Zwischen Atlantik und Hochgebirge

Nur wenig Fahrtzeit liegt hier im Süden Marokkos zwischen den endlosen Stränden des Atlantiks und den über 4000 Meter hohen Gipfeln des Hohen Altas. Und dazwischen lockt die alte Königsstadt Marrakech mit ihrem bunten Treiben.

Atlantikküste bei Tamri
Atlantikküste bei Tamri
im Hafen von Essaouira
im Hafen von Essaouira
Fischverkauf im Hafen von Essaouira
Fischverkauf im Hafen von Essaouira
Färberei im Handwerkerviertel von Essaouira
Färberei im Handwerkerviertel von Essaouira
herzliche Begegnungen...
herzliche Begegnungen...
Omar bei der traditionellen Teezeremonie
Omar bei der traditionellen Teezeremonie
Nadja im Hof mit Badehaus und Backofen
Nadja im Hof mit Badehaus und Backofen
Marrakech Place Djamâa el-Fna
Marrakech Place Djamâa el-Fna
Saadier Gräber in Marrakech
Saadier Gräber in Marrakech
Palais de la Bahia in Marrakech
Palais de la Bahia in Marrakech

Nur wenig Fahrtzeit liegt hier im Süden Marokkos zwischen den endlosen Stränden des Atlantiks und den über 4000 Meter hohen Gipfeln des Hohen Altas. Und dazwischen lockt die alte Königsstadt Marrakech mit ihrem bunten Treiben.

 

Essaouira

Ohrenbetäubendes Kreischen tausender und abertausender hungriger Möwen kündigen vom nahen Fischereihafen und den einlaufenden Trawlern. Dutzende kleiner blauer Ruderboote dümpeln zwischen der hochseetauglichen Fischfangflotte, die nun von vielen Helfern entladen wird. Sardinen, Doraden, Tintenfische, und unzählige uns unbekannte Meeresbewohner werden sortiert, auf Eis gelegt und sofort verladen oder verkauft. Lauthals preisen die Fischer ihren frischen Fang der drängelnden Kundschaft an. Restaurantbesitzer und Privatleute, Grossisten und auch wir schlagen zu, frischer geht es wirklich nicht.

Gegen Mittag ist der umtriebige Spuk vorbei, jetzt beleben sich die schmalen Gassen in der von einer alten portugiesischen Festungsmauer geschützten Medina. Längst vergangen ist die Zeit der Hippies und Beatniks wie Jimi Hendrix, Bob Marley oder Jim Morrison, die hier die Cafés und Bars in den Siebzigern aufmischten und am musikalischen Mythos Essaouiras mitwirkten. Heute sind es hauptsächlich Pauschaltouristen, die in Hotpants und Trägershirt ihren kulturellen Sachverstand für ein muslimisches Land durch die belebten Gassen schieben. Und so lebt Essaouira heute in erster Linie vom Touristentandverkauf, von Imbissbuden und Klamottenläden, die so überall auf der Welt sein könnten.

Nur rund um die alte Mellah, versteckt in halb verfallenen Häusern, da findet man noch die winzigen Handwerksbetriebe, in denen Schneider, Teppichweber oder Holzschnitzer für den Nachschub der Bazare sorgen. Hier, im Schatten der schmalen Gassen, die kaum ein Tourist betritt, wo es so gut nach frischem Thuyaholz und gefärbter Schafwolle riecht, da lebt noch das ursprüngliche Essaouira. Und dort hört man dann plötzlich wieder Bob Marley…

 

Bei Nadija und Omar

Wir sind kurz vor Amizmiz, einer unbedeutenden Kleinstadt an den westlichen Ausläufern des Hohen Atlas. Überraschend grün ist es hier, die Bäume wachsen bis hoch hinauf in die Berghänge. Es ist später Nachmittag, wir brauchen so langsam einen ruhigen Übernachtungsplatz. Zwischen den vielen Dörfern und verstreut liegenden Gehöften taucht rechterhand ein staubiger Fußballplatz auf, eine kleine Moschee steht am Rand einer Olivenplantage, höhere Bäume und Kakteenhecken bieten Sichtschutz. Wir biegen ab, parken zwischen den locker gepflanzten Olivenbäumen. Ein kleiner Achtjähriger lugt aus sicherer Entfernung schüchtern zu uns herüber, wir winken uns zu, er läuft zu einem niedrigen, unter Feigenbäumen versteckten Haus. Die Eltern sind zu sehen, wir gehen auf sie zu – Bonjour, ca va – aber Französisch spricht hier niemand, also Bodylanguage.

Nadija und Omar bitten uns zum Tee, keine Widerrede, schon sitzen wir im blitzsauberen Innenhof des Häuschens. Nadija strahlt über das runde Gesicht, brät frische Eier, selbstgebackenes Brot und Nüsse kommen auf den Tisch, die Teekanne macht mehrmals die Runde. Sie zeigen uns stolz ihren Besitz, fünf oder sechs Schafe, einige Hühner, ein paar Olivenbäume, gebacken wird in kleinen Lehmöfen, die auch das Badehaus befeuern. Ich drehe mit Omar eine Runde durch die Olivenhaine, Conny sammelt einstweilen einige Frauen und Mädchen um sich und „Manni“, ihr Lachen ist noch weit zu hören.

Wie ein Lauffeuer spricht sich unsere Anwesenheit herum, der Dorfvorsteher kommt mit seinem Mofa angetuckert, begrüßt mich, frägt zweimal, ob wir auch genügend zu essen und zu trinken… - Ja, ja, wir haben… - weil sonst würde er dafür sorgen… – nein, wir sind Gäste bei Omar, alles bestens…

Wir sollen umparken, Omar will, dass wir direkt vor seinem Haus stehen, unter seiner Aufsicht, zwischen Feigenbäumen und den Hühnern. Glänzende Augen freuen sich über ein paar Geschenke, für den Kleinen ist es das erste Spielzeug überhaupt. Nadija bäckt für uns frisches Brot, in der Küche brutzelt eine leckere Tajine mit Rindfleisch und Bohnen, das Hochzeitsvideo der Schwester unterstützt die rudimentäre Konversation. Spät erst gehen wir ins Bett, reichhaltig bewirtet und herzlichst aufgenommen von diesen wundervollen Menschen…

Als wir im Lauf des Vormittags aufbrechen, fließen Tränen. Omar nehmen wir gleich mit nach Amizmiz, zum Wochenmarkt. Lange noch stehen sie vor ihrem kleinen Haus, Nadija und ihr Sohn, und winken uns nach.

Mal sehen, was wir das nächste Mal erleben dürfen, wenn wir einfach wieder nach rechts abbiegen. Oder nach links…

 

Mythos Marrakech

Keine andere Stadt in Marokko ist bekannter, häufiger besucht, geschichtsträchtiger. Und keine andere Stadt polarisiert mehr. Schon immer war sie die eigentliche Hauptstadt des Landes, heute allerdings nur noch die Touristenmetropole.

Die Gegensätze in der Stadt sind enorm. Nirgendwo sonst in Marokko trifft die moderne Jugend des Landes so direkt auf ausgeprägte Traditionen, prallt Wohlstand so offen auf bittere Armut. Und dazwischen hunderttausende Besucher aus der ganzen Welt, die der Stadt ihren so eigenen Stempel aufdrücken.

Zentrum dies allem ist der berühmte Place Djamâa el-Fna. Wo früher die Köpfe der Gehenkten zur Schau gestellt wurden, präsentieren sich heute die Gaukler und Schlangenbeschwörer, die Geschichtenerzähler und unzählige Imbissbuden. Dichter Rauch steigt von den heißen Grills auf, die bunten Wagen der Orangensaftverkäufer blitzen gelb in der Abendsonne. Trommler und Bläser lärmen um die Wette, Schlepper der Straßenrestaurants buhlen lautstark um die Gunst der vorbeischlendernden Touristen.

Hinter dem großen Spektakel taucht man ein in die verwirrenden Gassen der Medina, und je weiter man sich hinein wagt, umso ursprünglicher wird das Ambiente. Sobald man die Zonen mit den touristischen Angeboten verlassen hat, wird man aufgesogen von der uralten Welt der Menschen, die hier schon immer gelebt haben. Dort arbeiten die winzigen Handwerksbetriebe, in denen viele der Produkte hergestellt werden, die weiter vorne feilgeboten werden. Und hier kann man auch wieder ungestört dem Treiben zusehen und den Geräuschen lauschen, ohne ununterbrochen freundlich aber hartnäckig aufgefordert zu werden, sich dem dargebotenen Sortiment zu widmen.

Die Geschichte der Stadt zeigt sich am eindrucksvollsten in den prunkvollen Räumen des El Bahia Palastes oder auch in der ruhigen und abgeschiedenen Atmosphäre der Saadiergräber. Und natürlich an der Kutubiya-Moschee, dem berühmten Wahrzeichen der Stadt, deren wuchtiger Turm über all dem quirligen Treiben wacht. Und so präsentiert sich Marrakech heute vielleicht nicht mehr als das Märchen aus 1001 Nacht, so wie sie oft besungen wurde. Aber für die Meisten bleibt sie nach wie vor der aufregende Einstieg in die orientalische Welt, auch wenn vieles heute etwas aufgesetzt wirkt.

 

Eine kleine Episode am Rande…

Bei unserer Marokkoreise vor drei Jahren übernachteten wir mitten in der Pampa bei Ait Ourir. Ein Schäfer und sein damals etwas 15jähriger Sohn begrüßten uns schüchtern, wir boten Oliven an und Brot, schenkten dem Burschen ein T-Shirt, da seines ziemlich zerrissen war. Am nächsten Tag kam der Junge extra nochmal bei uns vorbei, brachte zum Dank sechs frische Hühnereier.

Nun stehen wir hier am selben Platz. Und tatsächlich, die beiden kommen wieder mit ihren Schafen vorbei, der Bursche von damals inzwischen zum jungen Mann gereift. Erst ein wenig unsicher, dann erkennen sie uns wieder, können es kaum glauben. Wir begrüßen uns herzlich, doch die Verständigung ist schwierig. Am nächsten Morgen reitet der junge Mann zu uns herauf, bringt uns frisch gebackenes Brot, wir revanchieren uns mit einem nützlichen Geschenk.

„Bis bald“, winkt er, als er wieder zu seinen Tieren zurück reitet…

 

Noch viel mehr Infos und Bilder findet Ihr wie immer unter „reiseberichte“ und dann „ tagebuch“.

Liebe Grüße an Euch alle

Conny & Tommy

Atlantikküste bei Tamri

Atlantikküste bei Tamri