Buntes Afrika

Die Sahara mit ihren unendlichen Weiten liegt endgültig hinter uns. Nach einer kurzen Fährpassage über den Senegalfluss begrüßt uns nun mit Westafrika eine vollkommen andere Welt.

Rosso, Ankunft im Senegal
Rosso, Ankunft im Senegal
St. Louis, bröckelnder Glanz vergangener Zeiten
St. Louis, bröckelnder Glanz vergangener Zeiten
Übernachtungsplatz unter blühenden Baobabs
Übernachtungsplatz unter blühenden Baobabs
Kayar, das bekannteste Fischerdorf Senegals
Kayar, das bekannteste Fischerdorf Senegals
Dakar, Blick zur Sklaveninsel Goree
Dakar, Blick zur Sklaveninsel Goree
Muschelinsel Fadiouth
Muschelinsel Fadiouth
Mädchen in Fadiouth
Mädchen in Fadiouth
Erntezeit auf den zahlreichen Erdnussfeldern
Erntezeit auf den zahlreichen Erdnussfeldern
ein totes Rind ist Festmahl für die Geier
ein totes Rind ist Festmahl für die Geier
Piste durch einen Palmenwald
Piste durch einen Palmenwald
witziger Schlammspringer - ein Fisch?
witziger Schlammspringer - ein Fisch?

Die Sahara mit ihren unendlichen Weiten liegt endgültig hinter uns. Nach einer kurzen Fährpassage über den Senegalfluss begrüßt uns nun mit Westafrika eine vollkommen andere Welt.

 

Doch vorher noch ein kurzes Fazit Mauretanien:

Wüste. Sehr viel Wüste. Und nur wenig Menschen. Ein riesiges Land, kaum bewohnt, kaum Straßen und Pisten. Nur wenige Reisende waren jemals dort.

Und jetzt wir. Tagelang unterwegs in nahezu unberührter Natur, immer weiter, dem fernen Horizont entgegen. Unendliche Dünen, pechschwarze Geröllfelder, einsame Monolithen, karge Tafelberge. Dann Oasen, herrlich grün, Wasser, Palmen. Viele Kamele. Und die letzten Sahara-Krokodile.

Die Menschen. Über Land nur einige Nomaden, freundlich grüßend, woher, wohin? In den wenigen Siedlungen viele Kinder. Cadeau, cadeau – Bettelei, aber alles im Rahmen. In die Schule geht nur jeder Zweite. Die Mauren, die Herren des Landes, der Wüste, stolze Araber, zurückhaltend, ein wenig unnahbar, kaum Kontakte möglich. Ganz anders dagegen die schwarze Bevölkerung, Bewohner des Südens. Immer ein Lachen, freundlich winkend, ca va? Bis 1980(!) gab es hier offiziell die Sklaverei, der Rassismus ist deutlich spürbar.

Viele Straßenkontrollen hemmen das Vorankommen, bestimmt 50 Mal heißt es „Donnez-moi un fiche“ – ein Zettel mit unseren Daten. Aber immer höflich, korrekt, „c`est pour votre securite“ – für unsere Sicherheit. Die Hauptstadt Nouakchott, ein chaotisches „Dorf“, ein exotischer Fischerhafen. Dann nur noch die unverhohlene Abzocke am Grenzübergang in Rosso. Schade, es bleibt ein fader Beigeschmack in Erinnerung…

Es war spannend, auf den abgelegenen Pisten durch dieses leere Land, durch diesen Teil der endlos scheinenden Sahara zu reisen. Aber das war es dann auch schon…

 

Grenzübergang afrikanisch – die Zweite…

Rosso. Das Synonym für Abzocke, für behördlichen Einfallsreichtum, für Hektik ohne Ende, stundenlanges Hinhalten. Rosso, diese windige Fähranlegestelle am Senegalfluss zwischen Mauretanien und Senegal ist zum Schrecken aller Afrikafahrer avanciert. Nirgendwo sonst auf diesem Kontinent soll der Reisende der Willkür der Behörden ärger ausgesetzt sein wie hier. Mal sehen…

Mohamed Ali, ein zeitweise in Frankreich arbeitendes, mauretanisches Schlitzohr hat uns schon weit vor der Grenze aufgegabelt und sich uns für nur zehn Euro Lohn als Schlepper durch die einfallsreichen Instanzen afrikanischer Grenzorgane angeboten. Wir nehmen seine Dienste an in der Hoffnung, uns dadurch die Horden der anderen Schlitzohren einigermaßen vom Leib zu halten.

Klappt soweit auch ganz gut. Nach einer ersten Kontrolle die Einfahrt in den kleinen Zollhof direkt an der Fähranlegestelle, sieht nach wenig Verkehr aus. Schon mal nicht schlecht. Dann geht es los. Carnet de Passage abstempeln lassen, zehn Euro mit Quittung, ganz korrekt bisher. Dann Polizei, 15 Euro für zwei Pässe ausstempeln, Quittung ohne erkennbaren Betrag – naja… Weiter zum Fährticket kaufen, 20 Euro für „Manni“, offizielles Ticket mit Betrag und Stempel, alles richtig. Kommunale Steuer, 15 Euro, Quittung mit unleserlichem Betrag, nun gut… Zwischendurch Geld wechseln, Versuch, mich dabei zu bescheißen fehlgeschlagen, bin ja nicht blöd. Nochmal irgendwo 15 Euro, für was auch immer, weiß ich nicht mehr. Dann auf die Fähre, die Auffahrtsrampe liegt unter Wasser, macht nichts, für „Manni“ kein Problem.

Die Überfahrt ist kurz, wieder durchs Wasser und ab zu den Senegalesen, immer an der Seite von Mohamed Ali. Der macht jetzt Hektik, will im Vorfeld 70 Euro, um alles schnell zu erledigen. Kannste vergessen, Freundchen, ich gehe überall schön mit. Findet das nicht so toll, ist mir aber egal. Erster Schalter, Fahrzeugdaten in den Pass eintragen, sieben Euro fuffzig. Quittung gibt’s nicht, haben die Senegalesen nicht, bei keiner Stelle. Na also, hier funktioniert doch die Zusammenarbeit der Schlepper und Beamten perfekt! Hinterher wird dann geteilt... Polizei, Pässe stempeln, neun Euro, dann noch kommunale Steuer, den Blödsinn haben sie hier also auch, 15 Euro. Jetzt noch das Wichtigste, das Carnet de Passage abstempeln lassen. Jetzt kommt´s - der Zuständige füllt nur ein Passavant aus, für knapp vier Euro, das innerhalb von 48 Stunden im über 300 Kilometer entfernten Dakar am Zollamt abgestempelt werden muss, erst dort bekommt man den notwendigen Stempel ins Carnet. Ich tobe innerlich, ziehe mich verärgert zurück, jammere rum und bin beleidigt. Der Beamte schüttelt den Kopf, nichts zu machen, Mohamed Ali hebt bedauernd die Achseln. Aus den Augenwinkeln sehe ich allerdings, dass das Carnet jetzt ordnungsgemäß gestempelt und bearbeitet wird, trotz Passavant. Was hat das nun zu bedeuten? Mohamed Ali zieht mich zur Seite: „Also, ich hab da einen Freund beim Zoll in St. Louis, der kann arrangieren, dass Du das Passavant auf zehn Tage verlängert bekommst, dann musst Du nicht sofort nach Dakar. Kostet nur 30 Euro, ist also viel billiger als der Diesel für die Fahrt nach Dakar und zurück.“ Aha, daher weht also der Wind! Ich lehne dankend ab, kann er gar nicht verstehen. Jetzt macht er einen auf beleidigt. Und er will noch 15 Euro für den Burschen am Tor, dass er es öffnet. Kriegt er aber nicht, ich bin jetzt fertig mit ihm, gebe ihm die vereinbarten zehn Euro und schicke ihn zum…

Die Toröffnung kostet natürlich nichts… Wir sind durch. Nach der Rekordzeit von nicht einmal zwei Stunden! Ohne Stress und Hektik, um rund 110 Euro erleichtert, allerdings zum Teil irgendwie nachvollziehbar und sicher deutlich weniger, als sich unser Schlitzohr Mohamed Ali uns seine Beamtenkomplizen erwartet hatten. Aber was machen wir mit dem 48-Stunden-Passavant? Gilt das jetzt oder doch der Carnetstempel?

Ein paar Kilometer weiter eine Zollkontrolle. Passavant herzeigen, mein letzter Versuch, die 48 Stunden auf zehn Tage zu verlängern. Ein Bursche bietet seine Dienste an, dies zu erledigen, kostet nur 30 Euro. Zahl ich nicht, sage ich ihm, kenne ich schon, die Masche, aber er sitzt bereits auf dem Moped und rauscht mit unserem Passavant zurück zur Grenze. 20 Minuten später ist er wieder da, mit einem neuen Passavant für jetzt 10 Tage. Soso, geht doch ganz easy, gell? Und jetzt die 30 Euro von mir, zum Teilen mit dem zuständigen Beamten. Kannste knicken, Freundchen, nicht mit mir. Ich zeige dem Zollbeamten vor Ort das Passavant, er nickt es ab, ist doch alles ok, ich sage ihm, dass der Kamerad hier dafür 30 Euro von mir will, das ist doch nicht korrekt oder? Nein, natürlich nicht, „Bon route“, alles gut. Der Bursche tickt fast aus, seine erwarteten 30 Euro verschwinden mit uns auf Nimmerwiedersehen und er kriegt auch noch einen gehörigen Anschiss vom Uniformträger. Sind also doch nicht alle korrupt hier, macht ja Hoffnung…

Und wir haben ein 10 Tage Passavant, ein abgestempeltes Carnet de Passage, und sind, wie wir später erfahren, mit rund 110 Euro „Kostenbeteiligung zur sozialen Sicherung der Lebensbedingungen für afrikanische Beamte“ noch günstig davongekommen. Und so schnell und entspannt wie wohl kaum jemand vor uns! Aber es stinkt mir trotzdem…

 

Willkommen im Senegal – ein Festival für die Sinne!

Herrlich grün wiegen sich Zuckerrohr und Reisschösslinge im leichten Wind, was für ein Kontrast zur meist eintönigen Wüstenlandschaft der letzten Wochen. In St. Louis dann endlich wieder was für die (männlichen) Augen – die Mädels tragen viel Buntes auf schöner nackter Haut, vorbei die Ganzkörperverhüllten der arabischen Welt. Macht auf Anhieb Laune…

Fröhliches Winken begleitet uns – „ca va? Bienvenue au Senegal!“ Händeschütteln, wo immer wir anhalten. „Kein Problem, hier könnt Ihr überall über Nacht stehen bleiben, alles ist sicher.“ Wir verbringen vier herrlich entspannte Tage bei Christine und Sven auf ihrem sehr gemütlichen Camp, auch wenn er gerade fast gänzlich unter Wasser steht.

In Kayar hunderte liebevoll und bunt bemalter Pirogen, mit denen die mutigen Fischer tagein, tagaus hinaus aufs Meer fahren. Wir kaufen einen ganzen Eimer fangfrischen Fisch direkt ab Boot zu einem Spottpreis. Dakar ist entspannter als gedacht, keinerlei Kontrollen, keine Abzocke, kein Stress, aber auch ohne wirkliche Highlights. Wir übernachten hinter der neuen amerikanischen Botschaft, so sicher wie nirgendwo, wie die Jungs von der Security des benachbarten Hotels lachend bestätigen. Und sie lassen uns durch den Lieferanteneingang aufs Hotelgelände, den Privatstrand nach dem Sightseeing genießen.

Auf der Muschelinsel Fadiouth besuchen wir die Messe zu Allerheiligen. Nahezu 700 Menschen, in prächtigem Sonntagsstaat gekleidet, füllen den mitten im Dorf stehenden, modernen Kirchenbau. Hier leben mehrheitlich Christen im eigentlich islamischen Senegal. Was tun wir hier, die wir sonst nie in die Kirche gehen? Ist es die Neugier, wie feiern die Gläubigen wohl hier eine Messe? Der Chor hebt an, die Musik im Rhythmus afrikanischer Trommeln geht sofort unter die Haut, nimmt uns mit. Die Gemeinde ist feierlich, aber nicht steif, immer mehr Menschen kommen herein. Die Reden sind kurz, es wird mehr gesungen, erinnert ein wenig an Gospel. Wir sind berührt, beschwingt und auch andächtig. Zwei Stunden vergehen wie im Flug. Finden wir hier in Afrika womöglich wieder den Zugang zur längst verloren geglaubten Kirche? Wer weiß…

Palmarin, am Nationalpark Delta du Saloum. Kilometerlanger, menschenleerer Strand, wir stehen am Rand eines Erdnussfeldes zwischen Büschen und niedrigen Baobabs. Leopold kommt uns begrüßen, es ist sein Grundstück, „kein Problem, fühlt Euch wie Zuhause, bleibt, solange Ihr wollt.“ Die Fischer zerren ein riesiges Netz aus dem Meer, gut gefüllt mit kiloweise Fischen und sonstigem Meeresgetier. Wir erstehen zwei große Seeteufel, edler geht es nicht mehr, für lächerliches Geld. Später finden wir noch einen Dritten und einen Vierten bei uns am Strand. Anglerglück?

Wir schlendern mit Lamine, einem Fischer aus dem Dorf, zu seinem Haus, wir sind zum Abendessen eingeladen. Der Vollmond macht die Nacht fast zum Tag. „Habt Ihr bei Euch in Europa auch so einen Mond…?“

Wir haben uns jetzt schon verliebt in dieses Land und seine herzlichen Menschen…

 

Noch viel mehr Infos und Bilder findet Ihr wie immer unter „reiseberichte“ und dann „ tagebuch“ - click hier.

 

Liebe Grüße an Euch alle

Conny & Tommy

Rosso, Ankunft im Senegal

Rosso, Ankunft im Senegal