Südwesten der USA 2008

 

Bizarr recken sich die rotbraunen Finger der erodierten Tafelberge stumm in den stahlblauen Himmel des sich zu Ende neigenden Nachmittags. Das sanfte Abendlicht lässt die Staubfahnen der die elendige Postkutsche verfolgenden Rothäute milder erscheinen und der einsam auf dem Felsvorsprung über dem weiten Tal  stehende Reiter zieht seinen speckigen Hut tiefer ins wettergegerbte Gesicht. Unser Lagerfeuer lodert direkt an der Abbruchkante, die frisch zubereiteten Rindersteaks warten geduldig auf ihren Einsatz, während tief unter uns das Schicksal erbarmungslos zuschlägt, von den länger werdenden Schatten der herannahenden Nacht gnädig verhüllt. Die Eiswürfel klimpern erfrischend in unseren Gin-Tonic-Gläsern und…

„Seits ihr a aus Deutschland?“ Das unverwechselbar bayerische Idiom reißt uns brutal heraus aus unserem ganz privaten Western, die Postkutsche samt den näher gekommenen Indianern hat sich in Sekundenbruchteilen ins Nichts aufgelöst und statt dem erhabenen Reiter auf der steil abfallenden Felsklippe erinnert nur noch das angerostete Blechschild – Photo US $ 1.-, with horse US $ 5.- - an längst vergangene Zeiten.

Wir sind im Monument Valley, sicher eines der landschaftlichen Attraktionen, die Amerika zu bieten hat. Jedem bekannt aus unzähligen Western, alle unsere Helden aus unserer Bubenzeit sind hier dutzende Male durchgeritten. Vor uns liegt eine von der Natur mit unglaublicher Eleganz und Liebe zum Detail geschaffene Szenerie, die zum Träumen einlädt, hinter uns krakeelen Touristen mit Bierdosen in der Hand, die uns unaufgefordert erzählen, dass sie aus Landshut sind. Na toll!

San Francisco und der Pacific Highway No. 1

Sanft gleiten wir durch die über der Bay allgegenwärtige Nebeldecke und tauchen ein in eine Welt, die unsere Vorurteile in den nächsten Wochen entkräften und uns für ihre Schönheiten begeistern will. Der Zoll lässt uns strammstehen vor der deutlich in den Flughafenasphalt eingelassenen Eintrittslinie und nach Foto, Fingerabdruck und zweiseitigem Einreiseformular sind wir willkommen in der größten, selbsternannten Demokratie der Welt. Als ich mir wenig später die Funktion des Fahrkartenautomaten für die U-Bahn, die uns direkt  nach Down-Town bringen soll, erklären lasse, zweifle ich daran, jemals der englischen Sprache mächtig gewesen zu sein. Aber auch diese Einstiegshürde nehmen wir schließlich souverän und kurz darauf rattern wir durch die Hinterhöfe von Frisco unserem seelenlosen Stadthotel entgegen.

Ein kurzer Rundgang durch die von wabernden Nebelfetzen teilweise verhüllte Innenstadt gibt uns einen ersten Eindruck dieser so traumhaft am Pazifik gelegenen Metropole Nordkaliforniens. Das nicht optimale Wetter und die in uns aufkeimende Müdigkeit durch den nicht enden wollenden Flug treiben uns aber schon bald wieder in unser wenig anheimelndes Zimmer und wir schlafen der Übernahme unseres Campers entgegen.

„Also, deutsche Qualität dürft ihr hier nicht erwarten“, grinst uns der Mechaniker in unserer Sprache entgegen. Unser Heim für die nächsten vier Wochen, mit sieben Metern Länge das kleinste Modell, das zu haben war, knarrt und scheppert bei der Überfahrung eines jeden Kanaldeckels so intensiv, dass wir das Gefühl nicht los werden, in einer umgebauten und weiß lackierten „Wells Fargo“ Postkutsche zu sitzen. Der Meilenstand auf dem Tacho schein diesen Eindruck noch zu bestätigen. Die Beschleunigung lässt uns die negativen Begleiterscheinungen der Fliehkraft nicht einmal erahnen und der geschwindigkeitsunabhängige Standardverbrauch von 22 Litern auf 100 km ist nur durch die Benzinpreise einigermaßen erträglich. Aber was soll`s, wir sind ja nicht auf der Flucht…

Nach der Plünderung des ersten Supermarktes und dem Bunkern einer halben Tonne Lebensmittel und sonstigem überlebenswichtigen Kleinkram schwanken wir auf den Freeway und gleiten Monterrey entgegen. Dort gönnen wir uns einen herrlich frischen Stew aus Meeresfrüchten und Gemüsen der Region, doch der wolkenverhangene Pazifikstrand ist beim anschließenden Spaziergang leider nur zu erahnen und wir verbringen unsere erste ruhige Nacht in unserem „Home, sweet home Modell“ mitten in der Stadt auf dem Parkplatz eines kleinen Outlet-Centers.

Die Superlative der Werbebranche im Ohr, machen wir uns auf, über den Pacifik Highway No. 1 in Richtung L.A.  zu cruisen. Doch statt knallgelber Sonne über weißem Pazifikstrand, der sich schüchtern zwischen windumtosten Klippen zeigt, schlingern wir durch den kalten Küstennebel, mit kurzen Stopps vorbei an der Künstlerkolonie von Carmel, an Big Sur mit seinem pittoresken Wasserfall direkt am Strand, an San Simeon mit dem Hearst Castle und tausenden von Robben, die sich ausschließlich an diesem Strandabschnitt aufhalten und an Morro Beach mit seinen hohen Küstendünen bis kurz vor Santa Barbara. Dort endlich siegt der kalifornische Frühsommer über die wabernden Nieselfetzen und wir verbringen einen herrlich ruhigen Abend im Hinterland dieser spanisch geprägten Region. Santa Barbara empfängt uns am nächsten Tag mit stürmischem Wind, der trotz des Sonnenscheins etwas an den Nerven zerrt, da sich der feine Sand unerbittlich in jede sich bietende Öffnung legt. Hier scheint auch die Hauptstadt der westamerikanischen Joggingbewegung zu sein, denn unser Stadtrundgang wird begleitet von unendlich vielen Joggern, vom Modellathleten bis hin zum wabernden Fast-Food-Friedhof. Den Rest bis, durch und um L.A. kann man getrost vergessen, ausufernd wuchernde Vorstädte, zerschnitten von achtspurigen Highways, vermitteln nicht unbedingt Urlaubsgefühle. Infernalischer Verkehr gibt uns in diesem Moloch das Gefühl, der ultimativen Apokalypse der zivilisierten Welt nicht mehr fern zu sein.

Anflug auf San Fransisco
San Fransisco
Home, sweet home...
Robbenkolonie
Don`t feed the animals...
Santa Barbara

 

Joshua Tree National Park

Aus dem gordischen Knäuel der Highways losen wir schlussendlich den Richtigen und finden uns bald umgeben von den umfangreichsten Windanlagen, die wir je gesehen haben. Aber auch diese Engstelle hinter San Bernardino meistern wir, ohne von den tausenden von Rotoren in Scheiben gehackt zu werden. Wenig später tauchen wir ein in den Joshua Tree National Park und fühlen uns endlich da angekommen, wo wir eigentlich hin wollten – in die unvergleichliche Natur des Südwestens.

Unzählige Yuccas, soweit das Auge reicht, bevölkern diesen Park. Rund geschliffene Felsformationen, ein Eldorado für Kletterer und auch Wanderer ragen wie verwunschene Inseln aus der hügeligen Landschaft. Wir finden einen romantischen Stellplatz ganz für uns alleine am Fuße einer solchen Felsinsel und erleben einen Bilderbuchsonnenuntergang. Den nächsten Tag verbringen wir mit entspannenden Wanderungen in der abwechslungsreichen Umgebung.

Wir sind wieder versöhnt. Unser etwas hektischer Start verliert sich in der unendlichen Ruhe dieser Halbwüste, die auch ohne die ganz großen Highlights - oder vielleicht gerade deshalb - uns so gut gefällt. Bestens gelaunt und offen für alles Weitere gleiten wir über schnurgerade Straßen hinüber nach Arizona. Wir überqueren den Colorado, der uns die nächsten zwei Wochen immer wieder begleiten wird. Hier an der Grenze, mitten in der Wüste, wird dieser berühmte Fluss unvermittelt zum Spielplatz speedbootwütiger Cowboys, die mit brüllenden Motoren ihre Männlichkeit vom heißen Wüstenwind über die Ufer tragen lassen. Amerika eben…

Der Weg nach Norden erreicht die nostalgisch verklärte Route 66, die uns aber nicht wirklich lockt, denn unser nächstes Ziel ist der größte Canyon der Welt. Stetig windet sich die Straße höher und höher, bis wir auf knapp 2.200 m Höhe das Areal um den South Rim direkt am Canyonrand erreichen.

Übernachtungsplatz im Joshua Tree National Park
Im Joshua Tree National Park
Im Joshua Tree National Park
Am Colorado River

 

Grand Canyon National Park

Heftiges Schneetreiben und Temperaturen um die Null Grad – wir haben Ende Mai! – dazu ein beißend kalter Wind, fegen uns fast vom Canyonrand, doch im Gegensatz zu den meisten anderen Touristen sind wir alpin ausgerüstet und trotzen den widrigen Umständen. Ein erster Rundgang am senkrecht abfallenden Canyonrand vermittelt die gigantische Tiefe und Ausdehnung – ca. 1.400 m fällt hier der Steilrand in mehreren Ebenen ab bis hinunter zum schlängelnden Colorado. Die gesamte Ausdehnung des Canyons geht an die 450 km weit!

„Your fire is too big…“ Die Campgroundpächterin steht stirnrunzelnd vor unserem mannshohen Lagerfeuer, das uns gemeinsam mit einem Gin-Tonic wärmt und die Umgebung in unserem Kiefernwald, in dem wir stehen, gespenstig und unheimlich erscheinen lässt. Wir grinsen sie etwas dümmlich an und erwidern, „Well, it gets smaller by itself…“ „Ok, that`s right, have a nice time!“ Ich möchte nicht wissen, was in einem solchen Fall ein mitteleuropäischer Platzwart für einen Zwergenaufstand gemacht hätte…

Der nächste Tag ist zwar kalt, aber klar, und so starten wir zu ausgiebigen Rundgängen in der Umgebung und lassen uns einfangen von der unglaublichen Faszination dieses Naturschauspiels. Stunde um Stunde blicken wir hinunter in den tiefen Schlund der Erde und entdecken immer wieder neue Farbenspiele in den unendlichen Schichten dieses größten Lochs der Erde. Nur sehr ungern lösen wir uns spät am Nachmittag und setzen unsere Fahrt fort. Vorbei am Little Colorado Canyon geht’s hinauf in Richtung Page an den Lake Powell.

Grand Canyon
Grand Canyon
Grand Canyon
Grand Canyon
Your fire is too big...
Little Colorado Canyon

 

Um den Lake Powell

Noch bevor wir Page am Lake Powell erreichen, gönnen wir uns einen Abstecher zum berühmten „Horseshoe Bend“. Hier hat der Colorado River in Jahrmillionen seines Schaffens eine enge Kehre in Form eines Hufeisens in den steinigen Boden geschliffen. Vor allem jetzt, in der schräg stehenden Nachmittagssonne, bietet sich uns ein eindrucksvolles Bild erhabener Naturschönheit, flankiert von unzähligen Japanern und Amis, die sich pausenlos unter lauten Anfeuerungsrufen gegenseitig vor dieser Kulisse fotografieren.

Auf einer hohen Brücke überqueren wir nahe der Staumauer des riesigen Damms den Colorado, der hier den Lake Powell entstehen ließ und die Region zu einem bevorzugtem Wochenendausflugsparadies für Motorbootenthusiasten, Offroader und Beachbarbequer gemacht hat. Und ausgerechnet ein solches Wochenende haben wir erwischt, als wir uns einreihen am nicht enden wollenden Sandstrand. Und trotzdem, es ist richtig schön hier! Die Region bietet herrliche Ausflugsmöglichkeiten zu Naturereignissen, wie man sie eben häufig in Amerika findet.

Unser erster Ausflug führt zu den „White Hoodoos of Wahweap Creek“. Einem für unsere umgebaute Postkutsche abenteuerlichem Offroad-Wegstück samt Furt durch einen Bach folgt ein zweistündiger Fußmarsch entlang dem nahezu ausgetrockneten Creek, bis wir die ersten Hoodoos erreichen. Hoodoos, das sind Sandsteinstelen mit einem Steinhäubchen oben drauf. Wind und Wetter formen diese empfindlichen Gebilde und zerstören sie auch wieder. Phantasievolle Gebilde wurden so geschaffen und gaben damit dem Tal den Namen „Valley of White Ghosts“. Ganz alleine genießen wir diese zerbrechlichen Gestalten weit hinten im Tal, denn das Schild „only by feet“ verhindert es, dass der gemeine Amerikaner den Weg dorthin findet…

Am nächsten Tag gönnen wir uns die teure Besichtigung der „Antelope Canyons“. Diese Canyons sind sogenannte Schlitzschluchten, tief in die Erde eingegraben durch hindurch schießendes Wasser und von oben nicht erkennbar. Sagenhafte Formen entstanden so, und mit den wandernden Sonnenstrahlen, die direkt von oben in die schmalen Schlitze eindringen, verändert das wechselnde Farbenspiel von Minute zu Minute die surreale Szenerie. Ergriffen lassen wir uns einfangen von dieser grandiosen Vorstellung, dieser Besuch ist jeden Cent wert!

Colorado River - Horseshoe Bend
Abendstimmung am Lake Powell
Übernachtung am Lake Powell
The White Hoodoos of Wahweap Creek
The White Hoodoos of Wahweap Creek
Fahrt entlang des Lake Powell
Blick auf den Lake Powell
Upper Antelope Canyon
Upper Antelope Canyon
Upper Antelope Canyon
Lower Antelope Canyon
Lower Antelope Canyon
Lower Antelope Canyon
 

 

Monument Valley

Nach den herrlich entspannenden und faszinierenden Tagen am Lake Powell machen wir uns auf zum Monument Valley. Schon viele Meilen bevor wir das eigentliche Tal erreichen, säumen die ersten dieser weltbekannten Tafelberge den Highway und geleiten uns zielsicher in das von den Navajos verwaltete Gebiet. Direkt an der Grenze zwischen Arizona und Utah liegen diese fotogenen Monumente – und wir werden nicht enttäuscht. Weit öffnet sich das berühmte Tal vor uns, als wir an der Abbruchkante stehen - nicht sattsehen können wir uns an dieser bekannten Westernszenerie. Wir wagen es, mit unserem fahrbaren Reihenhaus die Offroadpiste um die erodierten Tafelberge herum anzugehen und stürzen uns auf die hier so geschichtsträchtigen Wegstücke. Die rostroten Monolithen und schmalen Feldnadeln wechseln im satten Nachmittagslicht ständig ihre Farben und erinnern an unzählige Filmerlebnisse aus der Vergangenheit. Spät abends sitzen wir am Lagerfeuer direkt an der Abbruchkannte und träumen unseren ganz privaten Western.

Der morgendliche Sonnenaufgang ist so ungefähr das Kitschigste, das wir je erlebt haben. Aber er ist sicher auch einer der Schönsten, die man auf dieser Welt erleben kann. Der glutrote Ball der aufgehenden Sonne, der zwischen den drei großen Tafelbergen langsam aus dem dunstigen Horizont aufsteigt und das karge Wüstenland schon bald in eine hitzeflimmernde Ödnis verwandeln wird, taucht die Umgebung in eine Stimmung, die uns zu Tränen der Ehrfurcht zwingt und uns die Einzigartigkeit der Schöpfung vor Augen führt.

Benommen und sehr lange schweigend verlassen wir wenig später diesen verzauberten Ort.

Anfahrt zum Monument Valley
Monument Valley
Im Monument Valley
Barbeque vor einer der eindruckvollsten Kulissen, die die Natur zu bieten hat.
Sonnenaufgang im Monument Valley
Farbenprächtiges Navajo-Land

 

Natural Bridges and Canyonland

„Neiiiiiiiiiiin“ – Conny`s Hechtsprung in Richtung des sich in Zeitlupentempo zur Seite neigenden Stativs kommt zu spät, unsere Kamera verabschiedet sich gurgelnd im kalten Wasser. Der Supergau eines jeden Fotografen ist eingetreten, alle Reinigungs- und Trockenlegungsversuche scheitern. Gott sei Dank haben wir noch eine Ersatzkamera dabei, aber sie ist eben nur die Ersatzkamera…

Unser Malheur lassen die grandiosen Natural Bridges kurz in den Hintergrund treten, doch schon bald fangen wir uns wieder und lassen uns von diesen riesigen Steinbrücken, die den Fluss mit bis zu 120 Metern Spannweite überbrücken, einfangen.

Vorbei am bekannten „Newspaper Rock“, der in prähistorischen Felsmalereien das Leben der Menschen vor tausenden von Jahren aufzeigt, fahren wir in den östlichen Teil der Canyonlands, zu den Needles. Diese tausende von wie spitze Nadeln in den Himmel ragenden Felsnadeln geben dem Gebiet hier ein außergewöhnliches Panorama und ein perfekt in diese Landschaft inszenierter Campground lässt uns verweilen. Ein Schweizer Paar gesellt sich später noch zu uns und mit Hilfe mehrerer Gläser hervorragenden kalifornischen Rotweins versinken wir gemeinsam mit der untergehenden Sonne ins Nirwana wohliger Träume.

Natural Bridges
Newspaper Rock
Übernachtungsplatz in den Canyonlands
Nachmittagsstimmung in den Canyonlands

 

Arches National Park

Wer kennt sie nicht, die Bilder des wohl berühmtestes Steinbogens der Welt – dem Delikate Arch vor der schneebedeckten Kulisse der Manti la Sal Mountains. Doch es ist nicht nur dieser Felsbogen, der diesen Park zu einem der Sehenswertesten macht. Unzählige Monumente wie die Three Sisters, die Double Arches, Landscape Arch, der Elephant Parade oder dem Balanced Rock reichern die Phantasie an und lassen immer neue Gebilde entstehen. Landschaftlicher Höhepunkt ist jedoch eindeutig der Delikate Arch. Ein leichter Trail, der in einer knappen Stunde hinauf führt in ein Felsenamphitheater, ist für die meisten der gehunwilligen Amerikaner eine echte Herausforderung, doch auch diese schnell so geschwätzigen und übergewichtigen Mitmenschen sind ehrfurchtsvoll still ob der grandiosen Bühne, die sich am Ende des Weges darbietet.

Stundenlang sitzen wir im steinernen Rund dieses Kessels und saugen dieses Bild in uns auf. In der Ferne glitzern die eisigen Flanken der Fastviertausender und der makellos blaue Himmel weitet sich über dem ästhetischen Bogen, der wie von Hand modelliert als der Letzte einer ursprünglich langen Reihe solcher Zeugen längst vergangener Perioden tapfer dem zerstörerischen Werk der hier oft grausamen Natur standhält.

Irgendwann fangen die Menschen um uns herum an, zum Bogen hinüber zu laufen und sich fotografieren zu lassen – der Zauber ist zerstört und wir machen uns auf den Rückweg, eingebrannt ein Bild, das uns nie mehr verlassen wird.

Arches National Park
Double Arch
Delicate Arch
Landscape Arch

 

Canyonlands National Park

Der Streifenwagen der Rangers hält direkt hinter uns und die so typisch amerikanisch aufblitzenden Blaulichter lassen uns nichts Gutes ahnen. Die rechte Hand lässig aber bereit auf dem Colt liegend, mit der linken an den breitkrempligen Hut stupsend grüßt er uns mit den Worten „Put your hand on the wheel and show me your drivers licence an the papers of your car, please“. Ich grüße ihn freundlich und gebe ihm zu verstehen, dass das Anreichen der Papiere mit an das Steuerrad fixierten Händen mich anatomisch vor Probleme stellen würde, da sich diese im hinteren Teil des Fahrzeugs befänden. Nach einem kurzen Blickkontakt mit seinem Kollegen gestattet er mir die für ihn scheinbar lebensbedrohliche Änderung meiner Position, um an das Gewünschte zu gelangen. Sichtlich erleichtert, diese Situation unbeschadet überstanden zu haben, versucht er mein ca. 30 Jahre altes Foto in meinem grauer Lappen mit meinem aktuellen Konterfei in Verbindung zu bringen und beschränkt sich anschließend darauf, mich zu belehren, dass wir viel zu schnell unterwegs gewesen wären, nämlich mit 35 statt mit den erlaubten 25 Meilen und das wäre sehr gefährlich bei den kurvenreichen Strecken hier und dem großen Wohnmobil. Wenn der wüsste,  welch täglicher Überlebenskampf auf unseren Autobahnen die Deutschen für den weltweiten Straßenverkehr stählt…

Anschließend zeigen die Beiden uns noch sehr freundlich, wo wir die Sehenswürdigkeiten im Park finden und wünschen uns einen tollen Aufenthalt in ihrem tollen Land. Wem hat bei uns zuhause schon Mal eine Politesse nach der stoischen Belehrung anschließend Tipps zur Umgebung gegeben?

Übrigends, die Canyons hier sind einzigartig. Fast kariös wirken die tief eingeschnittenen Täler, die sich scharfkantig in die weiten Ebenen fressen. Wie auf dem Mond wirkt die Erdoberfläche hier, unnahbar und abweisend. Aber eben dies macht es so faszinierend.

Canyonlands National Park
Canyonlands National Park
Canyonlands National Park
Canyonlands National Park

 

Bryce Canyon National Park

Da uns die Fülle der gigantischen National Parks so langsam den Kopf volldröhnen, halten wir uns im Capitol Reef National Park und im Grand Staircase-Escalante National Monument nicht weiter auf, sondern durchfahren diese beiden sehr schönen, aber doch weniger spektakulären Parks lediglich auf der Hauptdurchgangsroute, nicht ohne natürlich trotzdem alle Eindrücke entlang der Strecke aufzunehmen.

Doch unser eigentliches, nächstes Ziel ist der Bryce Canyon. Und er zieht uns sofort in seinen Bann! In einem riesigen Halbrund spielen hier tausende von rötlich gefärbten Felsnadeln ihr lustiges Spiel mit der Sonne. Aber kalt ist es hier, wir sind auf rund 2.500 Metern Höhe. Ein vierstündiger Rundweg lässt uns eintauchen in eine Zuckerbäckerwelt, wie sie nur die Natur schaffen kann. Phantasievolle Gebilde tauchen vor uns auf und entführen uns in eine wirkliche Märchenwelt. Ganz allein sind wir hier unterwegs, denn der gemeine Tourist wagt sich kaum hinunter in diese bizarre Welt, vier Stunden zu Fuß ist für den Durchschnittsurlauber Gott sei Dank anscheinend nicht zu bewältigen.

Capitol Reef National Park
Bryce Canyon National Park
Bryce Canyon National Park
Bryce Canyon National Park
Bryce Canyon National Park

 

Zion National Park

Heute erwartet uns eine ganz andere Welt. Durch dichten Wald plätschert der eiskalte Bach, vorbei an den vom Virgin River rundgeschliffenen Bergen, die das Hochtal bilden. Wir wandern hinauf auf einen Felskegel, der steile und felsige Kletterweg ist zusätzlich gesichert mit einer Eisenkette, an der unzureichend ausgerüstete und technisch völlig überforderte Touristen hängen wie die Schweinehälften beim Dorfmetzger. Der Blick zurück und hinein in dieses uralte Tal ist grandios, die Stille atemberaubend. Doch so nach und nach treffen auch die Schweinehälften oben ein und füllen den schmalen Gipfel mit ihren erschöpfen Gegrunze. Schnell springen wir entlang dem Aufstiegspfad nach unten, um einen der letzten Parkbusse zu erreichen, der uns entspannt zurück zu unserem Rolling Home bringt.

Der „Gateway to the Narrows“ entland des Virgin Rivers ist einer der spannenden und auch witzigsten Trails. Mehr durch als entlang des Flusses sorgt er für viele erheiternde Augenblicke, wenn Wanderer plötzlich bis zum Hals im wirklich eiskalten Wasser verschwinden, weil sie vom Weg abgekommen sind. Mehrere hundert Meter hohe Felswände verengen das Flussbett zu einem nur einige Meter breiten Durchschlupf, glitschige Kletterpassagen wechseln sich ab mit leichten Uferspaziergängen und Flussdurchquerungen, die halb schwimmend zu bewältigen sind. Den ganzen Tag kämpfen wir uns barfuß durch das nicht immer friedliche Wasser; auf einen starken Stock gestützt trotzen wir allen Versuchen, uns hinein ziehen zu wollen. Ein tolles Erlebnis…

Zion National Park
Zion National Park
Zion National Park
Gateway to the Narrows im Zion National Park

 

Las Vegas und Death Valley

Bizarrer könnte der Kontrast nicht sein! Nach zwei mehr als ausgefüllten Wochen in und mit der grandiosen Natur Arizonas und Utahs bereiten wir uns auf die Glitzerwelt der größten Showbühne der Welt vor. Eine letzte Nacht in der herrlich abgeschiedenen Landschaft des „Valley of Fire“ - und wir tauchen ein in den organisierten Wahnsinn. Tagsüber wirkt alles tot und verschlafen, aber sobald sich die heiße Wüstensonne gnädig hinter den umliegenden Bergen verabschiedet, dreht hier einer die zentrale Sicherung rein und der Strip erwacht dröhnend zum ultimativen Leben. Bunt, schriller, Las Vegas… - wir lassen uns treiben von der Masse der Vergnügungssüchtigen, zwischen Eifelturm und Markusplatz, Piratenüberfällen und weißen Tigern. Das Rattern der einarmigen Banditen verfolgt uns rund um die Uhr und wir sehnen uns schnell wieder nach der Ruhe der Natur.

Schon wenige Meilen hinter der Stadtgrenze versinkt der Spielermoloch im Dunst von Abgasen und Staub und die heile Welt hat uns wieder. Immer weiter führt uns das schwarze Asphaltband hinunter in das Death Valley, zum heißesten und tiefsten Punkt Amerikas. Fast 100 Meter unter Null, über dem „Zabriskie Point“ mit seinen ausgewaschenen und versteinerten Dünen flimmert die Hitze, in der Ferne leuchten die Sanddünen von „Stovepipe Wells“ – ein Szenario wie in der Sahara. Nach einer unangenehm warmen Nacht inmitten dieser Wüste verlassen wir diese tote Landschaft auf der westlichen Seite in Richtung der Sierra Nevada.

Las Vegas - Casino/Hotel America
Las Vegas - Casino/Hotel Paris
Las Vegas - Casino/Hotel Venice
Abfahrt ins Death Valley
Zabriskie Point im Death Valley
Die Dünen von Stovepipe Wells im Death Valley

 

Mount Whitney – 4419 m

„You want to know, if you can make it in one day”? Der zweifelnde Blick des Rangers bei der Erteilung des Permits für die Besteigung des Mt. Whitney, immerhin der höchste Berg des zentralen Amerika lässt uns kalt. „We are from the Alpes, we know, what we can do“. “Crazy Germans…” Kopfschüttelnd erteilt er uns das Permit und entlässt uns mit einigen Tipps zum Verhalten bei Bärenkontakt und zur Toilette unterwegs.

Unsere Fahrt aus dem Death Valley hoch nach Lone Pine am Fuße des Mt. Whitneys lässt uns immerhin 2.500 Höhenmeter überwinden, die unseren Hochleistungscamper schon arg an seine natürlichen Grenzen bringen. Eine anschließende Rundwanderung durch die Alabama Hills, Bühnenbild für unzählige Western, entspannt ihn und lockert uns für die morgige Bergtour. Mal sehen, wie wir die Akklimatisation für einen Viertausender im Death Valley vertragen haben…

Um Sechs Uhr Morgens geht’s los. Um die Bären darauf vorzubereiten, dass wir kommen, erzählt mir Conny ganz gegen ihr sonstiges Naturell laut Geschichten und bimmelt immer wieder ihr Anti-Bären-Glöckchen. Wenn`s hilft… Schnell kommen wir höher, nach einer Stunde erreichen wir die erste Hochebene auf rund 3000 Metern. Plateau für Plateau erklimmen wir und schon bald erreichen wir die kleinen Gletscherseen auf rund 3700 Metern, wo die Zelte derer stehen, die den Berg als Zweitagestour machen. Wir queren eine schneebedeckte Flanke und stehen auf dem Pass in 4100 Metern, von wo aus sich der Weg scheinbar endlos in Richtung dem Hauptgipfel zieht. Aber unaufhaltsam kommt er näher und nach fast sieben Stunden Aufstieg stehen wir auf dem Dach Kaliforniens, ja sogar des zentralen Amerikas!

Der Rundumblick ist unbeschreiblich! Im Osten reicht die Sicht bis zum Death Valley, im Norden und Westen schweift unser Blick über die gesamte Kette der Sierra Nevada. Mindestens eine Stunde verharren wir hier oben, bis uns der zu erwartende lange Rückweg antreibt. Ein fieser Gegenanstieg lässt uns die dünne Luft hier oben spüren und dann stapfen wir gut 200 Meter eine steile Schneerinne hinab. So erreichen wir schnell die Felsenzone und laufen hinunter in wärmere Gefilde. Als wir bei unseren Camper ankommen , sind wir elf Stunden auf den Beinen, 2000 Höhenmeter hoch und runter und 36 Kilometer weit gelaufen. Da brauchen wir nicht mal mehr viel zum Essen und schlafen schon fast im Stehen dabei ein. Wie sagte der Ranger? „Crazy Germans…“

Blick auf die Bergkette der Sierra Nevada
Alabama Hills
Aufstieg zum Mount Whitney
Aufstieg zum Mount Whitney
Auf dem Gipfel des Mount Whitney - 4419m, der höchsten Punkt der zentralen USA.
Abstieg vom Mount Whitney

 

Entlang der Sierra Nevada

Der Abstecher zum Mamooth Lake  lässt uns in Kanada weilen, so ähnlich ist dort die Landschaft rund um die Seen. Schwefelhaltige Dämpfe, die teilweise aus dem Boden nach oben dringen, lassen jedoch ganze Waldstücke absterben.

Ein paar Meilen weiter erreichen wir den Mono Lake. Dieser uralte See liegt inmitten erdgeschichtlich sehr junger Vulkanberge, im spiegelglatten und tiefblauen See liegen Tufasteine wie Klunker und geben dem Ganzen eine sehr bizarre Stimmung.

Auf einer üblen Offroadpiste, zumindest für unser Rolling Home, hoppeln wir nach Bodie. Die alte Minenstadt ist die am besten erhaltende „Ghost Town“ in ganz Kalifornien und versetzt einen sofort in die Zeit des letzen Goldrausches im 19ten Jahrhundert. Wir flanieren entlang der geschichtsträchtigen Gebäude und Gegenstände und lassen uns in den wilden Westen entführen.

Mitten in der Prärie finden wir einen herrlichen Übernachtungsplatz, während über uns die untergehende Sonne den Himmel in ein rauschendes Farbenspiel taucht.

Mamooth Lake
Mono Lake
Mono Lake
Ghosttown Bodie
Ghosttown Bodie
Ghosttown Bodie
Abendstimmung am Rand der Sierra Nevada
 

 

Yosemite National Park

Die Straße schraubt sich hinauf auf den über 3000 Meter hohen Tioga-Pass, dem östlichen Tor zum berühmten Bergsteiger- und Kletterparadies Amerikas. Waren wir gestern nach in der Wüste um Bodie, so sind wir jetzt in den urzeitlichen Gletscherwelten des Yosemite. Eisschollen treiben auf den Seen und die blankgeschliffenen Wände der Berge locken die Kletterelite der Welt. Entlang dem Merced River dringen wir tief hinein in den Park, vorbei am berühmten „El Capitan“ mit der herausfordernden, 1000 Meter hohen „Nose“, bis wir vor der senkrechten Nordwand des „Half Dome“ stehen. Interessiert beobachten wir Kletterer, die es mit diesen Giganten aufnehmen.

Vom Aussichtspunkt am Glacier Point haben wir den umfangreichsten Rundblick hinein in das zentrale Tal, das der Merced River hier geschaffen hat. Half Dome, Vernal Falls, Mirror Lake, was für ein Panorama breitet sich hier unter uns aus!

Leider haben wir keine Chance auf einen Übernachtungsplatz im Park, es ist Wochenende und alles auf Monate im Voraus ausgebucht. So fahren wir weiter in Richtung Westen, San Francisco ist unser Ziel.

Bergsee am Tioga-Pass
Glacier World im Yosemite National Park
Kletterparadies The Nose (links)
The Half Dome (rechts)

 

San Francisco

Diese Stadt muss man von ihrer Schokoladenseite erobern – da ist sie unverwechselbar. Über die Richmond Bridge ganz im Norden der Bay erreichen wir Sausalito, den verspielten Vorort unter der Golden Gate Bridge. Wir promenieren ein wenig durch die italienisch anmutenden Gassen, auf der anderen Seite der Bay glitzert die Skyline von San Francisco bereits schüchtern zu uns herüber.

Kurz vor der Auffahrt zur Golden Gate biegen wir ab entlang der Küstenlinie und mit jeder Kurve, in der sich das Sträßchen höher schraubt, wird die Aussicht auf die Golden Gate,  die Bay und die dahinter liegende Skyline grandioser. Wir sind gebannt von diesem Anblick! Stunde um Stunde sitzen wir hier oben und genießen – es gibt wohl kaum eine schönere und perfektere Ansicht einer Stadt.

An nächsten Tag geben wir unser fahrendes Reihenhaus ab und genießen nochmal die Stadt von innen. Wir bummeln entlang der Piers, erklimmen die Hügel der „Streets of San Francisco“, gehen in einem urigen Restaurant toll essen und trudeln gegen Mitternacht am Airport ein, wo wir auf unseren Rückflug warten.

Als wir im Morgengrauen die tief über der Bay hängende Wolkendecke durchstoßen, sehen wir zum Abschied gerade einmal die Spitzen der roten Pylonen der Golden Gate hindurchblitzen…

Good bye America… - wir kommen wieder, aber dann für länger!

San Fransisco - The Golden Gate Bridge
San Fransisco - The Golden Gate Bridge
San Fransisco - Downtown
San Fransisco - Fishermanns Wharf
San Fransisco - Gefängnisinsel Alcatraz
City of San Fransisco