„Back to Africa…“

Nach einer entspannten Anreise stehen wir mal wieder an der Grenze zu Angola. Doch anstatt einer problemlosen Einreise entwickelt sich ein einwöchiges Drama…

Tundavala - Blick über die Ebene
Tundavala - Blick über die Ebene
Tausend Meter tiefe Schlucht von Tundavala
Tausend Meter tiefe Schlucht von Tundavala
Abendstimmung auf dem Plateau von Tundavala
Abendstimmung auf dem Plateau von Tundavala
genialer Übernachtungsplatz auf dem Plateau von Tundavala
genialer Übernachtungsplatz auf dem Plateau von Tundavala
der kühn angelegte Leba-Pass bei Lubango
der kühn angelegte Leba-Pass bei Lubango
kurvenreiche Abfahrt über den Leba-Pass
kurvenreiche Abfahrt über den Leba-Pass
Matabele-Siedlung im Südwesten Angolas
Matabele-Siedlung im Südwesten Angolas
Dorfleben bei den Matabele
Dorfleben bei den Matabele
Felsmalereien aus längst vergangenen Zeiten
Felsmalereien aus längst vergangenen Zeiten
herrlich einsame Landschaften im Südwesten Angolas
herrlich einsame Landschaften im Südwesten Angolas
skurrile Sandsteingebirge um Namibe
skurrile Sandsteingebirge um Namibe
Straßenszene in Tombwa
Straßenszene in Tombwa
perfekter Standplatz am Atlantik in Mucuio
perfekter Standplatz am Atlantik in Mucuio
Schulbesuch in Mucuio
Schulbesuch in Mucuio
zwanzig aufmerksame Schüler mit Wilson, ihrem Lehrer
zwanzig aufmerksame Schüler mit Wilson, ihrem Lehrer
glückliche Kinder in der Schule von Mucuio
glückliche Kinder in der Schule von Mucuio
große Freude über unsere Geschenke
große Freude über unsere Geschenke
fröhliche Kinder in Mucuio
fröhliche Kinder in Mucuio
Tomatenernte in einem der fruchtbaren Flusstäler
Tomatenernte in einem der fruchtbaren Flusstäler
Fischer in Lucira
Fischer in Lucira
die Fische werden zum Trocknen präpariert
die Fische werden zum Trocknen präpariert
Gestelle für die Fischtrocknung
Gestelle für die Fischtrocknung

Nach einer entspannten Anreise stehen wir mal wieder an der Grenze zu Angola. Doch anstatt einer problemlosen Einreise entwickelt sich ein einwöchiges Drama…

 

Die für uns wohl komplizierteste Grenze Afrikas.

Seit Wochen freuen wir uns auf unseren zweimonatigen Abstecher nach Angola, nachdem wir bei unserer Trans-Afrika-Tour letztes Jahr nur ein Transitvisum ergattern konnten. Das zweiwöchige Prozedere, um in Windhoek die notwendigen und teuren Touristenvisa zu bekommen, nahmen wir dafür gerne in Kauf.

Nun stehen wir also guten Mutes vor der Grenze, ein großes Schild „ Willkommen in Angola“ leitet uns den weiteren Weg. Souverän reiche ich meinen Pass mit dem schmuckvollen 30-Tage-Tourist-Visa über den brusthohen Tresen. Die hübsche Uniformträgerin vor dem Immigration-Computer hackt meine Passdaten in selbigen, stockt plötzlich und entschwindet mit einem entschuldigenden Lächeln im uns vom Vorjahr leidlich bekannten Office. Einige unruhige Minuten später fordert mich ein lässiges Winken in den Glaskasten und der streng blickende Beamte präsentiert mir auf seinem Bildschirm das Problem: Ich bin eine „Persona-non-grata“, und deshalb wird mir trotz gültigem Visa im Pass die Einreise verwehrt! Bei Conny dagegen ist alles in Ordnung…

Wie das? Nun, letztes Jahr hatten wir unsere fünftägigen Transit-Visa um stolze vier Tage überzogen, einerseits wegen Fehlinformationen seitens der angolanischen Behörden, andererseits, weil der Transit durch dieses riesige Land in fünf Tagen mit dem Laster einfach nicht zu schaffen ist. Nach einer stundenlangen Diskussion mit den Zuständigen wurde uns schließlich die Ausreise ohne die geforderte Strafzahlung in Höhe von 1.200 US-Dollar erlaubt, sogar mit der Zusage, auch in Zukunft jederzeit willkommen zu sein. Ist das der Grund?

Von „Willkommen“ ist heute jedoch keine Rede mehr. Entweder wir bezahlen eine noch festzulegende Strafe, oder wir müssen zurück nach Namibia. Interessanterweise sagt der Computer den Anwesenden jedoch nicht, warum und wieviel wir bezahlen sollen. Sie schicken uns zurück in den Zollhof von Namibia, dort dürfen wir uns freundlicherweise häuslich niederlassen. Wir schalten Andrew in der Hauptstadt Luanda ein, der uns schon bei der Beantragung der Visa so selbstlos unterstützt hatte.  In den folgenden Tagen diskutiert er mit Gott und der Welt bei der zuständigen Behörde, geht mit dem Hauptverantwortlichen sogar zum Mittagessen – doch es hilft alles nichts, zahlen oder umkehren bleibt das Ergebnis.

Herablassende Arroganz, augenscheinliches Desinteresse, uns irgendwie zu helfen und eine aufreizende Langsamkeit bei jedem notwendigen Schritt laugt uns aus. Wir sitzen das gesamte Wochenende ab, Tag für Tag vergeht mit sinnlosen Gesprächsversuchen, bis nach einer geschlagenen Woche im Niemandsland endlich die zu bezahlende Strafe feststeht – 600 US-Dollar! Die spinnen doch! Aber wir diskutieren weiter, lassen nicht locker. Der für uns günstige Schwarzmarktkurs und die Dummheit der Behörden, den aktuellen Kurs richtig umzurechnen, gestalten das finanzielle Desaster am Ende erträglich; es bleiben für uns letztlich noch 150 US-Dollar zu bezahlen. Und die sind es uns wert…

Jetzt geht alles plötzlich relativ schnell. Eine wiederholte Minibus-Taxifahrt ins vierzig Kilometer entfernte Ondjiva mit der Einzahlung der geforderten Summe auf das Konto der Immigrationsbehörde bringt uns am achten Tag des geduldigen Ausharrens endlich die begehrten Einreisestempel. Wir brauchen eine ganze Zeitlang, um diesen Spuk zu begreifen…

Doch noch ist „Manni“ nicht durch. Beim Zoll verlangen sie das Bezahlen einer Straßengebühr und den Erwerb eines temporären Permits. Mit meinem inzwischen in halb Afrika berüchtigten „ich-zahl-hier-nix-mehr“-Gesicht bequatsche ich den zuständigen Beamten, fuchtle ihm mit dem Carnet de Passage vor der Nase herum, das er bis dato noch nicht kannte, und erzähle ihm, dass ich als Tourist hier in Angola noch nie etwas bezahlt hätte und das sei wohl neu jetzt und er möge mir doch bitteschön die entsprechende Gesetzesausgabe vorlegen. Völlig verunsichert konsultiert er einen Kollegen und gemeinsam akzeptieren sie meine überzeugend vorgetragenen Einwände mit dem Abstempeln des Carnets und besten Wünschen für unseren Aufenthalt in Angola. Na also, geht doch…

 

Lubango – Christos Rei und die grünen Berge

Wer kennt sie nicht, die riesige Christus-Statue hoch über Rio de Janeiro, Wahrzeichen dieser Wahnsinnsstadt, ja ganz Brasiliens. Da will Lubango nicht nachstehen: mit weit ausgebreiteten Armen wacht „Christos Rei“ über einer Stadt, deren Charme sich durch die Menschen dort erschließt – der Rest ist dem Verfall anheim gegeben: Koloniale Restbauten bröseln so vor sich hin, die Straßen verlangen nach außergewöhnlicher Bodenfreiheit des Fahrzeugs, so tief sind die ununterbrochen aneinandergereihten Krater. Müll jeglichen Couleurs und Geruchs stapelt sich großzügig auf jeder sich bietenden Fläche, die erbärmlichen Hütten der Slums schieben sich unerbittlich in Richtung Zentrum.

Der erste Schock weicht so langsam, die Stadt gewinnt, weil ihre Bewohner so unglaublich freundlich, hilfsbereit, lachend, gleichgültig, opferbereit oder was auch immer sind. Eigenschaften, die uns ab sofort quer durch Angola begleiten werden.

Doch „Christos Rei“ breitet seine gütigen Arme nicht nur über dieser Stadt aus; nein, sein Blick und das Hinweisschild „Tundavala“ weisen uns den Weg hinaus in die grünen Hügel des Umlands. Immer höher schraubt sich die säuberlich gepflasterte Straße, skurrile Felsformationen flankieren unsere Fahrt, der Berg wird zum Plateau. Und dann das Unglaubliche, Unerwartete – eine tausend Meter senkrecht abfallende Kante, dahinter, oder besser darunter, unendliche Bergketten im fahlen Dunst, den Horizont immer weiter verschiebend, so weit, dass die untergehende Sonne sich kaum entscheiden kann, wann jetzt endlich Schluss ist mit diesem Tag. Und Grün überall, soweit das Auge es fassen kann. Einfach ungewöhnlich in diesen Breiten.

Wir staunen. Und bleiben. Einen Tag, noch einen. Wollen uns nicht losreißen. So schön. So schön grün. Über den Leba-Pass, diesen kühn in den Berg getriebenen Abstieg, gleiten wir hinunter ins flimmernd heiße Unterland – aus der Traum, die afrikanische Wirklichkeit lähmt uns wieder…

 

Leuchtende Kinderaugen…

Ein steiniges Plateau, soweit das Auge reicht, dann eine spannend steile Abfahrt über einen schmalen Hohlweg. Das staubtrockene Flusstal weitet sich, erste ärmliche Hütten krallen sich in die unfruchtbaren Hügel. Ein verfallenes Herrenhaus aus längst vergangenen Zeiten taucht auf, baufällige Häuschen ducken sich in seinen Schatten. Dahinter das unendlich scheinende Meer.

Wir rollen zwischen schattenspendenden Bäumen hindurch, bis wir vor einigen verrotteten Fischerbooten stehen bleiben. Eine zu einem zaghaften Gruß erhobene Hand, unsichere Blicke. Was ist denn da gekommen? Wir erwidern die Grüße, gehen auf die Männer zu, schütteln schwielige Hände. Ein Jüngerer kommt auf uns zu, er sei hier der Lehrer, was uns wohl hier her führt? Mit einem schnellen Blick hatten wir erfasst, dass dies hier eine wunderbare Bucht zum Verweilen ist, wir äußern unseren Wunsch, werden willkommen geheißen.

Wir befragen den Lehrer, er kann ungefähr sieben Worte Englisch, wir packen unsere zehn Worte Portugiesisch drauf, die Unterhaltung läuft glänzend. Ja, sie haben hier eine Schule, er unterrichtet die ersten drei Jahrgangsstufen zusammen, zwanzig Schüler insgesamt; nein, sie sind jetzt nicht da, es sind Ferien. Aber ja, er könnte sie zusammentrommeln, das Dorf ist übersichtlich. Morgen früh? Super, alles klar.

Wir quartieren uns im Schutz einer Sandsteinwand direkt am Traumstrand ein, das Wasser ist karibisch, die Menschen unglaublich freundlich, ein jeder winkt und lacht. Am nächsten Morgen fordert die Schulglocke zum Versammeln, es sind doch Ferien? Doch es hat sich schon herumgesprochen, da sind zwei Fremde im Dorf, die mit dem großen Laster da hinten, und die haben was mitgebracht! Nach und nach trudeln die Jungs und Mädels ein, schüchtern, fast lautlos schleichen sie an uns vorbei, ein leises „Bom Dia“, bevor sie sich auf ihre Plätze schieben. Der Lehrer, er heißt Wilson, erklärt kurz wer wir sind und dann packen wir unsere Überraschungen aus.

Es sind einfache Mal- und Spielheftchen sowie ein Zwölferset schöner Buntstifte für jedes der Kinder. Ungläubig kommt eines nach dem anderen vor zum Pult, um sein persönliches Geschenk in Empfang zu nehmen. Was für ein Strahlen, was für eine Freude! Noch nie hat eines dieser Kinder ein solches Präsent erhalten – eigene Stifte! Und ein Heftchen! Ein leises „Obrigado“ huscht über die Lippen, weit aufgerissene Augen blicken uns an – es geht durch und durch…

Als jedes der Kinder wieder andächtig in seiner Bank sitzt, keines sich traut, das Päckchen mit den Buntstiften aufzumachen und Wilson der Lehrer das Heftchen erklärt hat, zaubern wir noch einen richtigen Fußball für die Sportstunde aus der Tüte. Jetzt gibt es kein Halten mehr – so etwas gab es bisher noch nie im Dorf! Jetzt hält die Kleinen nichts mehr auf den Bänken; noch schnell ein Gruppenfoto – und weg sind sie!

Am nächsten Morgen rollen wir langsam aus dem Dorf, Eltern und Kinder winken und lachen und rufen - wie wenig ist nötig, um so viel Freude zu bereiten…

Und ganz herzlichen Dank an Euch alle, die sich für unser Buch entschieden haben – Dank dem Erlös können wir solche kleine Freunden verteilen!

 

Die schönsten Strandbuchten des südwestlichen Afrikas

Die landschaftlichen Kontraste könnten kaum eindrucksvoller sein! Karge Wüste – steinig und staubtrocken, der scharfe Wind schickt Millionen scharfkantiger Sandkörner auf ihre unendliche Reise. Unwirtlich, unbewohnbar die öden Plateaus; nur in den wenigen Flussläufen, die meist ausgetrocknet dem rauen Atlantik zustreben, finden die Menschen genug unterirdische Feuchtigkeit, um ein wenig Gemüse anzubauen.

Steile Abbrüche markieren die Grenze dieser Wüstenei – darunter die grenzenlose Weite des Atlantiks. Doch auch hier wächst meist nichts, die Lebensgrundlage muss in täglichem Kampf dem Ozean abgerungen werden. Marode Schaluppen werden mit anstrengendem Rudern und permanent Wasser aus dem porösen Rumpf schöpfend aufs offene Meer getrieben in der Hoffnung, genügend Fang für das Überleben der Dorfgemeinschaft zu machen.

Die hier um die magere Existenz Ringenden haben keine Muse für die grandiosen Schauspiele, die Mutter Natur unentwegt in Szene setzt. Einsame Buchten reihen sich aneinander, begrenzt von schroffen Bergen, erreichbar nur über abenteuerlich schlechte Wege. Feinster Sand markiert die Linie zwischen Wasser und Land, tausende Krebse flitzen um die Füße der einsamen Wanderer, deren Abdrücke sich in der Unendlichkeit verlieren. Das Spiel der Farben und des Lichts ist wie ein Gemälde, nur dass es fast minütlich wechselt, immer wieder neue Eindrücke hinterlassend.

Das Lachen der Menschen macht nachdenklich – so wenig zum Leben, so hart der Kampf jeden Tag – und doch so fröhlich, fast unbeschwert erscheinend, immer freundlich, nie bettelnd oder fordernd. Kein Gedanke daran, den unermesslich reich erscheinenden Gast beim Fischkauf zu übervorteilen, den eigenen Hunger durch penetrantes Betteln zu stillen versucht. Höflichkeit und Zurückhaltung, ja fast Schüchternheit charakterisiert die Menschen selbst in ihrer nicht zu übersehenden Not. Wir unterstützen mit Kleinigkeiten – Maismehl und Kleidung, Spielzeug für die Kleinsten. Nur notdürftig unterdrücken wir unsere Wut ob der Ungerechtigkeit – Angola ist ein reiches Land, Öl und Diamanten füllen die Taschen einiger Weniger, die älteste Tochter des Präsidenten gilt ganz offiziell als die reichste Frau Afrikas…

Trotzdem, wir genießen jeden Tag, lassen uns verzaubern von der Ursprünglichkeit. Und dort, wo der Mensch noch nicht überhandnimmt, ist der Müll auch noch nicht flächendeckend der Natur überlegen. So quälen wir uns über abenteuerlich schlechte Pisten, malträtieren „Mannis“ Technik bis zum äußersten, stellen uns stoisch den Anforderungen des täglichen Fortkommens. Und doch lohnt jeder erarbeitete Kilometer – menschlich wie landschaftlich…

 

Noch viel mehr Infos und Bilder findet Ihr wie immer unter „reiseberichte“ und dann „ tagebuch“ - click hier

 

Liebe Grüße an Euch alle

 

Conny & Tommy

Willkommen in Angola

Willkommen in Angola