf morgen verschieben, denn wir dürfen dort nur am Vormittag hinein, um die Betenden nicht zu stören. Und so machen wir uns auf, einen ruhigen Bade- und Übernachtungsplatz zu suchen. Den finden wir schnell im noblen Villenvorort Al Qurum zwischen zwei edlen Residenzen, baden im herrlich sauberen und warmen Ozean, sitzen im weichen Sand und werden von der abendlichen Polizeistreife höflich willkommen geheißen. Und irgendwo im Hintergrund übt ein Chor Weihnachtslieder. Na, dann passt doch alles…

Barka  -  Mascat/Al Qurum  -  110 km  -  km 51775

 

 

23.Dezember 2012 - Muscat und Matrah

Das klare Wasser lockt uns noch vor dem Frühstück, und so starten wir erfrischt in den heutigen Tag. Als erstes fahren wir nochmal zurück zur Großen Moschee, wo wir nun zur Besuchszeit auf Unmengen von Touristen treffen. Man spürt, die Weihnachtssaison hat begonnen…

Die Große Moschee ist seit gut zehn Jahren fertiggestellt und beeindruckt durch ihre schiere Dimension. Ein 60 x 70 Meter großer, von iranischen Knüpferinnen hergestellter Teppich bedeckt den Hauptgebetsraum, der von einem gigantischen Kristallleuchter der Firma Swarowski ausgeleuchtet wird. Leider lassen die Touristenmassen keine richtige Ruhe aufkommen, und so flüchten wir schon recht bald wieder.

Praktisch um die Ecke ist eine große MAN-Werksvertretung, wo wir „Manni“ mal kurz checken lassen – alles soweit in Ordnung. Anschließend rollen wir über die Stadtautobahn im dichter werdenden Verkehr hinein ins Zentrum von Muscat und Matrah. Die beiden Schwesterstädte sind nahezu zusammengewachsen, lediglich durch einen kahlen Hügel voneinander getrennt. Während in Muscat das politische Leben stattfindet, ist Matrah das wirtschaftliche Zentrum mit dem Hafen.

Ein erster Bummel entlang der Hafenpromenade ist ebenfalls geprägt von unzähligen Touristen, denn zwei Kreuzfahrtschiffe liegen gerade vor Anker und haben ihre Gäste auf Landgang geschickt. Das macht sich auch sofort im Bazar bemerkbar, wo die Verkäufer jeden Vorbeischlendernden ansprechen. Das sind wir so gar nicht mehr gewohnt und verlassen deswegen auch recht bald wieder diese Touristenmeile.

Da geht es in Muscat gemütlicher zu, hier sind wir ungestört und genießen die Aussicht auf die zwischen hohen Felsen gebaute Stadt mit ihren alten portugiesischen Forts. Der Arbeitspalast des Sultans erinnert ein bisschen an Fantasiyland und seine Umgebung ist dermaßen geleckt sauber, dass man sich kaum auf die Steinfließen zu treten traut. Es wirkt alles ein wenig steril…

An der Uferstraße zwischen den beiden Städten laden mehrere schöne Parkplätze zum Verweilen ein, und auf einem dieser Plätze richten wir uns schon am Nachmittag für die Nacht ein. Am Abend laufen wir dann nochmal hinüber nach Mutrah, schlendern durch die Souks und entlang  der Hafenpromenade. Als wir wieder zurück bei „Manni“ sind, laufen gerade die beiden Kreuzfahrschiffe direkt an uns vorbei aus dem Hafen aus, ein eindrucksvolles Bild.

Muscat/Al Qurum  -  Muscat/Mutrah  -  65 km  -  km 51840

 

 

24.Dezember 2012 - Orientalische Weihnachten

Die Szenerie macht es uns nicht leicht, sich für das Fest den gewohnten Rahmen zumindest vorzustellen. Wir frühstücken leicht bekleidet draußen im Freien, schon jetzt lassen uns fast 30°C den Schatten suchen. Palmen statt Tannen, Datteln statt Lebkuchen, Muezzin statt “Jingle Bells“. So verbringen wir den Vormittag ganz unromantisch am Laptop, um die Weihnachtspost zu verschicken und unsere Homepage zu aktualisieren.

Gegen Mittag verlassen wir Mutrah, durchqueren nochmal Muscat und kommen dann am mondänen Hotel Al-Bustan vorbei, wo uns ein Vorfahren mit „Manni“ vom Gateofficer verwehrt wird. Anscheinend mögen sie hier keine angeschmutzten LKW`s. Na gut, wir haben verstanden, dann baden wir halt neben dem Hotelstrand…

Und dann laufen wir in unserer Weihnachtstraumbucht ein! Qantab Beach heißt dieses kleine Paradies unweit des gleichnamigen Dorfes. Ein sichelförmiger, feinsandiger Strand, an den das glasklare Wasser des indischen Ozeans in leichten Wellen anlandet, eingerahmt von Sandsteinfelsen und –inseln mit  einem natürlich geschaffenen, großen Steinbogen, durch den die flinken Ausflugsboote flitzen. Wow, die heilige Nacht kann kommen…

Wir parken „Manni“ am Rand des tiefsandigen Strandes, legen uns in das klare Wasser und warten auf die abendliche Bescherung. Die bereiten wir uns dann selbst mit einem herrlichen Rindersteak in einer pikanten Rotwein-Pfeffer-Sauce, begleitet von einem edlen Südafrikaner, der die iranischen Zollbehörden unbemerkt überstanden hatte. Was für ein Genuss!

Zum Nachtisch gibt es dann noch eine Extravorstellung omanischer Autofahrer, die sich in maßloser Selbstüberschätzung ihrer technischen Möglichkeiten reihenweise im weichen Sand festfahren und bei unprofessionellen Bergeaktionen ihre Abschleppgurte schrotten. Wir helfen ihnen dann mit einem scharfen Messer, um die Gurtreste von den Abschleppösen abzuschneiden…

Fröhliche Weihnachten…

Muscat/Mutrah  -  Qantab Beach  -  30 km  -  km 51870

 

 

25.Dezember 2012 - Entlang der Piratenküste nach Süden

So traumhaft schön unser Platz hier auch ist, der Lärm der Bauarbeiten in der Nachbarbucht, wo ein weiteres Hotelresort entsteht, nerven ein bisschen mit der Zeit, und so machen wir uns auf, ein weiteres Traumplätzchen zu finden. Die soll es ja an dieser früher gerne von Piraten genutzten, zerklüfteten Küste in großer Anzahl geben. Nun,  Qantab Beach hat uns verwöhnt, zugegeben. Es fällt uns deshalb schwer, ein weiteres Paradies zu finden, das unseren gestiegen Ansprüchen gerecht werden kann. Mann, was für Luxusprobleme uns heute umtreiben…

Und so tingeln wir von Bucht zu Bucht und von Dorf zu Dorf, passieren Yiti, Yankit und Al-Khayran, bis wir schließlich in As-Sifah mit seinen weiten Sandstränden landen. Das sieht doch schon mal ganz gut aus hier. Wir holpern über eine Sandpiste nördlich aus As-Sifah hinaus, bis es nicht mehr weiter geht, und wo wir an einem tollen Strandabschnitt dann den Tag verbringen.

Am Abend fahren wir auf die Südseite von As-Sifah zu einem  teilweise schon fertigen, schicken Hotelresort, an dessen Rezeption wir uns freundlicherweise von unseren Lieben zuhause anrufen lassen können, um zumindest ein bisschen weihnachtliches Miteinander zu genießen. Und weil es auf dem Areal so schön ruhig ist, bleiben wir gleich über Nacht in einer schicken Palmenallee auf einem dunklen Parkplatz stehen.

Qantab Beach  -  As-Sifah  -  65 km  -  km 51935

 

 

26.Dezember 2012 - Überraschender Aufenthalt in Qurayyat

Um weiter in Richtung Süden zu gelangen, müssen wir erst wieder ein ganzes Stück zurück nach Norden fahren, bis kurz hinter Yiti. Dort zweigt eine gute Piste durch das Wadi al-Mayb ab, auf der wir auf die Autobahn nach Qurayyat hinüber kommen.

Nach flotter Fahrt erreichen wir diese unauffällige Stadt direkt an der Küste und zirkeln uns durch die engen Gassen hinunter ans Meer. Hier dreht sich alles ums Fischen, das sieht man an der Vielzahl der Boote und am großen, neuen Fischmarkt, wo der tägliche Fang versteigert und verkauft wird. In der Hafeneinfahrt wacht ein alter Festungsturm auf einer kleinen Insel, zu der man bei Ebbe auch laufen kann.

Irgendetwas Besonderes geht hier heute vor. Verkaufsstände sind aufgebaut, Sportfelder am Strand abgesteckt, im Bereich vor der Insel werden gerade historische Gegenstände dekorativ platziert. Wir erfahren, dass morgen zum ersten Mal ein Festival rund um das Thema Fischerei stattfindet. Und so entscheiden wir spontan, hier zu bleiben und morgen den Tag auf dieser sicherlich sehr interessanten Veranstaltung zu verbringen.

Auf unserem Weg hierher sind uns schon drei Übertragungswagen des omanischen Fernsehens aufgefallen, die nun direkt neben uns parken und dabei sind, ihre Fernsehtechnik aufzubauen. Wir werden herzlich willkommen geheißen, bekommen die Erlaubnis der örtlichen Organisation, mitten im Geschehen zu parken, werden mit Picknickpaketen versorgt und erhalten die Zusage, überall Zutritt zum fotografieren zu haben.

So verbringen wir den Nachmittag mit herumschlendern, werden der halben Stadtverwaltung vorgestellt und kommen erst spät ins Bett, da sich die Aufbauarbeiten hinziehen.

As-Sifah  -  Qurayyat  -  135 km  -  km 52070

 

 

27.Dezember 2012 - Tradition hautnah erleben

So gegen 9:00 Uhr ist dann doch alles bereit, und wir dürfen schon vor der offiziellen Eröffnung durch die historische Ausstellung direkt am Strand vor dem alten Turm wandeln. Das ist natürlich super, denn dadurch können wir ungestört alles in Ruhe betrachten, uns erklären lassen und fotografieren.

An der Zufahrt zum Hafenbereich ist ein großes, seitlich offenes Zelt aufgebaut, unter dem nun Dutzende in traditionellen Gewändern gekleidete Würdenträger auf die Ankunft der angesagten Minister aus der Hauptstadt warten. Als diese schlussendlich Platz genommen haben, gibt es die bei solchen Anlässen üblichen Ansprachen, gegenseitiges Überreichen von Geschenken und dann eine Menge Vorführungen der örtlichen Fischer. Anschließend schlendert die gesamte Delegation entlang der Buden und auch vorbei an unserem „Manni“, der sich brav in das Geschehen integriert, bis zur historischen Ausstellung.

Als die wichtigen Herrschaften schließlich alles gesehen haben, wird die Ausstellung nun auch für jedermann geöffnet und natürlich entsprechend frequentiert. Und so gegen 15:00 Uhr ist auch wieder alles vorbei, die Besucher ziehen sich mehrheitlich zur nachmittäglichen Ruhe zurück, und auch wir benötigen jetzt mal ein bisschen Pause.

Unterdessen frischt der Wind gewaltig auf, entwickelt sich mehr und mehr zum Sturm und beendet damit die Darbietungen zusätzlich. Am Abend findet in der kleinen Sportarena der Stadt noch eine folkloristische Vorstellung verschiedener Tanzgruppen in traditionellen Gewändern statt, zu der wir pünktlich um 19:00 Uhr mit einer standesgemäßen Limousine direkt bei unserem „Manni“ abgeholt und zur Veranstaltung chauffiert werden. Als man uns dann auch noch auf die Ehrentribüne zu den Honoratoren setzen will, ziehen wir es doch vor, uns unter das gemeine Volk zu mischen, wo wir allerdings auch auffallen, da Frauen und Männer natürlich streng voneinander getrennt sitzen.

Kaum sind die farbenfrohen Darbietungen der Künstler zu Ende und wir bei „Manni“ zurück, setzt heftiger Regen ein. Glück gehabt…

Qurayyat  -  0 km  -  km 52070

 

 

28.Dezember 2012 - Die Schlechtwetterfront…

…hängt noch tief über uns, als wir uns aufmachen, Qurayyat zu verlassen. Heftiger Sturm wühlt das Meer auf, mächtige Wellen brechen sich an den Stränden. Immer wieder nieselt es etwas, die Temperaturen erreichen kaum noch 20°C. Die Berge sind nebelverhangen, von der Landschaft hier bekommen wir nicht allzu viel mit.

So rollen wir auf der neuen Autobahn entlang der Küste nach Süden, passieren die Dörfer Dibab und Ramah, bevor wir bei Fins direkt ans Meer hinunter fahren, da an der dortigen Steilküste die Brecher  meterhoch gen Himmel schleudern und aus schmalen Felsspalten das Wasser wie bei Geysiren fauchend weit nach oben spritzt. Es ist ein tolles Schauspiel, das die unbändige Kraft des Meeres beeindruckend zeigt.

Wir queren das Wadi Shab und machen einen kurzen Abstechen ins Wadi Tiwi, die beide beim großen Zyklon vor fünf Jahren fast komplett zerstört wurden, statten der Grabruine von Qalhat einen unnötigen Besuch ab und finden am Ortsrand von Sur direkt am Strand einen guten Übernachtungsplatz. Dort pfeift uns dann der Sturm dermaßen um die Ohren, dass „Manni“ phasenweise ganz schön aus dem Gleichgewicht kommt.

Qurayyat  -  Sur  -  145 km  -  km 52215

 

 

29.Dezember 2012 - Besuch bei den Meeresschildkröten

Sur erweist sich als ein recht nettes Städtchen, vor allem im Mündungsbereich der Lagune, wo die Werkstätten der Dhaus liegen. Diese traditionsreichen, hölzernen Schiffe werden nur noch ganz selten gebaut, zurzeit liegen drei große in der Werft, wo sie nach alten Bauplänen originalgetreu hergestellt werden. Auf der gegenüberliegenden Seite der Lagune, im Ortsbereich von AL-Ayjah, grüßt ein mächtiger Leuchtturm die ankommenden Schiffe.

Auf dem Parkplatz unter der neu erbauten Brücke befreien wir „Manni“ erst mal von seinem klebrigen Salz- und Sandgemisch, mit dem ihn der nächtliche Sturm überzogen hat. Als er wieder einigermaßen normal aussieht, starten wir entlang der Küste zum östlichsten Kap der arabischen Halbinsel, nach Ras al-Hadd. Hier tobt der Sturm nach wie vor über die ungeschützten Strandflächen, und so fahren wir gleich weiter nach Ras al-Jinz, wo wir uns in der kommenden Nacht einer geführten Meeresschildkrötentour anschließen wollen. Doch überraschenderweise sind alle Touren für die nächsten zehn Tage mit jeweils 100 Personen komplett ausgebucht, so dass wir entscheiden, unser Glück nochmal in Ras al-Hadd zu versuchen. Wir erfahren in einem Hotel, dass am Abend eine geführte Tour stattfindet, und so schließen wir uns unauffällig – „Manni“ macht sich ganz klein – im Dunklen einem Konvoi mehrerer Wagen an.

Am Strand erfolgt eine kurze Einweisung in Sachen Verhaltensweise, wenn wir auf eine Eier ablegende Meeresschildkröte treffen. Wir haben heute Glück, denn die Ranger haben vier dieser riesigen, urweltlichen Tiere im Vorfeld ausfindig gemacht. Und so ziehen wir in zwei Gruppen los.

Als wir den ersten Panzer in der hellen Vollmondnacht vor uns auftauchen sehen, sind jedoch alle Verhaltensregeln bei den Touristen vergessen, und auch die Ranger machen sich nicht die Mühe, diese einzuhalten. So wird das verängstigte Tier angeleuchtet, aus wenigen Zentimetern Entfernung fotografiert und von jeweils rund 30 Personen hautnah bedrängt. Völlig verstört versucht die bei der Eiablage gestörte Schildkröte, ins nahe Meer zu entkommen.

Angewidert von dieser rücksichtslosen Umgehensweise mit den empfindsamen Tieren verlassen wir die Gruppe und machen wir uns auf den Rückweg, wo uns noch das Glück beschert ist, eine winzige, soeben einem Ei entschlüpfte Meeresschildkröte auf ihren beschwerlichen und gefährlichen Weg ins Meer zu entdecken. Da von rund 20.000 Neugeborenen schlussendlich nur eine Einzige überleben wird, ist ihr Schicksal leider sehr ungewiss…

Sur  -  Ras al-Hadd  -  120 km  -  km 52335

 

 

Nach einer sturmgeschützten und sehr erholsamen Nacht im Schatten des obligatorischen Forts inmitten des Ortes besichtigen wir selbiges noch nach dem Frühstück, bevor wir entlang der Küste noch ein Stückchen weiter nach Süden fahren. Die wilde Steilküste geht in flache Strände über, einige wenige Fischerdörfer ducken sich zwischen die Dünen. In Asilah verlassen wir die Küste, die Wüste reicht hier bereits bis ans Meer. Schwarze Hügel und goldgelbe Sanddünen bestimmen das Bild, doch kurz vor Jaalan Bani Bu Ali verflacht die Landschaft zu einer monotonen Steinebene. Wir passieren Jaalan Bani Bu Hassan und Al-Kamil und entscheiden uns, über die Dörfer Sabt und Sayq in das Wadi Bani Khalid zu fahren.

Doch die neue Teerstraße endet schließlich in Sayq, vor hier aus geht es nur noch zu Fuß weiter. War unsere Karte mal wieder sehr aufschlussreich. Also wieder zurück zur Hauptstraße, immerhin auf einer etwas anderen Strecke, und kurz darauf auf der richtigen Straße hinein ins gebirgige Wadi. Die Strecke ist sehr abwechslungsreich, quert einen erstaunlich hohen Pass, bevor sie steil ins eigentliche Wadi hinunter fällt. Unzählige Palmenhaine verstecken niedrige Häuser, die Fahrt führt stellenweise direkt durch das Flussbett, das allerdings dank einer ausbetonierten Fahrspur problemlos zu befahren ist.

Am Ende der Straße unterhalb des Dorfes Mugal stellen wir uns auf den dortigen Parkplatz zwischen die Palmen, und nachdem auch der letzte Tagestouristenjeep in der Dunkelheit verschwunden ist, kehrt endlich die ersehnte Oasenruhe ein mit zirpenden Grillen und quakenden Fröschen.

Ras al-Hadd  -  Wadi Bani Khalid  -  255 km  -  km 52590

 

 

31.Dezember 2012 - Sylvester in der Wüste

Dank des Übernachtens im Wadi Bani Khalid sind wir am Morgen ganz allein im enger werdenden Canyon unterwegs und können so die Ruhe entlang der leise plätschernden Wasserbecken genießen. Doch schon bald ist es damit vorbei, die ersten Touristengruppen fallen über das Tal her und verwandeln es in eine Badeseeatmosphäre. Nach einem ausgiebigen Bad im erstaunlich warmen Wasser der tief ausgewaschenen Gumpen flüchten wir schließlich vor der Masse Mensch.

Uns ist es nach mehr Ruhe, und so starten wir in Richtung der ausgedehnten Sandwüste Ramlat al-Wahibah, die sich gleich an die Berge hier anschließt. Zurück an der Hauptstraße geht es noch ein kleines Stück nach Al-Mintirib und weiter in das Oasendorf Al-Hawiyah, das von drei Seiten von hohen Dünen eingeschlossen ist. Dort, unter den schattigen Palmen in den Gärten, machen wir eine ausgiebige Mittagsrast, bevor wir wieder nach Al-Mintirib zurückkehren, um von hier aus in die Wüste zu fahren.

Da von hier aus auch zwei Touristencamps leicht zu erreichen sind, ist die Piste durch den Sand bis zum ersten Camp aufgeschottert und daher problemlos zu bewältigen. Am Ende dieser Schotterpiste halten wir an, um nun den Reifendruck zu senken, denn ab hier zieht sich die Piste auf ziemlich weichem Sand entlang und über die Dünen.

Und jetzt passiert es – das Ventil am hinteren, linken Reifen bricht einfach ab, und im Nu ist der Reifen natürlich platt. Statt gemütlich einen Sylvesterübernachtungsplatz in den Dünen zu suchen heißt es jetzt also erst mal den Reifen wechseln. Das ist dank unseres Equipements keine große Sache, und freundlicherweise ist der zu wechselnde Reifen auf der Schattenseite von „Manni“. Während wir also so dahin werkeln, fahren unzählige Geländewagen auf ihrem Weg in die Camps direkt und mit rücksichtsloser Geschwindigkeit an uns vorbei, doch nicht ein Einziger hält an, um zu fragen, ob wir Unterstützung benötigen. Ja, sind wir denn schon wieder in Europa zurück?

Nach einiger Zeit hält ein Wagen mit drei Omanis, die sich ohne viel Federlesens ans Helfen machen, und so ist die ganze Aktion doch noch vor Einbruch der Dunkelheit erledigt. Ein paar Kilometer weiter finden wir dann einen schönen Platz in den Dünen und genießen doch noch einen ruhigen Ausklang des für uns so aufregenden Jahres.

Wadi Bani Khalid  -  Wüste Ramlat al-Wahibah  -  100 km  -  km 52690

 

Hier endet unser erstes Tagebuch, das unsere Reiseaufzeichnungen des Jahres 2012 enthält. Weiter geht es mit dem zweiten Tagebuch…