Der Niger. Djenné und Mopti. Und das Land der Dogon mit der Falaise de Bandiagara…

Welch klangvolle Namen für jeden Afrikareisenden! Einst wichtige Handelsmetropolen am Südrand der Sahara, an den Ufern des sagenumwobenen Stroms, sehnsüchtig am Horizont erwartet nach der gefahrvollen Durchquerung der riesigen Wüste, und ein unzugängliches Gebirge, in dessen winzigen, unter steil aufragenden Felsen versteckten Dörfern ein weitgehend unbekanntes Naturvolk seinen geheimnisvollen Riten nachging. Wir sind gespannt, was heute davon noch übrig geblieben ist…

Markttag in Segou
Markttag in Segou
Markttag in Segou
Markttag in Segou
Sonnenuntergang am Niger
Sonnenuntergang am Niger
Djenné - die größte Lehmmoschee der Welt
Djenné - die größte Lehmmoschee der Welt
in der großen Moschee von Djenné
in der großen Moschee von Djenné
Einladung beim Schneidermeister in Djenné
Einladung beim Schneidermeister in Djenné
Mopti - Leben an Niger und Bani
Mopti - Leben an Niger und Bani
Mopti - geschäftiges Treiben im Hafen
Mopti - geschäftiges Treiben im Hafen
Mopti - Umschlagplatz für das begehrte Saharasalz
Mopti - Umschlagplatz für das begehrte Saharasalz
Songo, ein typisches Dorf im Dogonland
Songo, ein typisches Dorf im Dogonland
Songo - der Beschneidungsplatz
Songo - der Beschneidungsplatz
Songo - traditionelle geschnitzte Eingangstür
Songo - traditionelle geschnitzte Eingangstür
Dogondorf Ireli - Lehmspeicher
Dogondorf Ireli - Lehmspeicher
Dogondorf Ireli - Lehmspeicher
Dogondorf Ireli - Lehmspeicher
Dogondorf Ireli - Palaverplatz
Dogondorf Ireli - Palaverplatz
Dogondorf Enndé - die Dorfältesten
Dogondorf Enndé - die Dorfältesten
Dogondorf Enndé - Palaverplatz mit schönen Schnitzereien
Dogondorf Enndé - Palaverplatz mit schönen Schnitzereien
Dogondorf Teli - Lehmmoschee
Dogondorf Teli - Lehmmoschee

Welch klangvolle Namen für jeden Afrikareisenden! Einst wichtige Handelsmetropolen am Südrand der Sahara, an den Ufern des sagenumwobenen Stroms, sehnsüchtig am Horizont erwartet nach der gefahrvollen Durchquerung der riesigen Wüste, und ein unzugängliches Gebirge, in dessen winzigen, unter steil aufragenden Felsen versteckten Dörfern ein weitgehend unbekanntes Naturvolk seinen geheimnisvollen Riten nachging. Wir sind gespannt, was heute davon noch übrig geblieben ist…

 

Der Niger

Jahrhundertelang geisterte er durch die Köpfe der Europäer, niemand bekam ihn je zu Gesicht. Alle Versuche, seine Ufer zu erreichen, endeten mit einem Desaster für diejenigen, die es wagten. Wohin fließt er denn eigentlich, nach Süden, nach Westen oder doch nach Osten in die Wüste, wie arabische Kaufleute behaupteten? Erst dem jungen Schotten Mungo Park gelang es vor rund 200 Jahren, dieses Geheimnis endgültig zu lüften. Unter unsäglichen Strapazen erreichte er mit einer handvoll Überlebender den behäbigen Strom, doch von seiner zweiten Entdeckungsreise kam auch er nie mehr zurück…

Ganz so schwer fällt es uns nicht, seine Ufer zu erreichen. Auf guten Teerstraßen, unbehelligt von den nun friedfertigen Menschen und den inzwischen gründlich dezimierten wilden Tieren der Savanne Westafrikas, nähern wir uns ganz unspektakulär. In Bamako, der heutigen Hauptstadt Malis, ist es dann soweit – wir stehen vor seinen träge dahinfließenden Wassermassen! Stolz präsentiert er sich unseren erwartungsvollen Blicken. Doch in der Millionenmetropole mit all dem Lärm und Verkehr geht seine majestätische Aura ein wenig unter, erst als wir eines nachmittags nachdenklich an seinem Ufer im Gras sitzen, da zeigt er sich uns wirklich und wir fangen an zu realisieren, wo wir uns befinden.

So richtig Zugang zu ihm finden wir erst in Segou, der einst wichtigen Residenzstadt der Bambara-Könige weiter stromaufwärts. Es ist Markttag hier am Ufer und die Menschen aus der Umgebung kommen zuhauf mit schlanken Pirogen und bauchigen Pinassen, bringen Obst und Gemüse, Vieh und getrockneten Fisch und decken sich selbst mit dem Notwendigen zwischen den quirligen Marktständen ein. Die Frauen von Segou waschen unaufhörlich, teils barbusig und dabei pausenlos palavernd und lachend, ihre Wäsche und ihr Geschirr in den trüben Fluten, die benachbarte Morgentoilette der Kinder stört dabei ebenso wenig wie das Säubern von Schafen oder das Reinigen von Mopeds. Fischer versuchen ihr Glück mit Wurf- und Schleppnetzen, die Ausbeute ist jedoch jetzt während der Trockenzeit eher mager.

Gegend Abend dann, wenn der leuchtend gelbe Sonnenball sich langsam der Wasserfläche nähert und die ganze Umgebung mit seinem wundervollen Licht verzaubert, wenn die eleganten Pirogen federleicht auf den sanften Wellen tänzeln und die mächtigen Balanzan-Bäume lange Schatten über die Ufer werfen, dann bist Du endlich der Entdeckungsreisende, der Du schon immer warst in Deinem Herzen, in Deinen Gedanken. Und dann siehst Du die Abenteuer, die nötig waren, einst diesen geheimnisumwitterten Strom zu erreichen…

 

Djenné

Weit in das brackige Wasser des Bani ragend, einem Nebenfluss des Nigers, säumen übel riechende Müllberge den Stadtrand von Djenné. Der Wind wirbelt Staub und Dreck durch die engen Gassen, die Augen tränen, Rauchschwaden und Kot malträtieren die Nase. Schlammgefüllte Abwasserrinnen werden zu Stolperfallen, zerfallene Lehmmauern bröckeln an jeder Ecke. Große Augen in den schmutzigen Gesichtern unzähliger Kinder folgen unseren Schritten, die Kleineren kacken ungeniert vor die Haustüren. Esel und Schafe stehen in Innenhöfen neben Kochgeschirr und Bettgestellen, winzige Handwerkskammern beherbergen Schneider, Tischler oder Korbmacher. Weber und Tuchmacher sitzen mit ihren flinken Fingern im Schatten aufgestellter Strohdächer. Inmitten dieser mittelalterlich anmutenden Szenerien, direkt am Marktplatz, umringt von wackeligen Ständen mit überschaubarem Warenangebot, da wacht die berühmte Moschee, die vor rund hundert Jahren originalgetreu nach ihrem Vorbild aus dem 13. Jh. wieder neu errichtet wurde und als das größte Lehmgebäude der Welt gilt.

 

Weltkulturerbe…

 

Die Glanzzeit der einst wohlhabenden Handelsstadt liegt schon viele Jahrhunderte zurück. Heute präsentiert sich die vormals beeindruckendste Handwerksmetropole Westafrikas als ein ungepflegtes Ensemble afrikanischer Gleichgültigkeit. Von einer intellektuellen Hochburg des Islam ist ebenso wenig zu spüren wie von den angeblich prachtvollen Fassaden mehrstöckiger Bürgerhäuser. Trotz einiger Koranschulen und wenigen renovierten Häusern. Schade drum…

Nur langsam verringern wir die Distanz, ganz vorsichtig kommen wir uns näher, das spröde Djenné und wir, die Suchenden. Stundenlang wandeln wir geduldig durch die schmutzigen Häuserfluchten. Erst als wir Zugang zu den Menschen zwischen all dem Dreck und Staub, dem Gestank und den wie eine Heuschreckenplage über uns herfallenden Kindern finden, da entdecken wir so etwas wie eine Seele in den schmalen Gassen. Erste Gespräche, Einladungen zum Tee, zum Essen. Doch die Armut ist auf Schritt und Tritt greifbar, die Trostlosigkeit schmerzt fast. Dabei hätte die Stadt durchaus Potential, dank ihrer großen Historie. Wer macht es den Menschen hier begreiflich?

Wie ein gnädiger Schleier legt sich der von „Manni“ aufgewirbelte Staub über die Stadt, als sie langsam im Rückspiegel verschwindet…

 

Mopti

Als das legendäre Timbouctou immer mehr an Bedeutung verlor, gewann Mopti rasant. Heute ist die quirlige Provinzstadt am Zusammenfluss von Niger und Bani die wichtigste Handelsdrehscheibe im Osten Malis. Und das sehen, riechen und fühlen wir sofort, als wir über den alten Franzosendamm die ersten Häuser erreichen. Der Verkehr wuselt um uns herum, die Müllberge blasen ihre Ausdünstungen hartnäckig durch jede Ritze und das zum Anhalten auffordernde Winken der auf ein Geschäft Hoffenden zeugt von nimmermüder Energie.

Rund um das restlos zugemüllte Hafenbecken drängen sich die Händler auf engstem Raum. Fisch aus dem Niger, Bettgestelle aus der Schreinerei, Klamotten aus dem europäischen Second-Hand-Container, Kalebassen aus den umliegenden Dörfern und tausenderlei Alltagswaren aus jeglicher Art von Quelle. Am Spannendsten aber ist das Gewerbe der Salzhändler. Auch heute noch ist der Weg des wertvollen und lebenswichtigen Salzes derselbe wie schon vor hunderten von Jahren. Abgebaut rund um Taoudenni tief im Herzen der Sahara werden die schweren Salzplatten mit riesigen Kamelkarawanen weit in den Süden bis nach Timbouctou transportiert. Dort werden sie auf schwerfällige Pinassen verladen und mühsam gegen den Strom des Nigers hierher nach Mopti gebracht. In geduldiger Kleinarbeit wird nun so eine Salzplatte mit der Säge in handliche Stücke zerkleinert oder sogar fein zermahlen, in Tüten abgefüllt, auf dem Markt angeboten und in andere Regionen weiterverkauft.

Wir genießen unsere täglichen Spaziergänge entlang des verdreckten Baniufers, bewundern die Hartnäckigkeit der Fischer, die ihre wackeligen Pirogen durchs schlammige Wasser staksen, feilschen stundenlang wegen Centbeträgen mit den Marktfrauen für fangfrische Fische und vernünftiges Gemüse, bis beide Seiten zufrieden lachen, ignorieren beim Kauf die Fliegenschichten auf dem beim Straßenmetzger in der Sonne ausgebreiteten Fleisch, grüßen die uns auf Schritt und Tritt freundlich zunickenden Männer und mischen uns zu guter Letzt vor dem Rathaus auch noch unter mehrere aufgebrezelte Hochzeitsgesellschaften.

Nach drei Tagen fühlen wir uns irgendwie ein wenig heimisch…

 

Im Land der Dogon

Wir sind in Songho. Das pittoreske Dorf gefällt uns auf Anhieb, die Menschen heißen uns herzlich willkommen, wir machen dem Dorfchef unsere Aufwartung und man erklärt uns Traditionen und aktuelle Probleme. Das geht dann so:

„Warum kommt denn aus den Wasserhähnen kein Wasser?“ – „Ja, das ist, weil die solargespeiste Pumpe kaputt ist und auch die Solarpaneele sind fast alle kaputt.“ – „Seit wann ist denn das alles kaputt?“ – „Seit ungefähr vier Jahren…“ – „Aber warum ist es denn kaputt?“ – „Weil unsere Kinder mit Steinschleudern auf die Paneele geschossen haben.“ – „Und warum repariert das keiner?“ – „Na, weil das keiner hier reparieren kann.“ – „Wer hat denn das hier finanziert und aufgebaut?“ – „Die Weltbank…“ – „Wisst Ihr, wer oder was das ist, die Weltbank?“ – „Nö!“ – „Und wo bekommt ihr jetzt euer Trinkwasser her?“ – „Wir laufen jetzt wieder wie früher ungefähr fünf Kilometer zum Fluss…“

Ein Einzelfall? Nein, leider die Regel in Afrika…

Wir wandern entlang der Falaise de Bandiagara. Senkrecht bricht das steinige Plateau hier ab, wie Vogelnester schmiegen sich die uralten Wohnhöhlen der verschwundenen Telem in den Fels. Darunter ineinander verschachtelt die Lehmhütten und Speicher der Dogon, die hier nun seit mehreren hundert Jahren zurückgezogen leben, immer noch ihren animistischen Kulten nachgehen und bekannt sind für ihre mystischen Maskenfeste.

Heute ist das Ganze zu einem eher lästigen Touristenspektakel verkommen. Trotzdem, die Landschaft mit den pittoresken Dörfern ist einzigartig, auch wenn das ständige Gebettel manchmal anfängt auf die Nerven zu gehen. Doch mit stoisch-afrikanischer Ruhe ist auch das gut zu ertragen. Die Menschen hier sind arm, die Felder tragen nur einmal im Jahr, die Gefahr der Versandung ist allgegenwärtig. Die Lebensbedingungen sind für uns oft unfassbar. Und seit einigen Jahren bleiben nun auch noch die Touristen aus…

 

Fazit Mali

„Bitte helft uns! Erzählt den Menschen in Europa, Mali ist sicher, in Mali gibt es kein Ebola!“ Seit der kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Tuareg im Norden des Landes und der Verbreitung von Ebola in manchen westafrikanischen Ländern kam der Tourismus nahezu vollständig zum Erliegen. In vielen Regionen war er zu einer sehr bedeutenden Einnahmequelle geworden.

Nach fünf Wochen in diesem Sahelland können wir es nur bestätigen – das Reisen hier ist wunderbar komplikationslos! Die Menschen sind durchwegs herzlich, freuen sich über jeden, der sie besucht, selbst die Offiziellen nerven nicht, winken uns durch, keiner zockt ab. Campen in der Natur ist überall möglich, keinerlei Unsicherheit befällt uns, gleichgültig, wo wir die Nächte verbringen. Die historischen Stätten bedürfen jedoch einer dringenden Pflege und wir wurden nicht müde, den Heerscharen von selbsternannten Guides zu erklären, dass sie mit ihrem Verhalten dem zarten Pflänzchen Tourismus eher schaden denn helfen.

Die unberührten und nur schwer erreichbaren Dörfer ganz im Westen in der Falaise de Tambaoura waren unser persönliches Highlight - Afrika aus dem Bilderbuch. Aber auch die Felsen um Siby, die stillen Abende am Ufer von Niger, Bani und Bafing, und vor allem die mystischen Dörfer entlang der Falaise de Bandiagara haben es uns angetan. Und trotz allem Müll und Dreck auch Djenné und Mopti.

Lediglich der äußerste Norden und Osten des Landes mit Timbouctou und Gao und den Bergen von Hombori ist nicht fest unter der Kontrolle des Staates, also nicht als Reiseziel zu empfehlen. Und Ebola ist hier wirklich keine Gefahr, die Aufklärung greift. Also nur Mut, die Menschen hier werden es Euch danken…

 

Noch viel mehr Infos und Bilder findet Ihr wie immer unter „reiseberichte“ und dann „ tagebuch“- click hier.

 

Liebe Grüße an Euch alle

 

Conny & Tommy

die größte Lehmmoschee der Welt in Djenné

die größte Lehmmoschee der Welt in Djenné