Namibia 2009

Traum und Wirklichkeit

 

Tosend verschwinden die Wassermassen des Kunene River in den gurgelnden Tiefen der Epupa-Fälle. In der eruptionsartig aufwallenden Gischt millionenfacher winziger Wassertropfen spiegelt sich ein herrlicher Regenbogen, der sich vom Horizont hinunter spannt, vorbei an zwei mächtigen Baobabs, hinein in die tief eingeschnittene Schlucht, die in der Nachmittagssonne direkt vor uns liegt.

Seit einer Woche sind wir unterwegs in Namibia. Seit einer Woche erst? Die Fülle der Erlebnisse lässt diese Zeitspanne unrealistisch erscheinen. Und doch, es ist wahr. Jeder Tag führt uns weiter hinein in das Mysterium Afrika, lässt uns unsere Sinne schärfen für das Wesentliche im Leben der verschiedenartigsten Menschen, die diesem Kontinent dieses für uns Europäer so Geheimnisvolle geben.

Rückblende

Als wir am vierten Mai frühmorgens gegen sechs Uhr nach einem neunstündigen Flug in Namibia afrikanischen Boden betreten, hüllt sich die von uns mit Spannung erwartete erste Begegnung mit diesem abwechslungsreichen Land noch in die frühherbstliche Dunkelheit einer kühlen Nacht. Doch schon bald spannt sich ein makellos blauer Himmel über uns, der uns zu unseren Freunden Ali und Harry nach Windhoek begleitet, wo wir unseren Nissan Pickup samt Dachzelt und diversen Ausrüstungsgegenständen übernehmen werden. Die knapp einstündige Fahrt vom verschlafenen Flughafen in die Hauptstadt gewährt uns bereits einen ersten Einblick auf die uns erwartende Tierwelt dieser Region. Durchs überraschend reichhaltig gewachsene Gras flitzende Warzenscheine mit ihren steil nach oben gerichteten Antennenschwanz und Affen, die uns gelangweilt vom Straßenrand aus nachschauen sind für uns ebenso ungewöhnlich wie eine mit graziösem Wiegeschritt vorbeischreitende Giraffe, auch wenn diese auf einer Farm wohl nur eine zweite Heimat gefunden hat.

Der herzliche Empfang, den uns Ali bereitet, lässt uns sofort wie zuhause fühlen. Wir verstauen die Kisten und Kanister, Tisch und Stühle, unsere Taschen und all den Kleinkram, den man so benötigt, in unserem Pickup, der uns hoffentlich zuverlässig die kommenden vier Wochen tausende Kilometer durch die Weiten Namibias tragen wird. Ein Abstecher in den nächsten Supermarkt füllt unsere Kühlbox, in der Apotheke gibt’s noch die nötigen Mückenvernichtungsmittelchen. Vollgetankt – dann endlich geht’s so richtig los. Aber Vorsicht – der für uns ungewohnte Linksverkehr hat so seine Tücken. Beim Betätigen des Blinkerhebels setzt sich der Scheibenwischer in Bewegung, das mit dem Rechts vor Links muss neu überdacht werden und der lässig aus dem Autofenster baumelnde Arm ist nun plötzlich der Rechte. Nur Conny ist`s egal, denn das mit dem Verwechseln von Rechts und Links, das kennt sie ja schon von Zuhause…

Doch man gewöhnt sich schnell daran, denn der Verkehr ist mäßig und vor allem gemächlich. So finden wir uns schnell wieder auf der gut ausgebauten Fernstraße Richtung Norden, auch wenn wir auf dem Weg durch die Stadt beim Queren von Bismark- und Hans-Dietrich-Genscher-Straße uns nicht sofort in Afrika wähnen.

Vorbei an endlos erscheinenden Farmland führt uns die meist schnurgerade Straße zu unserem heutigen Ziel, dem Waterberg im Hereroland, ein geschichtsträchtiger Ort auch für uns Deutsche, wie uns der vor rund hundert Jahren angelegte Soldatenfriedhof zeigt. Doch uns interessiert viel mehr die dort ausgesprochen üppige Natur. Inmitten eines Naturparks liegt unser erstes Camp dieser Reise. Großzügige Stellplätze unter weit ausladenden Bäumen, gemauerte Grillplätze und saubere Sanitäranlagen vermitteln ein gutes Gefühl für unsere erste Nacht. Schnell ist unser Camp errichtet, das Dachzelt aufgeklappt und ein Lagerfeuer entzündet – Rituale, die ab sofort zur allabendlichen Routine werden. Der laue Abend ist erfüllt von den fremden Stimmen unzähliger, hier heimischer Vogelarten, eine Vielfalt, die uns am nächsten Tag begeistert bei unserer Wanderung auf das Waterbergplateau. Von dort oben haben wir einen unendlich weiten Blick hinein in die westlichen Ausläufer der Kalahari, begleitet von den nie enden wollenden Gezwitscher tausender Vögel. Nur schwer wollen wir uns lösen und wandern zurück zum Camp, um uns am herrlich erfrischenden Pool zu erholen von unserer weiten Anreise.

Am Nachmittag starten wir dann in Richtung der Etosha-Pfanne, dem Tierparadies schlechthin in Namibia. In Otjiwarongo, einem eher gesichtslosem Provinzstädtchen, ergänzen wir nochmals unsere Vorräte, dann geht’s weiter, Stunde um Stunde entlang ödem Farm- und Weideland. Unser heutiges Camp schlagen wir am späten Nachmittag bei der Toshari-Lodge auf, rund 25 km vor dem Parkeingang der Etosha. Wir sind die einzigen Gäste. Jeder der drei Stellplätze hat einen eigenen Grillplatz mit gemauertem Tisch, ein Gewürzbeet mit frischen Kräutern inmitten einer kleinen Rasenfläche, geschützt von einem schirmartig wuchernden Baum und ein eigenes, mit hölzernen Palisaden abgestecktes, nach oben offenes Bad, das sein Warmwasser durch einen extra mit Holz befeuerten Kanonenofen erhält – eine Praxis, die wir noch auf vielen Camps erleben werden. Am erfrischenden, kleinen Pool genießen wir die letzten Sonnenstrahlen, aufgeheitert durch zwei zahme Zebramangusten, die uns in ihrer putzigen und neugierigen Art öfters zu Lachen bringen. Ein herrliches Rinderfilet, zubereitet auf unserer Grillstelle, abgerundet mit einem hervorragenden südafrikanischen Rotwein beschließt unseren zweiten Tag und hebt unsere Vorfreude auf die kommenden Begegnungen mit der Tierwelt Afrikas.

Unser rolling home für die nächsten vier Wochen
Blick vom Waterbergplateau hinunter in die Kalahari
Zebramanguste (rechts)
Campground auf der Toshari-Lodge

 

Etosha

Etosha – die etwa 5000 qkm große Salzpfanne ist die Heimat zehntausender Tiere. Gute Staubpisten verbinden die drei Camps und führen zu zahllosen Wasserstellen, die eine hervorragende und gefahrlose Beobachtung der verschiedenen Tiere erlauben. Das Verlassen des Fahrzeugs an solchen Stellen ist jedoch nicht erlaubt – Löwen sind verdammt schnell…

Bei Sonnenaufgang starten wir, lassen uns am Parkeingang registrieren und gehen, bzw. fahren auf Pirsch. Schon bald sind wir umringt von großen Tierherden, die, staubige Fahnen aufwirbelnd, zu den verschiedenen Wasserstellen ziehen. Unzählige, markant gezeichnete Zebras, behäbig erscheinende Gnus und feingliedrige Springböcke ziehen durch das kniehohe Gras der Steppe, kreuzen unseren Weg und begleiten uns über viele Kilometer. Erste Giraffen blicken kauend auf uns herab, vereinzelt entdecken wir Oryxantilopen, das Wappentier Namibias. Eine Hyäne schleicht durchs feine Gras und Schakale mit ihrem wachen Blick beobachten die ziehenden Herden. Doch natürlich halten wir Ausschau nach einem der „Big Five“. Die findet man jedoch nicht gleich an jeder Ecke, Geduld ist also gefragt. Und wir haben Glück – erst ein einzelner Elefantenbulle, der ein Wasserloch ganz für sich alleine in Anspruch nimmt, wenig später zwei weitere dieser faszinierenden Dickhäuter, die ein lustiges Spiel treiben im Schlamm und im Wasser. Das hat schon was, diese riesigen Tiere in der freien Natur zu erleben, nur wenige Meter vom eigenen Standort entfernt. Wenig später ein seltenes Bild – die ganze östliche Etosha-Pfanne steht unter Wasser. Eine große Kolonie Flamingos nutzt dieses nur alle paar Jahre wiederkehrende Naturereignis als willkommende Speisekammer. Plötzlich, auf der Zufahrt zu einem weiteren Wasserloch, sehen wir uns einem großen Strauß gegenüber, der sich erst nach einer kleinen Machtdemonstration ins Unterholz trollt. Impalas und Kudus bevölkern nun die abendlichen Wasserstellen, immer umringt von mehreren Zebras und Giraffen.

Auf dem Weg ins Camp Namutoni stehen zwei Fahrzeuge an Straßenrand – ein untrügliches Zeichen, dass es etwas Besonderes zu Sehen gibt. Und tatsächlich – Löwen! Ein Pärchen aalt sich im Halbschatten einiger dichter Büsche und niedriger Bäume. Geduldig harren wir aus, bis sie sich langsam bewegen und sogar aufstehen. Ein toller Abschluss des heutigen Tages, müde und hungrig richten wir unser Camp ein und lauschen den uns so fremden Geräuschen der hereinbrechenden Nacht. Später, bei Mondlicht, schicken uns rund zwanzig Giraffen am Campwasserloch in einen erholsamen Schlaf.

Etosha - ziehende Zebraherde
Etosha - Giraffen am Wasserloch
Etosha - spielende Elefanten
Etosha-Pfanne
Etosha - dahingleitender Wasservogel
Etosha - einmalig bunte Vogelwelt, Gabelracke

Am nächsten Morgen verlassen wir gegen sechs Uhr das Camp und setzen uns an eine Wasserstelle ganz in der Nähe. Und wir haben wieder unverschämtes Glück. Vier Löwen, zwei jüngere Männchen und das Pärchen von gestern liegen faul und vollgefressen in der aufgehenden Sonne. Wir haben sie ganz für uns alleine. Bald schon stört sie die weiter wandernde Sonne, die ihre Schattenplätze zunichte macht und sie stehen auf, einer nach dem anderen suchen sie sich neue Schattenplätze. Diese prachtvollen Anblicke dieser Könige der Steppe nur wenige Meter entfernt faszinieren, wir werden mutiger, sitzen schon bald auf dem Dach unseres Fahrzeugs, um sie besser beobachten zu können. Sie fangen an, uns zu fixieren, plötzlich ein Zucken, ein Aufrichten – wie schnell kann man wohl von einem Autodach durch das offene Seitenfenster ins Wageninnere gleiten, wenn ein Löwe damit droht, in etwa acht Sekunden bei dir zu sein. Wir sind schneller – sicher ist sicher…

Nach zwei beeindruckenden Stunden mit den vier Löwen fahren wir weiter an eine herrliche Lagune, die über und über bevölkert ist von den verschiedensten Wasservögeln. Unzählige verschiedene Arten treiben ihr buntes Spiel über der seichten Wasserfläche, aufgeregtes Geschnatter und lautes Geschrei erfüllt die klare Luft. Am Horizont ziehen majestätisch mehrere Giraffen ihre ruhige Bahn. Wir folgen der staubigen Piste, die hier den dichten Wald schnurgerade durchschneidet. Plötzlich steht er vor uns – ein riesiger Elefantenbulle bricht aus dem Unterholz hervor und versperrt uns den Weg. Drohend fächert er mit seinen großen Ohren und scharrt mit einem Fuß im Straßenstaub. In gebührender Entfernung, bei eingelegtem Rückwärtsgang, beobachten wir diese Demonstration seiner Macht. Nach einigen Minuten trollt er sich und setzt seinen Weg fort.

Den Nachmittag verbringen wir an den verschiedensten Wasserlöchern im Osten der Etosha und genießen die faszinierende Vielfalt der südafrikanischen Tierwelt. Kurz vor der Dämmerung haben wir dann noch eine ganz seltene Begegnung – ein Leopard kreuzt unseren Weg. Diese extrem scheuen Katzen in freier Wildbahn zu entdecken ist eines der ganz besonderen Erlebnisse. Kurz darauf sinkt die Nachmittagssonne immer tiefer und die Schatten an den Wasserlöchern werden länger. Wir müssen den Park nun verlassen, um den Tieren eine ungestörte Nacht zu gewähren. Tief berührt von den Erlebnissen der vergangenen beiden Tage erreichen wir die Farm Sachsenheim am östlichen Rand der Etosha, wo wir ein nettes Camp ganz alleine für uns haben.

Etosha - satter Löwe nach dem Frühstück
Etosha - Elefant hat immer Vorfahrt
Etosha - Springbock bei 70 km/h
Etosha - lässiger Blick von oben
Etosha - die ganze Savanne im Blick

 

Ovamboland

Unsere Fahrt führt uns nun hoch ganz in den Norden, durch das Land der Ovambos. Dies ist der am dichtesten besiedelte Landstrich Namibias, zahlreiche Dörfer entlang der Strecke belegen dies. Die noch nicht lange zurückliegende, in diesem Jahr sehr ergiebige Regenzeit hat noch überall ihre nicht immer angenehmen Spuren hinterlassen, ganze Dörfer und die dazugehörigen Felder stehen knietief unter brackigem Wasser. In einem kleinen See fischen ein dutzend Jungs mit einem Schleppnetz hunderte von Fischen verschiedenster Art heraus. Schnell sind wir uns handelseinig und die noch zappelnden Fische werden in einer Plastiktüte verschnürt und in der Kühlbox versenkt – Afrika eben…

Über Ondangwa und Oshakati nähern wir uns nun immer mehr der angolanischen Grenze. Nach stundenlanger Fahrt durch eine mehrheitlich eintönige Ebene senkt sich die Straße plötzlich hinunter in Richtung der Ruacana Falls und gibt einen weiten Blick frei hinüber auf einen riesigen, von hohen Bergen umgebenen aufgestauten See auf der angolanischen Seite. Die kurvige Straße windet sich hinunter, vorbei am Wasserkraftwerk, zur namibischen Grenzstation, an der man freundlich begrüßt und durchgewinkt wird, um die im Niemandsland tosenden Wasserfälle zu erreichen. Ein Fußweg führt am Kamm gegenüber der Fälle entlang und erlaubt immer wieder schöne Blicke hinüber und hinunter zu den herabstürzenden Wassermassen. Auch ein vorsichtiger – illegaler – Abstecher nach Angola ist hier möglich, ein weißer Stein markiert hier die früher unpassierbare Grenze.

Unten am Kunene dann ein wirklich idyllisches Camp – unter riesigen Bäumen, direkt am Fluss im weichen Sand ein paar herrlich gelegene Stellplätze, die untergehende Sonne verzaubert mit kitschigen Farben den trägen Lauf des Wassers in eine paradiesische Momentaufnahme -  afrikanisches Klischee pur. Die nachmittags noch zappelnden Fische sind nun ruhig, werden fachgerecht vorbereitet und landen schnell auf dem Grill. Das Zirpen tausender handtellergrosser Korngrillen, wahrlich kein schöner Anblick, und die Schreie scheuer Affen begleiten uns in eine wundervolle Nacht.

Fischkauf am Straßenrand
illegaler Ausflug nach Angola
Ruacana-Falls
Abendstimmung am Kunene
Baden verboten...
Man versteht sich sofort...

 

Kaokoveld

Gerade als wir überlegen, die Warnschilder am schmalen Sandstrand wirklich ernst zu nehmen, gleitet ein riesiges Krokodil lautlos durch den trüben Fluss. So verzichten wir auf ein morgendliches Bad und machen uns auf den Weg in Richtung Westen, immer entlang dem Kunene, der in den nächsten Tagen unser steter Begleiter sein wird. Hier endet jetzt auch die Teerstraße, für die nun folgenden ca. 1200 Kilometer bewegen wir uns nur noch auf Pisten unterschiedlichster Natur. In teilweise steilem auf und ab schlängelt sich die steinige Piste vorbei an kleinen Dörfern, deren zurückhaltende Bewohner sich uns nur langsam nähern, dann jedoch schnell mit offenem Lachen ihre Scheu verlieren und gerne handgefertigte Kleinigkeiten gegen mitgebrachte Shirts oder Schulartikel tauschen. Kurz hinter Swartbooisdrif, einer ehemaligen Siedlung der Dorslandtrekker, wenden wir uns nach Süden und folgen einer immer abenteuerlicher und schmäler werdenden Piste, die nach einigen Kilometern ein aufgelassenes Minengelände quert und irgendwann wieder die Hauptpiste nach Otjiveze erreicht. Erste Himbas winken uns nun vom Straßenrand zu, wir nähern uns dem Kaokoveld. In Otijveze stoßen wir auf die planierte Piste, die uns zügig über Okongwati hinauf zu der Epupa Falls bringt. Riesige Baobabs säumen unseren Weg, ferne Gebirgszüge begrenzen den Horizont und als die Piste sich wieder hinab senkt zum Kunene, erkennen wir schon von weitem die Gischt der Fälle zwischen dem satten Grün der unzähligen Palmen am Ufer. Wir finden einen Stellplatz direkt am Kunene, genau gegenüber des mächtigsten Wasserfalls, an dessen Geräuschkulisse wir uns erst einmal gewöhnen müssen.

Das Hochtal der Epupa Falls ist wahrlich ein Traum. In Hunderten kleiner und größerer Wasserfälle stürzt der Kunene in wildem Gurgeln und Tosen in ein tiefer gelegenes Becken und windet sich dann weiter Richtung Atlantik. Tausende satt grüner Palmen und mächtiger Baobabs bilden einen nahezu undurchdringlichen Wald und schaffen eine dschungelähnliche Atmosphäre. Hohe Berge umrahmen die ganze Szenerie und geben dem Tal eine verwunschene Abgeschiedenheit. Nicht sattsehen können wir uns von dem dargebotenen Schauspiel der Natur und so verbringen wir zwei volle Tage in dieser herrlichen Umgebung.

hübsche Mädels...
Himba-Teenager
Baobab
Frühstück an den Epupa-Falls
Epupa-Falls
Epupa-Falls
Epupa-Falls
 

Wir wollen weiter, hinein ins Kaokoveld, den Spuren der Himbas folgen. Zurück in Okongwati füllen wir noch mal den Tank mit Diesel, direkt aus einem 200 Liter Fass, mit dem Mund angesaugt in einen kleineren Kanister und dann hinein in den Tank. Gott sei Dank ist hier keine Selbstbedienung… Hier verlassen wir nun die Hauptpiste und schwenken nach Westen in Richtung Van Zyl`s Pass. Die Piste wechselt schnell zwischen weichen, sandigen Passagen und steinigen Abschnitten, die auch immer wieder in seichten Furten Wasserläufe queren. Es ist nur langsames Fortkommen möglich und nach einiger Zeit erreichen wir einen scheinbar verlassenen Himbakral. In gebührendem Abstand halten wir an und schon bald nähern sich Frauen mit ihren Kindern und einigen Jugendlichen unserem Fahrzeug. Wir gehen auf sie zu, begrüßen sie in ihrer Sprache und sofort ist damit das Eis gebrochen. Der Sippenälteste heißt uns willkommen, nimmt gerne unsere Gastgeschenke, Mehl, Zucker und etwas Tabak an, und führt uns in seinen Kral. Nun erleben wir eine überaus herzliche Zeit inmitten dieser Halbnomaden, die uns bereitwillig alles zeigen und mit Händen und Füssen erklären, wie ihr Tagesablauf  ist. Besondere Heiterkeit ruft das Betrachten der einzelnen Schnappschüsse auf dem Display der Kamera hervor und jeder möchte fortan natürlich fotografiert werden. Das ermöglicht uns eine wundervolle Fotoreihe von diesen herzlichen Menschen. Nach rund zwei erlebnisreichen Stunden verabschieden wir uns, nicht ohne noch einige kleine Wehwehchen versorgt zu haben. Als wir fahren, winken sie uns nach und wir sind ganz beeindruckt von der Fröhlichkeit und Offenheit.

Einige Zeit später und Kilometer weiter wieder ein ähnliches Bild. Diesmal ist es ein offener Kral, die Hütten stehen ohne Palisadenschutz unter ein paar kümmerlichen Bäumen. Frauen und Kinder beobachten uns vorsichtig, und auch hier wirkt unsere Begrüßung in ihrer Sprache Wunder. Sofort tauen sie auf, nehmen gerne unsere Gastgeschenke und begleiten uns zu ihren Hütten. Dort zeigen sie uns die verschiedensten alltäglichen Aufgaben, die sie zu erfüllen haben, während die Männer mit den Tieren unterwegs sind. Natürlich durfte auch die obligatorische „Sprechstunde“ der Frau Doktor Conny nicht fehlen, der beim Abschied ein rundes Dutzend Kinder entgegengehalten wurde, um die eine oder andere Salbe aufzutragen. Für solche Situationen ist eine harmlose Bepanthensalbe bestens geeignet, da wir uns natürlich nicht anmaßen, kompetente ärztliche Hilfe zu verabreichen.

Piste im Kaokofeld
Himba-Dorfchef
Leben im Himba-Kral
Himba-Kinder
gute Laune bei den Himbas
Himbas
Leben im Himba-Kral
Sprechstunde bei der Landärztin...

Ein paar Kilometer weiter fällt uns auf, dass der Stand der Sonne nicht mit der Himmelsrichtung übereinstimmt, in die wir uns eigentlich zu begeben haben. Wir haben uns verfahren! Nur, wo sind wir jetzt und wo müssen wir hin? Unser Kartenmaterial ist ziemlich rudimentär und GPS (neumodischer Kram…) haben wir nicht an Bord. Also nach alter Väter Sitte, Kompass raus, mit der Karte einige Meter von Auto weg, das Ganze einnorden und Standort bestimmen – geht doch noch! Haben wir doch vor hundert Jahren in der Sahara schon so gemacht, oder? Gut, jetzt wissen wir zumindest wieder, wo wir in etwa sind und wo wir ungefähr hin müssen. Aber welcher dieser dutzendweise sich verzweigenden Wege ist dann der Richtige? Noch zweimal falsch abgebogen, der Tag neigt sich dem Ende zu, es fängt ganz leicht an zu nerven und – pffffffff…

Mit der Luft aus dem linken hinteren Reifen weicht auch die Zuversicht, den van Zyl`s Pass heute noch zu erreichen. Beim Wechseln dann die unliebsame Überraschung: einer unserer beiden Resevereifen ist bereits dreimal(!) geflickt und verliert auch ganz langsam Luft – na prima! Und wer hat schon Flickzeug dabei in einem Mietwagen – kein Mensch! Die Entscheidung ist vernünftigerweise schnell gefällt. Mit nur einem halbseidenen Reservereifen können wir nicht 1000 Kilometer durch das Outback kurven, wir müssen runter nach Opuwo. Also zurück über Okauwe, Etengua und Okongwati auf die Hauptpiste. Ein schnelles Abendessen und eine ruhige Nacht irgendwo unterwegs im Busch und am nächsten Tag können wir einen neuen Reifen erwerben und den halbseidenen gegen einen weniger halbseidenen tauschen. Euphorisch ob der richtigen Entscheidung und schnellen Umsetzung fahren wir dann über Etanga und Otjitanda bis kurz vor den Van Zyl`s Pass. Dort übernachten wir in einem Camp, das von dort ansässigen Himbas geleitet wird und bereiten uns auf die morgige spannende Abfahrt über den Pass hinunter ins Marienflusstal vor.

Der Van Zyl`s Pass – berühmt, berüchtigt und das Autofahrerthema unzähliger abendlicher Lagerfeuer(märchen)erzählungen. Steil ist er, bis zu 40 %, steinig und ausgewaschen auch, und an manchen Stellen auch ganz schön schmal. Aber mal ganz ehrlich – ein großes Problem für ein allradgetriebenes Fahrzeug mit entsprechender Bodenfreiheit – eigentlich eher nicht. Fahren sollte man sich allerdings schon trauen…

Das wussten wir allerdings alles erst, als wir ihn hinter uns hatten, entsprechend erwartungsvoll gehen wir die Sache am nächsten Tag erst mal an. Der erste Teil ist noch gut zu fahren, ein bisschen sandig, dann steinig, jetzt wird’s gebirgiger, die ersten Stufen sind zu überwinden. Erst mal aussteigen, die Lage peilen, damit das Differential nicht gleich aufsitzt. Ein paar Steine in die tiefsten Rillen legen, Conny bleibt gleich draußen – „ich geh dann mal fotografieren…“ – und los geht’s. Langsam, im Schritttempo geht’s hinunter, die Kiste holpert und ächzt, aber es funktioniert, langsam bewegen wir uns abwärts. Der mittlere Teil ist wieder flacher, einige jetzt wasserlose Furten müssen durchquert werden und bald schon erreichen wir einen herrlichen Aussichtsplatz hoch über dem Marienflusstal. Ein grandioser Weitblick belohnt für die bisherigen Mühen und einige Himbakinder, die ihre Ziegen an den umliegenden Berghängen weiden lassen, scharen sich neugierig und schüchtern um uns. Jetzt kommt noch der letzte, der steilste Teil der Route. Nahezu kerzengerade geht es in wirklich großer Steilheit einfach den Berghang hinunter, die Steilstufen nehmen teilweise beängstigende Formen an. Doch es geht, schon bald sind wir am Grund des Marienflusstals. Für die 500 Höhenmeter bergab und 14 Kilometer Fahrstrecke haben wir gut zwei Stunden gebraucht.

GPS nach alter Väter Sitte...
Die Piste verlangt ihre Opfer...
Endlich mal ein Wegweiser - wir sind richtig...
Übernachtungsplatz vor dem van-Zyls-Pass

Das Marienflusstal ist ein Traum. Wogendes, goldgelbes, hüfthohes Gras auf tiefroter Erde bestimmt das Bild, eingerahmt von den Hartmannsbergen auf der einen und dem soeben überwundenen Gebirgszug auf der anderen Seite. Seltsame Kreise, in denen kein Halm wächst, sind links und rechts der tiefen Fahrspur auszumachen, man nennt sie Märchenkreise, denn ihre Herkunft ist immer noch nicht genau geklärt. Über weichen Sand, aber auch hartes Wellblech rollen wir immer nach Norden, in Richtung angolanische Grenze dem Kunene zu. Dort oben gibt es ein idyllisches kleines Camp unter Palmen, direkt am Fluss. Am nächsten Morgen begleiten uns Springböcke und immer wieder Strauße einen Teil des Weges zurück, bis wir den Abzweig ins Hartmanntal nehmen. Vorbei an kleinen Krals der dort ansässigen Himbas fahren wir in Richtung Süden bis die sogenannte „Red Drum“ uns den weiteren Weg zum Hartmanntal weist. Dieses schon parallel zur Atlantikküste verlaufende Tal ist ganz anders als das Marienflusstal. Wüstenartig zieht es sich hinauf nach Norden, Luftspiegelungen über der steinigen Ebene lassen den Horizont verschwimmen, das Wellblech ist zum Teil mörderisch und im hohen Gras verborgene, spitze Steine zwingen uns immer wieder zu plötzlichen Ausweichmanövern. Das bekommen auch unsere Reifen zu spüren, kurz hintereinander haben wir wieder zwei Platten und damit unser Reservereifenkontingent in der wirklich einsamsten Region von ganz Namibia erschöpft – na toll!

Wir erinnern uns an drei namibianische Autos, die uns kurz zuvor passiert hatten und beschließen, deren Spuren zu folgen in der Hoffnung, mit deren Hilfe unsere Reifen flicken zu können. Es folgt eine spannende Dünenfahrt hinunter zum Kunene durch eine der faszinierendsten Landschaften Namibias und wir entdecken sie in einer kleinen Bucht direkt am Fluss. Und was für ein Glück, es ist der Chef von Namibias größter VW-Werkstatt samt seinem Chefmechaniker und seinem Ersatzteillagerchef auf Urlaubsfahrt. Die haben natürlich alles dabei und so sind unsere Reifen ziemlich bald wieder fit. Einzig die Dichtigkeitsprüfung im krokodilverseuchten Kunene ist nochmal richtig spannend. Die anschließende Einladung zum typischen Braai können wir natürlich nicht abschlagen und die Palette Büchsenbier leert sich rasch.

Van-Zyls-Pass
Blick hinunter ins Marienflusstal
Abfahrt ins Marienflusstal
Im Marienflusstal
Im Marienflusstal
Im Hartmannstal
Sanddurchfahrt im Hartmannstal
Im Hartmannstal

Schon früh am nächsten Morgen machen wir uns wieder auf den Weg, um in den kühlen Morgenstunden die vor uns liegenden Dünenauffahrten zu meistern. Dies klappt bis auf ein einmaliges Einsanden auch gut und schnell erreichen wir wieder die Ebene des Hartmanntals, über dessen Wellblech wir nun langsam Richtung Süden hoppeln. Fast stündlich wechselt nun die Szenerie, die Wüste zeigt sich in allen Facetten, die sie zu bieten hat. Überraschend üppiges Grün wechselt mit staubtrockenen Ebenen, wiegendes Gras und mondähnliche Flächen liegen dicht nebeneinander. Über Orupembe erreichen wir das Flusstal des Chumib Rivers, in dem wir einen idyllischen Übernachtungsplatz finden. Einzig eine Hyäne streift des Nachts um unser Lager in der Hoffnung, noch Essensreste zu ergattern, ansonsten sind wir allein mit der unwirklichen Stille der Wüste. Wir erreichen Purros mit seinem sandigen Flussbett und fahren durch ein herrlich grünes Hochtal nach Sesfontein, dem ehemals letzten Außenposten deutschen Kolonialpolitik. Hier gibt es wieder Diesel, unser Tank war auch ganz schön leer nach rund 1000 Kilometern seit Opuwo. Im ehemaligen Fort von Sesfontein ist nun eine luxuriöse Lodge untergebracht, auch ein Camp gibt es dort. Wir bevorzugen jedoch die Einsamkeit der grandiosen Natur und fahren hinein in das Flusstal des Hoanib. Extrem staubiger, feiner Sand ist zu durchqueren, bevor wir das eigentliche Tal erreichen. Hier leben die bekannten Wüstenelefanten, auf deren Spuren wir uns begeben wollen. Doch trotz zweitägiger, geduldiger Pirsch will uns keiner der scheuen Dickhäuter begegnen, lediglich deren Spuren und Hinterlassenschaften entdecken wir. Dafür sichten wir Giraffen, Affen und Oryxantilopen und beobachten diese bei ihrem alltäglichen Treiben. Ein wunderschöner Übernachtungsplatz rundet diesen Ausflug schließlich ab.

Im Hartmannstal
Im Hartmannstal
Fahrt nach Süden
Übernachtungsplatz im Hoarusib-Tal
Fahrt durch das Hoanib-Tal
Tierwelt im Hoanib-Tal
Übernachtungsplatz im Hoanib-Tal
Abendstimmung an der Palmwag-Lodge

 

Damaraland

Zurück in Sesfontein schwenken wir auf die gut trassierte Hauptpiste, erreichen zügig die Palmwag-Lodge mit Camp, wo wir uns nach einer guten Woche Outback eine richtige Dusche und hervorragende Filets vom Grill gönnen. Die hinter uns liegende Woche im Nordwesten Namibias gehörte zum Beeindruckendsten, was wir bisher auf unseren Reisen erleben durften und wir sind entsprechend berührt.  Unsere weitere Fahrt, immer begleitet von unzähligen, lebhaften Springböcken, gedrungenen Bergzebras und majestätischen Oryxantilopen, führt uns nach Twyfelfontein, ein schmales Tal, in dem die umfangreichsten Felsgravuren aus längst vergangenen Zeiten zu bestaunen sind. Alle damals in diesen Breiten lebenden Tiere sind neben ausführlichen Jagdszenen dort abgebildet und eröffnen einem so die Vorstellung über das damalige Leben in der Region. Unterwegs treffen wir viele Hereros, die mit ihren wallenden, bunten Gewändern und eigenwilligen Kopfbedeckungen einen auffälligen Kontrast zu den nahezu unbekleideten Himbas bilden, obwohl sie interessanterweise dieselbe Sprache sprechen. Hier im Damaraland treffen diese beiden so unterschiedlichen Kulturen direkt aufeinander. Über schmale Nebenstraßen erreichen wir schließlich Uis am Brandbergmassiv, der höchsten Erhebung Namibias mit rund 2.573 Metern. Für uns eine eher durchschnittliche Höhe, aus der niedrigen Ebene aufragend jedoch ein schon weithin sichtbarer, gewaltiger Klotz. In Uis können wir unsere Vorräte endlich wieder auffüllen, da sich unsere Vorratskiste sehr übersichtlich zeigt und unser Kühlschrank inzwischen lediglich noch von einem einsamen Reststück Salami bevölkert wird. Ein üppig begrüntes Camp samt kleinem Pool ist unser Stützpunkt und unter einem riesigen Kameldorn sitzend genießen wir den freien Blick auf die Nordflanke des Brandbergmassivs.

Schnurgerade Straßen führen nach Süden
Oryx-Antilopen am Wegesrand
Felsgravuren in Twyfelfontein
Auf dem Weg zum Brandberg
Herero-Frau
Das Brandbergmassiv
Übernachtungsplatz am Brandberg
 

Unser nächstes Ziel ist eines der landschaftlichen Highlights Namibias – die Spitzkoppe. Man nennt den Berg auch das Matterhorn Namibias, da er sich schon von weitem steil aufragend am Horizont zeigt und mit jedem Kilometer der Annäherung höher in den Himmel ragt. Jahrmillionen haben mit Wasser, Sand und Wind eine überaus beeindruckende Szenerie geschaffen. Rund geschliffener Granit lässt gigantisch Steinkugeln auf spitzen Felsnadeln balancieren, die jeden Moment ins Tal zu kullern scheinen, steil aufragende Wände laden ein zum Klettern, gigantische Steinbögen geben unvergessliche Blicke frei und ausgewaschene Höhlen bieten Tieren Schutz vor der unbarmherzigen Sonne in den Sommermonaten. Speckbäume und Euphorbien wachsen zwischen Felsspalten und geben dem Ganzen ein verwunschenes Aussehen. Weit auseinanderliegende Stellplätze in idyllischer Umgebung laden ein zum Träumen und Staunen. Drei Tage bewegen wir uns zwischen diesen Felsen, wandern und klettern, genießen die Ruhe und Einmaligkeit. Besonders in den Morgen- und Abendstunden tauchen die Strahlen der Sonne das gesamte Areal sich in immer wieder schnell verändernde Farbspiele. Bei unserer Weiterfahrt können wir unseren Blick noch lange nicht vom immer kleiner werdenden Traumberg lösen, bis er endlich weit hinter uns im Dunst verschwindet.

Bergwandern an der Spitzkoppe
Bergwandern an der Spitzkoppe
Stilleben...
Impressionen an der Spitzkoppe
Die Spitzkoppe im Abendlicht
Übernachtungsplatz an der Spitzkoppe
Impressionen...
Bergwandern im Gebiet der Spitzkoppe

 

Atlantikküste

Was für ein Kontrast – schnurgerade zieht sich das gute Teerband durch die menschenfeindliche, brettebene Steinwüste, die sich kurz vor den ersten Häusern von Swakopmund auflöst. Goldgelbe Sanddünen kündigen den nahen Atlantik an, der hier in hohen Wellen sein eiskaltes Wasser an den weiten Sandstrand spült. Swakopmund ist die Stadt, in der die deutsche Vergangenheit am greifbarsten geblieben ist. Hier gingen die ersten deutschen Siedler an Land und das Straßenbild ist auch heute noch geprägt von der damaligen Architektur, den deutschen Beschriftungen und der Sauberkeit der Straßen, die einen teilweise nicht mehr in Afrika weilen währt.

Mit unserem Freund Ernst Ritter, der normalerweise als Guide den Reisenden seine Heimat in wundervoller Weise näher bringt, machen wir uns auf zu einem Ausflug zu Sandwich Harbour. Die nur über eine 30 Kilometer lange, sandige Fahrt zu erreichende Lagune führt überwiegend direkt über den teilweise sehr schmalen Strand. Noch in der Dunkelheit machen wir uns auf den Weg, zusätzlich behindert der dichte Küstennebel unsere Sicht, der unerbittlich vom Atlantik über die schemenhaft zu erkennenden Dünen wabert. Es bleibt uns nur ein kleines Zeitfenster, diesen Ausflug zu machen, denn die Flut verhindert sonst die Rückfahrt über den dann überspülten Strand. Wir vermindern den Reifendruck und gleiten leicht durch den stellenweise recht tiefen Untergrund und über den in den Morgenstunden noch harten Strand. Problemlos erreichen wir die Lagune, bei der wir mühsam die hier bis zu 200 Meter hohen Sanddünen erklimmen. Der sich allmählich auflösende Küstennebel gibt ein grandioses Bild frei – tief unter uns glitzert die türkisfarbene Wasserfläche zwischen den sich weit hinstreckenden Dünen, die sich in der unfassbaren Weite der Namib verlieren.

Die zu erwartende Flut zwingt uns, diesen verwunschenen Ort zu verlassen und wie Kinder tollen wir die großen Dünen abwärts zu unserem Auto. Gerade noch rechtzeitig schaffen wir es, die schmalsten Passagen zwischen den hochaufragenden Dünen und den strandfressenden Wellen der unerbittlich herannahenden Flut zu durchfahren. Wenig später leitet uns Ernst direkt hinein in die Sandberge. Wir folgen den alten Fahrspuren, in stetigem auf und ab tanzen wir mit den Sanddünen, werden mutiger und erleben so eine einmalige Fahrt durch schwieriges Gelände. In einem Dünental, bewachsen mit seltsamen Pflanzen, machen wir ein Picknick und erreichen bald darauf wieder den Atlantik, wo uns tausende rosafarbener Flamingos begeistern. Beim abendlichen Braai haben wir dann noch lange Gelegenheit, die eindrucksvollen Erlebnisse dieses Tages zu verarbeiten.

Unsere Freunde in Swakopmund - Ernst Ritter mit seiner Familie
Swakopmund - das Woermann-Haus
Swakopmund - das alte Amtsgericht
Sandwich Harbour
Fahrt am Strand entlang nach Sandwich Harbour
Dünenhopping...
Steile Dünenauffahrt
Lautloses Hinabgleiten von den Dünen

 

Namib Naukluft Park

Nach drei abwechslungsreichen Tagen verlassen wir Swakopmund und fahren hinein in den Namib Naukluft Park. Unser erstes Ziel ist das Massiv der Blutkuppe. Diese von Wind und Sand glattgeschliffenen Berge haben ihren Namen von den herrlichen Rottönen, die die abendliche Sonne hier zaubert. Vom Gipfel haben wir einen einmalig schönen Blick über eine stimmungsvolle Ebene, in der Ferne begrenzt von den umliegenden Bergen. Hier begegnen uns auch viele der kleinen putzigen Chamäleons, die sich innerhalb weniger Sekunden ihrer Umgebung durch das Wechseln ihrer Körperfarbe anpassen. Wir durchqueren endlose Grasflächen, unterhöhlt von den quirligen Erdmännchen, die hier in riesigen Kolonien leben. Über den Kuisebpass erreichen wir den südlichen Wendekreis der Sonne, den Wendekreis des Steinbocks. Kurz vor der Straßenkreuzung von Solitaire finden wir auf einer kleinen Farm ein nettes Camp, wo ein zahmer Springbock versucht, unser Gemüse vom Tisch zu klauen. Der weitere Weg durch die die Naukluftberge ist unspektakulär und wir erreichen Sesriem, das Tor zum Dünengebiet von Sossusvlei.

Übernachtungsplatz an der Blutkuppe
Abendstimmung auf der Blutkuppe
Köcherbäume
Chamäleon
Wir queren den südlichen Wendekreis
Übernachtungsplatz in der Namib Naukluft

Der Nationalpark von Sossusvlei umfasst auch den Canyon von Sesriem, der durch den Tsauchab River geschaffen wurde auf seinem Weg in Richtung Atlantik. Diesen erreicht er allerdings nicht mehr, der Fluss versandet irgendwo unterwegs und nur alle paar Jahre schafft er es, die Ebene des Death Vlei unter Wasser zu setzen. Eine 70 Kilometer lange, neue Teerstraße führt ganz tief hinein in die Namib, vorbei an der berühmten Düne 45, die von den meisten Touristen sogleich erstiegen wird und sie dabei so erschöpft, dass sie dann hinten in den eigentlichen Dünengebieten keine Lust mehr haben…

So sind wir dann nahezu die Einzigen, die am Ende der Teerstraße die letzten fünf Kilometer tiefsandiger Piste unter die Räder nehmen und dann die Wanderung zum Death Vlei angehen. Wir überqueren einige niedrige Dünen und stehen dann sprachlos am Rand dieses Kessels, der auf unzähligen Bildern zum Synonym Namibias geworden ist. Pechschwarze Baumgerippe strecken ihre verdorrten Äste klagend in den tiefblauen Himmel, von dem die heiße Sonne unerbittlich ihre vernichtenden Strahlen über die von stachligen Büschen bewachsenen Dünen schickt. Der gleißend weiße Boden ist aufgerissen von der Hitze und zeichnet ein mäanderartiges Muster in den getrockneten Lehm. Wir können uns nicht sattsehen von dieser skurrilen Szenerie, laufen vorsichtig durch diesen brütend heißen Kessel, um keine Spuren zu hinterlassen und klettern eine der hohen Dünen, die diesen Kessel begrenzen, hinauf. Mit jedem unserer anstrengenden Schritte verändert sich der Blick und oben angekommen öffnet sich ein riesiges Amphitheater, von der Natur geschaffen. Direkt oben auf dem Dünenkamm wandern wir am Rand des Death Vlei entlang, bis wir wieder festen Boden unter den Füßen haben.

Nach ein paar Kilometern Fahrt über die sandige Piste erreichen wir schließlich das Dünengebiet von Sossusvlei. Hier befinden sich die höchsten Wanderdünen der Welt, viele bis zu 250 Meter hoch. Das erklimmen dieser Dünen ist sehr mühsam, da man bei jedem Schritt tief einsinkt. Oben auf dem Kamm allerdings sieht man, dass sich die Mühen lohnen. Die schon schräg stehende Sonne zeichnet die scharfen Kanten dieser gigantischen Dünen in den nachmittäglichen Himmel, der Wind bläst feine Sandfahnen über die hohen Kämme. Doch lange dürfen wir nicht mehr bleiben, mit dem Sonnenuntergang muss jeder den Park verlassen haben. Schnell wühlen wir uns durch den weichen Sand und erreichen über die neue Teerstraße zügig und gerade noch rechtzeitig das Gate. Wir fahren noch ein Stück und übernachten auf einer kleinen Farm kurz vor Solitaire.

Solitaire ist eine ganz besondere Straßenkreuzung. Hier muss jeder, der in dieser Region unterwegs ist, vorbei. Außer einer Tankstelle mit Werkstätte, einer Lodge samt Camp und einem kleinen Laden gibt’s hier eine Bäckerei – vielleicht die berühmteste im südlichen Afrika. Der dort immer frisch zubereitete Apfelstreuselkuchen ist schon legendär! Natürlich genießen auch wir zwei riesige, saftige Stücke.

Erdhörnchen
Fahrt zum Sossusvlei
Death Vlei
Death Vlei
Death Vlei
Die Salzpfanne des Death Vlei
Die Dünen des Sossusvlei
Die Dünen des Sossusvlei
Übernachtung auf der Farm von Weltevrede
Der Bäcker von Solitäire

 

Schlussakkord

Für die Fahrt nach Windhoek wählen wir die landschaftlich interessante Strecke über den Spreetshoogte Pass, der sich in steilen Kehren hinaufschraubt auf die Hochebene, auf der schon bald wieder bewirtschaftetes Farmland überwiegt. Die Piste ist gut zu befahren und so sind wir bald nur noch eine gute Stunde vor der Hauptstadt entfernt, wo wir auf der netten Farm Weissenfels ein letztes Mal im Dachzelt übernachten. Die Kälte des herannahenden Winters ist schon sehr unangenehm und die Sonnenstrahlen des frühen Morgens wärmen uns nur sehr zögerlich. Die in der Ferne schon sichtbaren Auasberge zeigen uns den Weg und schon bald sind wir in Windhoek angekommen. Ali und Harry freuen sich, dass wir und natürlich auch ihr Auto wieder gesund zurück sind und nach einem nachmittäglichen Stadtbummel gibt abends ein ausführliches Braai. Am nächsten Morgen starten wir dann noch in der Dunkelheit hinaus zum Flughafen, um den langen Heimflug zurück nach Europa anzutreten.

Der Spreetshoogte-Pass
Übernachtung auf der Farm von Weissenfels
Zurück in Windhoek
Braai bei Ali und Harry
Kuschelige Verabschiedung von Namibia...

Eine traumhafte Reise geht zu Ende. Eine Reise voller Emotionen und Erlebnisse, die uns nicht mehr los lassen. Eine Reise, die uns klar macht, dass wir wieder kommen werden, dann allerdings für viel, viel länger. Aber das ist eine andere Geschichte…